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  • · Fachbeitrag · Sozialversicherungspflicht

    Änderungen beim sozialversicherungsrechtlichen Status von „Beschäftigten“ in der GmbH

    | Bereits 2012 hatte das BSG entschieden, dass für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Mitarbeitern in einer GmbH ein rechtlich bestehendes Weisungsrecht entscheidend ist, auch wenn es gar nicht ausgeübt wird. Nun wurden die Grundsätze zur Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit allgemein geändert. „LGP“ zeigt, wer betroffen ist und wer sich auf die alte Rechtslage berufen kann. |

    Rechtliches Weisungsrecht versus faktischer Weisungsmacht

    Nach einem Besprechungsergebnis der Arbeitsgruppe „Beitragsüberwachung“ der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) vom 13./14. März 2014 (Abruf-Nr. 142677) ändern sich die Grundsätze pro oder contra Sozialversicherungspflicht über die Urteilsfälle hinaus (BSG, Urteile vom 29.8.2012, Az. B 12 KR 25/10 R und Az. B 12 R 14/10 R; Abruf-Nr. 122755). Das bedeutet:

     

    • Es kommt nicht mehr darauf an, ob jemand „Kopf- und Seele“ des Betriebs, alleiniger Branchenkenner oder mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist und in der Gesellschaft faktisch „frei schalten und walten“ kann.
    • Maßgeblich ist allein, dass die Person rechtlich über ein Weisungsrecht verfügt. Ob die Person es ausübt, spielt keine Rolle.

     

    Wichtig | Der Besitz der Rechtsmacht schließt eine abhängige Beschäftigung und damit die Sozialversicherungspflicht aus. Demnach gilt Folgendes:

     

    • Nicht sozialversicherungspflichtig sind
      • Gesellschafter-Geschäftsführer, die mit mindestens 50 Prozent beteiligt sind oder die nach den Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag sämtliche Beschlüsse anderer Gesellschafter verhindern können sowie
      • mitarbeitende Gesellschafter ohne Geschäftsführungsfunktion, wenn sie zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind.
    • Abhängig und damit sozialversicherungspflichtig sind hingegen
      • Gesellschafter-Geschäftsführer mit weniger als 50 Prozent Beteiligung,
      • in sonstigen Aufgaben mitarbeitende Gesellschafter mit weniger als 51 Prozent Beteiligung sowie
      • Fremdgeschäftsführer.

     

    PRAXISHINWEIS | Das Kriterium der abstrakten Rechtsmacht gilt auch für den Status von mitarbeitenden Familienangehörigen eines Einzelunternehmens (BSG, Urteil vom 30.4.2013, Az. B 12 KR 19/11 R; Abruf-Nr. 142703).

     

    Zeitliche Anwendung der neuen Grundsätze

    Bei aktuellen und künftigen statusrechtlichen Entscheidungen setzt die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) die neue BSG-Rechtsprechung konsequent um - auch für Zeiträume vor den Urteilen.

     

    • Beispiel

    In einer Bauunternehmen-GmbH hat sich ein Betriebsprüfer der DRV für den 17. November 2014 angekündigt. Der Prüfzeitraum erstreckt sich auf die Zeit vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2013. Die Ehefrau hält 100 Prozent der Anteile. Der Ehemann hat keine Anteile, ist als ausgebildeter Bautechniker aber der Branchenkenner. Bisher behandelte ihn die GmbH als nicht sozialversicherungspflichtig, Beiträge wurden keine abgeführt. Weder die Krankenkasse als Einzugsstelle noch die DRV haben bisher den Status des Ehemannes beurteilt.

     

    Der Prüfer sieht aus dem Anstellungsvertrag, dass der Ehemann seit 2008 an eine feste wöchentliche Arbeitszeit gebunden ist und ein monatlich gleichbleibendes Gehalt von 4.000 Euro erhält. Da der Ehemann keine Anteile an der GmbH hält, stuft der Prüfer ihn als abhängig Beschäftigten ein und fordert vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2013 Sozialversicherungsbeiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung nach. Für die Jahre 2008 und 2009 können aufgrund Verjährung keine Beiträge mehr nachgefordert werden.

     

    Inwiefern die DRV das neue Recht rückwirkend anwendet, hängt davon ab:

     

    • Fand wie im Beispielsfall bisher keine sozialversicherungsrechtliche Beurteilung statt, kann ein Prüfer auch für zurückliegende Jahre - innerhalb der Verjährung - eine Beschäftigung feststellen und Beiträge nachfordern.

     

    • PRAXISHINWEIS | Unternehmen, die sich dagegen wehren möchten, können in einem Rechtstreit vor dem Sozialgericht wie folgt argumentieren: Richter sind nur an das Gesetz gebunden. Verwaltungsanweisungen der DRV sind kein Gesetz. Im Gesetz findet man dazu bislang nichts.

       
    • Wurde bereits eine statusrechtliche Entscheidung pro Selbstständigkeit getroffen, liegt ein rechtswidriger begünstigender Bescheid mit Dauerwirkung vor. Ein solcher Bescheid kann dem Grunde nach zurückgenommen werden (§ 45 Sozialgesetzbuch X). Allerdings genießen Arbeitgeber hier Vertrauensschutz, wenn der Bescheid bestandskräftig und älter als zwei Jahre ist.

     

    • Wichtig | Auf den Vertrauensschutz können sich Arbeitgeber nicht berufen, wenn sich seit der letzten Statusfeststellung die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben. Zum Beispiel, wenn sich die Kapitalanteile bei einem Minderheitsgesellschafter in der GmbH geändert haben. Hier wäre eine neue Beurteilung vorzunehmen mit der Feststellung der Versicherungspflicht ab dem Zeitpunkt der Änderung. 

     

    • Vertrauensschutz tritt auch ein, wenn auf expliziten Antrag des Arbeitgebers ein Sozialversicherungsträger eine Entscheidung über das Nichtvorliegen der Versicherungspflicht getroffen hatte. Hier dürfen für die Vergangenheit keine Sozialversicherungsbeiträge nachgefordert werden.

     

    FAZIT | In Zweifelsfällen sollte schnellstmöglich bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund (Postanschrift: 10704 Berlin) ein Statusfeststellungsverfahren beantragt werden. Sonst drohen bei einer späteren Betriebsprüfung hohe Nachforderungen.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 175 | ID 42944410

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