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  • 26.04.2012

    Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 21.12.2011 – 2 K 1721/11

    1. Für eine Photovoltaikanlage auf dem Dach einer im Rahmen einer Betriebsaufspaltung an die investitionszulagebegünstigte, im verarbeiteten Gewerbe tätige Betriebs-GmbH vermieteten Lagerhalle besteht kein Anspruch auf Investitionszulage, wenn das die Photovoltaikanlage betreibende Unternehmen mit dem (Grund-)Besitz-Unternehmen keinen einheitlichen Betrieb bildet oder zwischen dem Photovoltaikunternehmen und der Betriebs-GmbH keine Betriebsaufspaltung besteht.

    2. Das Grund-Besitz-Unternehmen und der Betrieb der Photovoltaikanlage bilden keinen einheitlichen Betrieb, da sich die Tätigkeit der Vermietung und der Stromerzeugung nicht ergänzen. Die örtliche Verbindung beider Unternehmen begründet keine Geschäftsförderung.


    Im Namen des Volkes

    URTEIL

    In dem Finanzrechtsstreit

    hat der 2. Senat unter Mitwirkung von … und der ehrenamtlichen Richter … und … ohne mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 21. Dezember 2011 für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

    3. Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Streitig ist, ob dem Kläger Investitionszulage für eine Photovoltaikanlage zu bewilligen ist.

    Der Kläger ist Geschäftsführer der … GmbH (im Folgenden: GmbH) und mit einem Anteil von 70% als Gesellschafter beteiligt. Der Geschäftszweck ist die Durchführung von Reifenrunderneuerungen. Der Kläger ist zudem Eigentümer eines mit einer Produktionshalle, Bogenhalle und Lagerhalle bebauten Grundstückes, auf dem die GmbH ihre Betriebsstätte hat und woraus der Kläger Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aufgrund des mit der GmbH am 31. Juli 2002 geschlossenen Mietvertrages erzielte. 2007 errichtete der Kläger auf dem Dach der Lagerhalle eine Photovoltaikanlage, deren gewonnene Energie er an den Stromversorger … GmbH (künftig: X GmbH) lieferte. Den Antrag auf Bewilligung von Investitionszulage für die 2007 entstandenen Anschaffungskosten der Photovoltaikanlage in Höhe EUR 210.682 lehnte der Beklagte am 22. Oktober 2009 ab. Den dagegen eingelegten Einspruch wies er am 14. Oktober 2011 zurück.

    Der Kläger bringt vor, bei dem Betriebsunternehmen, der GmbH, und seinem Unternehmen, dem Besitzunternehmen, liege investitionszulagenrechtlich ein einheitliches Unternehmen vor. Da der produktive Betriebsbereich Strom verbrauche, bestehe ein Zusammenhang zwischen der stromproduzierenden Photovoltaikanlage, die eine Erstinvestition sei, und dem Gewerbe.

    Der Kläger beantragt,

    den Bescheid über die Ablehnung der Investitionszulage 2007 vom 22. Oktober 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Oktober 2011 aufzuheben und ihm Investitionszulage für 2007 in Höhe von EUR 57.937,55 zu bewilligen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte trägt unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung vor, dass es sich bei dem Betrieb der Photovoltaikanlage um einen eigenständigen Betrieb handele. Dieser gehöre nicht dem verarbeitenden Gewerbe an, weswegen keine Investitionszulage zu gewähren sei.

    Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorbereitenden Schriftsätze und die zu Gericht gereichten Behördenakten Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist unbegründet.

    I.

    Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Investitionszulage 2007.

    Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 2007 haben Steuerpflichtige im Sinne des Einkommen-steuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes, die im Fördergebiet begünstigte Investitionen im Sinne der §§ 2 und 3 InvZulG 2007 vornehmen, Anspruch auf eine Investitionszulage. Nach § 2 Abs. 1 S. 1 InvZulG 2007 sind begünstigte Investitionen die Anschaffung und die Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die zu einem Erstinvestitionsvorhaben im Sinne des Abs. 3 gehören, mindestens fünf Jahre nach Beendigung des Erstinvestitionsvorhabens zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte eines Betriebes des verarbeitenden Gewerbes, der produktionsnahen Dienstleistung oder des Beherbergungsgewerbes des Anspruchsberechtigten im Fördergebiet gehören (Zugehörigkeitsvoraussetzung), in einer Betriebsstätte eines solchen Betriebes des Anspruchsberechtigten verbleiben (Verbleibensvoraussetzung) und in jedem Jahr zu nicht mehr als 10 v.H. privat genutzt werden (Nutzungsvoraussetzung).

    Der Kläger ist Steuerpflichtiger im Sinne des Einkommensteuergesetzes, jedoch hat er keinen investitionszulagenbegünstigten Betrieb. Vorliegend ist nur die GmbH als Betrieb des verarbeitenden Gewerbes ein investitionszulagebegünstigter Betrieb. Zwischen dem Besitzunternehmen des Klägers, d.h. der Vermietung des Grundstücks, und der GmbH besteht zwar eine Betriebsaufspaltung, dies ist jedoch nicht hinreichend.

    Eine Betriebsaufspaltung ist anzunehmen, wenn einer Kapitalgesellschaft wesentliche Grundlagen ihres Betriebes überlassen werden (sachliche Verflechtung) und die hinter dem Besitzunternehmen stehenden Personen ihren Willen auch in der Betriebsgesellschaft durchsetzen können (persönliche Verflechtung; Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16. Dezember 1992, BFH/NV 1993, 523). Die Voraussetzungen liegen hier durch die Vermietung des Grund-stückes durch den Kläger an die GmbH vor.

    Das vom Kläger an die GmbH überlassene Grundstück mit dem Gebäude ist wesentliche Betriebsgrundlage und daher liegt eine sachliche Verflechtung vor. Denn ein Grundstück ist für das Betriebsunternehmen eine wesentliche Betriebsgrundlage, wenn es zur Erreichung des Betriebszweckes erforderlich ist und besonderes Gewicht für die Betriebsführung besitzt (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 10. April 1991, BFH/NV 1992, 312). Grundstücke, die – wie hier – der Fabrikation dienen, gehören nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 24. Februar 1981, BStBl. II 1981, 379), da bei Fabrikgrundstücken die Gebäude durch ihre Gliederung oder sonstige Bauart in der Regel dauernd für den Betrieb eingerichtet oder nach Lage, Größe und Grundriss auf den Betrieb zugeschnitten sind (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 24. August 1989, BStBl. II 1989, 1014).

    Eine persönliche Verflechtung liegt dann vor, wenn die Gesellschafter, die die GmbH beherrschen, bei dem Besitzunternehmen ebenfalls über die Mehrheit der Stimmen verfügen, sofern kraft Gesetzes (z.B. § 745 BGB) oder Vertrags (§ 709 Abs. 2 BGB) wenigstens für Geschäfte des täglichen Lebens das Mehrheitsprinzip maßgeblich ist (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 26. November 1992, BStBl. II 1993, 876). Dies ist vorliegend auch der Fall, da der Kläger allein am Besitzunternehmen und zu 70% am Betriebsunternehmen beteiligt ist.

    Aufgrund dieser Betriebsaufspaltung ist in Anerkennung einer Ausnahme von dem Grundsatz der rechtlichen Selbständigkeit beider Unternehmen die Betriebsstätte des Betriebsunternehmens dem Besitzunternehmen zuzurechnen (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16. März 2000, BStBl. II 2000, 700), so dass der Besitzunternehmer – hier der Kläger durch die Vermietung des Grundstückes und der Gebäude – aufgrund der Zuordnung des Betriebsunternehmens -hier der GmbH – zum verarbeitenden Gewerbe investitionszulagenbegünstigt ist.

    Zwischen der GmbH und dem Betrieb der Photovoltaikanlage besteht jedoch keine Betriebsaufspaltung. Die oben genannten Grundsätze der Betriebsaufspaltung mit der Folge, dass investitionszulagenrechtlich das Betriebsunternehmen dem Besitzunternehmen zuzuordnen ist, könnten nur angewendet werden, wenn entweder das Unternehmen, das das Grundstück besitzt und das Unternehmen, das die Photovoltaikanlage betreibt, ein einheitlicher Betrieb sind oder – wenn dies nicht der Fall ist – eine Betriebsaufspaltung zwischen dem Unternehmen, das die Photovoltaikanlage betreibt, und dem Betriebsunternehmen besteht. Beides ist vorliegend jedoch nicht der Fall.

    Der Betrieb, der die Photovoltaikanlage betreibt und das Unternehmen, das das Grundstück besitzt, sind kein einheitlicher Betrieb. Mehrere Betriebe eines Steuerpflichtigen können eine wirtschaftliche Einheit bilden, sofern sie sachlich, insbesondere organisatorisch, wirtschaftlich oder finanziell zusammenhängen (Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 28. Dezember 2009, BFH/NV 2010, 642). Mit der Errichtung der Photovoltaikanlage zu unternehmerischen Zwecken entsteht für den Steuerpflichtigen ein Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG). Steuerpflichtige, die Photovoltaikanlagen betreiben und damit Strom erzeugen, erzielen hieraus – unter der Voraussetzung der Gewinnerzielungsabsicht – in Höhe der vom Netzbetreiber gewährten Vergütung Einnahmen aus einer gewerblichen Betätigung im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG. Bei der entgeltlichen Überlassung eines Grundstückes handelt es sich nicht um einen Erzeugerbetrieb, sondern im Allgemeinen um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. In der örtlichen Verbindung ist keine Geschäftsförderung zu sehen (Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 22. September 2010, EFG 2010, 2102). Die Tätigkeiten Vermietung und Stromerzeugung ergänzen sich auch nicht.

    Zwischen dem Betrieb des Klägers, der die Photovoltaikanlage betreibt und der GmbH besteht keine Betriebsaufspaltung. Denn eine sachliche Verflechtung, d.h. dass das Besitzunternehmen dem Betriebsunternehmen wesentliche Grundlagen seines Betriebes überlässt, liegt hier nicht vor. Die Photovoltaikanlage ist keine wesentliche Betriebsgrundlage der GmbH. Denn sie ist zur Erreichung des Betriebszweckes – hier der Reifenrunderneuerung – nicht erforderlich und hat kein besonderes Gewicht für die Betriebsführung. Nicht verkannt wird, dass die GmbH Strom benötigt. Diese Energie wird im Ergebnis jedoch von einem Energieunternehmer über das allgemeine Stromnetz bezogen, auch wenn über den Umweg der Einspeisung ins allgemeine Stromnetz zu einem Teil auf dem Dach des Betriebsgrundstücks erzeugte Energie bezogen wird.

    II.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO insbesondere im Hinblick auf das beim Bundesfinanzhof anhängige Revisionsverfahren gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichtes vom 22. September 2010 (2 K 282/07) zuzulassen.

    VorschriftenInvZulG 2007 § 2 Abs. 1 S. 1, InvZulG 2007 § 2 Abs. 3, EStG § 15 Abs. 2, EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1