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  • · Fachbeitrag · Handwerkerleistungen

    Kein § 35a EStG bei Versicherungserstattungen?

    von Dipl.-Finw. StB Hans Günter Christoffel, Bornheim

    | Können Handwerkerleistungen zu einer Steuerermäßigung führen, wenn diese Leistungen von der Versicherung erstattet wurden? Hierzu kam vom FG Münster seinerzeit ein klares Nein! Der Tenor: Handwerkerleistungen, die von einer Versicherung erstattet wurden, stellen für den Steuerpflichtigen keine wirtschaftliche Belastung dar und können somit i. R. d. § 35a EStG nicht auf die Einkommensteuer angerechnet werden. Dies hat der BFH nun in einem bisher nicht veröffentlichten Beschluss bestätigt (BFH 9.2.17, VI B 53/16). |

    1. Sachverhalt und Entscheidung im Kurzüberblick

    In seiner ESt-Erklärung 2013 machte der Steuerpflichtige Aufwendungen für die Beseitigung eines Wasserschadens in Höhe der darin enthaltenen Lohnkosten von 3.224 EUR als Handwerkerleistungen i. S. d. § 35a Abs. 3 EStG geltend. Dabei stellte sich auf Nachfrage des Finanzamts heraus, dass der Schaden durch eine Versicherung reguliert worden war. Das Finanzamt versagte daraufhin den Abzug. Dies wurde vom FG Münster (6.4.16, 13 K 136/15 E) bestätigt. Die daraufhin eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der BFH verworfen. Der BFH-Beschluss lässt sich wie folgt zusammenfassen:

     

    • Die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Handwerkerleistungen setzt eine wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen voraus. Daran fehlt es, soweit Aufwendungen durch eine Versicherung erstattet werden.

     

    • Eine wirtschaftliche Belastung ergibt sich auch nicht aus den gezahlten Versicherungsbeiträgen, weil durch diese nicht die Versicherungsleistung angespart wird. Der Anspruch auf Schadensregulierung besteht unabhängig von der Gesamthöhe der eingezahlten Beiträge.

    2. Bei Erstattung liegt keine wirtschaftliche Belastung vor

    Bei den Arbeiten zur Beseitigung des Wasserschadens handelt es sich dem Grunde nach unstreitig um begünstigte Handwerkerleistungen (vgl. hierzu GStB 18, 312 ff.). Werden solche Aufwendungen von der Versicherung erstattet, wie im Streitfall bei einem Rohrbruch, so liegt jedoch keine wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen vor, die einen Steuervorteil rechtfertigt. Das Erfordernis der wirtschaftlichen Belastung leitet der BFH aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ab:

     

    2.1 Entstehungsgeschichte

    Grundsätzlich sind Aufwendungen für haushaltsnahe Handwerkerleistungen als Privataufwendungen nicht abziehbar. Dieser Grundsatz wird durch § 35a EStG durchbrochen, ebenso wie durch § 10 EStG im Sonderausgabenbereich und § 33 EStG im Bereich der agB. Daher ist es nicht verwunderlich, dass der BFH Parallelen zu diesen beiden Vorschriften sieht. Hierfür spricht u. a. die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Erst mit dem 2. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.02 (BGBl I 02, 4621) wurden die „hauswirtschaftlichen Beschäftigungsverhältnisse“ aus dem Sonderausgabenbereich in die Steueranrechnung „verschoben“. Die Aufwendungen sollten nicht mehr individual entlastend wirken, sondern pauschal mit 20 %.

     

    MERKE | Die Verknüpfung zu § 33 EStG ergibt sich aus der Vorschrift selbst, nämlich aus § 35a Abs. 5 S. 1 EStG. Dort wird nämlich ausdrücklich geregelt, dass der Anwendungsbereich für die Steueranrechnung subsidiär zu den agB ist.

     

     

    2.2 Folgerungen aus der Entstehungsgeschichte

    Die systematischen Parallelen zu § 10 und § 33 EStG sprechen aus der Sicht des BFH dafür, die dort entwickelten Grundsätze auf § 35a EStG anzuwenden. Sowohl bei den Sonderausgaben als auch bei den agB spielt die wirtschaftliche Belastung eine entscheidende Rolle. Nur dann, wenn eine solche wirtschaftliche Belastung vorliegt, kann ein Abzug gewährt werden. Deshalb müsse dies auch für haushaltsnahe Handwerkerleistungen gelten.

     

    Beachten Sie | Aus der geschilderten Entstehung des § 35a EStG folgert der BFH, dass es sich hierbei um eine Fiskalzwecknorm handelt, die auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit abstellt. Deshalb ist die Leistung der Versicherung im Streitfall gegenzurechnen.

    3. Keine Gleichstellung mit nicht versicherten Steuerpflichtigen

    Eine Gleichstellung der Gruppe der Nichtversicherten mit den Versicherten lehnt der BFH ab, weil der Nichtversicherte ein erhebliches finanzielles Risiko in Kauf nehme, bei Eintritt eines Schadens die Instandsetzung aus eigenen Mitteln zu leisten. Demgegenüber habe der Versicherte ‒ unabhängig von der Höhe seiner Beiträge ‒ Anspruch auf die Leistungen des Versicherers und sei daher nicht mit der Bereithaltung von Mitteln für den Schadensfall belastet.

    4. Wirtschaftliche Belastung aus im Voraus gezahlten Beiträgen

    Eine wirtschaftliche Belastung des Versicherten aus den im Voraus gezahlten Beiträgen verneint der BFH ebenfalls. Die Versicherungsbeiträge stellen keine alternative Form des Ansparens von Mitteln dar, vergleichbar der Anlage auf einem Sparbuch. Zum einen würden die Beiträge zwecks Anspruchs auf eine Schadensregulierung gezahlt, der unabhängig von der Höhe der eingezahlten Beiträge entstehe. Zum anderen sei beim Versicherten die Gesamtheit der Beitragszahlungen vollständig verloren, wenn kein Schaden eintrete. Daher könne die Zahlung der Versicherung auch nicht rechtlich als die Leistung aus einem angesparten Vermögen des Versicherten angesehen werden.

     

    Schließlich spreche das Abzugsverbot für Sachversicherungen in § 10 Abs. 1 Nr. 2 bis 3a EStG gegen die Berücksichtigung der Beiträge als Belastung i. S. d. § 35a EStG. M. E. ist dieses Argument nicht stichhaltig. Hier hätte der BFH mehr die Vergleichbarkeit mit Nichtversicherten berücksichtigen müssen, die das Geld auf einem Sparbuch anlegen, um für den Schadensfall gerüstet zu sein. Derjenige, der anspart, hat das Risiko zu tragen, dass Handwerkerleistungen anfallen, deren Kosten über das Angesparte hinausgehen. Derjenige, der eine Versicherung abschließt, vermeidet zwar dieses Risiko. Er geht allerdings andererseits das Risiko ein, dass das, was er eingezahlt hat, verloren ist, auch wenn kein Schaden eintritt. Nur um diesen Differenzbetrag unterscheiden sich beide Fälle. Daraus folgt m. E., dass in den Versicherungsbeiträgen eine wirtschaftliche Belastung des Versicherten gesehen werden muss, die ihn berechtigt, § 35a EStG in Anspruch zu nehmen.

     

    PRAXISTIPP | Man muss sich im Klaren sein, dass die Steueranrechnung in Höhe der Versicherungsbeiträge in der Praxis Probleme bereitet, wenn bereits ein Versicherungsfall in der Vorzeit eingetreten ist und die Beiträge dort hätten verrechnet werden müssen. Zudem müsste geklärt werden, ob die Beiträge vorrangig mit den Materialkosten und nachrangig mit den Arbeitskosten zu verrechnen sind.

     

    5. Kein Widerspruch zum Werbungskostenabzug

    Der BFH sieht in seinem Beschluss keinen Widerspruch zu seiner Rechtsprechung betreffend die Verrechnung von Versicherungsleistungen bei der Bemessung der Absetzung für Abnutzung. Im Urteil vom 1.12.92 (IX R 36/86, BFH/NV 93, 472) hat er nämlich entschieden, dass als Werbungskosten zu berücksichtigende Absetzungen für Abnutzung nicht mit einer Versicherungsleistung zur Wiederherstellung des Wirtschaftsguts verrechnet werden können. Bei dieser Entscheidung hat er sich auf § 7 Abs. 1 EStG gestützt, der für die Höhe der Absetzungen auf die Abnutzung des einzelnen Wirtschaftsguts abstelle, sodass der Grundsatz der Einzelbewertung die Verrechnung mit einem anderen Wirtschaftsgut in Form der Versicherungsleistung verhindere. Diese Problematik sei mit der Frage der wirtschaftlichen Belastung nicht gleichzusetzen.

     

    FAZIT | Es bleibt festzuhalten, dass der BFH in seinem Beschluss vom 9.2.17 die Auffassung der Finanzverwaltung bestätigt hat, nach der Handwerkerleistungen nur berücksichtigt werden können, soweit die Kosten nicht von der Versicherung erstattet werden (BMF 9.11.16, IV C 8 - S 2296 - b/07/10003 :008, BStBl I 16, 1213, Rz. 41). Hierbei stellt der BFH auf die wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen ab. M. E. bestehen gegen diese Auffassung Bedenken, die insbesondere aus dem Vergleich zu Nichtversicherten herrühren.

     

    Im Übrigen lässt der BFH das Argument der wirtschaftlichen Belastung bei Beitragsrückerstattungen mit geleisteten Krankenversicherungsbeiträgen nicht zu. Dies zeigt das Urteil vom 29.11.17 (X R 3/16, BStBl II 18, 384). Dort hat er entschieden: Verzichtet ein Steuerpflichtiger auf die Erstattung seiner Krankheitskosten, um von seiner privaten Krankenversicherung eine Beitragsrückerstattung zu erhalten, können die Kosten nicht von den erstatteten Beiträgen abgezogen werden, die ihrerseits die Höhe der abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge reduzieren. Und das, obwohl der Steuerpflichtige wirtschaftlich nur entlastet wurde, soweit die Beitragsrückerstattung die von ihm getragenen Krankheitskosten überstieg.

     

    Sie müssen mit den Widersprüchen in der BFH-Rechtsprechung bis auf Weiteres leben. Zurzeit ist kein Verfahren anhängig, in dem es um die Verrechnung von Versicherungserstattungen mit Handwerkerkosten geht.

     
    Quelle: Ausgabe 01 / 2019 | Seite 6 | ID 45622584

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