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  • · Fachbeitrag · Gebührenrecht

    Probleme bei der Erstattung chirurgischer Leistungen: So können Sie reagieren!

    von Julia Gabriel, Zahnmed. Abrechnungsservice Saarbrücken, www.zmas.de

    | Mit Erstattungsschwierigkeiten hat jede Praxis zu tun. Meist kann man seinen Patienten mit einer Stellungnahme zu einer Nacherstattung verhelfen. Insbesondere bei chirurgischen Leistungen beanstanden viele private Krankenversicherungen (PKVen) die Abrechnung. Welche Leistungen das sind, welche Begründungen für die Beanstandungen angeführt werden und wie Sie darauf reagieren, fasst PA zusammen. |

    Verweis auf das Zielleistungsprinzip (Nr. 2677 GOÄ)

    PKVen behaupten häufig, die beanstandete Leistung sei Bestandteil einer anderen Leistung und deshalb nicht berechnungsfähig. Eine der Gebührenpositionen, mit der PKVen häufig so verfahren, ist die Nr. 2677 GOÄ.

     

    • Nr. 2677 GOÄ
    Leistung
    Punktzahl
    1,0-fach (Euro)
    2,3-fach (Euro)

    Submuköse Vestibulumplastik, je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich, als selbstständige Leistung

    700

    40,80

    93,84

     

    Die PKVen berufen sich in ihrem Einwand auf das Zielleistungsprinzip, das Doppelberechnungen verhindern soll. Im folgenden Einwand bezieht sich die PKV auf die Nr. 9010 GOZ (Insertion von Implantaten) als Zielleistung.

     

    • Beispiel: Einwand der PKV zur Nr. 2677 GOÄ

    „Ä2677 ‒ Für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung ist, kann keine Gebühr berechnet werden. Nach den Allgemeinen Bestimmungen des § 4 Abs. 2 GOZ bzw. § 4 Abs. 2 GOÄ sind methodisch notwendige Einzelschritte in der jeweiligen Leistungsbeschreibung (= Zielleistung) enthalten und dürfen nicht gesondert berechnet werden.“

     

    Beziehen Sie sich in einer Antwort bei derartigen Einwänden auf den § 4 GOZ. Dieser befasst sich mit dem Zielleistungsprinzip und dem Begriff der selbstständigen Leistung. Verweisen Sie auf das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 05.06.2008 (Az. III ZR 239/07, Abruf-Nr. 082031). Das Gericht hat sich in diesem Fall mit der Zielleistung in der Chirurgie befasst. Es wurde klargestellt, dass eine Zielleistung nur das umfasst, was in der Leistungsbeschreibung steht, nicht jedoch was zusätzlich medizinisch notwendig ist.

     

    D. h.: Wenn eine Leistung medizinisch notwendig ist, aber nicht in der Leistungsbeschreibung der Zielleistung enthalten ist, dürfen Sie sie separat abrechnen.

    Verweis auf geringer bewertete GOZ-Ziffer (2382 GOÄ)

    Oft wird behauptet, für eine beanstandete Gebührenposition aus der GOÄ gäbe es ein (geringer bewertetes) Äquivalent in der GOZ. Einen typischen Fall stellen die Nr. 2382 GOÄ und die (geringer bewertete) Nr. 4120 GOZ dar.

     

    • Nr. 2382 GOÄ
    Leistung
    Punktzahl
    1,0-fach (Euro)
    2,3-fach (Euro)

    Schwierige Hautlappenplastik oder Spalthauttransplantation

    739

    43,07

    99,06

     

     

    • Nr. 4120 GOZ
    Leistung
    Punktzahl
    1,0-fach (Euro)
    2,3-fach (Euro)

    Verlegen eines gestielten Schleimhautlappens, je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich

    275

    15,47

    35,57

     

    Mit dem folgenden Einwand möchte die PKV die Erstattung der geringer bewerteten Nr. 4120 GOZ durchsetzen.

     

    • Beispiel: Einwand der PKV zur Nr. 2382 GOÄ

    „Der Ansatz der Nr. 2382 GOÄ ist nicht sachgerecht, da die Leistung in der GOZ enthalten ist. Für diese Leistung sieht die GOZ die Nr. 4120 vor. Sie erhalten die tarifliche Leistung der Nr. 4120 GOZ.“

     

    Diese Behauptung ist definitiv falsch. Die Nr. 2382 GOÄ lautet: „Schwierige Hautlappenplastik oder Spalthautplastik“. Eine solche Leistung existiert nicht in der GOZ. Daher muss und darf sie nach der GOÄ berechnet werden. Die Nr. 4120 GOZ beschreibt das „Verlegen eines gestielten Schleimhautlappens“. Der GOZ-Kommentar der BZÄK sagt hierzu: „Im Gegensatz zur einfachen Lappenplastik (Nr. 2381 GOÄ) oder schwierigen Lappenplastik (Nr. 2382 GOÄ) beschreibt die Nr. 4120 keine vollständige Lappenplastik, sondern das Verlegen eines vorhandenen gestielten Schleimhautlappens ...“.

    Anforderung weiterer Unterlagen (Nr. 2382 GOÄ)

    Viele PKVen fordern weitere Unterlagen zur Leistungsprüfung an und stellen die Erstattung bis auf Weiteres zurück, wie hier z. B. bei der Nr. 2382 GOÄ (Leistungsinhalt s. o.).

     

    • Beispiel: Einwand der PKV zur Nr. 2382 GOÄ

    „Der Ansatz der Ziffer GOÄ 2382 ist nicht nachvollziehbar. Die Weichgewebsplastiken sind in der GOZ enthalten. Zur abschließenden Prüfung der Erstattungsfähigkeit der entsprechenden Position aus der GOZ bitten wir um Vorlage folgender Unterlagen: Kopie der OP-Dokumentation bzw. Kopie der Patientenakte vom Behandlungstag. Die Kosten sind vorerst zurückgestellt.“

     

    Die Forderung der PKVen nach OP-Berichten, OP-Protokollen, Kopien der Patientenakten, prä- und postoperativen Röntgenbildern oder pathologischen Befunden ist schon Standard. Ob Sie als Zahnarzt der Versicherung allerdings Informationen in Form einer Stellungnahme oder eine Kopie der Patientenakte zur Verfügung stellen, bleibt Ihnen überlassen. Ihre Praxis ist keineswegs verpflichtet, OP-Protokolle oder -Berichte zu führen. Eine gute Dokumentation in der Kartei reicht aus.

     

    MERKE | Es gibt keine Rechtsgrundlage für die Verpflichtung eines Zahnarztes im Rahmen eines Behandlungsverhältnisses, Operationsberichte oder OP-Protokolle zu erstellen. Folglich können diese auch nicht von der Versicherung verlangt werden.

     

    Nebeneinanderberechnung von Leistungen

    Häufig wird die Nebeneinanderberechnung von Leistungen moniert. Die PKV behauptet, die Abrechnungsvoraussetzungen seien nicht erfüllt, so z. B. bei der Nr. 9090 GOZ neben der Nr. 9110 bzw. 9120 GOZ.

     

    • Nrn. 9090, 9110 und 9120 GOZ
    Nr. GOZ
    Leistung
    Punktzahl
    1,0-fach (Euro)
    2,3-fach (Euro)

    9090

    Knochengewinnung (z. B. Knochenkollektor oder Knochenschaber), Knochenaufbereitung und -implantation auch zur Weichteilunterfütterung

    400

    22,50

    51,74

    9110

    Geschlossene Sinusbodenelevation vom Kieferkamm aus (interner Sinuslift)

    1.500

    84,36

    194,04

    9120

    Sinusbodenelevation durch externe Knochenfensterung (externer Sinuslift), je Kieferhälfte

    3.000

    168,73

    388,07

     

    Im folgenden Einwand behauptet die PKV, die Abrechnungsvoraussetzungen für die Nebeneinanderberechnung seien nicht dokumentiert.

     

    • Beispiel: Mitteilung zur Nr. 9090 GOZ

    „Die Nr. 9090 GOZ ist nur unter bestimmten Voraussetzungen neben der Nr. 9110 bzw. 9120 GOZ berechnungsfähig. Diese Voraussetzungen sind in den Unterlagen nicht dokumentiert. Die Kosten der Nr. 9090 werden nicht erstattet.“

     

    Antworten Sie hierauf wie folgt: „Es existiert keine Ausschlussbestimmung, die besagt, dass die Nr. 9090 nicht neben der Nr. 9110 berechnungsfähig ist. Die Leistungsinhalte bzw. OP-Gebiete der beiden Ziffern sind unterschiedlich. Während bei der Nr. 9110 GOZ das OP-Gebiet der Kieferhöhlenboden ist, beschreibt die Leistung nach Nr. 9090 Maßnahmen im Implantatbett.

     

    Hierzu erklärt der GOZ-Kommentar der Bundeszahnärztekammer: „Das Gewinnen von autologem Augmentationsmaterial z. B. durch Knochenkollektor, Knochenschaber oder Knochenkernbohrungen außerhalb der Alveole oder des Implantatfachs kann gesondert berechnet werden.“

     

    Weiterführender Hinweis

    • „Privatpatienten: Welche versicherungsrechtlichen Aspekte sind für den Zahnarzt wichtig?“ (PA 11/2016, Seite 2)
    • „Auskunftsverlangen der Krankenversicherung und Patientenrechtegesetz: Was gilt?“ (PA 12/2013, Seite 10)
    Quelle: Ausgabe 02 / 2019 | Seite 14 | ID 44789348