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  • 27.01.2012 · IWW-Abrufnummer 168415

    Hessisches Landesarbeitsgericht: Beschluss vom 03.03.2011 – 9 TaBV 168/10

    Ändert der Betriebsrat kurz vor Ablauf seiner Amtszeit die Kündigungsmöglichkeit einer Betriebsvereinbarung, die noch kein Jahr in Kraft war, als einzige Änderung dahingehend ab (wie auch bei 16 weiteren Betriebsvereinbarungen), dass diese frühestens zu einem Kündigungszeitpunkt in drei Jahren gekündigt werden kann (während bis dahin kein bestimmter Kündigungszeitpunkt galt), kann dies eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung zu Lasten des neuen Betriebsrates sein (im vorliegenden Einzelfall bejaht).


    Tenor: Es wird festgestellt, dass die unter dem 08. Dezember 2009 vorgenommene Änderung der Betriebsordnung vom 12. Dezember 2008 insoweit unwirksam ist, als diese erstmalig zum Termin 31. Dezember 2012 kündbar ist. Im Übrigen wird die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages zu b) [erstinstanzlicher Antrag zu 2] zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Gründe: I. Die Beteiligten streiten u.a. um die Kündigungsfrist für die Betriebsordnung. Der bei der Beteiligten zu 2) für das Distributionscenter in A gewählte Betriebsrat (Beteiligter zu 1) besteht aus 11 Mitgliedern. Die Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der chemischen Industrie und gehört zum B-Konzern. Sie beschäftigt im Distributionscenter zum Vertrieb von Haarkosmetik und Düften in A etwa 515 Personen. Der Betriebsrat ist auf Grundlage eines Tarifvertrages nach § 3 Abs. 1 Ziff. 3 BetrVG (Bl. 8 - 11 d. A.) für den Standort A gebildet worden. Auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer des Distributionscenters A finden die Tarifverträge der chemischen Industrie Anwendung. Nach Aushang des Wahlausschreibens von 27. Nov. 2009 zur Wahl des Betriebsrats schlossen der Betriebsrat des Gemeinschaftsbetriebes mehrerer Unternehmen in C und A sowie Unternehmen des Konzerns, dem die Arbeitgeberin angehört, unter dem 8. Dez. 2009 (BI. 27 d. A.) eine Vereinbarung zur Änderung der am 1. Jan. 2009 in Kraft getretenen Betriebsordnung vom 12. Dez. 2008 (Bl. 28 - 57 d. A.). Danach wurde die bisherige Kündbarkeit der Betriebsordnung mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahres (Ziff. 12 Abs. 2) dergestalt abgeändert, dass die Betriebsordnung erstmalig mit einer Frist von sechs Monaten zum 31. Dez. 2012 und sodann mit einer Frist von sechs Monaten zum jeweiligen Folgejahr kündbar sei und dass die Regelungen der Betriebsordnung bis zum Abschluss einer neuen Betriebsordnung nachwirkten. Der Betriebsrat hat die Betriebsordnung mit Schreiben vom 16. April 2010 (Bl. 214 d. A.) fristlos, hilfsweise mit gesetzlicher Frist, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin gekündigt. Mit den am 4. Mai 2010 beim Arbeitsgericht Darmstadt eingegangenen Anträgen begehrt der Betriebsrat u.a. die Feststellung, dass die unter dem 8. Dez. 2009 vorgenommene Änderung der Betriebsordnung rechtsunwirksam ist. Der Betriebsrat hat vorgetragen, der bisherige Betriebsrat des Gemeinschaftsbetriebes habe ohne Not die bisherige Kündigungsmöglichkeit der Betriebsordnung und damit einer zentralen Betriebsvereinbarung wesentlich eingeschränkt. Dies sei offenbar in der Absicht geschehen, den neu gewählten Betriebsrat in seinen Rechten in unzulässiger Weise zu beschneiden. Diese Verfahrensweise sei rechtsmissbräuchlich. Es habe keinen Grund gegeben, die Kündigungsfrist der Betriebsordnung zu verändern. Die gesetzliche Kündigungsfrist bei Betriebsvereinbarungen gewährleiste ausreichend Rechtssicherheit. Im Jahr 2009 sei ein Verfahren beim Arbeitsgericht auf Feststellung der Nichtigkeit der seinerzeitigen vorherigen Betriebsratswahl anhängig gewesen. Es sei den seinerzeitigen Betriebsparteien, welche die Neufassung der Betriebsordnung unterzeichnet hätten, also voll bewusst gewesen, dass es den Betriebsrat des Gemeinschaftsbetriebs C-A nach der Wahl nicht mehr geben würde und auch der größte Teil seiner Mitglieder für den neu gewählten Betriebsrat nicht mehr kandidieren könnte. Von den 19 Betriebsratsmitgliedern hätten nämlich nur drei ihren Arbeitsplatz im Distributionscenter A gehabt. Es sei rechtsmissbräuchlich gewesen, dass der bisherige Gemeinschaftsbetriebsrat es der Arbeitgeberseite noch kurz vor seiner Auflösung habe ermöglichen wollen, eigene Gestaltungswünsche des späteren und jetzigen Betriebsrates in A auf Jahre hinaus zu blockieren. Dies komme einem unzulässigen dauerhaften Verzicht auf Mitbestimmungsrechte gleich. Der Betriebsrat hat, soweit für diesen Teilbeschluss von Interesse, beantragt, festzustellen, dass die unter dem 8. Dez. 2009 vorgenommene Änderung der Betriebsordnung vom 12. Dez. 2008 rechtsunwirksam ist und die Betriebsordnung vom 12. Dez. 2008 ganz oder in einzelnen Bestimmungen mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahres gekündigt werden kann. Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen. Die Arbeitgeberin hat die Verlängerung der Kündigungsfreiheit für wirksam angesehen. Das Arbeitsgericht Darmstadt hat den Antrag als unbegründet zurückgewiesen. Der Antrag sei zwar zulässig. Der Betriebsrat habe ein Rechtsschutzbedürfnis für den Feststellungsantrag, um zu klären, ob die in der Betriebsordnung neu geregelte Kündigungsfrist wirksam ist oder nicht. Der Betriebsrat sei als Rechtsnachfolger des Gemeinschaftsbetriebsrates nicht an dessen inhaltliche Entscheidungen gebunden. Es liegt in der Natur der periodischen regelmäßigen Betriebsratswahlen, dass das Gremium mit anderen Arbeitnehmern besetzt werde und die Interessenlage und Entscheidungsfindung sich verändern könne. Dies gelte vorliegend insbesondere deswegen, weil der Betriebsrat nunmehr nur noch die Interessen der Arbeitnehmer des Distributionscenters A vertrete und nicht mehr für die übrigen Standorte gewählt sei. Die Betriebsordnung habe jedenfalls bis zum 1. Juli 2010, also bis zum Abschluss des Betriebspachtvertrages, Bestand gehabt. Es bestehe ein Interesse daran, für den Zeitraum der Gültigkeit die Rechtswirksamkeit der darin enthaltenen Bestimmungen überprüfen zu können. Eine unzumutbare Bindung des in der nächsten Amtsperiode gewählten Betriebsrates trete durch die Verlängerung der Kündigungsfrist zum Jahresende 2012 nicht ein. Die Kündigung der Betriebsvereinbarung bedürfe keines sachlichen Grundes, so dass der Betriebsrat sie ohne weiteres ordentlich kündigen könne. Sollten die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung vorliegen, könne eine Betriebsvereinbarung auch fristlos aus wichtigem Grund gekündigt werden Dadurch könne bereits aus Rechtsgründen eine inhaltlich unzumutbare Bindung an die Betriebsvereinbarung durch die Verlängerung der Kündigungsfrist nicht eintreten. Es sei zwar zutreffend, dass bei einer fristlosen außerordentlichen Kündigung zwischen den Betriebsparteien ein Streit über die Wirksamkeit der Kündigung entstehen könne. Dies führt aber nicht zu einer Unzumutbarkeit der Länge der Kündigungsfrist, da unterschiedliche Ansichten über die Wirksamkeit einer Regelung, die auf gerichtlichem Wege geklärt werden müssen, bei allen Inhalten einer Betriebsvereinbarung vorkommen können und nicht ungewöhnlich seien. Die zeitliche Abfolge der Änderungsvereinbarung vom 8. Dez. 2009 nach Ankündigung der Neuwahlen für den Betrieb A und vor Beginn der Amtszeit des neuen Betriebsrates führe ebenfalls nicht zu einer Unwirksamkeit der Vereinbarung vom 8. Dez. 2009. Der zeitliche Ablauf zeige deutlich, dass den damaligen Betriebsparteien daran gelegen gewesen sei, die von ihnen gefundenen inhaltlichen Regelungen in der Betriebsordnung vor einer kurzfristigen Änderung und Neuverhandlung zu schützen. Diese Intention stelle keinen Rechtsmissbrauch dar. Bei einer Amtszeit von vier Jahren sei eine Einschränkung der Kündbarkeit auf ein Jahr auch noch nicht so unangemessen, dass der neue Betriebsrat unbillig in seinen Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt wäre. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die arbeitsgerichtlichen Beschlussgründe verwiesen. Der Beteiligte zu 1) hat gegen den ihm am 15. Sept. 2010 zugestellten Beschluss am 28. Sept. 2010 Beschwerde eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 22. Nov. 2010 an diesem Tag per Telefax begründet. Der Beteiligte zu 1) hält die Entscheidung des Arbeitsgerichts für unrichtig. Er trägt vor, es sei mehr als fraglich, ob die besagten Betriebsvereinbarungen mit ihren Änderungen noch im Dezember 2009 unterzeichnet worden seien. Es sei vielmehr zu besorgen, dass die Unterzeichnung erst nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses erfolgt sei. Es werde aufgrund des Geschehensablaufs auch ausdrücklich bestritten, dass es überhaupt einen wirksamen Beschluss des Vorgängerbetriebsrats zur Änderung der Betriebsordnung gegeben habe. Ihm seien anlässlich der Amtsübernahme keinerlei Unterlagen, auch keine Protokolle der Sitzungen, übergeben worden. Unter dem 27. Nov. 2009 sei das Wahlausschreiben für die am 11. Februar 2010 stattgefundene Betriebsratswahl ausgehängt worden. Erst danach - möglicherweise sogar nachdem das Wahlergebnis festgestanden habe - seien die streitgegenständlichen Vereinbarungen neben den anderen abgeschlossen worden. Jedenfalls habe aber noch vor der Unterzeichnung der Betriebsvereinbarungen festgestanden, dass in spätestens 6 Monaten eine der an den Verhandlungen teilnehmende Betriebspartei, nämlich der Gemeinschaftsbetriebsrat, überhaupt nicht mehr existieren werde, sondern ein neues Gremium, das ausschließlich aus Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen dieses Betriebes bestehen würde. Durch die geänderten Kündigungsmöglichkeiten werde der Betriebsrat in seinen wesentlichen betriebsverfassungsrechtlichen Handlungsmöglichkeiten unerträglich eingeschränkt. Das Arbeitsgericht habe es nicht interessiert, dass im fraglichen Zeitraum insgesamt 16 Betriebsvereinbarungen ohne Not in erheblicher Weise verändert worden seien. Diese Verfahrensweise sei rechtsmissbräuchlich. Es sei offensichtlich, dass ein Betriebsrat, der künftig objektiv keine Einflussmöglichkeiten mehr haben würde, seinen rechtmäßigen Nachfolger gebunden habe und damit die vom Gesetz vorgesehenen demokratischen Meinungs- und Entscheidungsfindungen unterlaufe. Der Betriebsrat beantragt, soweit für diesen Teilbeschluss von Interesse, den Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 24. Aug. 2010 - 9 BV 7/10 - abzuändern und festzustellen, dass die unter dem 8. Dez. 2009 vorgenommene Änderung der Betriebsordnung vom 12. Dez. 2008 rechtsunwirksam ist und die Betriebsordnung vom 12. Dez. 2008 ganz oder in einzelnen Bestimmungen mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahres gekündigt werden kann. Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Die Arbeitgeberin ist der Ansicht, die unter dem 8. Dez. 2009 abgeschlossene Vereinbarung über die Änderung der Betriebsordnung vom 12. Dez. 2008 sei wirksam. Weder aus dem Inhalt der Änderungsvereinbarung zur Betriebsordnung noch deren zeitlicher Nähe zur Betriebsratswahl noch aus der Anzahl der abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen/Änderungsver-einbarungen könne eine Rechtsmissbräuchlichkeit hergeleitet werden. Der Rechtsvorgänger des Betriebsrats sei für die Dauer seiner Amtszeit zuständiger und befugter Ansprechpartner für den Abschluss von Betriebsvereinbarungen gewesen. Er sei nicht aufgrund irgendeiner Rechtsgrundlage verpflichtet gewesen, alle Rechtswirkungen seiner Vereinbarungen und Beschlüsse auf das Ende der Amtszeit zu befristen oder die umgehende Kündbarkeit dieser Regelungen zu gewährleisten. Auch wenn die Änderungsvereinbarung die Verhandlungen über eine Neufassung der Betriebsvereinbarung auf Seiten des Betriebsrats möglicherweise erschwere, so beeinflusse sie nicht die inhaltlichen Handlungsmöglichkeiten. Schließlich sei bei einer Amtszeit von vier Jahren eine Einschränkung der ordentlichen Kündbarkeit auf ein Jahr nicht so unangemessen, dass der Betriebsrat unbillig in seinen Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt wäre. Dies stünde im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. So habe das BAG entschieden, durch die Bestimmung einer Mindestlaufzeit einer Regelung von fünf Jahren seien die Grenzen des Ermessens nicht überschritten gewesen. Dass bei einer Laufzeit von fünf Jahren ein neu gewählter Betriebsrat keine Möglichkeit habe, sich der geregelten Angelegenheit anzunehmen, sei kein relevantes Kriterium. Wie sich aus § 77 Abs. 5 und 6 BetrVG ergebe, seien Betriebsvereinbarungen nicht auf die Amtszeit des jeweiligen Betriebsrates beschränkt. Ihre Laufzeit sei vielmehr allein abhängig von der darüber in der Betriebsvereinbarung selbst getroffenen Bestimmung. Die Betriebspartner könnten daher Vereinbarungen auch über den Ablauf der Amtszeit des Betriebsrates hinaus, ja für die Dauer mehrerer Amtszeiten treffen. Die Betriebsvereinbarung sei in ihrem Bestand von einem Wechsel der Betriebspartner unabhängig (BAG Beschluss vom 28. Juli 1981 - 1 ABR 79/79 -). Es gebe auch keinen Grundsatz, wonach ein Betriebsrat ab einem bestimmten Zeitpunkt bzw. nach Aushang eines Wahlausschreibens über die Betriebsratswahl keine Betriebsvereinbarungen mehr abschließen dürfe. Die Änderungsvereinbarung zur Betriebsordnung führe hinsichtlich der erstmaligen ordentlichen Kündigungsmöglichkeit zum 31. Dez. 2012 lediglich zu einer Mindestlaufzeit von gut drei Jahren. Selbstverständlich habe es dem Rechtsvorgänger des Antragstellers freigestanden, lediglich die Laufzeit bzw. Kündigungsmöglichkeit bereits bestehender Betriebsvereinbarungen zu ändern und dabei in den Verhandlungen im Vergleich zur bisherigen Rechtslage Zugeständnisse gegenüber dem Arbeitgeber zu machen. Wenn der Betriebsrat darauf hinweise, dass die Betriebsparteien im Zeitraum zwischen dem Aushang des Wahlausschreibens vom 27. Nov. 2009 und der Betriebsratswahl am 11. Febr. 2010 insgesamt 16 Betriebs-Änderungsvereinbarungen mit angeblich außergewöhnlich langer Dauer abgeschlossen hätten, so lasse sich auch daraus kein rechtsmissbräuchliches Verhalten herleiten. Die Betriebsparteien hätten damit nur einen Teil der im Betrieb bestehenden Betriebsvereinbarungen geändert. Denn im Gemeinschaftsbetrieb C/A habe es etwa 56 Betriebsvereinbarungen gegeben. Die Betriebsparteien hätten auch einen sachlichen Grund zur Änderung und zum Abschluss der vom Betriebsrat erwähnten Betriebsvereinbarungen gehabt. Seit Oktober 2008 seien im Distribution Center A die Tarifverträge der chemischen Industrie angewandt worden. Aus diesem Anlass sei ein Überleitungstarifvertrag geschlossen worden, nach dessen § 5 die Parteien des Tarifvertrags davon ausgehen, dass die bestehenden Tarifverträge von den Betriebsparteien angepasst würden. Zu diesem Zeitpunkt seien die für den Betrieb A geltenden Betriebsvereinbarungen teilweise uralt gewesen und hätten die aktuellen betrieblichen Gegebenheiten nicht widergespiegelt. Überdies seien sie überholt und völlig unübersichtlich gewesen. Zu den vom Betriebsrat erwähnten Betriebs-/Änderungsvereinbarungen seien im Sommer/Herbst 2009 Verhandlungen durchgeführt und an Entwürfen gearbeitet worden. Die finalen Entwürfe seien im November 2009, Dezember 2009 und Januar 2010 gefertigt worden. Nach ihrer finalen Erstellung seien die Betriebs-/Änderungsvereinbarungen in den Unterschriftenlauf gegeben worden. Entgegen der Behauptung des Betriebsrats seien sämtliche Betriebs-/Änderungsvereinbarungen einschließlich der Änderungsvereinbarung zur Betriebsordnung vor Bekanntgabe des Wahlergebnisses über die Wahl des Antragstellers mit der letzten Unterschrift versehen worden. So sei beispielsweise die Änderungsvereinbarung zur Betriebsordnung am 10. Febr. 2010 mit der letzten Unterschrift versehen worden und damit vor der Betriebsratswahl und vor Bekanntgabe des Wahlergebnisses abgeschlossen gewesen. Das Thema "Änderungen von Betriebsvereinbarungen" sei auf der vorangegangenen Betriebsversammlung angesprochen worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf die Beschwerdeschriftsätze und den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 3. März 2011 verwiesen. II. Die Beschwerde ist statthaft, § 87 Abs. 1 ArbGG, und zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist, §§ 87 Abs. 2 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1, 89 Abs. 1 und 2 ArbGG. Nach §§ 87 Abs. 2, 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 301 ZPO ist über den Beschwerdeantrag zu b) durch Teilbeschluss zu entscheiden, da wegen der übrigen Streitgegenstände die Einbeziehung weiterer Beteiligter notwendig ist. Die Beschwerde hat auch - soweit durch diesen Teilbeschluss darüber entschieden worden ist - überwiegend in der Sache Erfolg. Der Beschwerdeantrag des Betriebsrats zu b) (erstinstanzlicher Antrag zu 2)) ist zulässig, er ist insbesondere nicht rechtsmissbräuchlich. Die Einleitung des Beschlussverfahrens durch den Betriebsrat stellt nicht deshalb ein widersprüchliches und treuwidriges Verhalten dar, weil er kurz nach Abschluss der Änderungsvereinbarung vom 8. Dez. 2009 die gerichtliche Feststellung ihrer Unwirksamkeit beantragt hat. Zwar begrenzt der Einwand des Rechtsmissbrauchs als allgemeine Schranke der Rechtsausübung auch Rechtsinstitute und Rechtsnormen. Hier geht es indessen um die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit einer (betrieblichen) Rechtsnorm selbst (BAG Beschluss vom 18. Febr. 2003 - 1 ABR 17/02 - NZA 2004, 336). Betriebsvereinbarungen haben den Charakter eines privatrechtlichen kollektiven Normenvertrags. Sie setzen objektives Recht. Dem Verlangen eines der Beteiligten nach Überprüfung der Wirksamkeit einer Betriebsvereinbarung kann deshalb schon im Interesse der Normunterworfenen nicht mit dem Vorwurf des Rechtsmissbrauchs begegnet werden (BAG aaO.). Dieser ist gegenüber dem Antrag auf Normenkontrolle kein geeigneter Einwand. Der Betriebsrat kann im Hinblick auf seine Überwachungsaufgabe nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG nicht gezwungen werden, es wider besseren Wissens bei der möglicherweise rechtswidrigen Betriebsvereinbarung zu belassen, auch wenn diese ursprünglich von seinem Rechtsvorgänger mitgetragen wurde (BAG aaO.). Die Änderungsvereinbarung zur Betriebsordnung ist insoweit unwirksam, als sie eine erstmalige Kündigungsmöglichkeit zum 31. Dez. 2012 vorsieht. Sie verstößt gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit im Sinne des § 2 Abs. 1 BetrVG, weil der Gemeinschaftsbetriebsrat ohne erkennbaren Sachgrund die Kündigungsmöglichkeit der Betriebsordnung zu Lasten des Beteiligten zu 1) unangemessen verlängert hat. Die Änderungsvereinbarung läuft letztendlich auf eine Behinderung der Betriebsratstätigkeit des Beteiligten zu 1) hinaus, weil in zeitlicher Nähe zur Neuwahl - wie auch bei 15 weiteren Betriebsvereinbarungen - die Kündigungsmöglichkeiten verändert wurden. Einziger Inhalt der Änderungsvereinbarung ist die Installierung einer Änderungs- und Beendigungssperre und eine Nachwirkung. Die zwischen der D AG, der E GmbH, der F GmbH und der G GmbH und dem Betriebsrat des Gemeinschaftsbetriebs A unter dem 12. Dez. 2008 abgeschlossene Betriebsordnung (Bl. 27 ff. d. A.) beinhaltet über etwa 30 engbedruckte Seiten lang betriebliche Regelungen (Beginn des Arbeitsverhältnisses, Allgemeine Rechte und Pflichten, Ordnungsbestimmungen, Arbeitszeit usw.). Die Änderungsvereinbarung enthält außer der Änderung der Kündigungsbestimmung keine inhaltlichen Änderungen der Betriebsordnung. Sie regelt lediglich, dass die Betriebsordnung ganz oder in einzelnen Bestimmungen mit einer Frist von sechs Monaten erstmalig zum 31. Dez. 2012 und dann zum jeweiligen Folgejahr kündbar ist. Die darüber hinaus vereinbarte Nachwirkung kann zur faktischen Änderungssperre für den Rest der Amtszeit führen, wenn der Arbeitgeber sich nicht auf Verhandlungen zum Neuabschluss einlässt und deshalb die Einigungsstelle angerufen werden muss. Diese unangemessene Einschränkung der Handlungsfähigkeit des Beteiligten zu 1) wird nicht durch die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung kompensiert, denn hierzu bedarf es eines wichtigen Grundes und dieser wäre grundsätzlich nicht die Dauer einer wirksam vereinbarten Kündigungsfrist oder die Forderung des Betriebsrats nach Beendigung der Betriebsvereinbarung wegen des Wunsches eines Neuabschlusses unter Änderungen. Die Neuregelung der Kündigungsfrist ist im Kontext und zeitlichen Zusammenhang mit zahlreichen Änderungen von Betriebsvereinbarungen zu sehen, die der Beteiligte zu 1) auf Seite 5 und 6 seiner Beschwerdebegründung (Bl. 205, 206 d. A.) aufgelistet hat. In 16 Vereinbarungen wurde mit einer Ausnahme als früheste Kündigungsmöglichkeit der 1. Aug. 2012 oder ein späterer Zeitpunkt festgelegt, zum Teil auch unter Wegfall vereinbarter Mitbestimmungsrechte. Dieser Auffassung steht die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Juli 1981 (- 1 ABR 79/79 - EzA § 87 BetrVG 1972 Urlaub Nr.4) nicht entgegen. Dort hat das Bundesarbeitsgericht eine Laufzeit der Regelung von mindestens fünf Jahren gebilligt. Es hat ausgeführt, die Arbeitgeberin habe angesichts der grundsätzlichen Ablehnung von Betriebsferien durch den Betriebsrat ein Interesse an einer für längere Zeit geltenden Regelung. Müsste sich die Antragsgegnerin in jedem Jahr erneut mit dem Betriebsrat über die Einführung von Betriebsferien einigen, bestünde die Gefahr, dass eine Regelung rechtzeitig nicht getroffen werden könne, wie dies bereits in einem früheren Jahr der Fall gewesen sei. Hinzu komme, dass im Betrieb der Arbeitgeberin schon in vier Jahren Betriebsferien durchgeführt worden seien, so dass ausreichende Erfahrungen bestanden hätten. Darüber hinaus lasse die von der Einigungsstelle getroffene Regelung hinsichtlich der konkreten Lage der Betriebsferien in den späteren Jahren den Betriebspartnern auch genügend Spielraum. Der Fall unterscheidet sich von dem vorliegenden dadurch, dass die Einigungsstelle dort eine umfassende Gesamtregelung nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG getroffen und für diese Regelung eine längere Laufzeit vorgesehen hat, während hier nach einer Laufzeit von nicht einmal einem Jahr ohne sonstige Veränderungen die früheste Kündigungsmöglichkeit auf drei Jahre verlängert wurde. Während Arbeitgeber und Betriebsrat in der Betriebsordnung kein Problem damit hatten, eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Kalendervierteljahr zu vereinbaren, wird in der Änderungsvereinbarung kurz vor Ablauf der Amtszeit die früheste Kündigungsmöglichkeit auf den 31. Dez. 2012 festgelegt. Diese gezielte Einschränkung der Handlungsmöglichkeiten des neu gewählten Betriebsrats ist ein rechtsmissbräuchlicher Gebrauch betriebsverfassungsrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten. Im Übrigen hat die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Abweisung des erstinstanzlichen Antrages zu 2) richtet, keinen Erfolg. Die Verlängerung der Kündigungsfrist von drei auf sechs Monate zum Jahresende lässt keine rechtsmissbräuchliche, unangemessene und ermessensfehlerhafte Einschränkung der Betriebsratstätigkeit des Beteiligten zu 1) erkennen. Eine Kostenentscheidung ergeht nach § 2 Abs. 2 GKG nicht. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht keine gesetzlich begründete Veranlassung, §§ 92 Abs. 1, 72 ArbGG, da es sich um eine einzelfallbezogene Subsumtion handelt.

    RechtsgebietBetrVGVorschriftenBetrVG § 77 BetrVG § 2 Abs. 1