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  • · Fachbeitrag · Aufzeichnungspflichten

    EuGH verpflichtet EU-Mitgliedstaaten zur umfassenden Arbeitszeiterfassung

    von RA Dr. Christian Schlottfeldt, www.arbeitszeitkanzlei.de, Berlin

    | Die EU-Mitgliedstaaten müssen die Arbeitgeber verpflichten, ein System einzurichten, mit dem die tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann, so der EuGH. Dies wird auch Folgen für das deutsche Arbeitszeitrecht haben. |

     

    EuGH verlangt Arbeitszeiterfassung

    Der EuGH hält es für geboten, dass die EU-Mitgliedstaaten die Arbeitgeber verpflichten, ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzurichten, mit dem die vom Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann. Insbesondere gehe es darum, Arbeitnehmern, Behörden und Gerichten die Prüfung der Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Vorgaben zur wöchentlichen Höchstarbeitszeit sowie zu täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten zu ermöglichen. Die konkreten Modalitäten eines solchen Systems seien von den Mitgliedstaaten zu bestimmen und könnten branchenbezogenen Besonderheiten oder der Größe der Unternehmen Rechnung tragen (EuGH, Urteil vom 14.05.2019, Rs. C-55/18, Abruf-Nr. 208894).

     

    Verschärfung der ArbZG-Aufzeichnungspflichten zu erwarten

    Die EuGH-Entscheidung dürfte zu einer Verschärfung der arbeitszeitrechtlichen Aufzeichnungspflichten auch in Deutschland führen. Derzeit verpflichtet § 16 Abs. 2 ArbZG Arbeitgeber lediglich, die über die Arbeitszeit des § 3 ArbZG (8 Stunden an Werktagen Montag bis Samstag) hinausgehende Arbeitszeit aufzuzeichnen. Eine Erfassung von Beginn und Ende der Arbeitszeit und der Ruhepausen oder des Ausgleichs von Überschreitungen der werktäglichen Arbeitszeit innerhalb des insoweit vorgesehenen Ausgleichszeitraums (sechs Kalendermonate oder 24 Wochen; für Nachtarbeitnehmer ein Kalendermonat oder vier Wochen) verlangt das Arbeitszeitgesetz nicht.

     

    Von einer Neuregelung werden voraussichtlich insbesondere Betriebe oder Arbeitsbereiche mit Vertrauensarbeitszeit betroffen sein, in denen keine betriebliche Arbeitszeiterfassung besteht und die vom Arbeitnehmer geleistete Arbeitszeit nur im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen erfasst wird. Denn zukünftig dürften zumindest die Erfassung von Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit aufzeichnungspflichtig werden. Spannend ist, ob und in welchem Umfang der Gesetzgeber die vom EuGH skizzierten Spielräume nutzen und ob er erweiterte Möglichkeiten für die Arbeitszeitgestaltung (etwa im Rahmen „mobiler Arbeit“) vorsehen wird.

     

    PRAXISTIPP | Bis zu einer Novellierung des Arbeitszeitgesetzes gelten die aktuellen (beschränkten) Aufzeichnungspflichten weiter. Soweit bereits zusätzliche Aufzeichnungspflichten gelten, z. B. im Rahmen mindestlohn- und entsenderechtlicher Bestimmungen, werden diese durch das EuGH-Urteil nicht berührt. Darüber hinaus können die Aufsichtsbehörden im Rahmen ihrer Befugnisse erweiterte Aufzeichnungen zur Überprüfung der Einhaltung des ArbZG anordnen.

     
    Quelle: Ausgabe 06 / 2019 | Seite 108 | ID 45923900

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