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  • 05.05.2014 · IWW-Abrufnummer 141316

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 19.02.2014 – 9 K 2957/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Köln

    9 K 2957/12

    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei einem auf zwölf Monate befristeten Arbeitsverhältnis, von denen die ersten sechs Monate auf die Probezeit entfielen, eine Auswärtstätigkeit vorliegt, mit der Folge, dass die vom Kläger geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen für die ersten drei Monate und die geltend gemachten Fahrtkosten nach Maßgabe der tatsächlich gefahrenen Kilometer anzuerkennen sind.

    Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde.

    Mit einem auf ein Jahr befristeten Arbeitsvertrag vom 21. Januar 2011 wurde der Kläger ab dem 22. Januar 2011 bei der A GmbH, B-Straße ... in C, als Werkzeugmechaniker angestellt. Das Arbeitsverhältnis wurde nach Ablauf der Befristung nicht fortgesetzt. Nach Nr. 12 des Arbeitsvertrages galten die ersten 6 Monate als Probezeit. Die Entfernung der Wohnung des Klägers zur Arbeitsstelle betrug 9 Kilometer.

    In seiner Steuererklärung gab der Kläger an, im Streitjahr an 46 Wochen gearbeitet zu haben. An jedem zweiten Samstag im Monat habe er ebenfalls arbeiten müssen. Als Werbungskosten machte er für die Probezeit Verpflegungsmehraufwendungen und Fahrtkosten entsprechend der tatsächlich gefahrenen Kilometer geltend.

    Im angefochtenen Einkommensteuerbescheid vom 20. April 2012 berücksichtigte der Beklagte als Werbungskosten lediglich den Pauschbetrag gemäß § 9a EStG i.H.v. 1000 €. Den hiergegen gerichteten Einspruch vom 25. April 2012 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 23. August 2012 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, eine Auswärtstätigkeit liege nicht vor. Eine solche erfordere, dass eine weitere regelmäßige, den Mittelpunkt des Arbeitsverhältnisses darstellende Arbeitsstätte vorhanden sei. Eine solche habe der Kläger nicht gehabt. Dem Argument des Klägers, bei einem Probearbeitsverhältnis, das zudem auf ein Jahr befristet sei, liege stets eine Auswärtstätigkeit vor, könne nicht gefolgt werden.

    Hiergegen hat der Kläger am 27. September 2012 Klage erhoben, mit der er zunächst die Anerkennung der erhöhten Fahrtkosten zu seiner Arbeitsstätte während der Probezeit sowie Verpflegungsmehraufwand für die ersten 3 Monate des Arbeitsverhältnisses geltend machte. Zur Begründung vertritt er die Auffassung, er sei während seiner Probezeit der betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers weder dauerhaft zugeordnet gewesen, noch habe es ihm zugemutet werden können, während der Probezeit seinen Wohnsitz an den Tätigkeitsort zu verlegen. Vor diesem Hintergrund seien Werbungskosten wie folgt anzuerkennen:

    Fahrtkosten während d. Probezeit: 136 Fahrten x 2 km x 9 x 0,3 € = 734,40 €,

    Verpflegungsmehraufwand: 60 Tage x 6 € = 360,00 €,

    Fahrtkosten außerhalb der Probezeit: 125 Fahrten x 9 km x 0,3 € = 337,50 €,

    Arbeitsmittel (u.a. Telefonkosten in Höhe von 24 € pauschal): 134,00 €,

    Reinigung Berufskleidung: 154,00 €,

    Kontoführung: 16,00 €.

    Summe: 1736,00 €

    Mit Schriftsatz vom 10. Februar 2014 hat der Kläger die Klage hinsichtlich der erhöhten Fahrtkosten für die sich an die Probezeit anschließenden restlichen 6 Monate des befristeten Arbeitsverhältnisses erweitert. Zur Begründung trägt er vor, aus den Entscheidungen des Bundesfinanzhofs vom 8. August 2013 VI R 27/12 und VI R 72/12, ergebe sich, dass ein Arbeitnehmer, der für 2 Jahre befristet an einer anderen betrieblichen Einrichtung als seinem bisherigen Tätigkeitsort eingesetzt werde, bzw. ein Beamter, der von seinem Arbeitgeber für 3 Jahre an eine andere als seine bisherige Tätigkeitsstätte abgeordnet oder versetzt werde, an den neuen Tätigkeitsorten keine regelmäßigen Arbeitsstätten begründeten. Diese Rechtsprechung sei auch auf den Fall eines befristeten Arbeitsverhältnisses anwendbar. Hierdurch erhöhten sich die Werbungskosten um 125 Fahrten x 9 km x 0,30 € = 337,50 €.

    Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger erklärt, an der Geltendmachung von Telefonkosten nicht länger festzuhalten. Fahrtaufwendungen seien nur für 253 Fahrten zur Arbeitsstätte angefallen (46 Arbeitswochen x 5 Arbeitstage + 23 Samstage).

    Der Kläger beantragt,

    den angefochtenen Einkommensteuerbescheid vom 20. April 2012 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 23. August 2012 mit der Maßgabe zu ändern, dass Werbungskosten bei den Einkünften aus nicht selbständiger Tätigkeit i.H.v. 2006,20 € angesetzt werden,

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Zur Begründung führt er aus, die in der Literatur vertretene Rechtsauffassung, bei Probearbeitsverhältnissen sei generell noch nicht von einer regelmäßigen Arbeitsstätte auszugehen, entspreche nicht der Auffassung der Finanzverwaltung.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist unbegründet.

    Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO).

    Zutreffend hat der Beklagte den Arbeitsplatz des Klägers als regelmäßige Arbeitsstätte angesehen und das Vorliegen einer Auswärtstätigkeit verneint.

    Eine Auswärtstätigkeit liegt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der sich der erkennende Senat anschließt, u.a. vor, wenn der Arbeitnehmer vorübergehend außerhalb seiner Wohnung und seiner regelmäßigen Arbeitsstätte beruflich tätig wird (BFH-Urteile 8. August 2013 VI R 72/12, BStBl II 2014, 68; vom 15. Mai 2013 VI R 41/12, BStBl II 2013, 704; vom 13. Juni 2012 VI R 47/11, BStBl II 2013, 169).

    Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor, weil der Kläger nicht vorübergehend außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitsstätte eingesetzt war. Das ist bereits denknotwendig ausgeschlossen, weil es sich bei der Arbeitsstelle in der B-Straße ... in C, um die einzige Arbeitsstätte des Klägers handelt.

    Mit der Formulierung, „eine Auswärtstätigkeit liegt u.a. vor, wenn …“ bringt der Bundesfinanzhof allerdings zum Ausdruck, dass auch Sachverhalte denkbar sind, bei denen eine Auswärtstätigkeit zu bejahen ist, ohne dass eine regelmäßige Arbeitsstätte vorhanden ist. Das ist bspw. bei einer reinen Reisetätigkeit, bei einem Stadtgebiet oder einem Gebiet wie dem Hamburger Hafen, einem 400 qkm großen Waldgebiet ohne ortsfeste oder dauerhaft betriebliche Einrichtung, einem Kehrbezirk (Schornsteinfeger) oder einem Zeitungszustellbezirk der Fall (vgl. die Auflistung bei Loschelder in Schmidt, EStG, § 9 Rz. 117, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). In der Literatur wird die Rechtsaufassung vertreten, dass auch bei Probearbeitsverhältnissen noch nicht von einer regelmäßigen Arbeitsstätte auszugehen sei (vgl. Loschelder in Schmidt, EStG, § 9 Rz. 116). Nach Auffassung des Klägers soll das auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen gelten, wenn die Befristung nicht über die Zeitspannen hinausgeht, über die der Bundesfinanzhof in den Urteilen vom 8. August 2013 VI R 27/12 und VI R 72/12 zu entscheiden hatte (2 und 3 Jahre). Der erkennende Senat lässt es dahinstehen, ob er diese Rechtsauffassungen vom Grundsatz her teilen könnte. Denn auch dann wäre das Vorliegen einer Auswärtstätigkeit jedenfalls im hier vorliegenden Streitfall zu verneinen. Denn eine Auswärtstätigkeit kann in den Fällen, in denen es an einer befristeten Versetzung oder Abordnung an eine andere als die regelmäßige Arbeitsstätte fehlt, nach Auffassung des erkennenden Senats nur in Erwägung gezogen werden, wenn eine Kontrollüberlegung bei typisierender Betrachtung zu dem Ergebnis kommt, dass dem Arbeitnehmer ein Familienumzug an den Tätigkeitsort nicht zuzumuten ist (so auch Loschelder, a.a.O., m.w.N.). Besteht von vornherein lediglich eine einzige Arbeitsstätte und liegt diese – wie im Streitfall – nur 9 km vom Wohnort des Steuerpflichtigen entfernt, ist für eine solche Kontrollüberlegung kein Raum. Bei einer Entfernung von 9 Kilometer kommt ein Umzug an den Arbeitsort jedenfalls aus Gründen der Wegzeiteinsparung von vornherein nicht in Betracht. Der Senat sieht sich mit dieser Entscheidung in Einklang mit den Erwägungen des Bundesfinanzhofs im Urteil vom 24. September 2013, VI R 51/12, BFH/NV 2014, 220. In dieser Entscheidung führt der Bundesfinanzhof unter II. 2. aus, dass ein Arbeitnehmer, der außerhalb einer dem Arbeitgeber zuzuordnenden Betriebsstätte oder an einer solchen nur vorübergehend und damit auswärts tätig ist, typischerweise nicht die Möglichkeit hat, seine Wegkosten gering zu halten. Diese Überlegung spielt in Fällen, in denen der Arbeitsort in einer Entfernung von 9 Kilometer zum Wohnort liegt, keine Rolle.

    Dass es bei der Beurteilung der Frage, ob eine Auswärtstätigkeit vorliegt, nicht abstrakt auf das Vorliegen eines Probezeitarbeitsverhältnisses oder eine zeitliche Befristung ankommt, sondern auf die persönlichen Verhältnisse des jeweiligen Steuerpflichtigen abzustellen ist, entspricht ebenfalls der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Danach ist die Frage, ob der Arbeitnehmer lediglich vorübergehend in einer anderen betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers tätig wird oder von Anbeginn dauerhaft an den neuen Beschäftigungsort entsandt wurde anhand der Gesamtumstände des Einzelfalls zu beurteilen (BFH-Urteil vom 24. September 2013 VI R 51/12, a.a.O.).

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Satz 1 FGO.

    Die Revision war zuzulassen. Zur Fortbildung des Rechts bedarf es einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs hinsichtlich der Frage, ob bei einem befristeten Arbeitsverhältnis auch dann eine Auswärtstätigkeit zu bejahen ist, wenn ein Arbeitnehmer eine bestimmte Betriebsstätte seines Arbeitgebers regelmäßig aufsucht, ohne an diese vorübergehend versetzt oder abgeordnet worden zu sein.

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