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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Jahresabschlusserstellung: Das ist bei der Abzinsung von Verbindlichkeiten zu beachten!

    | Bei der Erstellung des Jahresabschlusses greift regelmäßig eine gewisse Routine (Auflösung von Rechnungsabgrenzungsposten, Abgleich und Bereinigung von OP-Listen etc.). Bei gewissen Sachverhalten kommt es aber auf das „Kleingedruckte“ an. Das heißt: Was wurde wie vertraglich geregelt? Dies gilt auch für Verbindlichkeiten und die Frage nach einer etwaigen Abzinsung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG. |

    1. Sachverhalt

    Der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer Fredi Müller hat seiner GmbH am 2.1.18 ein (fremdübliches) Darlehen über 50.000 EUR gewährt. Dieses hat eine Laufzeit von drei Jahren und ist in einer Summe zurückzuzahlen (Endfälligkeit). Hinsichtlich der Verzinsung wurde Folgendes vereinbart:

     

    • Variante 1: Im Vorfeld hat die GmbH ein Angebot von ihrer Hausbank über ein Darlehen zu vergleichbaren Konditionen eingeholt. Der hier veranschlagte Zinssatz wurde auch im Vertrag mit Fredi Müller angesetzt.

     

    • Variante 2: Der Zinssatz beträgt 0,75 %.

     

    • Variante 3: Es erfolgt keine Verzinsung.

     

    • Variante 4: Eine (marktübliche) Verzinsung erfolgt nur, wenn die Gesellschaft ein im Darlehensvertrag festgelegtes Unternehmensergebnis erzielt (bedingt verzinstes Darlehen). Da bereits am 11.11.18 absehbar war, dass diese Bedingung wegen einer nicht zu erwartenden Entwicklung nicht eintreten wird, wurde der Vertrag am 3.12.18 angepasst und eine Verzinsung (ohne Bedingung) festgelegt. Die Verzinsung erfolgt jedoch erst mit Beginn des 1.1.19.

     

    Frage: In welcher Höhe ist die Verbindlichkeit im Jahresabschluss zum 31.12.18 auszuweisen?

    2. Lösung

    Nach § 253 Abs. 1 S. 2 HGB sind Verbindlichkeiten mit ihrem Erfüllungsbetrag zu bewerten. Eine Abzinsung erfolgt regelmäßig nicht. Auch steuerlich ist grundsätzlich der Erfüllungsbetrag relevant (§ 5 Abs. 1 S. 1 EStG i. V. mit § 253 Abs. 1 S. 2 HGB). Jedoch muss in der Steuerbilanz eine Abzinsung mit einem Zinssatz von 5,5 % erfolgen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 EStG). Eine Ausnahme vom Abzinsungsgebot besteht nur in den folgenden Fällen:

     

    • die Restlaufzeit der Verbindlichkeit beträgt am Bilanzstichtag weniger als zwölf Monate,
    • die Verbindlichkeit ist verzinslich oder
    • die Verbindlichkeit beruht auf Anzahlungen oder Vorauszahlungen.

     

    Beachten Sie | Das FG Hamburg (31.1.19, 2 V 112/18; PM Nr. 2/19 vom 5.2.19) hat ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Abzinsungszinssatzes und hat in einem Verfahren Aussetzung der Vollziehung gewährt. Das FG begründet dies mit der anhaltenden Niedrigzinsphase, wodurch die in den Steuergesetzen festgelegten Zinssätze (z. B. 6 % für Nachzahlungszinsen) in die Kritik geraten sind, weil sie den Bezug zum langfristigen Marktzinsniveau verloren haben. Derzeit sind beim BVerfG einige Verfahren zur Frage der Verfassungsmäßigkeit anhängig (u. a. 2 BvR 2706/17 und 2 BvL 22/17).

     

    2.1 Lösung zur Variante 1

    Da das Darlehen verzinslich ist, erfolgt zum 31.12.18 keine Abzinsung. Die Verbindlichkeit ist also mit 50.000 EUR anzusetzen.

     

    2.2 Lösung zur Variante 2

    Nach Ansicht des BMF (26.5.05, IV B 2 -S 2175 - 7/05, Tz. 13) liegt eine verzinsliche Verbindlichkeit bereits vor, wenn ein Zinssatz von mehr als 0 % vereinbart wurde. Da der Zinssatz hier 0,75 % beträgt, scheidet eine Abzinsung aus.

     

    MERKE | Eine verdeckte Einlage erfordert einen einlagefähigen Nutzungsvorteil. Da dies bei einem unverzinslichen oder geringverzinslichen Darlehen nicht der Fall ist, scheidet hier eine verdeckte Einlage aus (H 8.9 „Nutzungsvorteile“ KStH).

     

    2.3 Lösung zur Variante 3

    Da die Restlaufzeit des Darlehens am Bilanzstichtag mehr als zwölf Monate beträgt und die Verbindlichkeit unverzinslich ist, muss eine Abzinsung erfolgen. Nach dem Schreiben des BMF (26.5.05, a. a. O.) kann diese nach versicherungsmathematischen Grundsätzen oder mittels vorgegebener Abzinsungsfaktoren (Tabelle 2 des BMF-Schreibens) vorgenommen werden.

     

    Bei einer Restlaufzeit von zwei Jahren ergibt sich nach der Tabelle 2 ein Abzinsungsfaktor von 0,898 und demzufolge eine Verbindlichkeit zum 31.12.18 von 44.900 EUR. In der GuV löst die Abzinsung einen Ertrag von 5.100 EUR aus.

     

    2.4 Lösung zur Variante 4

    Wird ein bedingt verzinstes Darlehen ohne Bedingungseintritt in ein die Restlaufzeit umfassendes unbedingt verzinstes Darlehen umgewandelt, liegt auch dann ein verzinsliches Darlehen vor, wenn die Verzinsungsabrede zwar vor dem Bilanzstichtag erfolgte, der Zinslauf allerdings erst danach begann (BFH 18.9.18, XI R 30/16).

     

    Dies hat der BFH in einem Fall entschieden, in dem die Verträge für die betrieblichen Darlehen vorsahen, dass die Darlehensforderungen mit 3 % pro Jahr aus den erhaltenen Dividenden der Aktien zu verzinsen sind. Eine Verzinsung sollte jedoch nur erfolgen, wenn die AG auch tatsächlich Dividenden zahlt. Wegen einer nicht erwarteten negativen Entwicklung im Umfeld der AG blieben die Dividendenzahlungen aus. Daraufhin wurden die Verträge angepasst und eine Mindestverzinsung mit Wirkung ab dem Folgejahr festgelegt.

     

    Angesichts der BFH-Entscheidung ist die Verbindlichkeit zum 31.12.18 mit 50.000 EUR anzusetzen.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2019 | Seite 120 | ID 45849867

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