Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 04.11.2013 · IWW-Abrufnummer 133364

    Landessozialgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 18.07.2013 – L 6 U 1199/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    LSG Baden-Württemberg

    18.07.2013

    L 6 U 1199/11

    Tenor:

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 22. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

    Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
    Tatbestand

    Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung eines Ereignisses als Arbeitsunfall streitig.

    Der 1959 geborene Kläger ist Mitglied des Deutschen Roten Kreuzes - Kreisverband F. e. V. (DRK F.). Auf Anfrage des DRK - Kreisverband St. e. V. (DRK St.) meldete er sich freiwillig zur Mithilfe bei der Fußballweltmeisterschaft 2006. Er wurde daraufhin am 22.06.2006 bei einer Public-Viewing-Veranstaltung in St. als ehrenamtlicher Helfer eingesetzt. Auf Einladung des Innenministeriums des Landes Baden-Württemberg und des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt St. nahm er am 22.09.2006 an einem für alle Helfer im Rahmen der Fußballweltmeisterschaft in einem im Hofbräuzelt auf dem Cannstatter Wasen in St. veranstalteten Helferfest, bei dem zwischen 5.000 und 6.000 Helfer verschiedenster Gruppierungen anwesend waren, teil. Auf der Heimfahrt erlitt er am 23.09.2006 infolge eines Verkehrsunfalls als Beifahrer eine Fraktur des 4. Lendenwirbels, eine Fraktur des Brustbeins, eine Gehirnerschütterung und Prellungen. Die Unfallanzeige erstattete das DRK - Landesverband Baden-Württemberg e. V. (DRK Baden-Württemberg).

    Auf Anfrage der Beklagten teilte das DRK F. unter dem 21.11.2006 mit, die Einladung zu dem Helferfest sei vom Oberbürgermeister der Landeshauptstadt St. an alle Ehrenamtlichen des DRK und anderer Hilfsdienste, die während der Fußballweltmeisterschaft ehrenamtlichen Dienst geleisteten hätten, erfolgt. Die Veranstaltung habe der Pflege der Betriebsverbundenheit gedient und sei von der Dienststellenleitung veranlasst beziehungsweise bewilligt und gefördert worden. Bei dem Helferfest seien der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt St. sowie der Einsatzleiter der Fußballweltmeisterschaft anwesend gewesen. Auf weitere Nachfrage der Beklagten teilte das DRK F. unter dem 20.01.2007 mit, der Kläger sei Angehöriger einer Bereitschaft, aber nicht eines Arbeitskreises gewesen. Das Sportamt der Landeshauptstadt St. führte auf Anfrage der Beklagten mit Schreiben vom 23.01.2007 aus, das Helferfest im Hofbräu-Festzelt auf dem Cannstatter Wasen in St. sei ein gemeinsam vom Innenministerium des Landes Baden-Württemberg und vom Sportamt der Landeshauptstadt St. ausgerichteter Empfang gewesen, zu dem alle Helfer aus ganz Baden-Württemberg, die mit ihrem Einsatz zu dem guten Gelingen der Fußballweltmeisterschaft beigetragen hätten, eingeladen gewesen seien. Der Personenkreis habe nicht nur die ehrenamtlichen Helfer des DRK, sondern eine Vielzahl weiterer Personen, unter anderem aus den Bereichen Feuerwehr, Polizei, Volunteers, Rettungsdienste, öffentlicher Nahverkehr und Deutsche Bahn sowie Beschäftigte des Landes Baden-Württemberg und der Landeshauptstadt St., umfasst. Insgesamt seien zu dem Helferfest etwa 6.000 Personen eingeladen gewesen. Durchführung und Finanzierung des Helferfestes seien durch das Land Baden-Württemberg und die Landeshauptstadt St. erfolgt. Regelungen hinsichtlich des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes seien im Vorfeld des Helferfestes nicht getroffen worden. Dem Schreiben beigefügt war das vom Innenminister des Landes Baden-Württemberg und dem Oberbürgermeister der Landeshauptstadt St. unterzeichnete Einladungsschreiben vom 08.09.2006. Darin wurde ausgeführt, die Einladung sei erfolgt, um allen Helfern, die in den unterschiedlichsten Bereichen enorme Einsatzbereitschaft und ein außergewöhnliches Engagement gezeigt hätten, Dank und Anerkennung Ausdruck zu verleihen. Beigefügt seien Einladungskarten mit einem Essensgutschein und zwei Getränkegutscheinen. Im Rahmen des Helferfestes würden der Amtschef des Innenministeriums des Landes Baden-Württemberg und der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt St. eine kleine Ansprache halten. Für die musikalische Unterhaltung während des gesamten Abends werde gesorgt.

    Mit Bescheid vom 26.03.2007 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 23.09.2006 als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Ergebnis der Ermittlungen spreche gegen das Vorliegen einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung, da alleine aufgrund des fehlenden Gemeinschaftszweckes, hier wegen der fehlenden Ausrichtung und Organisation des DRK, die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sein. Demnach sei die Teilnahme an dem Helferfest dem eigenwirtschaftlichen, privaten Bereich zuzuordnen.

    Hiergegen erhob der Kläger am 10.04.2007 Widerspruch. Er vertrat die Ansicht, bei dem Helferfest habe es sich um eine Tätigkeit gehandelt, die insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Einsatzes für die gesamte Organisation der Bereitschaften im DRK F. notwendig gewesen sei. Zu Grunde gelegen habe die Bitte des DRK St., anlässlich der Fußballweltmeisterschaft Hilfe durch ehrenamtliche Tätigkeit durch andere Kreisverbände zu erhalten. Im Rahmen des Helferfestes sei er für seine Tätigkeit geehrt worden. Hierzu sei der DRK F. über seine Kreisbereitschaftsleitung angeschrieben und ausdrücklich um Teilnahme gebeten worden. Die Absage einer solchen Teilnahme zu einer Ehrung, die höchst offiziellen Charakter gehabt habe, wäre ein Affront gewesen. Die Teilnahme am Helferfest habe unmittelbar organisatorischen Bedürfnissen des DRK F. gedient. Die gegenseitige Unterstützung unterschiedlicher Kreisverbände einschließlich hierzu erforderlicher Treffen gehöre zwingend zu einer versicherungsrechtlich geschützten Tätigkeit im DRK.

    Mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte zur Begründung aus, bei dem Helferfest habe es sich nicht um eine vom DRK organisierte Gemeinschaftsveranstaltung zum Zwecke der Pflege der Verbundenheit zwischen der Unternehmungsleitung und den Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander gehandelt. Die Teilnahme an dem Helferfest sei vielmehr dem eigenwirtschaftlichen und damit privaten Bereich zuzurechnen und habe somit nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden.

    Hiergegen hat der Kläger am 29.11.2007 Klage beim Sozialgericht Reutlingen erhoben. Er hat darauf hingewiesen, die Verantwortlichen des DRK St. hätten die Helfer des DRK F. gebeten, an dem Helferfest teilzunehmen, um eine möglichst große Präsenz des DRK herzustellen und das DRK entsprechend zu repräsentieren. Die Kreisbereitschaftsleitung des DRK F. habe Wert auf die Teilnahme der Helfer gelegt, da nach deren Auffassung die Absage einer solchen Teilnahme insgesamt als schlechter Stil hätte empfunden werden können. Der Begriff "Gemeinschaftsveranstaltung" sei vor dem Hintergrund, dass es sich vorliegend um einen Einsatz gehandelt habe, den ehrenamtliche Helfer überregional geleistet hätten, gesondert zu prüfen. Vorliegend habe es sich um eine Gemeinschaftsveranstaltung des Betriebs "ehrenamtliche Helfer bei der WM" gehandelt, die durchaus von der "Unternehmensleitung", nämlich von den verantwortlichen Organisatoren der Fußballweltmeisterschaft, durchgeführt worden sei. Der Begriff "Betrieb" sei vorliegend nicht auf die Organisation des DRK F., sondern auf die Organisation des ehrenamtlichen Rettungsdienstes während der Fußballweltmeisterschaft zu beziehen. Hierbei habe das Helferfest selbstverständlich der Pflege der Verbundenheit sämtlicher Angehöriger dieser Helferschar der Fußballweltmeisterschaft gedient und sei auch von den Verantwortlichen, nämlich dem Land Baden-Württemberg und der Landeshauptstadt St., durchgeführt worden. Zu beachten sei weiter, dass die Helfer des DRK F. in DRK-Uniform erschienen seien. Auch sei die Leitung des DRK St. vor Ort gewesen.

    Das DRK F. hat auf Anfrage des Sozialgerichts unter dem 14.05.2008 ausgeführt, es seien alle Helfer des DRK F., die bei der Fußballweltmeisterschaft im Einsatz gewesen seien, zum Helferfest eingeladen gewesen. Eine rechtliche Verpflichtung, der Einladung Folge zu leisten, habe nicht bestanden. Jedoch sei von den Helfern eigentlich verbindlich erwartet worden, dass sie nach Möglichkeit an solchen Veranstaltungen teilnähmen, weil diese nicht nur der üblichen Kameradschaftspflege dienten, sondern meist auch ein gutes Forum des fachlichen Austausches in Bezug auf Einsatzrückblick, Fahrzeuggruppierungen, Zuständigkeiten oder künftige Zusammenarbeit darstellten. Man könne und wolle die ehrenamtlichen Helfer jedoch nicht beordern, weil deren gesamte Mitarbeit und deren umfangreiches Engagement, welches bei einigen Helfern hunderte von Stunden im Jahr ausmache, völlig uneigennützig, freiwillig, ehrenamtlich und ohne jede Verpflichtung erfolge.

    Mit Urteil vom 22.02.2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, eine betriebliche Tätigkeit im engeren Sinn habe nicht vorgelegen, da sich der Unfall nicht während eines Rettungseinsatzes ereignet habe. Eine betriebliche Tätigkeit im weiteren Sinn lasse sich ebenfalls nicht begründen. Das Helferfest sei keine Veranstaltung gewesen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit des DRK als Institution gedient habe. Hierfür wäre Voraussetzung gewesen, dass das Helferfest für die Öffentlichkeit zugänglich gewesen wäre. Dies sei jedoch offenkundig nicht der Fall gewesen, da der Teilnehmerkreis auf die Helfer der Fußballweltmeisterschaft begrenzt gewesen sei. Bei dem Helferfest habe es sich auch nicht um eine interne Zusammenkunft mit wesentlichem Bezug zum DRK gehandelt. Denn das Helferfest sei eine Danksagung des Landes Baden-Württemberg und der Landeshauptstadt St. an sämtliche Helfer und nicht eine Zusammenkunft der Mitglieder des DRK zur Besprechung von Verbandsangelegenheiten gewesen. Die Teilnahme an dem Helferfest sei auch nicht geeignet gewesen, den Interessen des DRK zu dienen. Obwohl die Mitglieder des DRK beim Helferfest ihre Uniform getragen hätten, finde sich keine ausreichende Stütze dafür, dass bei dem Helferfest ein Teilnahmezwang bestanden habe. Das Helferfest könne auch nicht als eine den Unfallversicherungsschutz unterliegende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung angesehen werden. Denn Veranstalter des Helferfestes sei nicht der DRK F. gewesen. Es habe sich um eine vom Land Baden-Württemberg und der Landeshauptstadt St. organisierte Veranstaltung gehandelt. Dieser Umstand führe dazu, dass die Veranstaltung nicht der Förderung der Zusammengehörigkeit der Mitarbeiter untereinander beziehungsweise der Mitarbeiter und der Unternehmungsführung des DRK F. gedient habe. Das Helferfest habe den Zweck verfolgt, allen ehrenamtlichen Helfern für ihren Einsatz im Rahmen der Fußballweltmeisterschaft zu danken. Es hätten also nur diejenigen Personen teilnehmen können, die auch tatsächlich bei der Fußballweltmeisterschaft im Einsatz gewesen seien. Das Helferfest sei demzufolge nicht für alle Mitglieder des DRK F. zugänglich gewesen, was ebenfalls gegen das Vorliegen einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung spreche. Auch wenn - wie vorliegend - ein Bezug zur versicherten Tätigkeit bestehe, führe dies nicht dazu, dass Unfallversicherungsschutz zu bejahen sei. Dass die Veranstaltung von der Unternehmensleitung gebilligt und unterstützt worden sei, reiche nicht aus. Hinzutreten müsse, dass die Veranstaltung von der Autorität des Unternehmens getragen werde. Dies sei hier nicht der Fall, da die Veranstalter des Helferfestes dieses völlig losgelöst vom Einvernehmen des DRK F. beziehungsweise nicht für diesen durchgeführt hätten. Zudem seien zu dem Helferfest weitere zahlreiche Helfer von Polizei, Bahn und Feuerwehr eingeladen gewesen, weshalb die Veranstaltung unter keinen Umständen betrieblichen Zwecken gedient haben könne. Dies gelte auch dann, wenn ein fachlicher Austausch mit anderen Beteiligten stattfinden könne. Angesichts der aus unterschiedlichen Bereichen kommenden Teilnehmer könne hier eindeutig nicht mehr von einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung gesprochen werden.

    Der Kläger hat gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 19.04.2010 zugestellte Urteil des Sozialgerichts am 14.05.2010 Berufung eingelegt.

    Er hat das an ihn gerichtete Schreiben des DRK Baden-Württemberg vom 13.07.2010 vorgelegt. Darin ist ausgeführt worden, bei der Einladung zum Helferfest handele es sich um eine Wertschätzung durch die Öffentlichkeit. Ehrenamt lebe auch von Anerkennung. Dies sei der Motivationsschub für den nächsten Einsatz und die nächste Arbeit. Auch wenn keine rechtliche Verpflichtung zur Teilnahme an solchen Veranstaltungen bestehe, so werde jedoch verständlicherweise erwartet, dass Helfer daran teilnähmen. Der Austausch und die Vernetzung mit anderen Institutionen seien ebenso wichtige Aufgaben, die für eine Organisation wie das DRK notwendig seien. Wenn sich Helfer nicht verpflichtet fühlten, an solchen Veranstaltungen teilzunehmen, so stelle sich die Frage, an wen sich dann der Dank und die Anerkennung der öffentlichen Hand richten solle.

    Im Hinblick auf eine vom Kläger mit dem Innenministerium des Landes Baden-Württemberg angestrebte Lösung ist zunächst das Ruhen des Berufungsverfahrens angeordnet worden (Beschluss vom 16.09.2010, L 9 U 2291/10).

    Nach Wiederanrufung des Berufungsverfahrens hat der Kläger zur Begründung der Berufung ausgeführt, es habe sich um einen überregionalen Einsatz gehandelt, der die Teilnahme von Kräften aus dem ganzen Land erfordert habe. Deshalb müsse eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung nicht zwingend vom DRK F. ausgehen. Der Begriff "Gemeinschaftsveranstaltung" sei erweiternd auszulegen, denn vorliegend hätten sämtliche Rettungsdienstmitarbeiter, unter anderem auch Feuerwehrleute und Polizisten, als Beschäftigte zu gelten, die zusammengearbeitet hätten. Es habe im Interesse des Landes Baden-Württemberg und der Landeshauptstadt St. gelegen, für zukünftige Großveranstaltungen dasjenige Personal, welches für diese Veranstaltung habe rekrutiert werden können, weiter zu motivieren und den entsprechenden Mitarbeitern für ihren Einsatz zu danken. Nur mit entsprechender Gemeinschaftspflege bei solchen Veranstaltungen sei man in der Lage, solche Großveranstaltungen auch zukünftig zu wiederholen. Gleichzeitig sei diese Gemeinschaftsveranstaltung vom DRK F. ausdrücklich gebilligt und gefördert worden. Sehe man die betriebliche Gemeinschaftveranstaltung unter dem Gesichtspunkt der Überregionalität und der Besonderheit dieser Veranstaltung im rechten Lichte, seien auf die Bedenken des Sozialgerichts, dass die Veranstaltung nicht für alle Mitglieder des DRK F. zugänglich gewesen sei, auszuräumen. Die Zugänglichkeit aller Mitglieder des DRK F. sei zum einen schon deshalb nicht erforderlich, weil es beim DRK bekanntermaßen mit Sozialarbeit, Bereitschaft oder Katastrophenschutz zahlreiche Untergliederungen gebe, die jeweils für sich auch betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen durchführen könnten und die auch nicht für alle Mitglieder offen seien. Darüber hinaus könne es betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen geben, die aus demjenigen Gesichtspunkt als betrieblich anzusehen seien, dass eine übergeordnete Organisation durch Stellung ehrenamtlicher Helfer verschiedener Kreisverbände des DRK insoweit eine übergeordnete Arbeitgeberfunktion ausübe und hierbei auch Gemeinschaftsveranstaltungen durchführe. Dann könne es aber auch keine Rolle spielen, ob die Veranstaltung für alle Mitglieder des DRK F. zugänglich gewesen sei. Vielmehr wäre dann allein erforderlich, dass diese Gemeinschaftsveranstaltung für alle haupt- und ehrenamtlichen Helfer beim Public Viewing in St. zugänglich gewesen sei. Der Kläger hat ferner argumentiert, es sei dem Ehrenamt immanent, dass gerade der ehrenamtliche Helfer nur in ganz begrenztem Maße, nämlich im Hinblick auf seine grundsätzliche Bereitschaft zur Teilnahme an Einsätzen, Fortbildungspflichten und Gehorsamspflichten im konkreten Einsatz, auch zu unfreiwilligen Tätigkeiten herangezogen werden könne. Insoweit sei der vom Sozialgericht vorausgesetzte Teilnahmezwang erweiternd so auszulegen, dass die als verbindlich erwartete Teilnahme, die insoweit von einem solchen ehrenamtlichen Helfer von der Leitung seines Verbandes ausdrücklich erbeten werde, auszureichen habe. Vorliegend sei es dem DRK F. insbesondere auch darum gegangen, im Rahmen einer großen Versammlung der Rettungsdienste des Landes Baden-Württemberg und der Landeshauptstadt St. aufzutreten, die Anerkennung entgegen zu nehmen und Präsenz zu zeigen. Dies seien für eine ehrenamtliche Organisation, insbesondere im Rahmen von großen Ehrungen, eindeutig der jeweiligen Einrichtung wesentlich dienende Zwecke, da so die Leistungsfähigkeit des eigenen Verbandes demonstriert und die ehrenamtlichen Mitarbeiter motiviert würden.

    Der Kläger hat ein vom Beklagten im Jahr 2005 herausgegebenes Merkblatt zum Unfallversicherungsschutz von beim DRK tätigen Personen vorgelegt. Darin ist unter anderem ausgeführt worden, dass die gesetzliche Unfallversicherung beispielsweise auch im Rahmen von Sammelaktionen und Veranstaltungen, deren Ziel die Mitgliederwerbung oder die Darstellung der Aufgaben des DRK in der Öffentlichkeit sei, schütze. Stehe die Zusammenkunft der Helfer während der Kameradschaftsabende in einem engen Zusammenhang mit der ehrenamtlichen Tätigkeit im DRK und diene sie der Förderung und Pflege der Zusammengehörigkeit und Verbundenheit der Mitglieder des DRK, bestehe ebenfalls gesetzlicher Unfallversicherungsschutz.

    Ferner hat der Kläger das an seinen Prozessbevollmächtigten gerichtete Schreiben des DRK F. vom 28.03.2012 vorlegt. Darin ist dargelegt worden, dass der DRK St. bei allen angrenzenden Kreisverbänden des DRK um Mithilfe und Unterstützung mit sanitätsdienstlichen Helfern gebeten habe. Der Kläger sei während den Public-Viewing-Veranstaltungen in St. zum Einsatz gekommen. Auftraggeber des DRK St. sei die Firma "IN. St. Veranstaltungsgesellschaft mbh" gewesen. Für die An- und Rückfahrt zum Helferfest sei vom Kläger kein Dienstreiseantrag gestellt worden. Fahrtkosten seien nicht erstattet worden. Das Helferfest sei vom Kläger nicht in DRK-Uniform besucht worden.

    Der Kläger beantragt,

    das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 22. Februar 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 26. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2007 aufzuheben und das Ereignis vom 23. September 2006 als Arbeitsunfall festzustellen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Sie vertritt die Ansicht, das Sozialgericht sei mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass weder eine versicherte betriebliche Tätigkeit im engeren oder weiteren Sinne vorgelegen habe noch die Kriterien für eine versicherte betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gegeben seien.

    Auf Anfrage des Gerichts hat das Amt für Sport und Bewegung der Landeshauptstadt St. mit Schreiben vom 03.04.2012 ausgeführt, am Helferfest hätten über 5.000 Personen teilgenommen. Die Verteilung der Einladungen für die Einsatzkräfte sei zentral über das Innenministerium des Landes Baden-Württemberg beziehungsweise für die Landeshauptstadt St. über die Kreisbereitschaftsleiter des DRK erfolgt. Das Innenministerium des Landes Baden-Württemberg hat mit Schreiben vom 11.06.2012 mitgeteilt, der DRK St. habe landesweit um Unterstützung durch ehrenamtliche Helfer bei der Public-Viewing-Veranstaltung in St. gebeten. Vom DRK F. habe sich daraufhin der Kläger gemeldet. Er sei in St. am 22.06.2006 eingesetzt worden. Ein entsprechender Dienstplan und eine Auszahlungsliste lägen vor. Auftraggeber sei eine Veranstaltungsgesellschaft in St. gewesen.

    Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
    Entscheidungsgründe

    Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte und damit zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist nicht begründet. Sein Unfall vom 23.09.2006, den er auf dem Heimweg von einem Helferfest erlitten hat, ist nicht als Arbeitsunfall festzustellen. Das hat das SG zutreffend und ausführlich begründet zu Recht dargelegt.

    Rechtsgrundlage hierfür sind die §§ 2, 7, 8 und 125 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII).

    Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Versicherte Tätigkeiten sind auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII). Kraft Gesetzes sind unter anderem Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind (§ 2 Abs. 1 Nr. 12 SGB VII), versichert. Die Unfallkasse des Bundes ist für die in den Gemeinschaften des DRK ehrenamtlich Tätigen sowie für sonstige beim DRK mit Ausnahme der Unternehmen des Gesundheitswesens und der Wohlfahrtspflege Tätige zuständig (§ 125 Abs. 1 Nr. 5 SGB VII).

    Nach diesen gesetzlichen Vorgaben ist für die Feststellung eines Arbeitsunfalls erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer beziehungsweise sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu dem Unfallereignis als einem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkendem Ereignis geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität).

    Vorliegend fehlt es bereits an dem inneren beziehungsweise sachlichen Zusammenhang.

    Zwar ist der Kläger Mitglied des DRK F. und gehört das DRK zu den von § 2 Abs. 1 Nr. 12 SGB VII erfassten Hilfeleistungsunternehmen (BSG, Urteil vom 15.06.1983 - 9b/8 RU 36/81 - [...] Rz. 9; BSG, Urteil vom 11.02.1981 - 2 RU 35/78 - [...] Rz. 19; BSG, Urteil vom 18.12.1979 - 2 RU 67/77 - [...] Rz. 22; BSG, Urteil vom 31.01.1969 - 2 RU 13/65 - [...] Rz. 20; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.05.2009 - L 2 U 25/08 - [...] Rz. 25; Bieresborn in jurisPK-SGB VII, § 2 Rz. 174; Kruschinsky in Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, SGB VII, § 2 Rz. 600, 605b und 607; Riebel in Hauck, SGB VII, § 2 Rz. 162).

    Der Kläger befand sich aber bei seinem Unfall nicht auf dem Nachhauseweg von einer der Erfüllung der Aufgaben des DRK dienenden Maßnahme (siehe dazu 1.), von einer sonstigen den Zwecken des DRK als Organisation wesentlich dienenden Veranstaltung (siehe dazu 2.) und auch nicht von einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung (siehe dazu 3.).

    (1) Der Kläger verunfallte nicht auf dem Nachhauseweg von einer der Erfüllung der Aufgaben des DRK dienenden Maßnahme.

    Der Kläger erfüllte im Rahmen des von ihm besuchten Helferfestes keine der in § 2 DRK-Satzung genannten und damit versicherten Verrichtungen. Danach stellt sich das DRK folgende Aufgaben: Hilfe für die Opfer von bewaffneten Konflikten, Naturkatastrophen und anderen Notsituationen, Verhütung und Linderung menschlicher Leiden, die sich aus Krankheit, Verletzung, Behinderung oder Benachteiligung ergeben, Förderung der Gesundheit, der Wohlfahrt und der Bildung, Förderung der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, Förderung der Entwicklung nationaler Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften im Rahmen der Satzungen und Statuten der Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung, Förderung der Tätigkeit und Zusammenarbeit seiner Mitgliedsverbände, Unterstützung bei der Spende von Blut und Blutbestandteilen zur Versorgung der Bevölkerung mit Blutprodukten, Suchdienst und Familienzusammenführung, Förderung der Rettung aus Lebensgefahr einschließlich der dazugehörenden Aktivitäten, wie Rettungsschwimmen sowie die Durchführung rettungssportlicher Übungen und Wettbewerbe (§ 2 Satz 1 DRK-Satzung). Das DRK nimmt als freiwillige Hilfsgesellschaft für die deutschen Behörden im humanitären Bereich die Aufgaben wahr, die sich aus den Genfer Rotkreuz-Abkommen von 1949, ihren Zusatzprotokollen und dem DRK-Gesetz ergeben (§ 2 Satz 2 DRK-Satzung). Zu diesen Aufgaben gehören insbesondere die Verbreitung von Kenntnissen über das humanitäre Völkerrecht sowie die Grundsätze und Ideale der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung, die Mitwirkung im Sanitätsdienst der Bundeswehr einschließlich des Einsatzes von Lazarettschiffen, die Wahrnehmung der Aufgaben eines amtlichen Auskunftsbüros, die Vermittlung von Familienschriftwechseln (§ 2 Satz 3 DRK-Satzung). Im Rahmen seiner satzungsgemäßen Aufgaben nimmt das DRK ferner die ihm durch Bundesgesetz oder Landesgesetz zugewiesenen Aufgaben wahr (§ 2 Satz 4 DRK-Satzung). Das DRK wirbt für seine Aufgaben in der Bevölkerung (§ 2 Satz 5 DRK-Satzung). Es sammelt für die Erfüllung dieser Aufgaben Spenden (§ 2 Satz 6 DRK-Satzung). Derartige Aufgaben wurden vom Kläger während des Helferfestes unstreitig nicht erfüllt und scheiden angesichts des zeitlichen Abstandes von rund drei Monaten zwischen dem Einsatz des Klägers bei der Public-Viewing-Veranstaltung und dessen Teilnahme an dem Helferfest aus.

    (2) Der Kläger verunfallte auch nicht auf dem Nachhauseweg von einer sonstigen grundsätzlich unter Versicherungsschutz stehenden den Zwecken des DRK als Organisation wesentlich dienenden Veranstaltung.

    Dies setzt nämlich voraus, dass die unfallbringende Tätigkeit in rechtserheblicher Weise mit dem Unternehmen innerlich zusammenhängt. Es muss demgemäß ein sogenannter innerer Zusammenhang bestehen, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSG, Urteil vom 29.11.1990 - 2 RU 27/90 - [...] Rz. 26; BSG, Urteil vom 29.11.1990 - 2 RU 16/90 - [...] Rz. 18; BSG, Urteil vom 27.02.1985 - 2 RU 10/84 - [...] Rz. 15; BSG, Urteil vom 27.08.1981 - 2 RU 23/80 - [...] Rz. 14; BSG, Urteil vom 28.10.1966 - 2 RU 92/63 - [...] Rz. 18).

    Diese Voraussetzungen sind aber für das vom Kläger besuchte Helferfest nicht erfüllt. Das Helferfest wurde nicht zur Werbung für den DRK veranstaltet. Zwar ist es wie bei jeder anderen derartigen Organisation notwendig, in der Bevölkerung bekannt und im öffentlichen Leben präsent zu sein. Hierzu sind nicht nur Veranstaltungen, bei denen sich die Organisation vorstellt, sondern auch Feste, zu denen sie die Bevölkerung einlädt, geeignete Gelegenheiten. Dadurch soll die Bereitschaft der Bevölkerung zur Unterstützung solcher Organisationen auch für die Zukunft gesichert werden. Bei solchen Veranstaltungen haben an einer Mitgliedschaft interessierte Besucher die Möglichkeit, sich durch Gespräche mit Angehörigen der Organisation zu informieren und gegebenenfalls ihren Beitritt zu erklären. Darüber hinaus sind solche Organisationen unabhängig von einer Mitgliedschaft allgemein auf die Unterstützung durch die Bevölkerung in den verschiedensten Formen und bei den unterschiedlichsten Anlässen angewiesen. Ferner können solche Veranstaltungen der Werbung für die Organisation als Institution dienen. Denn neben Übungen, Probeeinsätzen und sogenannten Tagen der offenen Tür sollen gerade auch solche geselligen der Öffentlichkeit zugänglichen Veranstaltungen der Bevölkerung die sozialen Aspekte einer solchen Organisation nahebringen.

    Alle diese Erwägungen treffen aber auf das vorliegend zu beurteilende Helferfest nicht zu. Veranstalter des Helferfestes war/en nicht der DRK, sondern das Land Baden-Württemberg und die Landeshauptstadt St ... Das Helferfest war auch nicht wesentlich dem DRK als Organisation zu dienen bestimmt, zumal es sich um eine interne und keine für die Öffentlichkeit zugängliche Veranstaltung handelte. Ferner half der Kläger nicht als Mitglied des DRK während des Helferfestes bei den anfallenden Arbeiten mit. Er übte mithin keine den Zwecken des DRK wesentlich zu dienen bestimmte Tätigkeit aus. Im Übrigen erfolgte die Teilnahme an dem Helferfest ohne jegliche Unterstützung durch das DRK allein auf Kosten des Klägers. Hieran ändert nichts, dass es grundsätzlich auf den Standpunkt des Verletzten ankommt, also darauf, ob dieser von seinem Standpunkt aus der Meinung sein konnte, dass sein Vorgehen geeignet war, den Interessen seiner Organisation zu dienen (BSG, Urteil vom 29.11.1990 - 2 RU 16/90 - [...] Rz. 18; BSG, Urteil vom 27.02.1985 - 2 RU 10/84 - [...] Rz. 17). Denn eine solche Auffassung hatte der Kläger offensichtlich selbst nicht, was sich daraus ergibt, dass er nach den Angaben des DRK F. keinen Dienstreiseantrag gestellt und damit eine - wirtschaftliche oder sonstige - Förderung seiner Teilnahme erst gar nicht beantragt hatte. Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte festzustellen, aus denen der Kläger hätte schließen können, bei der Teilnahme an dem Helferfest habe es sich unfallversicherungsrechtlich um eine Dienstreise gehandelt. Sowohl nach den objektiv gegebenen Verhältnissen als auch nach der durch sie mitgeformten subjektiven Auffassung des Klägers hatte die Teilnahme an dem Helferfest kein dienstliches Gepräge, sondern diente lediglich der Entgegennahme von Dank und Anerkennung durch das Land Baden-Württemberg und die Landeshauptstadt St ... Der Kläger war nur Gast des Helferfestes, ohne dass ihm dabei irgendeine sonstige Aufgabe, welche die Angelegenheit des DRK hätte fördern sollen und können, zugedacht war. Damit erschöpft sich sein Beitrag in seiner Anwesenheit und in einem geselligen Zusammensein mit anderen ehrenamtlichen Helfern bei der Fußballweltmeisterschaft. Einen darüber hinausgehenden dienstlichen Bezug hatte sein Aufenthalt nicht. Der fehlende dienstliche Charakter ergibt sich auch daraus, dass der Kläger nach den Angaben des DRK F. zu dem Helferfest nicht in DRK-Uniform erschien. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass vom DRK die Teilnahme des Klägers an dem Helferfest erwartet wurde. Ob dem Kläger eine solche Erwartungshaltung des DRK bekannt war und er deshalb den Eindruck haben musste, er könne dem Helferfest nicht fernbleiben, hat er nicht vorgetragen. Es handelte sich nach den Angaben des DRK F. auch nicht um eine dienstlich angeordnete Veranstaltung, wie es etwa bei Dienstbesprechungen der Fall ist. Es bestand damit für den Kläger kein Zwang zur Teilnahme. Der Kläger hätte sich problemlos einer Teilnahme an dem Helferfest entziehen können.

    (3) Der Kläger verunfallte auch nicht auf dem Nachhauseweg von einer grundsätzlich unter Versicherungsschutz stehenden betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung.

    Zum Versicherungsschutz bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen hat die höchstrichterliche Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 07.12.2004 - B 2 U 47/03 R - [...] Rz. 13 bis 20) die folgenden Grundsätze entwickelt:

    Die Teilnahme von Beschäftigten etwa an Betriebsfesten, Betriebsausflügen oder ähnlichen Gemeinschaftsveranstaltungen kann dem Unternehmen zugerechnet und der versicherten Tätigkeit gleichgesetzt werden. Dies ist nur zu rechtfertigen, soweit die betreffende Veranstaltung im Interesse des Unternehmens liegt und wie die eigentliche Arbeitstätigkeit selbst betrieblichen Zwecken dient. Veranstaltungen zur Freizeitgestaltung oder zur Befriedigung sportlicher oder kultureller Interessen der Beschäftigten stehen auch dann nicht unter Versicherungsschutz, wenn sie im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit erfolgen und von dem Unternehmen gebilligt oder unterstützt werden. Für die Beurteilung, ob eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich.

    Voraussetzung für die Annahme einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ist, dass die Zusammenkunft der Pflege der Verbundenheit zwischen der Unternehmensleitung und den Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander dient. Die Veranstaltung muss deshalb allen Beschäftigten des Unternehmens - bei Großbetrieben mindestens allen Beschäftigten einzelner Abteilungen oder anderer betrieblicher Einheiten - offen stehen. Es reicht dabei nicht aus, dass allen Beschäftigten einer ausgewählten Gruppe die Teilnahme an einer für sie und nicht für alle Beschäftigten des Unternehmens oder Unternehmensteils ausgerichteten Veranstaltung offen steht. Eine Anwesenheit der Unternehmensleitung während der gesamten Veranstaltung ist nicht erforderlich, grundsätzlich muss die Unternehmensleitung oder müssen Teile von ihr aber an der Veranstaltung teilnehmen, damit die betriebliche Zielsetzung der Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten erreicht werden kann. Die Veranstaltung muss insgesamt von ihrer Programmgestaltung her geeignet sein, zur Förderung des Gemeinschaftsgedankens im Unternehmen beizutragen, indem sie die Gesamtheit der Belegschaft und nicht nur einen begrenzten Kreis der Beschäftigten anspricht. Demzufolge darf es sich nicht um eine bloße Freizeit- oder Erholungsveranstaltung handeln, auch rein sportliche Gemeinschaftsveranstaltungen sind nicht versichert. Die Werbewirkung des Unternehmens, die im Zusammenhang mit einer im Interesse der Beschäftigten durchgeführten sportlichen Veranstaltung in Erscheinung tritt, ist nicht außer Betracht zu lassen.

    Ferner muss die Veranstaltung von der Leitung des Unternehmens oder der jeweiligen organisatorischen Unternehmenseinheit selbst veranstaltet oder zumindest gebilligt oder gefördert und von ihrer Autorität als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung getragen werden.

    Des Weiteren ist eine bestimmte Mindestbeteiligung zu fordern, um tatsächlich von einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ausgehen zu können, die den beabsichtigten Zweck erreichen kann. Entscheidend sind dabei immer die konkreten Verhältnisse im Einzelfall im Rahmen der anzustellenden Gesamtbetrachtung.

    Vorliegend fehlt es bereits an dem Erfordernis, dass die Zusammenkunft der Pflege der Verbundenheit zwischen der Unternehmensleitung und den Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander dienen muss. Dabei lässt es der Senat ebenso wie die bislang hierzu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 08.12.1998 - B 2 U 37/97 R - [...] Rz. 23; BSG, Urteil vom 18.10.1994 - 2 RU 15/94 - [...] Rz. 30) offen, ob eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung bei ehrenamtlich Tätigen überhaupt vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst wird.

    Denn jedenfalls diente das Helferfest nicht der Pflege der Verbundenheit der Mitglieder des DRK F. untereinander oder mit dem Unternehmen DRK F., da das Helferfest schon nicht allen Mitgliedern des DRK F. offen stand.

    Selbst wenn man die ehrenamtlichen Helfer des DRK F. bei der Fußballweltmeisterschaft als Abteilung, Einheit oder Unternehmensteil des DRK F. betrachten würde, ergäbe sich hieraus keine andere rechtliche Beurteilung. Denn das Helferfest diente nicht der Pflege der Verbundenheit der Mitglieder dieses Unternehmensteils untereinander oder mit dem Unternehmen DRK F ... Eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung hat nämlich wesentlich allein den Zweck, auch auf diesem Weg die Zusammenarbeit unter den Unternehmensangehörigen zu stärken und das Verständnis füreinander zu fördern (Kruschinsky in Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, SGB VII, § 8 Rz. 118). Derartige Zwecke waren mit dem Helferfest nicht verbunden. Es ist für den Senat nicht ersichtlich, dass die Gruppe der ehrenamtlichen Helfer des DRK F. bei der Fußballweltmeisterschaft das Helferfest überhaupt gemeinsam besucht, geschweige denn sich im Rahmen des Helferfestes über ihre Tätigkeit bei der Fußballweltmeisterschaft oder über zukünftige Aktivitäten als ehrenamtliche Helfer untereinander oder mit Mitgliedern der Leitung der Unternehmen DRK F., DRK St. oder DRK Baden-Württemberg ausgetauscht haben. Im Übrigen wurde das Helferfest nicht von den Unternehmen DRK F., DRK St. oder DRK Baden-Württemberg, sondern dem Land Baden-Württemberg und der Landeshauptstadt St. organisiert sowie durchgeführt, was sich aus dem Einladungsschreiben hierzu und den im Verfahren eingeholten Auskünften ergibt.

    Würde man alle ehrenamtlichen Helfer bei der Fußballweltmeisterschaft als Beschäftigte der Unternehmen Land Baden-Württemberg und/oder Landeshauptstadt St. betrachten, wäre die rechtliche Beurteilung keine andere. Zwar wurde das Helferfest vom Land Baden-Württemberg und der Landeshauptstadt St. veranstaltet. Aber es diente nach der Überzeugung des Senats nicht der Pflege der Verbundenheit zwischen den ehrenamtlichen Helfern bei der Fußballweltmeisterschaft untereinander oder mit dem Land Baden-Württemberg und/oder der Landeshauptstadt St ... Eine solche Motivationslage setzt nämlich nach der Überzeugung des Senats voraus, dass der zum Helferfest geladene Personenkreis und der Veranstalter des Helferfestes gemeinsam einen auch in die Zukunft gerichteten und auf eine gewisse Dauer angelegten Zweck verfolgen. Dies ergibt sich daraus, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 07.12.2004 - B 2 U 47/03 R - [...] Rz. 21) Veranstaltungen nur dann unter Versicherungsschutz stehen, wenn sie im Interesse des Unternehmens liegen und wie die eigentliche Arbeitstätigkeit selbst betrieblichen Zwecken dienen. Danach ist die Teilnahme an Freizeit- und Erholungsveranstaltungen nicht deshalb versichert, weil diese vom Unternehmen organisiert und finanziert werden. Stehen Freizeit, Unterhaltung oder Erholung im Vordergrund, fehlt es an einem wesentlichen betrieblichen Zusammenhang. Es steht jedem Unternehmen zwar frei, seine Mitarbeiter zu höheren Leistungen anzuspornen. Das Unternehmen hat es jedoch nicht in der Hand, den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auf sonst unversicherte Tatbestände auszuweiten, und zwar auch dann nicht, wenn hierdurch die persönliche Verbundenheit einer Gruppe von Beschäftigten mit dem Unternehmen gestärkt würde. Das Interesse der Unternehmensleitung, dass sich aus solchen Veranstaltungen wahrscheinlich auch eine Motivation zu Leistungssteigerungen ergibt, reicht nicht aus, für solche Betätigungen den rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit herzustellen. Der Unternehmer honoriert insoweit eine bestimmte Leistung mit einem geldwerten Vorteil, ohne dass dadurch die vom Unternehmen finanzierte Veranstaltung für die Beschäftigten zu einer betrieblichen Tätigkeit wird. Mit dieser beispielsweise zu unternehmensfinanzierten sogenannten Incentiv-Reisen ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist auch der vorliegende Sachverhalt zu beurteilen. Der Zweck des Helferfestes lag darin, Dank und Anerkennung für die ehrenamtlichen Helfer bei der Fußballweltmeisterschaft Ausdruck zu verleihen. Damit honorierten das Land Baden-Württemberg und die Landeshauptstadt St. lediglich eine bestimmte Leistung mit einem geldwerten Vorteil in Form eines Essensgutscheins und zwei Getränkegutscheinen im Rahmen des Helferfestes. Ein konkreter Bezug für zukünftige Aktivitäten ehrenamtlicher Helfer bestand aber nicht. Bei der Fußballweltmeisterschaft handelte es sich vielmehr um ein singuläres Ereignis. Ob und bejahendenfalls wann in der Landeshauptstadt St. ein Ereignis ähnlicher Prägung stattfinden würde, stand bei der Planung des Helferfestes nicht fest. Ein für die Durchführung zukünftiger Events dieser Prägung erforderlicher Erfahrungsaustausch war daher im Rahmen des Helferfestes nicht erforderlich.

    Nach alledem stand der Kläger bei seinem auf dem Nachhauseweg von dem Helferfest erlittenen Unfall nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Seine Berufung war daher zurückzuweisen.

    Abschließend sei bemerkt, dass auch der Senat ebenso wie der Kläger und das DRK Baden-Württemberg sieht, dass das Ehrenamt von der Anerkennung und Wertschätzung durch die Öffentlichkeit lebt und deren Entgegennahme durch die ehrenamtlichen Helfer ein Gebot der Höflichkeit darstellt. Aus dieser Erkenntnis kann aber nicht der Schluss gezogen werden, dass der Kläger unter gesetzlichem Unfallversicherungsschutz stand. Es stellt sich vielmehr die hier nicht zu entscheidende Frage, ob nicht zukünftig seitens der Veranstalter solcher Feste für privatrechtlichen Unfallversicherungsschutz gesorgt werden sollte.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

    Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

    Karrierechancen

    Zu TaxTalents