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  • · Fachbeitrag · Bundesmantelvertrag

    Digitalisierung und Archivierung von Modellen, Teil 2: Möglichkeiten, Chancen und Risiken

    von Erika Reitz-Scheunemann, www.Training-mit-Biss.de

    | In der letzten Ausgabe ( PA 08/2018, Seite 2 ) haben wir über die Änderung im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte (BMV-Z) zur elektronischen Archivierung von Behandlungsunterlagen mit dem Fokus auf Modelle zur diagnostischen Auswertung und Planung berichtet. In diesem Beitrag gehen wir auf die Möglichkeiten, Chancen und Risiken dieser Neuerungen ein. |

    Die Vorgehensweise und Anforderungen an die Modelle

    Es gibt zwei Arten der Abformung im Mund. Die erste Möglichkeit ist die physische analoge Abformung mit den herkömmlichen, jeweils indizierten Abformmaterialien (Alginat, Silikon etc.). Diese Abformung wird im Eigen- oder Fremdlabor mit Gips ausgegossen und weiterbearbeitet. Die zweite Möglichkeit ist die optisch-elektronische Abformung über eine dreidimensionale Datenerfassung mittels intraoralem Scanverfahren.

     

    Die Modelle zur diagnostischen Auswertung und Planung für die Bereiche Zahnersatz, Kieferbruch und Kieferorthopädie nach den BEMA-Nrn. 7a und 7b sowie GOZ-Nrn. 0050 und 0060 sind nur berechnungsfähig, wenn mit der Herstellung der Modelle eine diagnostische Auswertung und Planung verbunden ist. Die Material- und Laborkosten sind zusätzlich berechnungsfähig (siehe PA 08/2018, Seite 2). Die vertraglichen Anforderungen an die jeweiligen Modelle (Indikationen) sind in der folgenden Übersicht dargestellt:

     

    BEMA-Nr. 7a
    Anforderungen/Erläuterungen

    Für den Bereich Kieferorthopädie (Teil 3 BEMA)

    Die gültige Richtlinie Nr. 5 des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen für die kieferorthopädische Behandlung legt fest, dass für die Planung und Durchführung der kieferorthopädischen Behandlung je nach Indikation neben der Anamnese und klinischen Untersuchung folgende Unterlagen erforderlich sind:

    5 a) Gebissmodelle des Ober- und Unterkiefers mit fixierter Okklusion und dreidimensional orientiertem (Planungsmodell) einschließlich Analyse. Das Modell des einzelnen Kiefers muss neben der genauen Darstellung der Zähne und des Alveolarkamms auch die Kieferbasis und die Umschlagfalte der Gingiva abbilden.

     

     

    BEMA-Nr. 7b
    Anforderungen/Erläuterungen

    Für die Bereiche Zahnersatz (Teil 5 BEMA), Kieferbruch und Aufbissbehelfe (Teil 2 BEMA)

    Nach den Abrechnungsbestimmungen sind die vorbereitenden Maßnahmen nur im Rahmen der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen sowie der Behandlung von Verletzungen und Erkrankungen des Gesichtsschädels abrechnungsfähig.

     

    Regionale KZVen kommentieren die Anforderungen an die Modelle so, dass alle Zähne und Kieferbereiche exakt wiedergegeben werden müssen, einschließlich der marginalen Ränder und dem vestibulären Raum. Die Okklusionsfelder müssen frei von Gipsresten und Luftblasen sein. Der Schlussbiss muss für den Zahnarzt zur Diagnostik aus den Modellen erkennbar sein, ggf. durch Trimmen, Einzeichnen des Schlussbisses oder auch durch vorherige Bissbestimmung mit Bissplatten, z. B. bei Freiendsituationen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot ist zu beachten (KZVB).

     

     

    GOZ-Nr. 0050

    Anforderungen/Erläuterungen

    Abschnitte B. bis K. der GOZ

    Die Leistung umfasst die Abformung zur Herstellung eines Situationsmodells. Sie ist für die Herstellung eines Kiefermodells zur Auswertung berechnungsfähig. Wird die Leistung zu Dokumentationszwecken erbracht, ist sie berechnungsfähig, sofern die Dokumentation der weiteren Planung und Diagnose dient. Die diagnostische bzw. planerische Leistung ist in der Position enthalten, soweit sie sich auf die Auswertung des Modells bezieht (BZÄK).

     

     

    GOZ-Nr. 0060

    Anforderungen/Erläuterungen

    Abschnitte B. bis K. der GOZ

    Die Leistung umfasst die Abformungen von Ober- und Unterkiefer zur Herstellung von Situationsmodellen und ggf. auch die erforderlichen Maßnahmen zur Fixierung der Modelle in habitueller Position. Sie ist für die Herstellung von Kiefermodellen berechenbar, die der Auswertung und Planung beider Kiefer und ihrer Lagebeziehung zueinander dienen. Erfolgt die Leistung zu Dokumentationszwecken, ist sie ‒ ggf. auch mehrfach ‒ berechnungsfähig, sofern die Dokumentation der weiteren Planung und Diagnose dient. Die diagnostische bzw. die planerische Leistung ist in der Position enthalten, soweit sie sich auf die Auswertung der Modelle bezieht (BZÄK).

     

    Für Modelle im Bereich der Kieferorthopädie gelten die Standards der wissenschaftlichen Gesellschaft, die im Wesentlichen mit den Bestimmungen aus den BEMA-Richtlinien gleichzusetzen sind. Die Aufbewahrungsfristen für die Modelle zur diagnostischen Auswertung und Planung betragen 10 Jahre. Arbeitsmodelle unterliegen nicht dieser Aufbewahrungspflicht.

    Die Digitalisierungsmöglichkeiten

    Es gibt zwei Digitalisierungsverfahren. Die Abformung erfolgt konventionell und wird in Gips ausgegossen. Das Gipsmodell wird entsprechend den Indikationsanforderungen bearbeitet und mit einem Modellscanner eingescannt. Die Archivierungssoftware, die eine Schnittstelle zur Praxissoftware hat, ermöglicht die Zuordnung der Daten in die Patientendokumentation über den Praxisserver. Das physische Gipsmodell kann archiviert oder entsorgt werden.

     

    PRAXISTIPP | Praxisintern zu prüfen ist, ob eine festgelegte Zeit abzuwarten ist, um diese Modelle für eventuelle Gutachteranfragen noch verwenden zu können. Für viele Praxen gilt der organisatorische Grundsatz, dass nur das aufbewahrt wird, was die Praxis in diesem festgelegten Zeitraum benötigt. Der digitale Datensatz liegt auf dem Server und kann jederzeit wieder abgerufen werden. Lagerflächen in den bisher gekannten Dimensionen entfallen dadurch. Die virtuelle Abformung (der Scan) wird digital gespeichert.

     

    Das gilt auch für die zweite Möglichkeit, bei der die analoge Abformung entfällt und direkt mit einer intraoralen Kamera der Scanvorgang des Ober- und Unterkiefers mit einfacher Bissfixierung (virtuelle Abformung) durchgeführt wird. Die Modellanalyse kann direkt am Behandlungsplatz erfolgen. Ein digitaler Datentransfer praxisintern oder an externe Partner (z. B. zahntechnisches Labor, MKG-Chirurgen, Gutachter) ist sofort möglich. Verschiedene zahntechnische Labore bieten die Digitalisierung von Modellen und die digitale Archivierung gegen eine Gebühr an.

     

    Viele Fragen müssen geklärt werden

    Welchen Weg zur Digitalisierung die Praxis wählt, muss im Einzelfall geprüft werden. Welche Investitionen, Folgekosten und Fortbildungen sind erforderlich? Erweitert sich neben den oben genannten Vorteilen eventuell das Leistungsspektrum z. B. durch gefräste Rekonstruktionen (CEREC etc.), Alignertherapie und Protrusionsschienen?

     

    PRAXISTIPP | Falls innerhalb der zehnjährigen Aufbewahrungsfrist ein physisches Modell benötigt wird, kann dies per Ausdruck mit dem 3-D-Drucker, der praxisintern installiert werden kann, erfolgen. Alternativ werden die Daten zu einem externen Partner transferiert und dieser druckt die Modelle gegen eine Gebühr im 3-D-Druck aus.

     

    Chancen und Risiken der digitalen Prozesskette für die zahnärztliche Praxis

    Der erste Schritt ist die Bedarfsermittlung und Festlegung der gewünschten Indikationsbereiche wie Archivierung, Analysetool, technische Tools (Schleif-/Fräsmaschine, Brennofen) usw. Die darauffolgende Auswahl der Soft- und Hardware erfolgt unter Berücksichtigung der vorhandenen Praxissoftware und der Erweiterungsmöglichkeiten.

     

    Chancen
    Risiken
    • Platzsparende Archivierung von digitalen Modellen
    • 3-D-Ausdruck von Modellen bei Bedarf
    • Direkte Speicherung von Planungsprotokollen
    • Zeitnahe Kooperation mit externen Partnern
    • Erweiterung des Leistungsspektrums der Praxis wie beispielsweise
      • CAD-CAM-gefertigte Rekonstruktionen
      • temporäre Versorgungen
      • Schienentherapie (z. B. bei Craniomandibulärer Dysfunktion ‒ CMD)
      • Aligner-Schienen (ggf. mit einem externen Fertigungspartner)
      • Protrusionsschienen
      • Bondingstray
      • Retainer u. a. m.
    • Welche digitale Lösung ist für Ihre Praxis die richtige?
    • Welche Ergänzungen gibt es für die bereits vorhandene Praxissoftware? Ist die gewählte Lösung erweiterbar?
    • Welche Investition ist erforderlich? Welche Folgekosten sind zu kalkulieren?
    • Werden die Möglichkeiten genutzt?
    • Welche Mitarbeiter unterstützen den digitalen Prozess? Welche Fortbildung ist notwendig?
    • Welche externen Partner werden für Fertigungsprozesse oder auch Speicherungsprozesse gewählt? Welche Kosten und Abhängigkeiten entstehen?
    • Ist die Datensicherheit gewährleistet?
    • Wie werden der Aufwand, die Lagerung, die Logistik und der 3-D-Druck honoriert?
     

    Zehnjährige Aufbewahrungsfrist berücksichtigen

    Für den Bereich der Modellarchivierung und eine Entscheidungsfindung genügt häufig ein Blick auf die Ist-Situation in der Praxis: die Lagerungsfläche, der Materialbedarf hierfür, der Zeitaufwand für die Archivierung und das Wiederfinden der Modelle sind zu berücksichtigen. Dabei muss jetzt noch die aktuell gültige Aufbewahrungszeit von 10 Jahren berücksichtigt werden.

     

    In der Gesamtbetrachtung ist die Digitalisierung ein großer Schritt in eine effizientere Praxisführung.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2018 | Seite 8 | ID 45453404