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  • · Fachbeitrag · Entgeltfortzahlung

    Darauf müssen Arbeitgeber achten, wenn Arbeitnehmer kranke Kinder pflegen müssen

    von Rechtsanwalt Martin Hassel und Personalfachkauffrau Astrid Schoplick, Kanzlei Dr. Schmitt und Partner, Koblenz/Dresden/München/Oberhausen

    | Können Arbeitnehmer wegen Erkrankung eines Kindes nicht arbeiten, stellt sich für den Arbeitgeber vor allem die Frage, ob er das Entgelt fortzahlen muss oder ob die Krankenkasse mit dem Kinderkrankengeld einspringt und was er in diesem Falle tun muss. LGP zeigt beide Varianten. |

    Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Lohnfortzahlung

    Bei eigener Erkrankung hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts nach §§ 3 und 4 des Entgeltfortzahlungsgesetzes. Erkrankt ein Kind und kann der Arbeitnehmer wegen dessen Betreuung und Pflege nicht zur Arbeit erscheinen, kann sich ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung wegen persönlicher Verhinderung aus § 616 BGB ergeben. Danach haben berufstätige Eltern - laut Rechtsprechung für einen Zeitraum von bis zu fünf Tagen - Anspruch auf bezahlte Freistellung, wenn

    • das erkrankte Kind unter zwölf Jahre alt ist oder
    • eine Behinderung hat und auf Hilfe angewiesen ist und
    • nicht durch andere Personen versorgt werden kann.

     

    Höhe des fortzuzahlenden Entgelts

    Der Arbeitgeber muss das Arbeitsentgelt fortzahlen, das der Arbeitnehmer in der Zeit der persönlichen Arbeitsverhinderung verdient hätte (Lohnausfallprinzip). Einbezogen werden hier auch Überstunden, die regelmäßig anfallen. Ausgeschlossen sind Aufwendungsersatzansprüche wie zum Beispiel Fahrtkosten für die Fahrten von der Wohnung zur Tätigkeitsstätte. Bei Auszubildenden ist die Ausbildungsvergütung bei Pflege eines erkrankten Kindes nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 Berufsbildungsgesetz weiterzuzahlen.

     

    Wichtig | Bei einer eigenen Erkrankung des Arbeitnehmers erhält der Arbeitgeber einen Teil des fortgezahlten Entgelts im Rahmen des Aufwendungsausgleichsgesetzes (AAG) von der Krankenkasse des Arbeitnehmers auf Antrag zurück. Bei Erkrankung eines Kindes geht der Arbeitgeber hingegen leer aus.

     

    Ausschluss des Fortzahlungsanspruchs

    Die bezahlte Freistellung kann tarifvertraglich ausgeschlossen sein, oder der Arbeitgeber kann sie einzelarbeitsvertraglich bzw. durch Betriebsvereinbarung ausschließen. Zum Beispiel über folgende Formulierung:

    Musterformulierung / Ausschluss auf bezahlte Freistellung

    Bei Arbeitsausfall infolge der Pflege erkrankter Kinder bestehen keine Entgeltfortzahlungsansprüche gegenüber dem Arbeitgeber.

    Anspruch gegen die Krankenkasse auf Kinderkrankengeld

    Ist die Lohnfortzahlung ausgeschlossen worden oder endet sie bei einer länger als fünf Arbeitstage dauernden Erkrankung, muss der Arbeitgeber den betreuenden Elternteil unbezahlt freistellen. Dabei können die Eltern selbst entscheiden, wer die Pflege übernehmen möchte. Sie müssen sich grundsätzlich nicht nach den betrieblichen Erfordernissen des Arbeitsgebers richten.

     

    Im Fall der unbezahlten Freistellung haben Arbeitnehmer Anspruch auf Kinderkrankengeld von der gesetzlichen Krankenkasse, bei der sie und das Kind versichert sind (§ 45 SGB V). Das Kinderkrankengeld wird pro Kalenderjahr längstens für 10 Arbeitstage gezahlt, insgesamt für alle Kinder zusammen maximal für 25 Arbeitstage. Bei Alleinerziehenden verdoppeln sich die Tage.

     

    Wichtig | Nur gesetzlich versicherte Elternteile mit Anspruch auf Krankengeld erhalten auch das Kinderkrankengeld. Keinen Anspruch haben privat versicherte Arbeitnehmer, geringfügig Beschäftigte und gesetzlich versicherte Arbeitnehmer, deren Kind beim privat versicherten Elternteil versichert ist.

     

    • Beispiel

    Eine angestellte Bürokauffrau ist gesetzlich krankenversichert. Der fünfjährige Sohn ist wie der selbstständig tätige Vater privat versichert. Die Mutter muss zur Betreuung und Pflege des erkrankten Sohnes fünf Arbeitstage zu Hause bleiben. Der Arbeitsvertrag enthält keine Regelungen zur Freistellung bei Erkrankung von Kindern. Ein Tarifvertrag ist nicht anzuwenden. Ergebnis: Der Arbeitgeber muss die Mutter nach § 616 BGB fünf Arbeitstage bezahlt freistellen. Ein Antrag auf Kinderkrankengeld bei der Krankenkasse würde ins Leere laufen.

    Höhe des Kinderkrankengelds

    Die Krankenkasse zahlt grundsätzlich 90 Prozent des ausgefallenen, beitragspflichtigen Nettoarbeitsentgelts. Wurden in den vorangegangenen zwölf Monaten beitragspflichtige Einmalzahlungen bezogen, erhöht sich das Kinderkrankengeld auf 100 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts. Die Obergrenze liegt bei 70 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze.

     

    Zuschuss des Arbeitgebers

    Leistet der Arbeitgeber einen Zuschuss, ist dieser für das Kinderkrankengeld unschädlich, wenn er zusammen mit dem Kinderkrankengeld das Nettoarbeitsentgelt nicht um mehr als 50 Euro monatlich überschreitet. Bis zu dieser Höhe ist der Zuschuss sozialversicherungsrechtlich kein Entgelt (§ 23c Abs. 1 SGB IV), er unterliegt aber als regulärer Arbeitslohn der Lohnsteuer.

     

    PRAXISHINWEIS | Zur Berechnung des Kinderkrankengelds muss der Arbeitgeber der Krankenkasse eine Entgeltbescheinigung erstellen, und zwar seit 1. Januar 2015 auf Papier (auf lgp.iww.de unter der Abruf-Nr. 145475).

    Weiterführender Hinweis

    Quelle: Ausgabe 11 / 2015 | Seite 189 | ID 43628475

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