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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Ausweis überhöhter Steuer in Rechnungen an Endverbraucher: Erneuter Etappensieg beim EuGH

    von Dipl.-Finw. StB Christian Herold, Herten/Westf.

    | Ein Unternehmer, der eine Dienstleistung erbracht und in seiner Rechnung einen überhöhten Mehrwertsteuerbetrag ausgewiesen hat, schuldet den zu hohen Teil der Steuer nicht, wenn keine Gefährdung des Steueraufkommens vorliegt. Dies ist der Fall, wenn die Dienstleistung an einen Endverbraucher erbracht wurde, der unter keinen Umständen zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Ist bei Massengeschäften denkbar, dass die Leistungen sowohl an Endverbraucher als auch an Unternehmer erbracht werden, so besteht die Möglichkeit, die maßgebenden Umsätze zu schätzen. So lässt sich das aktuelle EuGH-Urteil vom 1.8.25 zusammenfassen, das zwar zu einem Fall aus Österreich ergangen, auf deutsche Sachverhalte aber übertragbar ist und zahlreiche Unternehmer aufatmen lassen dürfte (EuGH 1.8.25, C-794/23). |

     

    Sachverhalt

    Dem EuGH-Verfahren liegt ein ‒ erneutes ‒ Vorabentscheidungsersuchen des österreichischen Bundesfinanzgerichts (BFG) zugrunde. Es geht um die Betreiberin eines Indoor-Spielplatzes (P). Im Streitjahr 2019 stellte sie insgesamt 22.557 Registrierkassenbelege mit einem Mehrwertsteuersatz von 20 % an ihre Kunden aus. Erst später stellte sie fest, dass ihre Dienstleistungen nicht dem gesetzlichen Mehrwertsteuersatz von 20 %, sondern dem von 13 % unterlagen. Das Finanzamt verweigerte die Berichtigung der Mehrwertsteuerfestsetzung mit der Begründung, dass die Rechnungen nicht korrigiert worden seien. Der EuGH hingegen entschied auf Vorlage des BFG, dass eine Rechnungsberichtigung nicht erforderlich sei, wenn feststehe, dass die Dienstleistungen ausschließlich an Endverbraucher erbracht worden seien, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind (EuGH 8.12.22, C‑378/21).

     

    Im Anschluss an dieses Urteil änderte das BFG den Bescheid über die geschuldete Mehrwertsteuer. Es ging davon aus, dass die Leistungen von P „(fast) ausschließlich“ von Endverbrauchern in Anspruch genommen worden seien, die das Recht auf Vorsteuerabzug nicht geltend machen können. Da jedoch nicht ausgeschlossen werden könne, dass Kunden die in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer zu Recht oder zu Unrecht als Vorsteuer abgezogen hätten, sei eine Schätzung vorzunehmen, aus wie vielen Rechnungen sich gemäß Art. 203 MwStSystRL eine Mehrwertsteuerschuld habe ergeben können. Das BFG nahm eine Gefährdung des Steueraufkommens hinsichtlich eines auf 0,5 % geschätzten Teils des Gesamtumsatzes des Indoor-Spielplatzes an. Demzufolge wären etwa 112 der insgesamt 22.557 von P ausgestellten Rechnungen betroffen.