23.02.2016 · IWW-Abrufnummer 183879
Landesarbeitsgericht Sachsen: Urteil vom 27.10.2015 – 3 Sa 267/15
In dem Rechtsstreit
...
hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 3 - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Herrn ... und Frau ... auf die mündliche Verhandlung vom 27. Oktober 2015
für R e c h t erkannt:
Tenor:
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 25.03.2015 - 10 Ca 3571/14 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, das jeweilige monatliche Grundgehalt des Klägers bereits dann vollständig zu zahlen, wenn der Kläger Betriebsratsarbeit im Umfang von durchschnittlich 36,75 Wochenstunden geleistet hat.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 16 % und die Beklagte 84 % zu tragen.
3. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Umfang der vom Kläger als freigestelltem Betriebsratsmitglied zu leistenden "Arbeitszeit" und über sich daraus für die Vergangenheit ergebende weitere Vergütungsansprüche.
Die Beklagte betreibt zusammen mit der ... & Co. KG und der ... & Co. KG am Standort in ... einen gemeinsamen Betrieb zur Produktion von Halbleiterprodukten mit insgesamt ca. 3.900 Mitarbeitern, davon ca. 160 Leiharbeitnehmern. Die Produktion erfolgt vollkontinuierlich 24 Stunden pro Tag an sieben Tagen in der Woche.
Ca. 50 % aller Mitarbeiter sind in der Produktion und in die Produktion unterstützenden Bereichen im vollkontinuierlichen Schichtsystem eingesetzt. Die vertraglich vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit aller in der Produktion im Schichtdienst eingesetzten Vollzeitmitarbeiter beträgt durchschnittlich 40 Stunden pro Woche. Kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme galt für alle Mitarbeiter die Arbeitsordnung vom 01.08.1996 in der Fassung vom 01.03.2004 (Anlage B 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 20.01.2015; Bl. 73 ff. d. A.). In einer Anlage zur Arbeitsordnung (Bl. 93/94 d. A.) war das bis zum 04.01.2015 geltende "CPS-Schicht-System" geregelt.
Danach waren die Mitarbeiter acht Schichtteams permanent zugeordnet, die ausschließlich in Tag bzw. Nachtschichten eingesetzt wurden. Die Arbeit erfolgte in 14-Tage-Zyklen, wobei an insgesamt sieben Tage der reguläre Schichtdienst zu leisten war. Die volle Schichtanwesenheit bestand aus 10,5 Stunden bezahlter Zeit und 1,5 Stunden unbezahlter Pausenzeit, mithin durchschnittlich 36,75 Arbeitsstunden pro Woche. Die verbleibenden 3,25 Stunden pro Woche waren gemäß Nr. 4. c) der Anlage zur Arbeitsordnung für Trainings, Meetings, Vertretungsschichten u. Ä. vorgesehen. In der Praxis erhielten die Schichtarbeitnehmer das volle monatliche Bruttogehalt regelmäßig bereits dann, wenn sie durchschnittlich 36,75 Arbeitsstunden pro Woche in ihren Schichten erbracht hatten.
Unter dem 19.01.2011 teilte die Geschäftsleitung der Beklagten den Mitarbeitern mit, dass das bestehende CPS-Schichtsystem kurzfristig den aktuellen und künftigen Entwicklungen angepasst werden müsse und deshalb zur Erhöhung der personellen Kapazitäten ab dem 28.03.2011 geplant sei, die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit durch vier Einbringungsschichten pro 14-Wochen-Schichtzyklus auszuschöpfen (vgl. Mitarbeiterinformation vom 19.01.2011 in Anlage B 3 zum Schriftsatz der Beklagten vom 20.01.2015; Bl. 109/110 d. A.). Nachdem es aufgrund der Einführung der Einbringungsschichten zu einer erheblichen Unzufriedenheit in der Belegschaft gekommen war, entschloss sich die Geschäftsleitung, die geplanten Einbringungsschichten ab 10.05.2011 zu streichen. In der entsprechenden Mitarbeiterinformation vom 03.05.2011 (Anlage B 4 zum Schriftsatz der Beklagten vom 20.01.2015; Bl. 111 d. A.) wird u. a. ausgeführt:
"Um dies zu unterstützen, bieten wir in den kommenden Monaten Workshops und Trainings an. Schwerpunkt werden dabei die neuen Foundry-Prozesse sein, die sich aus unserer Aufstellung als Manufacturing Operations und Manufacturing Engineering ergeben. Auch dafür werden wir Sie weiter bitten, Ihren vereinbarten 40 Stunden Arbeitsvertrag zu erfüllen".
Im Nachgang wurde versucht, die Mitarbeiter zu motivieren, zusätzliche Extra-Schichten zu leisten. Hierzu wurde unter dem 09.08.2011 ein Bonusprogramm für die Zeit vom 01.08. bis 06.11.2011 aufgesetzt, auf dessen Grundlage es für Einbringungs- bzw. Zusatzschichten Sonderzahlungen gab (vgl. Mitarbeiterinformation vom 09.08.2011 in Anlage B 5 zum Schriftsatz der Beklagten vom 20.01.2015; Bl. 112/113 d. A.). Für die Zeit ab dem 01.01.2013 erfolgte unter dem 21.12.2012 eine Vereinbarung mit dem am Standort ... gebildeten Betriebsrat betreffend "Flexschichten und Zusatzschichten ab dem 01. Januar 2013" (Anlage B 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 20.01.2015; Bl. 114/115 d. A.). Darin heißt es u. a. wie folgt:
1. Die zum 16. Januar 2012 eingeführten Flexschichten werden über den 31. Dezember 2012 hinaus nach dem Freiwilligkeitsprinzip fortgeführt.
2. Sichert eine freiwillige Planung nicht die relevanten Produktionsziele, wird das Management Flexschichten zuweisen. (...)
3. Flexschichten (4 Schichten in 14 Wochen) werden ab dem 16. Januar 2012 zusätzlich mit der Basisvergütung zzgl. Schichtzuschläge bis 40,0 h/Woche bezahlt.
4. Es können weiterhin freiwillig Zusatzschichten über die 40h-Arbeitswoche hinaus geleistet werden.
5. Die Zusatzschichten werden ab dem 16. Januar 2012 mit der Basisvergütung zzgl. Schichtzuschlägen sowie Mehrarbeitszuschlag bezahlt.
6. Wir sind uns darüber einig, dass die arbeitsvertragliche Vereinbarung der 40h-Arbeitswoche von dieser Übergangslösung unberührt bleibt. (...)
9. Die Zahl der angewiesenen Flexschichten pro 14-wöchigem Schichtzyklus darf 1 Flexschicht pro Mitarbeiter nicht übersteigen. Ausnahmen von dieser Begrenzung sind bei dringender betrieblicher Notwendigkeit durch das gemeinsame Eskalationsgremium zu genehmigen. Für freiwillige Flexschichten und für Zusatzschichten gilt diese Begrenzung nicht. (...)
Unter dem 18.09.2014 unterzeichneten die Betriebsparteien eine "Betriebsvereinbarung zur Einführung und Anwendung eines Wechselschichtsystems für die Produktion und die Produktion unterstützende Bereiche bei ..." für die Zeit ab dem 05.01.2015 (Anlage B 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 20.01.2015; Bl. 95 ff. d. A.). Darin ist u. a. Folgendes bestimmt:
III. Reguläres Wechselschichtsystem der Produktion (CPS)
1. (...)
2. Pro Schichttag beträgt die Anwesenheit der Mitarbeiter 12,0 Stunden. Diese Anwesenheitszeit besteht aus 10,5 Stunden bezahlter Zeit und 1,5 Stunden unbezahlter Pausenzeit. (...)
3. Die Schichtteams durchlaufen einen sich wiederholenden festen vierwöchigen Schichtzyklus mit Wechsel von Tag- und Nachtschichten. Innerhalb dieses Schichtzyklus sind die Schichttage sowie der Wechsel von Tag- oder Nachtschicht wie folgt verteilt:
4. (...)
VII. Differenz zur wöchentlichen Arbeitszeit
1. Das Schichtmodell bildet eine durchschnittliche 3,5-Schichttagewoche ab. Die tatsächliche reguläre Schichtarbeitszeit kann von der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitszeit abweichen. Soweit die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitszeit durch reguläre Schichtarbeit nicht abgerufen wird, besteht für die Mitarbeiter im Grundsatz keine Verpflichtung zur Nacharbeit; es gibt keine Minusstunden.
2. Mitarbeiter im CPS können nur nach Maßgabe der Ziffer VIII dieser BV CPS zu zusätzlicher Schichtarbeit herangezogen werden.
3. Für die Teilnahme an Trainings außerhalb des CPS (z.B. Förderprogramme, Technikertrainings bei Suppliern, etc.) oder für Tätigkeiten in anderen Arbeitszeitsystemen (z.B. Projektsupport in E-Schicht) gilt die vertragliche Arbeitszeit.
Die zeitliche Lage ist im Einvernehmen mit dem Mitarbeiter festzulegen. Führungskräfte und Mitarbeiter ab Joblevel 6 im CPS sind darüber hinaus bei Bedarf zur Teilnahme an Meetings verpflichtet, die außerhalb ihrer regulären Schichtarbeitszeit liegen. (...)
VIII. Zusätzliche Schichtarbeit (Flexschichttage und Zusatzschichttage)
1. Der Mitarbeiter kann über die in Ziffer III.3 dieser BV CPS beschriebenen regulären Schichttage hinaus freiwillig zusätzliche Schichttage arbeiten, soweit ein betrieblicher Bedarf an einem entsprechenden weiteren Einsatz des Mitarbeiters besteht. (...)
2. Zusätzliche Schichttage, die über die reguläre Schichtarbeit nach Ziffer III. innerhalb der durchschnittlichen arbeitsvertraglichen Wochenarbeitszeit erbracht werden (d.h. maximal 4 Schichttage innerhalb eines Kalenderquartals bei einem in Vollzeit beschäftigten Mitarbeiter) werden als Flexschichttage bezeichnet.
Zusätzliche Schichttage, die außerhalb der durchschnittlichen arbeitsvertraglichen Wochenarbeitszeit erbracht werden (d.h. ab dem 5. Schichttag innerhalb eines Kalenderquartals bei einem in Vollzeit beschäftigten Mitarbeiter) werden als Zusatzschichttage bezeichnet.
3. GLOBALFOUNDRIES ist berechtigt, bei betrieblichem Bedarf für jeden in Vollzeit beschäftigten Mitarbeiter bis zu vier Flexschichttage innerhalb eines Kalenderjahrs anzuweisen. (...)
6. Die Mitarbeiter erhalten für jeden tats ächlich geleisteten Flexschichttag und Zusatzschichttag aufgrund einer Gesamtzusage für den Geltungszeitraum dieser BV CPS die dort näher beschriebenen Sonderzahlungen. Ansprüche der Mitarbeiter auf Sonderzahlungen für geleistete Flexschichttage und Zusatzschichttage ergeben sich allein aus der Gesamtzusage. (...)
XIII. Wechselschichtzulage
1. Mitarbeiter (...), die im CPS tatsächlich in Wechselschicht arbeiten, (...), erhalten aufgrund einer Gesamtzusage f ür den Geltungszeitraum dieser BV CPS eine pauschale Wechselschichtzulage zum Ausgleich der Erschwernisse der Wechselschicht. (...)
Unter dem 18.09.2014 unterzeichnete die Geschäftsleitung eine "Gesamtzusage Wechselschichtzulage" (Anlage B 7 zum Schriftsatz der Beklagten vom 20.01.2015; Bl. 116 d. A.) sowie eine "Gesamtzusage Sonderzahlungen für Flex- und Zusatzschichttage" (Anlage B 8 zum Schriftsatz der Beklagten vom 20.01.2015; Bl. 117 d. A.). In letztgenannter heißt es u. a. wie folgt:
"Alle Mitarbeiter, die im CPS oder im Adapted CPS eingesetzt sind und unter den in Ziffer VIII. der Betriebsvereinbarung zur Einführung und Anwendung eines Wechselschichtsystems für die Produktion und die Produktion unterstützende Bereiche bei ... ("BV CPS") vom 18. September 2014 genannten Voraussetzungen Flex- und Zusatzschichttage leisten, erhalten ab dem 5. Januar 2015 bei der tatsächlichen Leistung von Flex- und Zusatzschichttagen die folgenden Sonderzahlungen:
- Flexschichttage werden mit der Basisvergütung (bei Tätigkeit in Vollzeit: vertraglich vereinbartes monatliches Basisentgelt / 173,33 x 10,5) zzgl. der tatsächlich anfallenden Zuschläge für Arbeit an Sonn- und Feiertagen vergütet. (...)"
Im Betrieb der drei oben genannten Gesellschaften in ... ist seit dem 27.10.2011 ein gemeinsamer Betriebsrat mit aktuell 27 Mitgliedern gebildet, von denen sieben vollständig von der Arbeitsleistung freigestellt sind. Der Kläger ist seit Oktober 2011 Mitglied des Betriebsrates und seit September 2013 vollständig von der Arbeitsleistung freigestellt. Vor seiner Freistellung war er auf der Grundlage eines mit einer Rechtsvorgängerin der Beklagten unter dem 16.02./22.03.2007 unterzeichneten Arbeitsvertrages (Anlage K 1 zur Klageschrift vom 01.12.2014; Bl. 8 ff. d. A.) seit dem 20.04.2007 als "Manufacturing Technician 1" mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden ausschließlich in Nachtschicht tätig.
Seit September 2013 erfasst der Kläger, ebenso wie die übrigen vollständig freigestellten Mitglieder des Betriebsrates, die Zeiten der Betriebsratsarbeit in einer Zeiterfassungstabelle.
Dieser liegt eine wöchentliche/tägliche Arbeitszeit von 40/8 Stunden zu Grunde. Abweichungen werden in einem Saldo ausgewiesen (vgl. Anlage K 10 zum Schriftsatz des Klägers vom 16.01.2015, Bl. 50 d. A., und Anlage K 13 zum Schriftsatz des Klägers vom 16.02.2015, Bl. 132 d. A.). Die Zeiterfassung verbleibt im Büro des Betriebsratsvorsitzenden. Ein Mitarbeiter der Beklagten war jedenfalls bis in das Jahr 2013 damit betraut, regelmäßig Stichproben dahingehend zu machen, ob die Arbeitszeiterfassungen vollständig und richtig geführt werden.
Der Kläger kann sich die Zeiten seiner Betriebsratstätigkeit frei einteilen. Er erbringt sie, ebenso wie auch die übrigen Mitglieder des Betriebsrates, regelmäßig tagsüber von montags bis freitags.
In der Zeit von Juni 2014 bis März 2015 zahlte die Beklagte dem Kläger ein monatliches Grundgehalt in Höhe von 3.082,55 € brutto. Seit dem 01.04.2015 erhält der Kläger ein solches in Höhe von 3.173,00 € brutto. Daneben zahlt/e die Beklagte dem Kläger einen monatlichen Ausgleichsbetrag für die durch die Freistellung wegen Betriebsratstätigkeit entfallenden Schichtzuschläge und für die vier im Kalenderjahr anweisbaren Flexschichttage.
Der Kläger machte außergerichtlich für die Zeit ab Juni 2014 eine weitergehende Vergütung geltend. Zur Begründung führte er aus, er müsse als freigestellter Betriebsrat Betriebsratsarbeit im Umfang von 40 Wochenstunden leisten. Damit leiste er wöchentlich 3,25 Stunden mehr Arbeit als vor der Freistellung in Schichtarbeit.
Soweit eine Heranziehung von Schichtarbeitern zu Schichten über 36,75 Wochenstunden hinaus erfolge, würden diese bis zur Grenze von 40 Wochenstunden als Flexschichten vergütet. Diese Vergütung sei auch an ihn zu zahlen. Die Beklagte lehnte eine weitergehende Zahlung mit Schreiben vom 10.10.2014 ab.
Mit seiner der Beklagten am 06.12.2014 zugestellten Klage und der am 20.01.2015 zugestellten Klageerweiterung vom 16.01.2015 hat der Kläger seine Forderung weiter verfolgt. Er hat die Ansicht vertreten, er werde als freigestelltes Betriebsratsmitglied gegenüber einem Mitarbeiter im Schichtdienst in unzulässiger Weise benachteiligt.
Mitarbeiter im Schichtdienst erhielten ihren vollen Grundlohn - unstreitig - bereits, wenn sie im Rahmen des Schichtzyklus durchschnittlich 36,75 Wochenstunden leisteten. Er dagegen erhalte den vollen Grundlohn nur bei einer Betriebsratsarbeit im Umfang von 40 Wochenstunden. Soweit Mitarbeiter im Schichtdienst über 36,75 Wochenstunden hinaus bis zur Grenze von durchschnittlich 40 Wochenstunden Flexschichten leisteten, erhielten diese zudem über das Grundgehalt hinaus eine zusätzliche Vergütung. Er dagegen müsse die über die im Schichtdienst geleisteten 36,75 Wochenstunden hinaus geleistete Betriebsratsarbeit im Umfang von wöchentlich 3,25 Stunden ohne finanzielle Kompensation leisten. Damit werde er gegenüber einem Mitarbeiter im Schichtdienst in unzulässiger Weise schlechter gestellt. Die Beklagte sei verpflichtet, ihn so zu vergüten, als ob er weiter im Schichtdienst beschäftigt sei. Des Weiteren habe die Beklagte die Zeiterfassung nicht mit Beginn der Freistellung ändern dürfen, sondern habe diese auf der Basis von 36,75 Wochenstunden belassen müssen. Ausgehend von einem Stundenlohn in Höhe von 17,80 € brutto ergebe sich für die Monate Juni bis Dezember 2014 ein monatlicher Nachzahlungsbetrag in Höhe von 192,61 € brutto. Dieser berechne sich wie folgt: 35 nicht ausgeglichene Stunden je 14-Wochen-Rhythmus multipliziert mit einem Stundenlohn in Höhe von 17,80 € ergebe je 14-Wochen-Rhythmus eine Forderung in Höhe von 623,00 €. Diese sei mit 3,71 Schichtzyklen zu multiplizieren, so dass sich eine jährliche Forderung in Höhe von 2.311,33 € ergebe. Geteilt durch zwölf Monate ergebe sich ein monatlicher Nachzahlungsbetrag in Höhe von 192,61 €.
Der Kläger hat nach teilweiser Klagerücknahme noch beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 963,05 € Lohnnachzahlung für die Monate Juni 2014 bis einschließlich Oktober 2014, d.h. für fünf Monate (d.h. in Höhe von 192,61 € monatlich) nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz der Bundesbank ab Klagezustellung als Bruttogehalt (zu dem laufenden Gehalt) nachzuzahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 385,22 € Lohnnachzahlung für die Monate November und Dezember 2014 (jeweils 192,61 € je Monat) zu zahlen, zzgl. Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz der Bundesbank ab Zustellung des Schriftsatzes vom 16.01.2015;
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei der Abrechnung seines Gehalts eine monatsanteilige Vergütung für vier freiwillige Flexschichten je Jahresquartal für einen aktiven Manufacting Technician I im CPS-Schicht-System - d. h. zzgl. von derzeit 248,92 € monatlich zu berücksichtigen, d.h. diesen Betrag auf jeder Monatsgehaltsabrechnung als einen zusätzlichen Gehaltsbestandteil zu leisten;
4. die Beklagte zu verpflichten, seine Arbeitszeiterfassung auf 36,75 Stunden ohne (stundenanteilige) Verminderung der Vergütung umzustellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Kläger könne nach den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes keine weitere Vergütung beanspruchen. Nach dem Lohnausfallprinzip könne der Kläger nur die Vergütung beanspruchen, die er erhalten hätte, wenn er nicht freigestellt worden wäre. Dieser Anspruch werde von ihr erfüllt. Unstreitig erhalte der Kläger seine Grundvergütung und die jeweiligen Zuschläge so, wie er sie als Schichtarbeiter erhalten würde. Der Grundlohn sei die Gegenleistung für die arbeitsvertraglich zu leistenden 40 Wochenstunden, nicht für die im Schichtsystem tatsächlich nur 36,75 abgerufenen Wochenstunden. Hinsichtlich der Flexschichten könne der Kläger über die bereits gezahlten vier Flexschichttage pro Jahr keine weitere Vergütung beanspruchen. Im Durchschnitt hätten im Schichtsystem eingesetzte Arbeiter in der Vergangenheit maximal zwei Flexschichttage pro Jahr geleistet. In dem Bereich, in dem der Kläger vor seiner Freistellung beschäftigt gewesen sei, sei die Zahl der geleisteten Flexschichten sogar regelmäßig geringer gewesen. Ein betrieblicher Bedarf für einen weitergehenden Einsatz von Mitarbeitern bestehe nicht. Ungeachtet dessen habe sie sich entschlossen, allen freigestellten Betriebsratsmitgliedern eine Ausgleichszahlung für vier Flexschichttage zu gewähren, da diese gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern einseitig anweisbar seien. Damit erhalte der Kläger letztlich sogar eine höhere Vergütung, als wenn er weiter in Schichtarbeit beschäftigt werden würde. Eine Vergütung etwaig vom Kläger über 36,75 Stunden hinaus geleisteter Betriebsratsarbeit als Überstunden scheide bis zu durchschnittlich 40 Wochenstunden aus, da der Kläger arbeitsvertraglich verpflichtet sei, Arbeitsleistungen im Umfang von 40 Wochenstunden zu erbringen. Dass in der Produktion tatsächlich nur 36,75 Wochenstunden abgerufen würden, sei dem Schichtsystem geschuldet. Dies bedeute jedoch nicht, dass sie in der Produktion eine 36,75 Stunden-Woche eingeführt habe und nur insoweit (noch) eine Arbeitsleistung geschuldet sei. Die verbleibenden 3,25 Stunden stünden nicht zur freien Verfügung der Schichtarbeiter, sondern könnten von ihr für Trainings, Meetings etc. abgerufen werden. Abgesehen davon bestünde selbst dann, wenn der Kläger für Betriebsratsarbeit Überstunden leiste, nicht automatisch ein finanzieller Ausgleichsanspruch. Der Kläger könne primär nur einen Freizeitausgleich verlangen. Abgesehen davon sei der Kläger als Betriebsratsmitglied nicht davon entbunden, die betriebliche Notwendigkeit etwaiger Überstunden darzulegen. Schließlich könne im Hinblick auf die geforderte "Umstellung der Arbeitszeiterfassung" bereits das Rechtsschutzziel nicht nachvollzogen werden. Der Kläger sei arbeitsvertraglich verpflichtet, 40 Wochenstunden zu arbeiten. In diesem Umfang müsse der Kläger auch Betriebsratsarbeit leisten. Die vom Kläger gerügte "Änderung der Zeiterfassung" sei allein EDV-technisch bedingt. Da er nicht mehr tatsächlich in Schichten beschäftigt sei, sei aus steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Gründen eine abweichende Berechnung der Vergütung erforderlich. Der Kläger erhalte nunmehr eine pauschale Brutto-Ausgleichszahlung für die entfallenden Schichtzuschläge. Um die bisherige automatische Berechnung der Schichtzuschläge im EDV-System zu verhindern, sei der Kläger - wie alle vollständig freigestellten Betriebsratsmitglieder - von "Schicht" auf "Nichtschicht" umgestellt worden.
Mit seinem dem Kläger am 21.04.2015 zugestellten Urteil vom 25.03.2015 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 19.05.2015 beim Sächsischen Landesarbeitsgericht eingegangenen Berufung, die er am 21.07.2015 begründet hat, nachdem die Frist zur Berufungsbegründung auf seinen am Montag, den 22.06.2015 eingegangenen Antrag bis zum 22.07.2015 verlängert worden war.
Der Kläger vertritt die Ansicht, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht den Focus allein auf den Aspekt "Lohn" verengt, ohne zu berücksichtigen, dass es auch darum gehe, in welchem zeitlichen Umfang er Betriebsratsarbeit zu leisten habe. Insoweit gehe es darum, inwieweit er als freigestelltes Betriebsratsmitglied gegenüber einem normalen Schichtarbeiter benachteiligt werde. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass aus Anlass seiner Freistellung eine Umstellung der Arbeitszeiterfassung verbunden mit einer Heraufsetzung des Arbeitsvolumens erfolgt sei. Während Schichtarbeiter ihr volles Grundgehalt bereits bei einer Arbeitsleistung von 36,75 Wochenstunden erhielten und für die in Form von Flexschichten über 36,75 Wochenstunden hinaus geleistete Arbeit vergütet würden, müsse er 40 Wochenstunden Betriebsratsarbeit leisten, um seinen vollen Grundlohn zu erhalten, und erhalte für über 36,75 Wochenstunden hinaus geleistete Betriebsratsarbeit keine Vergütung (mehr). Eine Ungleichbehandlung ergebe sich auch gegenüber nicht freigestellten Betriebsratsmitgliedern.
Soweit diese in Schichten arbeiteten, werde deren Betriebsratsarbeit auf die Schichtzeit von 36,75 Wochenstunden angerechnet. Soweit die Beklagte auf Durchschnittswerte betreffend geleistete Flexschichten abstelle, kenne er diese Durchschnittswerte nicht und könne sie daher nur mit Nichtwissen bestreiten. Tatsächlich gebe es konkrete Fälle, wie den Kollegen ..., der mehr als zwei Flexschichten pro Jahr leiste. Unabhängig davon habe er tatsächlich seit September 2013 regelmäßig Betriebsratsarbeit zumindest im Umfang von durchschnittlich 40 Wochenstunden geleistet, so dass es eines Rückgriffs auf einen theoretischen Wert nicht bedürfe. Seine über 36,75 Wochenstunden hinaus geleisteten Stunden seien vielmehr wie tatsächlich geleistete Flexschichten zu vergüten, da die Beklagte ihn durch die Umstellung der Zeiterfassung aufgefordert habe, nunmehr 40 Wochenstunden zu leisten. Um den Gleichstellungsgedanken des § 78 BetrVG umzusetzen, sei es der richtige Weg, die Zeiterfassung zukünftig so auszugestalten, wie dies bei Produktionsmitarbeitern der Fall sei.
Der Kläger beantragt noch,
1. das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 25.03.2015 - 10 Ca 3571/14 - abzuändern;
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für die Zeit vom 01.06. - 31.10.2014 weitere 961,95 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für die Zeit vom 01.11. bis 31.12.2014 weitere 384,78 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sein jeweiliges monatliches Grundgehalt bereits dann vollständig zu zahlen, wenn er Betriebsratsarbeit im Umfang von durchschnittlich 36,75 Wochenstunden geleistet habe;
hilfsweise zu Ziff. 4 festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung des monatlichen Ausgleichbetrages ab dem 01.01.2015 zusätzlich auch die monatsanteilige Vergütung für drei freiwillige Flexschichttage pro Kalenderquartal zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
und verteidigt die angegriffene Entscheidung mit Rechtsausführungen als zutreffend.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf den Inhalt der dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 27.10.2015 (Bl. 343 ff. d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Auf die aufgrund ihres Beschwerdewertes gemäß § 64 Abs. 2 lit. b ArbGG statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sowie ausgeführte Berufung des Klägers ist das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 25.03.2015 - 10 Ca 3571/14 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, das jeweilige monatliche Grundgehalt des Klägers bereits dann vollständig zu zahlen, wenn der Kläger Betriebsratsarbeit im Umfang von durchschnittlich 36,75 Wochenstunden geleistet hat.
A.
Auf den Antrag des Klägers ist festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, das jeweilige monatliche Grundgehalt des Klägers bereits dann vollständig zu zahlen, wenn der Kläger Betriebsratsarbeit im Umfang von durchschnittlich 36,75 Wochenstunden geleistet hat. Der Antrag ist sowohl zulässig als auch begründet.
1. Der Feststellungsantrag des Klägers ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig, denn der Kläger hat ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen gerichtlichen Feststellung. Zwischen den Parteien besteht Streit darüber, in welchem zeitlichen Umfang der Kläger auf der Basis der bestehenden vertraglichen Vereinbarung Betriebsratsarbeit leisten muss, um das vereinbarte Grundgehalt zu erlangen. Damit steht der Umfang einer Leistungspflicht aus dem zwischen den Parteien bestehenden Rechts-/Arbeitsverhältnis im Streit, der Gegenstand einer Feststellungsklage sein kann (vgl. BAG, Urteil vom 10.12.2014 - 7 AZR 1009/12 - Rz. 22, m. w. N., NZA 2015, 811, 812
[BAG 10.12.2014 - 7 AZR 1009/12]
). Die begehrte Feststellung ist geeignet, den zwischen den Parteien bestehenden Streit vollständig zu bereinigen.
2. Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Kläger vor dem Hintergrund des sich aus § 78 Satz 2 BetrVG ergebenden Benachteiligungsverbots nicht verpflichtet, durchschnittlich 40 Wochenstunden Betriebsratsarbeit zur Erlangung des vollen Grundgehalts zu leisten.
a) Gemäß § 78 Satz 2 BetrVG dürfen Mitglieder des Betriebsrats und anderer - näher bezeichneter - Gremien wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung. Eine Benachteiligung i. S. v. § 78 Satz 2 BetrVG ist jede Schlechterstellung im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern, die nicht auf sachlichen Gründen, sondern auf der Tätigkeit als Betriebsratsmitglied beruht. Eine Benachteiligungsabsicht ist nicht erforderlich. Es genügt die objektive Schlechterstellung gegenüber Nichtbetriebsratsmitgliedern. Die verbotene Benachteiligung kann sowohl in einer einseitigen Maßnahme des Arbeitgebers als auch in einer vertraglichen Vereinbarung liegen (so BAG, Urteil vom 25.06.2014 - 7 AZR 847/12 - Rz. 29, m. w. N., NZA 2014, 1209, 1211
[BAG 25.06.2014 - 7 AZR 847/12]
).
b) Ausgehend hiervon stellt es eine nicht auf sachlichen Gründen beruhende Schlechterstellung des Klägers als Betriebsratsmitglied dar, wenn die Beklagte verlangt, dass er im Rahmen der bestehenden vertraglichen Vereinbarung durchschnittlich 40 Wochenstunden Betriebsratsarbeit leistet, um die vereinbarte Grundvergütung vollständig zu verdienen.
Im Ausgangspunkt zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass zwischen den Parteien eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden vereinbart ist.
Dies ergibt sich eindeutig aus der Regelung unter II. 2. des Arbeitsvertrages vom 16.02./22.03.2007. Eine abweichende Vereinbarung haben die Parteien in der Folgezeit weder ausdrücklich noch konkludent getroffen. Die Tatsache, dass der Kläger im Schichtsystem in der Vergangenheit ohne Verminderung der Grundvergütung regelmäßig nur durchschnittlich 36,75 Wochenstunden gearbeitet hat, hat nicht zu einer Änderung der arbeitsvertraglichen Vereinbarung geführt, da sich die Beklagte regelmäßig vorbehalten hat, den Kläger zu Trainings, Meetings o. Ä. heranzuziehen und dadurch die vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit auszufüllen.
De facto war und ist es aber so, dass Schichtarbeiter ihre vertraglich vereinbarte Grundvergütung regelmäßig auch dann vollständig erhalten, wenn sie "nur" die im Schichtsystem durchschnittlich anfallenden 36,75 Wochenstunden leisten. Aktuell ergibt sich dies aus der Regelung unter Ziffer VII. 1. der Betriebsvereinbarung vom 18.09.2014, wenn es dort heißt, soweit die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitszeit durch reguläre Schichtarbeit nicht abgerufen wird, besteht für die Mitarbeiter im Grundsatz keine Verpflichtung zur Nacharbeit; es gibt keine Minusstunden. Gegenüber diesen Schichtarbeitern wird der Kläger als freigestelltes Betriebsratsmitglied objektiv schlechter gestellt, wenn die Beklagte von ihm jedenfalls konkludent verlangt, dass er im Rahmen der bestehenden vertraglichen Vereinbarung durchschnittlich 40 Wochenstunden Betriebsratsarbeit leistet, um die vereinbarte Grundvergütung vollständig zu verdienen.
Wie die Prozessbevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Berufungsverhandlung am 27.10.2015 ausdrücklich bestätigt hat, erwartet die Beklagte aufgrund der vertraglichen Vereinbarung vom Kläger wie auch von jedem anderen vollständig freigestellten Betriebsratsmitglied, dass er für die gezahlte Grundvergütung durchschnittlich 40 Wochenstunden Betriebsratsarbeit erbringt. Damit verlangt die Beklagte bei gleichem Lohn vom Kläger als freigestelltem Betriebsratsmitglied regelmäßig die Erbringung einer um 3,25 Stunden höheren Wochenarbeitszeit als von einem mit dem Kläger vergleichbaren Schichtarbeiter. Dass diese objektive Schlechterstellung wegen der Tätigkeit als freigestelltem Betriebsratsmitglied erfolgt, zeigt sich daran, dass die Beklagte Schichtarbeitnehmern regelmäßig auch dann das volle Grundgehalt zahlt, wenn diese im Schichtsystem 36,75 Wochenstunden geleistet haben. Einen sachlichen Grund für die objektive Schlechterstellung hat die Beklagte nicht benannt. Sie leugnet vielmehr lediglich, dass eine Schlechterstellung vorliegt.
B.
Unbegründet und damit zurückzuweisen ist die Berufung des Klägers dagegen insoweit, als er weitere Vergütung für die Monate Juni bis Dezember 2014 begehrt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage insoweit im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der begehrten Vergütung in Höhe von 961,95 € bzw. 384,78 € brutto.
1. Der geltend gemachte Vergütungsanspruch ergibt sich nicht aus § 37 Abs. 2 BetrVG.
a) Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind Mitglieder des Betriebsrats von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. § 37 Abs. 2 BetrVG begründet keinen eigenständigen Vergütungsanspruch, sondern sichert den Entgeltanspruch des Betriebsratsmitglieds aus § 611 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag sowie dem ggf. anzuwendenden Tarifvertrag, indem er dem Arbeitgeber den Einwand des nicht erfüllten Vertrags nimmt. Das Verbot der Entgeltminderung soll die Bereitschaft des Arbeitnehmers zur Übernahme eines Betriebsratsamts fördern, indem es ihm die Befürchtung nimmt, Einkommenseinbußen durch die Wahrnehmung eines Ehrenamts zu erleiden. Diese Vorschrift, die für alle Betriebsratsmitglieder unabhängig von einer etwaigen Freistellung nach § 38 BetrVG gilt, konkretisiert hinsichtlich der Vergütung das allgemeine Benachteiligungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG. Das Verbot der Minderung des Arbeitsentgelts bedeutet, dass dem Betriebsratsmitglied das Arbeitsentgelt weiterzuzahlen ist, das es verdient hätte, wenn es keine Betriebsratstätigkeit geleistet, sondern gearbeitet hätte. Zum Arbeitsentgelt i.S.v. § 37 Abs. 2 BetrVG gehören alle Vergütungsbestandteile, nicht dagegen Aufwendungsersatz. Das Arbeitsentgelt ist nach dem Lohnausfallprinzip fortzuzahlen. Die Berechnung der geschuldeten Verg ütung nach dem Lohnausfallprinzip erfordert eine hypothetische Betrachtung, welches Arbeitsentgelt das Betriebsratsmitglied ohne die Arbeitsbefreiung verdient hätte. Zur Berechnung der hypothetischen Vergütung ist die Methode zu wählen, die dem Lohnausfallprinzip am besten gerecht wird. Dabei sind die Besonderheiten des jeweiligen Vergütungsbestandteils zu berücksichtigen. Gegebenenfalls ist bei schwankenden Bezügen eine Schätzung nach den Grundsätzen des § 287 Abs. 2 ZPO vorzunehmen (so BAG, Urteil vom 29.04.2015 - 7 AZR 123/13 - Rz. 11 ff., m. w. N., zitiert nach [...]).
b) Ausgehend von den vorstehenden Grundsätzen kann der Kläger für die Monate Juni bis Dezember 2014 keine weitergehende Vergütung verlangen. Es ist nicht zu erkennen, dass der Kläger die von ihm verlangte weitere Vergütung erhalten hätte, wenn er im Streitzeitraum weiter als Schichtarbeiter gearbeitet hätte.
Insoweit ist es unerheblich, ob der Kläger als freigestelltes Betriebsratsmitglied regelmäßig 40 Wochenstunden tätig gewesen ist. Anknüpfungspunkt für die zu zahlende Vergütung ist die hypothetische Tätigkeit als Schichtarbeiter, nicht die tatsächliche Tätigkeit als Betriebsrat.
Nach § 37 Abs. 2 BetrVG kann der Kläger die geforderte weitere Vergütung nur verlangen, wenn er bei einer tatsächlichen Tätigkeit als Schichtarbeiter voraussichtlich mehr verdient hätte, als ihm die Beklagte im Streitzeitraum gezahlt hat. Dies wäre letztlich nur dann der Fall, wenn davon auszugehen wäre, dass der Kläger über die von der Beklagten bereits vergüteten vier Flexschichten hinaus, voraussichtlich weitere Flex- oder Zusatzschichten hätte leisten müsste. Tatsachen, die diesen Schluss rechtfertigen, hat der Kläger jedoch nicht vorgebracht.
Zutreffend weißt der Kläger zwar darauf hin, dass es für die hypothetische Betrachtungsweise nicht auf die durchschnittliche Zahl der von allen Schichtarbeitern zu leistenden Flex- bzw. Zusatzschichten ankommt. Genauso wenig kommt es aber auch auf die von einem anderen konkreten Arbeitnehmer geleistete Schichtzahl an, die der Kläger exemplarisch benannt hat. Maßgeblich ist allein, wie viele Schichten der Kläger voraussichtlich in seiner vormaligen Position im Streitzeitraum geleistet hätte. Insoweit hat der Kläger aber keine Anknüpfungstatsachen benannt. Vor dem Hintergrund, dass ihm die Darlegungslast für die Tatsachen obliegt, die einen höheren Vergütungsanspruch begründen, reicht es nicht aus, die Angaben der Beklagten mit Nichtwissen zu bestreiten. Der Kläger hätte vielmehr konkrete Tatsachen dafür benennen müssen, warum gerade er mehr als die bereits bezahlten vier Flexschichten im Jahr geleistet hätte. Hieran fehlt es.
2. Der geltend gemachte Vergütungsanspruch ergibt sich auch nicht aus § 37 Abs. 3 BetrVG.
a) Gemäß § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hat ein Betriebsratsmitglied zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Die Arbeitsbefreiung ist vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten (§ 37 Abs.3 Satz 3 BetrVG).
Die Regelung des § 37 Abs. 3 BetrVG geht vom Vorrang des Freizeitausgleichs vor dessen Abgeltung durch einen Vergütungsanspruch aus. Nur bei einer auf betriebsbedingten Gründen beruhenden Unmöglichkeit der Gewährung von Arbeitsbefreiung kommt eine Vergütung der aufgewendeten Zeit in Betracht. Dies dient zum einen der Begrenzung der Arbeitsbelastung des Betriebsratsmitglieds. Zum anderen soll hierdurch im Interesse der persönlichen Unabhängigkeit der Betriebsratsmitglieder soweit wie möglich verhindert werden, dass Betriebsratsmitglieder entgegen dem Ehrenamtsprinzip des § 37 Abs. 1 BetrVG durch ihre Betriebsratstätigkeit zusätzliche Vergütungsansprüche erwerben. Deshalb wandelt sich der Anspruch auf Arbeitsbefreiung weder mit Ablauf der Monatsfrist des § 37 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 BetrVG noch durch eine bloße Untätigkeit des Arbeitgebers in einen Vergütungsanspruch. Die Monatsfrist des § 37 Abs. 3 Satz 2 BetrVG ist keine Umwandlungsvorschrift. Der Vergütungsanspruch entsteht vielmehr nur, wenn die Arbeitsbefreiung aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich ist. Davon ist auszugehen, wenn sich der Arbeitgeber darauf beruft und deshalb Freizeitausgleich verweigert. Solange diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, ist das Betriebsratsmitglied darauf angewiesen, den Freizeitausgleichsanspruch geltend zu machen und notfalls gerichtlich durchzusetzen. Dies setzt voraus, dass das Betriebsratsmitglied Freizeitausgleich vom Arbeitgeber verlangt. Die bloße Anzeige über die während der Freizeit geleistete Betriebsratstätigkeit genügt dafür nicht. Das gilt auch bei der Ansammlung besonders hoher Freizeitausgleichsansprüche. Dem Arbeitgeber obliegt danach die Entscheidung, ob er umfangreiche Arbeitsbefreiung gewähren kann oder Mehrarbeitsvergütung leisten muss, weil er die Arbeitskraft des Betriebsratsmitglieds benötigt (so BAG, Urteil vom 25.08.1999 - 7 AZR 713/97 - Rz. 16, m. w. N., NZA 2000, 554, 555 f.
[BAG 25.08.1999 - 7 AZR 713/97]
).
b) Ausgehend hiervon kann zu Gunsten des Klägers unterstellt werden, dass er im Streitzeitraum wöchentlich 3,25 Stunden mehr Betriebsratsarbeit geleistet hat, als er hätte als Schichtarbeiter arbeiten müssen, dass die geleistete Betriebsratsarbeit im Sinne des § 37 Abs. 2 BetrVG erforderlich war und dass er die gesamte Betriebsratsarbeit entgegen der Grundregel des § 37 Abs. 2 BetrVG aus betriebsbedingten Gründen außerhalb seiner Arbeitszeit durchführen musste. Selbst dann scheitert ein Vergütungsanspruch nach § 37 Abs. 3 Satz 3 BetrVG vorliegend daran, dass der Kläger nach seinem Vorbringen und wie aus den vorgelegten Geltendmachungsschreiben ersichtlich zu keinem Zeitpunkt einen Freizeitausgleich von der Beklagten verlangt hat.
3. Schließlich ergibt sich der geltend gemachte Vergütungsanspruch für die Monate Juni bis Dezember 2014 nicht aus einer Anwendung des sich aus § 78 Satz 2 BetrVG ergebenden Benachteiligungsverbots. Dabei kann dahinstehen, ob aus einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot unmittelbar ein Vergütungsanspruch erwachsen kann. Eine Benachteiligung des Klägers im Hinblick auf die gezahlte Vergütung erfolgt gegenüber Schichtarbeitern nicht.
a) Unstreitig erhalten Schichtarbeiter für geleistete Flexschichten eine weitere Vergütung zusätzlich zum Grundgehalt. Da der Kläger als freigestelltes Betriebsratsmitglied keine Flexschichten mehr leisten kann, erhält er unstreitig eine Ausgleichszahlung für vier Flexschichten pro Jahr. Damit wird er jedenfalls nicht schlechter gestellt, als Arbeitnehmer im Schichtdienst, da aus seinem Vortrag nicht erkennbar ist, dass mit ihm vergleichbare Arbeitnehmer im Schichtdienst mehr als vier Flex- oder Zusatzschichten pro Jahr leisten.
b) Richtig ist, dass der Kläger keine Vergütung erhält, soweit er wöchentlich durchschnittlich 3,25 Stunden mehr Betriebsratsarbeit leistet, als im Schichtsystem wöchentlich durchschnittlich gearbeitet wird. Dies stellt aber keine Benachteiligung dar, denn auch Schichtarbeiter erhalten für Tätigkeiten außerhalb der Schichtzeiten und außerhalb von Flex- und Zusatzschichten bis zur Grenze von 40 Wochenstunden neben ihrem Grundgehalt keine zusätzliche Vergütung.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Insoweit erscheint es als angemessen die Kosten des Rechtsstreits im Verhältnis des jeweiligen Unterliegens zwischen den Parteien zu teilen.
Die Zulassung der Revision folgt aus § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Für die Parteien gilt daher die nachfolgende