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  • · Fachbeitrag · Steuerticker

    Neues aus Rechtsprechung und Finanzverwaltung auf den Punkt gebracht

    von Dipl.-Finw. StB Michael Seifert, Troisdorf

    | In unserem „Steuerticker“ weisen wir Sie regelmäßig auf Neuerungen aus Gesetzgebung, Rechtsprechung und Finanzverwaltung hin, die Sie in Ihrem Berufsalltag kurzfristig umsetzen sollten. Im aktuellen Beitrag geht es u. a. um das Thema Kostenaufteilung bei der Einzelveranlagung von Ehegatten und um die steuerliche Behandlung vom Arbeitgeber „gesponsorter“ Beiträge zum Besuch eines Fitnesscenters. |

    1. Einzelveranlagung von Ehegatten: neue Diskussion zur Kostenaufteilung

    Bei der Einzelveranlagung von Ehegatten bzw. Lebenspartnern werden Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigung nach § 35a EStG demjenigen zugerechnet, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat. Auf übereinstimmenden Antrag werden jedem Ehegatten bzw. Lebenspartner die Hälfte der Abzugsbeträge zugerechnet (§ 26a Abs. 2 S. 2 EStG). Der Antrag kann nur einheitlich für alle Abzugsbeträge gestellt werden.

     

    Beachten Sie | Der BFH hat kürzlich ‒ abweichend von der Verwaltungsauffassung ‒ entschieden, das bei einer Einzelveranlagung der Ehegatten auch der einem Ehegatten zustehende Behinderten-Pauschbetrag hälftig aufteilbar ist (BFH 20.12.17, III R 2/17, BFH/NV 18, 573).

     

    PRAXISTIPP | Diese Rechtsauslegung entspricht nicht der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung und hat bislang oftmals keinen Eingang in die ESt-Berechnungsprogramme gefunden. Die Finanzverwaltung berät zurzeit über die Anwendung dieser Rechtsprechung. Solche Fälle sollten daher unter Bezugnahme auf die o. g. BFH-Rechtsprechung offengehalten werden.

     

    Für die hälftige Kostenaufteilung kann ferner eine aktuelle Entscheidung des FG Baden-Württemberg (29.11.17, 2 K 1032/16, Rev. BFH: III R 11/18) angeführt werden, die ebenfalls der bisherigen Verwaltungsauffassung widerspricht. Wird eine hälftige Aufteilung der Aufwendungen im Falle der Einzelveranlagung von Ehegatten beantragt, sind Sonderausgaben wie z. B. die Krankenversicherungsbeiträge aufzuteilen. Erst in einem zweiten Rechtsschritt sind dann die Höchstbetragsberechnungen und Günstigerprüfungen individuell bei jedem der Ehegatten durchzuführen.

     

    Beachten Sie | Bei den Vorsorgeaufwendungen wird von der Finanzverwaltung bislang nach jeweiliger Kostentragung der abziehbare Betrag ermittelt. Hierbei wird je Ehegatte die Höchstbetragsberechnung und die Günstigerprüfung angewandt. Der bei den Ehegatten danach jeweils ansetzbare Versorgungsaufwand wird in einem weiteren Schritt zusammengerechnet und hälftig bei jedem Ehegatten berücksichtigt. Dieser Berechnung ist das FG Baden-Württemberg (a. a. O.) nunmehr entgegengetreten.

     

    PRAXISTIPP | Höchstrichterliche Entscheidungen liegen zu dieser Frage bislang nicht vor. Die Finanzverwaltung lässt Einspruchsverfahren, die sich auf die beim BFH anhängige Revision beziehen, ruhen. Bis zu einer abschließenden Entscheidung des BFH wird die Finanzverwaltung ihre bisherige Praxis beibehalten.

     

    2. Handwerkerleistungen: Baukostenzuschuss für öffentliche Mischwasserleitung nicht begünstigt

    Eine Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen kommt nur dann in Betracht, wenn die Leistung in einem Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht wird (§ 35a Abs. 4 S. 1 EStG). Nach Auffassung des BFH ist der räumlich-funktionale Zusammenhang zum Haushalt des Steuerpflichtigen nicht gegeben, wenn für die Neuverlegung einer öffentlichen Mischwasserleitung als Teil des öffentlichen Sammelnetzes ein Baukostenzuschuss erhoben wird.

     

    2.1 Sachverhalt

    Im Streitfall wurden die Kläger an die öffentliche Kläranlage angeschlossen. Zuvor wurde das Abwasser über eine Sickergrube auf ihrem Grundstück entsorgt. Für die Herstellung der hierfür erforderlichen Mischwasserleitung als Teil des öffentlichen Sammelnetzes erhob der Abwasserzweckverband im Streitjahr 2012 einen als Baukostenzuschuss bezeichneten Betrag von 3.900 EUR, von dem die Kläger einen geschätzten Lohnanteil von 2.338 EUR als Handwerkerleistung geltend machten. Das FG Sachsen (12.11.15, 8 K 194/15, EFG 16, 1952) entschied noch steuerzahlerfreundlich, der BFH ist dem aber entgegengetreten (BFH 21.2.18, VI R 18/16).

     

    2.2 Die Argumentation des BFH

    Nach einer früheren Entscheidung des BFH sind zwar auch Handwerkerleistungen begünstigt, die jenseits der Grundstücksgrenze auf öffentlichem Grund erbracht werden (BFH 20.3.14, VI R 56/12, BStBl II 14, 882 für die Verbindung des Wasserverteilungsnetzes mit der Anlage des Grundstückseigentümers). Die Handwerkerleistung muss dabei aber in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt des Steuerpflichtigen dienen.

     

    In Abgrenzung zu seiner o. g. Entscheidung hat der VI. Senat nun klargestellt, dass der räumlich-funktionale Zusammenhang zum Haushalt des Steuerpflichtigen nicht gegeben ist, wenn für die Neuverlegung einer öffentlichen Mischwasserleitung als Teil des öffentlichen Sammelnetzes ein Baukostenzuschuss erhoben wird. Denn im Unterschied zum Hausanschluss kommt der Ausbau des allgemeinen Versorgungsnetzes nicht nur einzelnen Grundstückseigentümern, sondern vielmehr allen Nutzern des Versorgungsnetzes zugute. Er wird damit nicht „im Haushalt“ erbracht. Unerheblich ist, wenn der Baukostenzuschuss ‒ wie im Streitfall ‒ beim erstmaligen Grundstücksanschluss an die öffentliche Abwasserentsorgungsanlage erhoben wird.

     

    Entscheidend ist somit allein, ob es sich um eine das öffentliche Sammelnetz betreffende Maßnahme handelt oder es um den eigentlichen Haus- oder Grundstücksanschluss und damit die Verbindung des öffentlichen Verteilungs- oder Sammelnetzes mit der Grundstücksanlage geht.

     

    PRAXISTIPP | Beim BFH ist gegenwärtig ein Verfahren zur Frage anhängig, ob Erschließungsbeiträge im Straßenbau als Handwerkerleistungen eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG auslösen (FG Berlin-Brandenburg 25.10.17, 3 K 3130/17, Rev. BFH: VI R 50/17). Vor dem Hintergrund der o. g. Entscheidung dürfte ein positiver Verfahrensausgang mehr als zweifelhaft sein. Trotz allem sollte in solchen Fällen Einspruch eingelegt und auf das Revisionsverfahren verwiesen werden, damit das Einspruchsverfahren kraft Gesetzes ruht.

     

    3. Fitnesscenter und 44-EUR-Freigrenze

    Wird dem Mitarbeiter zum Besuch eines Fitnessstudios ein Mitgliedsausweis vom Arbeitgeber ausgehändigt, der zur Nutzung der teilnehmenden Einrichtungen für den Zeitraum eines Jahres berechtigt, fließt dem Arbeitnehmer nach bisheriger Verwaltungsauffassung der geldwerte Vorteil für den gesamten Zeitraum im Zeitpunkt der Überlassung des Mitgliedsausweises zu.

     

    Hieran ändert sich nichts, wenn eine monatliche Zahlungsweise vorgesehen ist und im Falle des Zahlungsverzugs ein Trainingsausschluss möglich ist (siehe auch BFH 14.11.12, VI R 56/11, BStBl II 13, 382).

     

    PRAXISTIPP | Nach Auffassung der OFD NRW (24.11.14, Kurzinfo LSt 7/2014) ist zumindest bei Job-Tickets vorrangig eine Einzelvereinbarung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber für die Bestimmung des Zuflusszeitpunkts heranzuziehen. Sofern diese eine monatliche Kündbarkeit vorsieht, soll der geldwerte Vorteil auch monatlich zufließen. Dies dürfte entsprechend auch für die Beiträge zugunsten eines Fitnesscenters gelten. Eine eindeutige Verwaltungsanweisung wurde hierzu bislang nicht veröffentlicht. Zur Haftungsvermeidung bietet sich die Einholung einer Anrufungsauskunft an.

     

    Das FG Niedersachsen hat die bisherige Verwaltungspraxis jetzt abgelehnt (FG Niedersachsen 13.3.18, 14 K 204/16, Rev. BFH: VI R 14/18). Danach soll der Sachbezug, der aus der vergünstigten Mitgliedschaft in einem Fitnesscenter resultiert, nicht mit Aushändigung der Teilnahmebestätigung, sondern vielmehr während der Dauer der Teilnahme fortlaufend monatlich zufließen. Diese auch an der Dienstwagengestellung orientierte Rechtsauslegung, bei der der geldwerte Vorteil jeweils monatlich und nicht bereits bei Übergabe des Firmenwagens für den gesamten Nutzungszeitraum zu erfassen ist, ist zu begrüßen. Abzuwarten bleibt, wie im anhängigen Revisionsverfahren entschieden wird. Zur Haftungsvermeidung sollten sich Arbeitgeber aber zunächst weiter an der bisherigen Rechtsauslegung der Finanzverwaltung orientieren.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2018 | Seite 230 | ID 45363888

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