08.01.2010
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 15.02.2006 – IV 76/04
Das Unterlassen der Gestellung einer im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren beförderten Waren bei der Bestimmungszollstelle stellt ein Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung dar.
Die Zuständigkeit für die Abgabenerhebung ergibt sich aus Art. 378 Abs. 1 ZK-DVO. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der Zuständigkeit ist der Ablauf der Dreimonatsfrist, die gemäß Art. 379 Abs. 1, Abs. 2 ZK-DVO gesetzt werden muss. Stellen sich nach Ablauf dieser Frist Umstände heraus, die für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates sprechen, ändert sich die einmal begründete Zuständigkeit nicht mehr.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erhebung von Eingangsabgaben.
Am 24.7.1998 meldete die Klägerin den externen gemeinschaftlichen Versand von 384 Collies Schiffsausrüstung beim seinerzeitigen Hauptzollamt Hamburg-... nach Valencia, Spanien, an. Die Sendung war für das Schiff M/V A bestimmt, das im Hafen von Valencia lag. Bestimmungsstelle sollte das Zollamt Valencia sein. Die Gestellungsfrist endete am 31.7.1998. Die Nämlichkeitssicherung erfolgte durch Raumverschluss.
Unter dem 27.11.1998 wies der Beklagte die Klägerin erstmals darauf hin, dass die Fristen abgelaufen seien, ohne dass bisher der Abschluss des Versandverfahrens bestätigt worden sei. Er bat um Antwort bis zum 25.12.1998. Daraufhin übersandte die Klägerin einen Abschnitt des Versandscheins T 1 sowie eine TC 11 Eingangsbestätigung, die jeweils einen Stempelaufdruck mit handschriftlichen Ergänzungen folgenden Inhalts trugen: „Visado por el Presguardo a las 18’15 horas del dia de hoy Valencia 28 de 07 de 1998 El Teniente” Unterschrift Fdo. L.... Dies bedeutet „gesehen (geprüft) durch den Aufsichtsführenden am 28.7.1998 um 18:15 Uhr in Valencia. Unterschrieben wurde der Vermerk von einem namentlich bezeichneten Leutnant. Ein Dienstsiegel fehlt ebenso wie eine Bezeichnung der ausstellenden Behörde.
Im Verlauf richtete die Zollverwaltung eine Suchanzeige an die Zollverwaltung in Valencia unter Beifügung einer Kopie des von der Klägerin eingereichten Abschnitts des Versandscheins T 1 sowie der TC 11 Eingangsbestätigung. Daraufhin teilte die Zollverwaltung Valencia mit, dass die Sendung nicht gestellt und auch der dazugehörige Versandschein nicht vorgelegt worden sei; über den Verbleib habe nichts in Erfahrung gebracht werden können. Weder das Dokument noch die Ware sei eingegangen.
Mit Schreiben vom 8.10.1999 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass der Ort der Zuwiderhandlung nicht habe ermittelt werden können und wies sie daraufhin, dass die Zuwiderhandlung daher als in der Bundesrepublik Deutschland begangen gelte, sofern sie nicht innerhalb von drei Monaten die ordnungsgemäße Erledigung des Versandverfahrens oder den tatsächlichen Ort der Zuwiderhandlung nachweise. Für den Fall, dass derartige Nachweise nicht erbracht würden, kündigte sie an, die Eingangsabgaben gegebenenfalls anzufordern.
Mit Schreiben vom 13.10.2000 legte die Klägerin Bescheinigungen des Schiffsführers bzw. seines Vertreters der MV A über den Empfang der streitgegenständlichen Waren am 25.7.1998 in Valencia vor. Aus dem internationalen Frachtbrief ergibt sich die Bestätigung dass die Waren am 28.7.1998 vom „Master” der MV A empfangenen worden sind. Eine Bitte der Klägerin an die Zollverwaltung in Valencia, die Gestellung dort zu bestätigen, blieb ausweislich der Sachakte ohne Reaktion.
Mit Steuerbescheid vom 12.6.2001 erhob der Beklagte Einfuhrabgaben (Zoll, Einfuhrumsatzsteuer und Verbrauchsteuern) in Höhe von insgesamt 11.242,96 DM.
Dagegen erhob die Firma H... GmbH & Co. KG, die Muttergesellschaft der Klägerin, am 6.7.2001 Einspruch.
Sie legt ein Schreiben des spanischen Generalkonsuls vom 7.1.2002 vor, in dem dieser - in Beantwortung einer Frage des Prozessbevollmächtigten der Klägerin - mitteilt, dass die Guardia Civil in Spanien die Zuständigkeit der Kontrolle der Zollaufsicht sowie andere Befugnisse, die dazu dienten, Schleichhandel zu vermeiden, habe. Dennoch sei es das Finanzministerium, das die Verwaltungsaufgaben innehabe und zu diesem Zweck Zollbeamte in die Häfen und Flughäfen entsende.
Weiter hat sie eine Erklärung der Agencia Tributaria vom 6.8.2001 vorgelegt, wonach der Stempel der Guardia Civil auf dem Versandschein und der Eingangsbestätigung nicht die richtige Registrierung und Abfertigung der Dokumente, sondern die Ankunft der Sendung im Zollgebiet bestätige.
Den Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 9.3.2004 als zulässig, da der Unterzeichner der Geschäftsführer der Klägerin war, aber unbegründet zurück.
Mit ihrer am 1.4.2004 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Eine Gestellung im Sinne von Art. 4 Nr. 19 Zollkodex habe ausweislich der Eingangsbescheinigung auf dem Versandschein T 1 und der Eingangsbestätigung TC 11 stattgefunden; sie sei von einer mit der zollrechtlichen Warenüberwachung betrauten Personen der Guardia Civil entgegengenommen worden und entspreche Art. 357 Abs. 3 ZK-DVO a.F. Da es sich unstreitig um eine amtliche Bescheinigung handele, sei das fehlende Dienstsiegel irrelevant. Bei der Bescheinigung handele es sich um einen Alternativnachweis gem. Art. 380 lit. a ZK-DVO a.F. in Form einer Eingangsbescheinigung. Auf die vom Beklagten geforderten Voraussetzungen komme es nicht an, da die hier einschlägigen Vorschriften diese nicht verlangten. Da die Ankunft der beförderten Waren einer mit zollrechtlichen Überwachungsfunktionen betrauten Person mitgeteilt worden sei, seien die Waren nicht aus der zollamtlichen Überwachung entzogen worden, selbst wenn durch die fehlende Gestellung bei einer Zollstelle eine zollamtliche Pflicht verletzt worden sei. Nachweislich seien die Waren auch an das Schiff MV A geliefert und ausgeführt worden. Da die Waren nicht in den Wirtschaftskreislauf der Gemeinschaft gelangt seien, spreche auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nichts für die Erhebung von Einfuhrabgaben.
Die Klägerin beantragt, den Steuerbescheid vom 12.6.2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9.3.2004 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, die Einfuhrabgaben seien entstanden, da die Waren nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist der Bestimmungsstelle gestellt worden seien. Die Erfüllung der Förmlichkeiten hätte gemäß Art. 4 Nr. 4 Zollkodex bei einer Zollstelle und nicht bei einer anderen Dienststelle erfolgen müssen. Die Klägerin habe auch keinen Alternativnachweis vorgelegt, da die Bescheinigungen weder von einer Zollstelle ausgestellt worden seien, noch die ausstellende Behörde erkennen ließen, noch Angaben zur Identifizierung der Waren enthielten. Eingangsbescheinigungen könnten nicht als Alternativnachweis verwendet werden. Die spanischen Zollbehörden hätten auf Nachfrage in Kenntnis der Eingangsbescheinigung eine Gestellung eindeutig verneint. Durch die Nichtgestellung seien die Waren der zollamtlichen Überwachung entzogen worden. Die Zuständigkeit zur Abgabenerhebung ergebe sich aus Art. 378 Abs. 2 ZK-DVO a.F., da der Ort der Zuwiderhandlungen unklar sei. Die Eingangsbescheinigung könne keinen Nachweis über den Ort der Zuwiderhandlung erbringen, da sie keine Verbindung zu einer Behörde oder zum Warenempfänger erkennen lasse.
Der Beklagte legt eine Stellungnahme der Agencia Tributaria, der spanischen Zollverwaltung, vom 26.10.2004 vor, aus der sich ergibt, dass die Guardia Civil im Zollbereich in die spanische Zollbehörde eingebunden sei und zur Einhaltung der bestehenden Zollvorschriften u.a. die Überwachung der Versandverfahren, die Wareneingangs- und Warenausgangskontrolle im Zollbereich und die Überprüfung der vorschriftsgemäßen Zolldokumente vorzunehmen habe. Die Beendigung/Gestellung eines externen gemeinschaftlichen Versandverfahrens werde nicht durch die Guardia Civil ausgeführt, die Bearbeitung und der Stempel der Guardia Civil beglaubige lediglich ihre Beteiligung an einer Zollabfertigung und bestätige, dass ein Versandverfahren durch die Guardia Civil überprüft worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Sachakte des Beklagten Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.
Der Steuerbescheid vom 12.6.2001 ist in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9.3.2004 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
I. Die Voraussetzungen des Art. 203 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften vom 12.10.1992 (Zollkodex), der allein als Rechtsgrundlage in Betracht kommt, sind erfüllt (1.). Der Abgabenerhebung stehen auch keine Gründe entgegen, insbesondere ist die Bundesrepublik Deutschland für die Abgabenerhebung zuständig (2.).
1. Nach Art. 203 Abs. 1 Zollkodex entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird. Dies gilt entsprechend für die Einfuhrumsatzsteuer sowie die angefallenen Verbrauchsteuern.
Der Begriff des Entziehens aus der zollamtlichen Überwachung wird im Gemeinschaftsrecht nicht definiert. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist dieser Begriff dahin zu verstehen, dass er jede Handlung oder Unterlassung umfasst, die dazu führt, dass die zuständige Zollbehörde auch nur zeitweilig am Zugang zu einer unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware und der Durchführung der in Art. 37 Abs. 1 Zollkodex vorgesehenen Prüfungen gehindert ist (EuGH, Urteile vom 11.7.2002, C-371/99, vom 1.2.2001, C-66/99 und vom 20.1.2005, C-300/03). Dabei kommt es allein auf die objektive Verwirklichung des Tatbestandes an; nicht erforderlich ist, dass ein subjektives Element vorliegt. Entscheidend ist allein, dass die Ware der Zollstelle nicht - wie von ihr verlangt - vorgeführt worden ist (EuGH, Urteil vom 1.2.2001, C-66/99).
Ein Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung liegt konkret vor, wenn die Abgangsstelle der streitigen Sendung, die in das externe gemeinschaftliche Versandverfahren überführt wurde, festgestellt hat, dass diese Sendungen nicht der Bestimmungsstelle gestellt wurde und das Zollverfahren für diese Sendung nicht erledigt worden ist (EuGH, Urteil vom 20.1.2005, C-300/03).
Im vorliegenden Fall erfolgte die Beförderung der streitgegenständlichen Waren im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren. Ausweislich der Versandanmeldung war Empfänger das Schiff MV A im Hafen von Valencia, Spanien. Für das externe Versandverfahren regelt Art. 91, 96 Zollkodex, dass dieses Verfahren endet, wenn die Waren und das dazugehörige Dokument entsprechend den Bestimmungen des betreffenden Verfahrens am Bestimmungsort der dortigen Zollstelle gestellt werden, wobei der Hauptverpflichtete Inhaber des externen gemeinschaftlichen Versandverfahrens ist und die Ware innerhalb der vorgeschriebenen Frist unter Beachtung der von den Zollbehörden zur Nämlichkeitssicherung getroffenen Maßnahmen unverändert der Bestimmungszollstelle zu gestellen hat. Bestimmungsstelle war vorliegend das Zollamt Valencia, wie sich bereits aus der Versandanmeldung ergibt. Die Gestellung ist nach Art. 4 Nr. 19 Zollkodex die Mitteilung an die Zollbehörden in der vorgeschriebenen Form, dass sich die Waren bei der Zollstelle oder an einem anderen von den Zollbehörden bezeichneten oder zugelassenen Ort befinden.
Die genaueren Bestimmungen über das externe gemeinschaftliche Versandverfahren ergeben sich aus den Art. 341 ff. ZK-DVO a.F., dort ist in Art. 356 bestimmt, dass der Bestimmungsstelle die Waren zu gestellen sind und der Versandschein vorzulegen ist. Die Bestimmungsstelle vermerkt auf den Exemplaren des Versandscheins das Ergebnis ihrer Prüfung und sendet der Abgangsstelle unverzüglich ein Exemplar zurück. Art. 380 lit. a ZK-DVO a.F. sieht für den Nachweis der Ordnungsgemäßheit des Verfahrens alternativ die Vorlage eines von den Zollbehörden bescheinigten Zoll- oder Handelspapiers, aus dem hervorgeht, dass die betreffenden Waren bei der Bestimmungsstelle oder in Fällen des Art. 406 beim zugelassenen Empfänger gestellt worden sind, vor, wobei das Papier Angaben zur Identifizierung der Waren enthalten muss. Art. 380 lit. b ZK-DVO a.F. ermöglicht den Nachweis daneben durch Vorlage eines in einem Drittland ausgestellten Zollpapiers über die Überführung der Waren in ein Zollverfahren.
Unstreitig wurden die Waren beim Zollamt Valencia nicht gestellt, die auf dem Versandschein T 1 sowie der TC 11 Eingangsbestätigung aufgebrachten Behördenvermerke stammen unstreitig nicht von diesem Zollamt. Dies hat die spanische Zollverwaltung unter dem 22.10.1999 auch bestätigt.
Die von der Klägerin vorgelegten Bescheinigungen können auch nicht als Alternativnachweise gemäß Art. 380 lit. a ZK-DVO a.F. angesehen werden. Nach seinem Wortlaut verlangt Art. 380 lit. a ZK-DVO a.F. anders als Art. 356 ZK-DVO a.F. nicht, dass die Bestätigung der Gestellung von der Bestimmungsstelle abgegeben wird, sondern lässt eine Bestätigung durch Vorlage eines von „den Zollbehörden” bescheinigten Zollpapiers genügen. Es ist schon erheblich zweifelhaft, ob mit dieser Bestimmung gemeint ist, dass die Bestätigung von jeder Behörde abgegeben werden kann, der zollbehördliche Aufgaben zufallen, auch wenn es sich nicht um eine originäre Zollbehörde handelt. Jedenfalls entbindet diese Vorschrift den Ausführer nicht von der Gestellungspflicht, da die in Art. 380 lit. a ZK-DVO a.F. vorgesehene Bestätigung die Gestellung gerade voraussetzt und eine Aufweichung der Vorgabe in Art. 92 ZK a.F. bzw. Art. 356 Abs. 1 ZK-DVO a.F., wonach die Gestellung bei der Bestimmungsstelle zu erfolgen hat, nicht erkennbar ist. Die vorgelegte Bescheinigung lässt zudem die ausstellende Behörde nicht erkennen und enthält gerade keinen Hinweis auf die Gestellung. Sie kann daher nicht anerkannt werden.
2. Der Abgabenerhebung stehen auch keine Gründe entgegen, insbesondere ist die Bundesrepublik Deutschland für die Abgabenerhebung zuständig.
Der Klägerin wurde gemäß Art. 379 Abs. 1 ZK-DVO mit Schreiben des seinerzeitigen Hauptzollamtes Hamburg-... vom 8.10.1999 die Frist des Art. 379 Abs. 2 ZK-DVO a.F. gesetzt.
Die Bundesrepublik Deutschland ist auch befugt, die Abgaben zu erheben. Art. 378 Abs. 1 ZK-DVO bestimmt, dass die Zuwiderhandlung als in dem Mitgliedstaat begangen gilt, zu dem die Abgangsstelle gehört, wenn die Ware nicht der Bestimmungsstelle gestellt worden ist und der Ort der Zuwiderhandlung nicht ermittelt werden kann, es sei denn, die Ordnungsgemäßheit des Verfahrens oder der Ort, an dem die Zuwiderhandlung tatsächlich begangen worden ist, wird den Zollbehörden innerhalb der Frist des Art. 379 Abs. 2 nachgewiesen.
Dabei zeigt das Nebeneinander von Zuwiderhandlung und Nichtgestellung, dass der Ort, an dem hätte gestellt werden müssen, nur dann zuständigkeitsbegründend ist, wenn nicht bereits zeitlich vorgelagert eine Zuwiderhandlung, das heißt eine Handlung, die die Entziehung der Ware aus der zollamtlichen Überwachung zur Folge hatte, stattgefunden hat. Dass die unterlassene Gestellung grundsätzlich eine Entziehungshandlung darstellt, schließt nicht aus, dass die Ware im konkreten Fall bereits zu einem früheren Zeitpunkt und an einem vom Sitz der Bestimmungszollstelle verschiedenen Orten entzogen worden ist.
Der Senat versteht Art. 378 Abs. 1 ZK-DVO weiter dahin, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der Zuständigkeit das Ende der gesetzten Dreimonatsfrist ist. Gelingt innerhalb dieser Frist der Nachweis, dass das Verfahren ordnungsgemäß war oder dass die Zuwiderhandlung an einem bestimmten Ort erfolgt ist, werden Abgaben entweder nicht erhoben, oder der Mitgliedstaat, in dem die Zuwiderhandlung erfolgt ist, ist für die Abgabenerhebung zuständig. Gelingt ein derartiger Nachweis innerhalb der gesetzten Frist nicht, greift die Auffangvorschrift, wonach die Zuständigkeit des Mitgliedstaates begründet wird, zu dem die Abgangsstelle gehört. Werden nach Ablauf der Frist Umstände bekannt, die dafür sprechen, dass die Zuwiderhandlung in einem anderen Mitgliedstaat als dem Abgangsmitgliedsstaat begangen wurde, ändert dies die einmal begründete Zuständigkeit nicht. Für dieses Verständnis spricht der Wortlaut des Art. 378 Abs. 1 ZK-DVO, wonach bei - zunächst bestehender - Unklarheit über den Ort der Zuwiderhandlung der Abgangsmitgliedstaat zuständig ist, es sei denn, der Ort der Zuwiderhandlung wird den Zollbehörden innerhalb der Frist nach Art. 379 Abs. 2 - also innerhalb von drei Monaten - nachgewiesen. Danach können nur Nachweise zuständigkeitsbegründende Wirkung haben, die innerhalb der Frist vorgelegt werden. Käme es für die Frage der Zuständigkeit auf den Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts an, mit dem die Abgaben erhoben werden, bedürfe es des Hinweises auf die Frist in Art. 378 Abs. 1 ZK-DVO nicht. Dass ein erst nach Ablauf der in Abs. 1 genannten Frist bekannt gewordener Ort der Zuwiderhandlung die gegebene Zuständigkeit nicht mehr verändern kann, erhellt sich zudem aus der weiteren Regelung des Art. 378 Abs. 3 ZK-DVO. Hiernach erhebt bei nachträglicher Ermittlung des Ortes der Zuwiderhandlung innerhalb von drei Jahren der betreffende Mitgliedstaat die Abgaben ohne Rücksicht darauf, dass bereits ein anderer Mitgliedstaat Abgaben erhoben hat. Die ursprünglich erhobenen Zölle und anderen Abgaben werden in diesem Fall lediglich erstattet, die zugrunde liegenden Bescheide jedoch nicht rechtswidrig. Hieraus ergibt sich, dass eine örtliche Unzuständigkeit, die sich erst nach Ablauf der dreimonatigen Frist des § 379 Abs. 2 ZK-DVO herausstellt, nicht zur Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Bescheide führt (vgl. auch BFH, Urteil vom 6.12.2005, VII R 31/04). Die Bestimmung des Ortes der Zuwiderhandlung ist dabei eine Tatfrage, bei deren Beantwortung alle Beweismittel zulässig sind (BFH, Beschluss vom 5.6.2002, VII B 181/01).
Innerhalb der gesetzten Dreimonatsfrist hat die Klägerin lediglich den mit einem spanischen Stempelaufdruck versehenen Abschnitt des Versandscheins T 1 sowie die TC 11 Eingangsbestätigung übersandt. Diesen Unterlagen kann der Nachweis, dass der Ort der Zuwiderhandlung außerhalb der Bundesrepublik Deutschland als dem Abgangsmitgliedstaat liegt, nicht entnommen werden. Der Stempelaufdruck ist zwar in spanischer Sprache gehalten und enthält die Ortsangabe Valencia, er lässt die ausstellende Behörde jedoch nicht erkennen, so dass schon der amtliche Charakter zweifelhaft erscheint. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Papiere in Spanien von einem Beamten der Guardia Civil abgestempelt worden sind, ist damit noch nicht nachgewiesen, dass die nämliche Ware auch tatsächlich unverändert nach Spanien gelangt ist. Die Bestätigung durch den Stempelaufdruck besagt nichts über eine Gestellung, eine Überprüfung des Zollverschlusses oder eine sonstige Inaugenscheinnahme der Ware durch den Beamten. Möglich ist daher auch, dass zwar die Papiere nach Spanien gelangt sind, dass die Ware selbst jedoch bereits zu einem früheren Zeitpunkt noch in der Bundesrepublik Deutschland oder in einem Transitland der zollamtlichen Überwachung entzogen worden ist, da der Ort der Zuwiderhandlung - also der Entziehungshandlung - nicht mit dem Ort, an dem die Gestellung unterblieben ist, identisch sein muss. Konnte aber innerhalb der Dreimonatsfrist der Ort der Zuwiderhandlung nicht nachgewiesen werden, ist die Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland als Abgangsmitgliedsstaat begründet worden.
Daran ändert nichts, dass die Klägerin nach Ablauf der Dreimonatsfrist einen internationalen Frachtbrief vorgelegt hatte, ausweislich dessen die Ware nach Spanien zum Liegeplatz des Schiffes in Valencia transportiert worden ist und in dessen Feld 24 der Master des Schiffes bestätigt hat, die Ware am 28.7.1998 empfangen zu haben. Entsprechende Bestätigungen hat er auf den jeweiligen Lieferzetteln abgegeben, die inhaltlich mit den Lieferscheinen übereinstimmen, die der Versandanmeldung anlagen. Insofern wird man zwar lebensnah davon ausgehen können, dass eine Entziehungshandlung erst durch das Nichtgestellen in Spanien stattgefunden hat, diese nach Fristablauf gewonnenen Erkenntnisse begründen jedoch keinen Wechsel der bereits begründeten örtlichen Zuständigkeit für die Abgabenerhebung.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.