Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Gewerbesteuer: Positive Entwicklung bei der Hinzurechnung von Miete und Pacht

    von Dipl.-Finw. Marvin Gummels, Hage, www.steuer-webinar.de

    | Miet- und Pachtzinsen unterliegen der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. d bzw. e GewStG. Doch das ist zum Teil Schnee von gestern. Zunächst urteilte der BFH, dass keine Hinzurechnung vorzunehmen ist, wenn die Miet- und Pachtzinsen als Herstellungskosten aktiviert worden wären, wenn sich das Wirtschaftsgut am Bilanzstichtag noch im Betriebsvermögen befunden hätte und deshalb hätte aktiviert werden müssen. Nun hat sich dieser Auffassung auch die Finanzverwaltung angeschlossen ‒ und zwar rückwirkend. MBP zeigt anhand eines praktischen Falls, was das bedeutet. |

    1. Sachverhalt

    Die Meise-GmbH mit Sitz in Hannover (GewSt-Hebesatz 480) produziert verschiedene Produkte. Die Produktionsanlagen, Hallen und Grundstücke befinden sich nicht im Eigentum der Meise-GmbH. Sie werden von den Gesellschaftern bzw. Dritten angemietet. Jährlich zahlt die Meise-GmbH 1.250.000 EUR Miete für Hallen und Grundstücke der Produktion und 500.000 EUR Miete für Maschinen. Für das Verwaltungsgebäude werden 350.000 EUR und für übrige gemietete bewegliche Wirtschaftsgüter (Lkw etc.) 250.000 EUR entrichtet.

     

    Die Miete wurde in der GewSt-Erklärung bisher als Hinzurechnung deklariert. Die Festsetzung des GewSt-Messbetrags für 2017 bis 2020 steht unter Vorbehalt der Nachprüfung. Derzeit beschäftigt sich der Leiter der Steuerabteilung mit der Erstellung der GewSt-Erklärung für 2021 und fragt sich, ob die Miete in der GewSt-Erklärung tatsächlich hinzuzurechnen ist?

    2. Lösung

    2.1 Hinzurechnung nach § 8 GewStG

    Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb werden für Zwecke der Gewerbesteuer nach § 8 GewStG einige Betriebsausgaben hinzugerechnet. Für die Meise-GmbH erfolgt die Hinzurechnung nach folgender Systematik:

     

    • Hinzurechnung nach § 8 GewStG

    Miete für bewegliche Wirtschaftsgüter (20 % von 750.000 EUR)(§ 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG)

    150.000 EUR

    Miete für unbewegliche Wirtschaftsgüter (50 % von 1.600.000 EUR)(§ 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG)

    800.000 EUR

    Summe

    950.000 EUR

    nach Abzug des Freibetrags (200.000 EUR) verbleiben

    750.000 EUR

    davon ein Viertel

    187.500 EUR

     

    Beachten Sie | Bei einem Hebesatz von 480 erhöht sich die Gewerbesteuer infolge der Hinzurechnung um 31.500 EUR (187.500 EUR × 3,5 % × 480 %).

     

    2.2 Neue Rechtsprechung durch den BFH

    Nach der neuen Rechtsprechung des BFH (30.7.20, III R 24/18 sowie 20.5.21, IV R 31/18) unterliegen nicht alle Miet- und Pachtzinsen der Hinzurechnung nach § 8 GewStG. Sie sind dem Gewinn nicht hinzuzurechnen, soweit sie in die Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens einzubeziehen sind. Insoweit reicht es aus, dass die Miet- und Pachtzinsen als Herstellungskosten aktiviert worden wären, wenn sich das Wirtschaftsgut am Bilanzstichtag noch im Betriebsvermögen befunden und deshalb hätte aktiviert werden müssen („fiktive Betrachtungsweise“).

     

    Diese Rechtsprechung wendete die Finanzverwaltung bisher nicht an (gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder 2.7.12, G 1422, Rz. 2). Eine Hinzurechnung sollte nur unterbleiben, wenn das hergestellte Wirtschaftsgut zum Bilanzstichtag tatsächlich aktiviert wurde.

     

    2.3 Neue Sichtweise der Finanzverwaltung

    An dieser Auffassung hält die Finanzverwaltung nicht mehr fest, die gleich lautenden Erlasse wurden am 6.4.22 geändert. Demnach unterbleibt auch in Fällen bereits unterjährig ausgeschiedener Wirtschaftsgüter eine Hinzurechnung für solche Aufwendungen (nicht bloß Miet- und Pachtzinsen!), die als Anschaffungs- oder Herstellungskosten aktiviert worden wären, wenn sich das Wirtschaftsgut am Bilanzstichtag noch im Betriebsvermögen befunden hätte. Diese neuen Grundsätze sind auf alle offenen Fälle anzuwenden.

     

    2.4 Steuerliche Auswirkungen für die Meise-GmbH

    Für die Meise-GmbH bedeutet dies, dass die Miet- und Pachtzinsen für die Hallen und Grundstücke der Produktion (1.250.000 EUR) sowie der Maschinen (500.000 EUR) nicht mehr hinzuzurechnen sind. Denn die Aufwendungen dienen der Produktion der Waren. Die Hinzurechnung ist zu reduzieren:

     

    • Neue Hinzurechnung nach § 8 GewStG

    Miete für bewegliche Wirtschaftsgüter (20 % von 250.000 EUR)

    50.000 EUR

    Miete für unbewegliche Wirtschaftsgüter (50 % von 350.000 EUR)

    175.000 EUR

    Summe

    225.000 EUR

    nach Abzug des Freibetrags (200.000 EUR) verbleiben

    25.000 EUR

    davon ein Viertel

    6.250 EUR

     

    Die Gewerbesteuer infolge der Hinzurechnung reduziert sich von 31.500 EUR auf 1.050 EUR (6.250 EUR × 3,5 % × 480 %).

     

    FAZIT | Die Ersparnis ist real, da die Gewerbesteuer bei einer Kapitalgesellschaft nicht nach § 35 EStG angerechnet werden kann. Der Leiter der Steuerabteilung sollte die verringerten Hinzurechnungen in der GewSt-Erklärung für 2021 erfassen. Zudem sollte er für die Jahre 2017 bis 2020 einen Antrag auf Änderung nach § 164 Abs. 2 AO stellen. Hier gilt es aber zu beachten, dass für 2017 bis 2019 „nur“ ein Freibetrag von 100.000 EUR (nicht 200.000 EUR) abzuziehen ist.

     
    Quelle: Ausgabe 07 / 2022 | Seite 120 | ID 48205727

    Karrierechancen

    Zu TaxTalents