08.01.2010
Finanzgericht Berlin: Urteil vom 14.11.2000 – 7 K 7512/97
Eine im Auftrag des Jugendamtes tätige sog. Einzelfallhelferin ist unternehmerisch tätig. Sie erzielt umsatzsteuerbare und umsatzsteuerpflichtige Umsätze.
Tatbestand
Die Klägerin erzielte im Streitjahr Einnahmen aus einer Tätigkeit als so genannte Einzelfallhelferin (und in geringem Umfang auch als so genannte Familienhelferin). Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin insoweit als selbständige Unternehmerin handelte und gegebenenfalls ob ihre Umsätze steuerbefreit sind.
Die Klägerin absolvierte zunächst eine Ausbildung als Lehrerin und bildete sich dann psychotherapeutisch und sozialpädagogisch zur Einzelfall-/Familienhelferin fort. Diese Tätigkeit übt sie seit 1987 aus.
Im Streitjahr betreute die Klägerin neun minderjährige Kinder aus acht Familien. Diese Kinder waren durch gesteigerte Aggressivität in Form von Selbst- und Fremdverletzung, Kontakt-, Lern- und Leistungsschwierigkeiten aufgefallen. Der Betreuungsumfang betrug in der Regel 12 bis 14 Stunden pro Woche und erstreckte sich über mehrere Monate, zum Teil auch über ein Jahr oder mehr. Wegen der Einzelheiten nimmt das Gericht auf die Aufstellungen der Klägerin Bezug (Bl. 11 ff. StrA).
Vor Aufnahme ihrer Tätigkeit hatte die Klägerin sich bei verschiedenen Bezirksämtern für die Tätigkeit als Einzelfallhelferin beworben und dort entsprechende Unterlagen vorgelegt. Zur Tätigkeit der Klägerin kommt es, wenn die Sozialarbeiter des Jugendamtes den Einsatz eines Einzelfall- oder Familienhelfers für erforderlich halten. Die Notwendigkeit dieser Maßnahme wird dann in einen so genannten Hilfeplan aufgenommen, und den betroffenen Familien wird nahe gelegt, einen Antrag auf Familien- oder Einzelfallhilfe zu stellen. Dabei werden die Klägerin oder andere Helfer den betroffenen Familien vom Jugendamt benannt. Zu einem schriftlichen Vertrag mit der Klägerin kommt es dann auch in der Folge nicht. Vielmehr erteilten die betroffenen Bezirksämter so genannte Kostenübernahmescheine, wonach das jeweilige Bezirksamt Kosten für eine sozialpädagogische Einzelfallhilfe von in der Regel 27,70 DM je Zeitstunde übernimmt. Solche Scheine sind für das Streitjahr betreffend die Tätigkeit der Klägerin von den Bezirksämtern ... und ... ausgestellt worden (Bl. 94 ff. StrA). Die Klägerin wird jeweils namentlich erwähnt, in den Kostenübernahmescheinen des ... mit dem Vermerk „Mit der Durchführung dieser Maßnahme wurde von Ihnen beauftragt ...”. Ferner wird ausgeführt, dass mit der Klägerin direkt abgerechnet werde. Dementsprechend zahlen die Bezirksämter die in den Kostenübernahmescheinen ausgewiesenen Vergütungen unmittelbar an die Klägerin, darüber hinaus auch Urlaubsgeld und Zuschüsse zu den Sozialversicherungsbeiträgen. Rechtsgrundlage der Kostenübernahmen sind §§ 39, 40 Bundessozialhilfegesetz - BSGH - oder § 27 Kinder- und Jugendhilfegesetz - KJHG - (nunmehr Sozialgesetzbuch VIII).
Während des Betreuungszeitraumes erstattet die Klägerin dem zuständigen Jugendamt regelmäßig Berichte über die Entwicklung ihrer Klienten. Ferner nimmt sie an Supervisionen teil, die von den jeweiligen Bezirksämtern angeboten werden und für die die Klägerin ebenfalls Vergütungen erhält.
Weil die Klägerin zunächst keine Umsatzsteuererklärung 1991 abgab, schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen und erließ am 21. November 1994 einen Umsatzsteuerbescheid 1991, mit dem er die Umsatzsteuer auf 1.200,00 DM festsetzte. Dagegen richtete sich die Klägerin am 21. Dezember 1994 mit ihrem Einspruch. Während des Einspruchsverfahrens reichte sie ihre Umsatzsteuererklärung 1991 ein, wonach ihre Umsätze 0,00 DM betrugen. Aufgrund einer ebenfalls eingereichten Einnahme-Überschuss-Rechnung sind die Einnahmen im Streitjahr zwischen den Beteiligten unstreitig.
Nach entsprechendem Hinweis setzte der Beklagte - ausgehend von Umsätzen in Höhe von 48.974,00 DM und Vorsteuer in Höhe von 1.172,00 DM - mit Einspruchsentscheidung vom 17. November 1997 die Umsatzsteuer auf 4.964,00 DM herauf und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Er vertrat die Auffassung, die Klägerin sei als selbständige Unternehmerin umsatzsteuerpflichtig und könne sich auf keine Steuerbefreiung berufen.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 17. Dezember 1997 erhobenen Klage, zu deren Begründung sie ausführt, sie sei nicht Unternehmerin im Sinne des § 2 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz - UStG -, jedenfalls könne sie sich auf die Steuerbefreiungen des § 4 Nr. 14 und Nr. 25 UStG berufen.
Sie sei unselbständig tätig, da sie so in die Organisation des jeweiligen Bezirksamtes eingegliedert sei, dass sie den Weisungen der Bezirksamtsbediensteten zu folgen verpflichtet sei. Denn vertragliche Beziehungen bestünden nicht zwischen den Eltern ihrer Klienten und ihr, sondern zwischen den Bezirksämtern und ihr. Abweichendes ergebe sich auch nicht aus den Kostenübernahmescheinen, da sie ausschließlich auf Initiative des jeweiligen Bezirksamtes tätig werde. Dementsprechend seien auch von der Zivilgerichtsbarkeit Dienstverhältnisse zwischen dem Land Berlin und anderen Einzelfallhelfern angenommen worden. Aus diesen Dienstvertragsverhältnissen erfolge das Weisungsrecht der Bezirksämter. Das jeweilige Bezirksamt bediene sich ihrer, um seiner Sachleistungspflicht gegenüber den hilfebedürftigen Familien zu genügen. Aus ihrer Weisungsunterworfenheit folge auch ihre Verpflichtung an Supervisionen teilzunehmen. Auch die Art und Weise der Vergütung spreche gegen eine selbständige Tätigkeit, da die Vergütungssätze von den Bezirksämtern vorgegeben gewesen seien. Aufgrund der langen Zuwendungszeiträume und der stetigen Zuweisungen habe die Klägerin jedoch ein sicheres und festes Gehalt erzielt. Auch die Gewährung von Urlaubsgeld und von Zuschüssen zur Sozialversicherung unterstreiche den unselbständigen Charakter ihrer Tätigkeit. Da auch die Höhe der Vergütungen auf genormten Bedingungen, letztlich der allgemeinen Anweisung für Honorare im Geschäftsbereich Familien, Jugend und Sport - HonA - Dienstblatt Berlin IV 1979, 87 mit späteren Änderungen beruht habe, habe sie letztlich kein Unternehmerrisiko tragen müssen.
Auch die Unternehmerinitiative sei bei ihr sehr schwach ausgeprägt gewesen. Sie habe sich nur jeweils einmal bei den beauftragenden Bezirksämtern beworben und fortan stetig Zuweisungen erhalten. Im Hinblick auf ihre finanziellen Verhältnisse sei die Möglichkeit, Zuweisungen abzulehnen, nur theoretischer Natur gewesen. Letztlich habe sie auch nur einen Auftraggeber gehabt, nämlich das Land Berlin, das Rechtsträger der Bezirksämter sei.
Jedenfalls sei ihre Tätigkeit nach § 4 Nr. 14 und Nr. 25 UStG von der Umsatzsteuer befreit.
Denn sie erbringe psychotherapeutische Leistungen, die ähnliche Leistungen im Sinne des § 4 Nr. 14 UStG darstellten. Denn ihre Tätigkeit habe der Überwindung von Entwicklungsschwierigkeiten und Verhaltensproblemen der Betreuten und zur Wiederherstellung ihrer emotionalen und sozialen Fähigkeiten gedient. Ihre Tätigkeit sei daher der Tätigkeit eines Psychotherapeuten vergleichbar, der unstreitig eine ähnliche Tätigkeit im Sinne des § 4 Nr. 14 UStG ausübe. Im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - sei es unschädlich, dass für die Ausbildung zur Einzelfallhelferin keine gesetzliche Berufsordnung bestehe.
Durch die fortlaufende Betrauung mit Aufgaben der Jugendhilfe sei sie i. S. des § 4 Nr. 25 UStG als Einrichtung der Jugendhilfe staatlich anerkannt worden.
Die Klägerin beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid 1991 vom 21. November 1994 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. November 1997 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, die Klägerin sei selbständig tätig, da sie ein Unternehmerrisiko eingehe und Unternehmerinitiative entfalte. Das Unternehmerrisiko komme darin zum Ausdruck, dass sie kein festes Grundgehalt beziehe. Sie trage das finanzielle Risiko für den Fall, dass Aufträge für sie ausblieben. Sie könne auch Unternehmerinitiative entfalten, da es ihr überlassen sei, ob sie Aufträge annehme oder nicht. Die von der Klägerin angeführte Weisungsgebundenheit führe zu keinem abweichenden Ergebnis, da sich dies nur auf den einzelnen Auftrag beziehe. Ferner sei die Klägerin nicht gehindert gewesen, sich bei verschiedenen Bezirksämtern um Aufträge zu bemühen. Ferner sei die Klägerin hinsichtlich Ort und Zeit sowie Art und Weise ihrer Tätigkeit frei gewesen. Die Klägerin könne sich auch nicht auf eine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG berufen, da die Klägerin keine heilberufliche Tätigkeit ausübe. Im Übrigen mangele es auch an einer Finanzierung der von der Klägerin erbrachten Leistungen durch die Sozialversicherungsträger. Allein deren Entlastung sei Normzweck des § 4 Nr. 14 UStG.
Dem Gericht hat ein Band der vom Beklagten für die Klägerin unter der Steuernummer ... geführten Steuerakten vorgelegen, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens Bezug genommen wird.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Die Klägerin war im Streitjahr Unternehmerin i. S. des § 2 Abs. 1 UStG und erzielte steuerbare und steuerpflichtige Umsätze i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG.
Die Klägerin ist selbständig im Sinne des § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 UStG tätig. Danach wird eine berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, soweit natürliche Personen einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind. Es besteht Einigkeit darüber, dass abweichend vom Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG eine wertende Gesamtbetrachtung des Rechtsverhältnisse zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger vorzunehmen ist, in deren Rahmen die Weisungsgebundenheit nur eines von verschiedenen entscheidungsrelevanten Merkmalen ist. Denn die Weisungsunterworfenheit ist auch Bestandteil so genannter freier Dienstverhältnisse (Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil vom 14. Oktober 1976 V R 137/73, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFHE - 120, 301, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1977, 50). Entscheidend ist vielmehr ein Kriterienkatalog wie ihn die Rechtsprechung im Laufe der Jahrzehnte entwikkelt hat (vgl. z. B. BFH, Urteil vom 30. Mai 1996 V R 2/95, BFHE 180, 213, BStBl II 1996, 493; Birkenfeld in Umsatzsteuerhandbuch, § 32 Rz. 35.1). Dabei sind von besonderem Gewicht das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Unternehmerrisikos oder einer Unternehmerinitiative (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt BFH, Urteil vom 2. Dezember 1998 X R 83/96, BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534). Beide Elemente sind im Streitfall zu bejahen.
Der Klägerin ist einzuräumen, dass sie nicht zu den Eltern der von ihr betreuten Kinder sondern zum Land Berlin, vertreten durch die beteiligten Bezirksämter (im Streitjahr: ... und ...) in Vertragsverhältnissen stand. Zwar spricht der Wortlaut der Kostenübernahmescheine für Vertragsverhältnisse zu den Eltern. Jedoch sind gemäß § 11 Satz 2 Sozialgesetzbuch I - SGB I - persönliche und erzieherische Hilfen in Form der Dienstleistung und nicht der Geldleistung zu erbringen. Ferner bestimmt das Bezirksamt die Höhe des der Klägerin zustehenden Honorars. Das Bezirksamt initiiert auch die Beauftragung, es gibt jedenfalls eine Auswahl von ihm akzeptierter Einzelfallhelfer vor. Demgegenüber ist zweitrangig, dass die betroffenen Eltern auch einen gewissen Einfluss auf die Auswahl des Einzelfallhelfers haben dürfte, weil nur so ein erfolgreicher Einsatz sichergestellt ist. Auch die Kostenübernahmescheine sind zweitrangig da es sich dabei nur um unmittelbare Äußerungen des Bezirksamtes gegenüber der Familie, nicht jedoch gegenüber der Klägerin handelt. Wie sich aus den von der Klägerin angeführten Urteilen ergibt, entspricht dies auch der Tendenz in der Zivilgerichtsbarkeit.
Aber auch davon ausgehend verbleibt der Klägerin ein Unternehmerrisiko, da sie nur nach Maßgabe der jeweiligen Zuweisungen von den Bezirksämtern bezahlt wird. Dass diese nicht unerheblich schwanken können, ergibt sich aus der von der Klägerin im Klageverfahren eingereichten Übersicht (Bl. 11 f. StrA) die ausweist, dass im Jahre 1992 wesentlich weniger Zuweisungen vorgenommen wurden, ebenso im Jahre 1994. Die Klägerin trug auch das Risiko des Verdienstausfalls bei Krankheit. Überdies hat die Klägerin ihre Tätigkeit in diesem Sektor erst 1987 aufgenommen, so dass von einer Verstetigung wie im Fall des BFH in BFHE 120, 301, BStBl II 1977, 50 noch keine Rede sein kann.
Es kann dahingestellt bleiben, ob das Rechtsverhältnis der Klägerin zum Land Berlin als Arbeitsverhältnis zu betrachten war, das ihr ein weitgehend gesichertes Einkommen garantierte (in diesem Sinne Bundesarbeitsgericht - BAG -, Urteil vom 6. Mai 1998 5 AZR 347/97 Betriebs-Berater - BB - 1998, 1849). Denn die Klägerin hat bis zum heutigen Tage keinen dahingehenden Rechtstitel gegen das Land Berlin erzielt. Sie hätte sich einen solchen Rechtstitel mit Sicherheit auch erst vor Gericht erstreiten müssen, da die Bezirksämter jegliche Rechtsbeziehungen zwischen ihnen und den Einzelfallhelfern bestreiten. Der Ausgang eines solchen Gerichtsverfahrens wäre wegen der fehlenden schriftlichen Fixierung der Rechtsbeziehung mit einem nicht unerheblichen Prozessrisiko belastet gewesen. Daher würde sich auch dann keine nennenswerte Minderung des Unternehmerrisikos der Klägerin ergeben, wenn das Gericht zu dem Ergebnis käme, dass nach den Maßstäben des Arbeitsrechts ein Arbeitsverhältnis vorlag.
Die Klägerin hat auch Unternehmerinitiative entwickelt. Ihr ist zwar einzuräumen, dass die Möglichkeit Aufträge abzulehnen wohl eher theoretischer Natur war, da sie dann Gefahr lief, künftig übergangen zu werden (vgl. auch BFH in BFHE 120, 301, BStBl II 1977, 50). Andererseits hat sie Unternehmerinitiative in der Weise gezeigt, dass sie sich bei verschiedenen Bezirksämtern um Aufträge bemüht hat, wie die von ihr vorgelegte Tätigkeitsübersicht zeigt. Dass es sich dabei um Behörden desselben Rechtsträgers handelte, ist unbeachtlich (vgl. auch BFH in BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534, der die Unternehmerinitiative sogar bei einem für einen einzigen Auftraggeber tätigen so genannten Rundfunkermittler bejaht; ebenso BFH, Urteile vom 22. Januar 1988 III R 43-44/85, BFHE 152, 345, BStBl II 1988, 497 und vom 12. Oktober 1989 IV R 118-119/87, BFHE 158, 413, BStBl II 1990, 64 zu selbständigen Bauleitern, die ausschließlich für eine Baufirma tätig sind).
Jedenfalls fehlt es auch an einer arbeitnehmertypischen Eingliederung in die Organisation der Bezirksämter. Die Klägerin war von Jahr zu Jahr für verschiedene Bezirksämter tätig, die für die infrage stehenden Aufgaben eigenständig die Personalhoheit ausüben (1990: vor allem ...; 1991 (Streitjahr): ... und ...; 1992: vor allem ..., aber auch BA ... und BA ...; 1994: BA ...). Die Klägerin war in Ort und Durchführung der Arbeit weitestgehend frei, sie hatte keine feste Arbeitszeit, sie verfügte nicht einmal über einen Arbeitsplatz in den Räumen der Bezirksämter. Darin unterscheidet sich der Streitfall von dem, der dem BFH in BFHE 120, 301, BStBl II 1977, 50 zur Entscheidung vorlag. Demgegenüber ist von untergeordneter Bedeutung, dass die Klägerin bei ihrer Tätigkeit die Vorgaben des KHJG und etwaige Ausführungsvorschriften beachten sowie mit den Bezirksamtsmitarbeitern kooperieren musste. Eine derartige Weisungsunterworfenheit ist auch Bestandteil so genannter freier Dienstverhältnisse (BFH in BFHE 120, 301, BStBl II 1977, 50). Auch die Verpflichtung, an von den Bezirksämtern angebotenen Supervisionen teilzunehmen, spricht nach Auffassung des Gerichts nicht gegen eine selbständige Tätigkeit, da es sich dabei um eine Art Qualitätsmanagement handelt, wie es heute vielfach von Unternehmen für ihre „Zulieferer” durchgeführt wird, um einheitliche Standards zu erreichen.
Einzuräumen ist, dass der Anspruch auf Urlaubsgeld und Zuschüsse zur Sozialversicherung für eine abhängige Beschäftigung sprechen, jedoch hält das Gericht diese Gesichtspunkte mit dem BFH (in BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534) für weniger bedeutend. Gleiches gilt für den Umstand, dass die Klägerin keine nennenswerten Arbeitsmittel benötigt, keine Mitarbeiter beschäftigt, ihre Tätigkeit nicht delegieren kann und auch nur einen genormten Honoraranspruch hat. Diese Umstände sind für eine Vielzahl freier Berufe charakteristisch, sie unterliegen vielfachgesetzlichen Honorarordnungen.
Die Tätigkeit der Klägerin ist nicht steuerbefreit.
Es handelt sich nicht um eine „ähnliche heilberufliche Tätigkeit” im Sinne des § 4 Nr. 14 UStG bzw. um eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin im Sinne des Art. 13 Teil A Abs. 1, Buchstabe c der 6. Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG - 6. RLEWG. - Auch unter dem Gesichtspunkt der richtlinien- und verfassungskonformen Auslegung (zur letzteren vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 29. Oktober 1999 2 BvR 1264/90 Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts - BVerfGE - 101, 132, BStBl II 2000, 155; vom 10. November 1999 2 BvR 2861/93 BVerfGE 101, 151, BStBl II 2000, 160 und 2 BvR 1820/92 Zeitschrift für Umsatzsteuer und Verkehrsteuerrecht - UVR - 2000, 13) handelt es sich nicht um eine heilberufliche Tätigkeit.
Nach der überkommenen ständigen Rechtsprechung des BFH setzte eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG voraus, dass der zu beurteilende Beruf mit allen seinen Merkmalen dem typischen Bild des Katalogberufs vergleichbar war. Es genügte zur Anerkennung der Berufsähnlichkeit nicht, dass die Tätigkeiten vergleichbar waren, etwa durch das sie charakterisierende Merkmal der Behandlung und Linderung von Leiden. Denn zum maßgeblichen Berufsbild gehörte nach der Rechtsprechung des BFH nicht nur die jeweils ausgeübte Tätigkeit als solche; das Berufsbild wurde durch sämtliche Berufsmerkmale geprägt. Zu diesen Berufsmerkmalen gehörten neben der Ausbildung auch die Bedingungen, an die das Gesetz die Ausübung des zu vergleichenden Berufs knüpfte. Hierzu zählte bei Heilberufen unter anderem, dass deren Ausübung einer Erlaubnis bedurfte und der Überwachung durch die Gesundheitsämter unterlag (vgl. zum Beispiel BFH, Urteile vom 21. Juni 1990 V R 97/84, BFHE 161, 196, BStBl II 1990, 804; vom 29. Januar 1998 V R 3/96 BFHE 185, 287, BStBl II 1998, 453). Diese Rechtsprechung ist teilweise durch die neuere Rechtsprechung des BVerfG überholt, wonach ein Anknüpfen an das Bestehen berufsrechtlicher Regelungen gegen das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG -) verstößt (BVerfG, Beschlüsse in BVerfGE 101, 132, BStBl II 2000, 155; in UVR 2000, 13). Aber auch danach reicht es für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG nicht aus, dass die berufliche Tätigkeit lediglich der Behandlung und Linderung von Leiden dient. Denn als weitere Voraussetzung kommt es nunmehr darauf an, dass die betreffende Tätigkeit ihrer Art nach von den Sozialversicherungsträgern finanziert wird (BVerfG, a. a. O.; BFH, Urteil vom 13. April 2000 V R 78/99 BFHE 191, 441, Deutsches Steuerrecht - DStR - 2000, 1598). Daran fehlt es im Streitfall, da die Tätigkeiten der Klägerin nicht von den Sozialversicherungen sondern von den allgemeinen öffentlichen Haushalten (Mittel der Sozialhilfe und Jugendhilfe) finanziert werden. Eine weitergehende Auslegung ist nicht geboten, da es auch der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften - EuGH - entspricht, Steuerbefreiungen nach Art. 13 6. RLEWG, auch die Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe c 6. RLEWG eng auszulegen (EuGH, Urteil vom 14. September 2000 C 394/98UR 2000, 432; BFH in BFHE 191, 441, DStR 3000, 1598).
Im Übrigen hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt, dass ihre Tätigkeit auch die Hilfe bei praktischen Alltagserledigungen umfasst. Sie hat selbst in den zu den Akten gereichten Aufstellungen (Bl. 11 f. StrA) ihre Tätigkeit als sozialpädagogisch bezeichnet. Auch die Kostenübernahmen der Bezirksämter weisen sozialpädagogische Einzelfallhilfe aus. Ferner ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin von ihrer Ausbildung her Heilberufen vergleichbar wäre, da sie keine Ausbildung als Diplompsychologin oder Ärztin, sondern als Lehrerin absolviert hatte, zu der lediglich eine Weiterbildung als Einzelfallhelferin hinzugetreten ist, die auch nicht ausschließlich medizinische oder psychotherapeutische Aspekte umfasste. Für eine Anwendung des § 4 Nr. 25 UStG ist kein Raum, weil die Klägerin keine staatlich anerkannte Einrichtung der Jugendpflege ist. Auch über eine richtlinienkonforme Auslegung des Artikels 13, Teil A Abs. 1 Buchstaben g und h 6. RLEWG ergibt sich für die Klägerin kein günstigeres Ergebnis, weil auch diese Vorschriften die staatliche Anerkennung voraussetzen. Dies erfordert mehr als die bloße Beschäftigung durch staatliche Stellen (vgl. BFH, Beschluss vom 12. April 2000 V B 10/00 UR 2000, 468 zu § 4 Nr. 20 Buchstabe a UStG und Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe n 6. RLEWG).
Die vorstehenden Ausführungen gelten in gleicher Weise, soweit die Klägerin als Familienhelferin tätig war.
Die Revision war nicht zuzulassen. Die dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung. Dazu reicht es nicht aus, dass der Streitfall für eine Reihe von Parallelfällen von Bedeutung sein dürfte, weil die zugrunde liegenden rechtlichen Fragen höchstrichterlich geklärt sind. Das Gericht verweist insoweit auf die vorstehend zitierte Rechtsprechung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Das Gericht hat den Streitwert ausgehend von den Sachanträgen der Beteiligten bestimmt (§ 13, 25 Gerichtskostengesetz - GKG -).