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  • 08.01.2010

    Hessisches Finanzgericht: Gerichtsbescheid vom 16.06.2005 – 4 K 2206/04

    Werden bei Liquidation eines Unternehmens Abschlagszahlungen auf den Liquidationserlös im Veranlagungszeitraum 2001 ausgeschüttet, kann eine zu gewährende Körperschaftssteuerminderung bereits in diesem Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen sein.


    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten darüber, ob eine im Dezember 2001 erfolgte Abschlagszahlung auf den Liquidationserlös zu einer Körperschaftsteuerminderung führt.

    Die Klägerin war im Bereich der Nachrichtenvermittlung tätig und stellte durch Gesellschafterbeschluss vom 10.12.1996 ihr operatives Geschäft zum 30.06.1997 ein. Auf einer Gesellschafterversammlung vom 26.06.1997, bei der nach den Angaben in dem Anhang zur Liquidationszwischenbilanz zum 31.12.2001 87,6 v.H. des Stammkapitals vertreten waren, wurde die Auflösung der Klägerin zum 01.01.1998 beschlossen. Die Eintragung der Auflösung und der Bestellung des Liquidators X, im Handelsregister erfolgte am 09.02.1998.

    Im Dezember 2001 schüttete die Klägerin an die Gesellschafter Liquidationsraten in Höhe von 16.500.000,-- DM mit dem Hinweis aus, dass die Gesellschaft erst nach Befriedigung sämtlicher Gläubiger vollständig aufgelöst werden könne. In ihrer Liquidationszwischenbilanz auf den 31.12.2001 (erstellt auf der Grundlage der nichtveröffentlichten Liquidationseröffnungsbilanz zum 01.01.1998 und den Liquidationszwischenbilanzen zum 31.12.1998, 31.12.1999 und 31.12.2000, mit Bestätigungsvermerk vom 10.05.2002) berücksichtigte sie sowohl die Auszahlung dieser Liquidationsraten im Dezember 2001 als auch eine ihrer Meinung nach durch die Ausschüttung verursachte Minderung der Körperschaftsteuer in Höhe von 2.750.000,-- DM.

    Die auf der Grundlage dieser Liquidationszwischenbilanz erstellte Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2001 ging am 30.08.2002 unter Beifügung eines Begleitschreibens vom 29.08.2002 bei dem Beklagten (dem Finanzamt) ein. In diesem Begleitschreiben weisen die Bevollmächtigten der Klägerin darauf hin, dass sich aus der beigefügten Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2001 ein Erstattungsanspruch in Höhe von 1.465.476,55 EUR hinsichtlich der Körperschaftsteuer und in Höhe von 7.309,94 EUR hinsichtlich des Solidaritätszuschlags ergebe.

    Das Finanzamt berücksichtigte die begehrte Körperschaftsteuerminderung in seinem Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2001und in seinem Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes neuer Fassung (Artikel 3 des Gesetzes vom 23.10.2000, Bundesgesetzblatt I 2000 S. 1433 und die nachfolgenden Änderungen - KStG -) zum 31.12.2001 vom 25.08.2003 jedoch nicht. Zur Begründung führte es aus, eine Minderung der Körperschaftsteuer gemäß § 40 Abs. 4 KStG i.V.m. § 37 Abs. 2 KStG komme im Veranlagungszeitraum nicht in Betracht, weil nach § 37 Abs. 1 KStG (auf den in § 40 Abs. 4 Satz 1 und § 37 Abs. 2 KStG Bezug genommen werde) das Körperschaftsteuer-Guthaben (erst) zum Schluss des Wirtschaftsjahres ermittelt werde, das dem in § 36 Abs. 1 KStG genannten Wirtschaftsjahr folge. Nach § 36 Abs. 1 KStG seien die Feststellungen nach § 36 Abs. 7 KStG ab dem Schluss des Wirtschaftsjahres vorzunehmen, für den das KStG 1999 letztmals anzuwenden sei. Da nach § 34 Abs. 14 KStG in Liquidationsfällen in dem Veranlagungszeitraum 2001 immer das Halbeinkünfteverfahren anzuwenden sei, sei der Veranlagungszeitraum 2000 somit immer der Veranlagungszeitraum, in dem letztmals das KStG 1999 anzuwenden sei. Die Feststellung nach § 36 Abs. 7 KStG sei gemäß § 36 Abs. 1 KStG mithin zum 31.12.2000 vorzunehmen. Da das Körperschaftsteuerguthaben nach § 37 Abs. 1 KStG erst ab dem Schluss des Wirtschaftsjahres, das dem in § 36 Abs. 1 KStG genannten Wirtschaftsjahr folge, zu ermitteln sei, erfolge die Ermittlung somit erst zum 31.12.2001. Eine Minderung des Körperschaftsteuerguthabens sei nach § 37 Abs. 2 KStG danach erst für die Ausschüttungen/Liquidations-Abschlagszahlungen möglich, die in den folgenden Wirtschaftsjahren mithin nach dem 31.12.2001, vorgenommen würden.

    Den gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2001 und die damit verbundene Festsetzung des Solidaritätszuschlages erhobenen Einspruch wies das Finanzamt durch Einspruchsentscheidung vom 08.06.2004 als unbegründet zurück. Die Begründung entspricht inhaltlich im Wesentlichen den dem Körperschaftsteuerbescheid beigefügten Erläuterungen. Ergänzend weist das Finanzamt darauf hin, dass es keine unbillige Härte darstelle, wenn eine während des Jahres 2001 beendete Liquidation zu einem endgültigen Verlust des Körperschaftsteuerminderungsbetrages führe. Vielmehr handele es sich um eine vom Gesetzgeber in Kauf genommene Begleiterscheinung.

    Zur Begründung ihrer dagegen erhobenen Klage vertritt die Klägerin die Ansicht, die Entscheidungen des Finanzamtes stünden im Widerspruch zu § 40 Abs. 4 Satz 4 KStG, nach der eine Minderung erstmals für den Veranlagungszeitraum 2001 und - nach zwischenzeitlicher Gesetzesänderung - letztmals für den Veranlagungszeitraum 2020 vorzunehmen sei. Wenn die Rechtsauffassung des Finanzamtes zutreffend sei, habe das nicht nur zur Folge, dass keine Körperschaftsteuerminderungen bei Liquidationsabschlagszahlungen im Jahre 2001 eintreten könnten, sondern es hätte nach Ansicht der Klägerin auch keine Körperschaftsteuerminderung vorgenommen werden können, wenn die Liquidation nach dem 31.12.2000 und vor dem 01.01.2002 beendet worden wäre. Die Klägerin habe keine Möglichkeit gehabt, von dem Wahlrecht des § 34 Abs. 14 KStG Gebrauch zu machen (was zu einer Besteuerung nach dem Anrechnungsverfahren geführt hätte), weil der dreijährige Besteuerungszeitraum i.S.d. § 11 KStG zum 31.12.2000 beendet gewesen sei und danach auf jährliche Veranlagungszeiträume hätte übergegangen werden müssen.

    Mit § 40 Abs. 4 Satz 4 KStG habe der Gesetzgeber eine materielle Regelung getroffen, nach der in Liquidationsfällen eine Körperschaftsteuerminderung bereits in 2001 eintreten könne. Bei der ursprünglichen Grundregelung nach § 37 Abs. 2 i.V.m. § 37 Abs. 1 KStG habe der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen, dass keine Körperschaftsteuerminderung eintrete. Sofern der Bilanzgewinn in den folgenden Jahren für eine Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens nicht mehr ausgereicht hätte, habe der Steuerpflichtige in den Folgejahren immer noch die Möglichkeit gehabt, im Wege des Leg-ein-Hol-zurück-Verfahrens das Körperschaftsteuerguthaben zu mobilisieren. Davon könne jedoch bei einer Liquidation nicht ausgegangen werden. Gerade darum habe man durch § 40 Abs. 4 Satz 4 KStG die Möglichkeit schaffen wollen, die Körperschaftsteuer bereits im Jahre 2001, statt wie in den oben genannten Grundfällen im Jahre 2002, zu mindern.

    Die Klägerin verweist zur Begründung ihrer Ansicht auf die Entwicklung während des Gesetzgebungsverfahrens im Zusammenhang mit dem Wechsel vom Anrechnungsverfahrens zum Halbeinkünfteverfahren. Der Gesetzgeber habe durch die ursprüngliche Fassung der Übergangsvorschriften lediglich verhindern wollen, dass eine Körperschaftsteuerminderung auch bei verdeckten Gewinnausschüttungen eintrete. Im Anschluss daran sei jedoch aufgefallen, dass auch für den Fall der Liquidation keine Regelung getroffen sei. Diese Lücke sei durch Aufnahme des § 40 Abs. 4 KStG durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz vom 20.12.2001 (Bundesgesetzblatt I 2001, S. 1790) korrigiert worden. Dabei habe man auf das Jahr 2001 abstellen müssen, weil es sonst mit dem Veranlagungszeitraum 2001 ein Jahr gegeben hätte, bei dem keine Körperschaftsteuerminderung im Liquidationsfall möglich gewesen wäre. Dabei habe der Gesetzgeber aber offenbar übersehen, dass eine Körperschaft ihre Körperschaftsteuerguthaben erst realisieren könne, wenn diese zuvor ermittelt worden seien. Die Ermittlung des Körperschaftsteuerguthabens erfolge nach der Vorschrift des § 37 Abs. 1 KStG erstmals zum 31.12.2001.

    Unter Hinweis auf die Kommentierung bei Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz, Umwandlungssteuergesetz (§ 37 KStG Rz. 27 a, 68. Lieferung 8/2002) vertritt die Klägerin die Ansicht, dass die materielle Vorschrift des § 40 Abs. 4 KStG den Vorrang haben müsse. Im Übrigen stelle der Wegfall des Körperschaftsteuerguthabens nicht nur eine unbillige Härte dar, sondern auch den Verlust von Eigentum in Form des Steuerguthabens des Steuerpflichtigen, das diesem spätestens im Falle der Liquidation zustehe.

    Das Finanzamt hat am 22.10.2004 wegen der Gewährung des Verlustrücktrages aus dem Jahre 2002 einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid erlassen.

    Die Klägerin hat ihre Klage durch Schriftsatz vom 20.05.2005 insoweit zurückgenommen, als sie mit ihrer Klageschrift auch die Änderung der gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG zum 31.12.2001 begehrt hat. Das Gericht hat das diesen Bescheid betreffende Verfahren durch Beschluss vom heutigen Tage abgetrennt und eingestellt.

    Die Klägerin beantragt nunmehr,

    den Bescheid über die Festsetzung der Körperschaftsteuer und des Solidaritätszuschlags für das Jahr 2001 vom 22.10.2004 dahingehend zu ändern, dass für die Abschlagszahlungen auf den Liquidationserlös in Höhe von 16.500.000,-- DM eine Minderung der Körperschaftsteuer in Höhe von 2.750.000,-- DM vorgenommen wird und die Körperschaftsteuer für 2001 mit - 2.622.437,-- DM festzusetzen ist.

    Das Finanzamt beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Das Finanzamt verweist zur Begründung im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung vom 08.06.2004.

    Dem Finanzgericht lagen drei Bände Steuerakten vor.

    Gründe

    1. Die Klage ist begründet.

    Nach § 40 Abs. 4 Satz 1-3 KStG ist im Rahmen der Steuerfestsetzung für den Veranlagungszeitraum 2001 eine Körperschaftsteuerminderung in Höhe von 2.750.000,-- DM zu gewähren. Die in Liquidationsfällen nach § 34 Abs. 14 Satz 1 KStG maßgebliche Vorschrift des § 40 Abs. 4 KStG stellt für die Beantwortung der Frage, für welchen Veranlagungszeitraum in Liquidationsfällen erstmals eine Körperschaftsteuerminderung zu berücksichtigen ist, gegenüber den allgemeinen Regelungen der §§ 37 und 38 KStG die speziellere, diese Regelungen verdrängende, Vorschriften dar.

    a) Für die Klägerin, deren Liquidation zum 01.01.1998 begonnen hat und die bis zum heutigen Tag nicht abgeschlossen ist, ergibt sich die Anwendung der Regelungen des KStG (n.F., d.h. in der Fassung des Artikel 3 des Gesetzes vom 23.10.2000, Bundesgesetzblatt I 2000, S. 1433 und der nachfolgenden Änderungen) aus § 34 Abs. 14 Satz 1 KStG.

    Nach § 34 Abs. 14 sind auf Liquidationen deren Besteuerungszeitraum im Jahr 2001 endet, erstmals das KStG in der Fassung des Artikel 3 des Gesetzes vom 23.10.2000 (Bundesgesetzblatt I 2000 S. 1433) anzuwenden. Bei Liquidationen, die über den 31.12.2001 hinaus fortdauern, endet nach § 34 Abs. 14 KStG der Besteuerungszeitraum nach § 11 KStG auf Antrag der Körperschaftsteuer oder Personenvereinigung, der bis zum 30.06.2002 zu stellen ist, mit Ablauf des 31.12.2000. § 34 Abs. 14 Sätze 3-5 KStG enthält Folgeregelungen für den Fall, dass ein entsprechender Antrag gestellt wird.

    Die Klägerin, deren dreijähriger Regel-Besteuerungszeitraum i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 2 KStG am 31.12.2000 endete, hat keinen Antrag i.S.d. § 34 Abs. 14 Satz 2 KStG gestellt. Damit sind die Regelungen des KStG anwendbar.

    b) Bei der Körperschaftsteuerfestsetzung hinsichtlich des Jahres 2001 ist eine Körperschaftsteuerminderung in Höhe von 2.750.000,-- DM zu berücksichtigen, weil die im Dezember 2001 erfolgte Ausschüttung der Klägerin in Höhe von 16.500.000,-- DM die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 40 Abs. 4 Sätze 1 und 2 KStG erfüllt und sich der Veranlagungszeitraum, in dem die Körperschaftsteuerminderung vorzunehmen ist, ausschließlich nach den Regelungen in § 40 Abs. 4 Sätze 3 und 4 KStG bestimmt. Berechnung und Höhe der Körperschaftsteuerminderung folgen aus § 40 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 37 Abs. 2 KStG.

    Nach § 40 Abs. 4 Satz 1 KStG mindert oder erhöht sich die Körperschaftsteuer im Falle einer Liquidation um den Betrag, der sich nach den §§ 37 und 38 KStG ergeben würde, wenn das verteilte Vermögen als zum Zeitpunkt der Verteilung für eine Ausschüttung verwendet gelten würde. Das gilt nach Satz 2 auch insoweit, als das Vermögen bereits vor Schluss der Liquidation verteilt wird. Die Minderung bzw. Erhöhung der Körperschaftsteuer ist nach Satz 3 für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen in dem die Liquidation bzw. der jeweilige Besteuerungszeitraum endet. Eine Minderung oder Erhöhung ist nach Satz 4 erstmals für den Veranlagungszeitraum 2001 und letztmals für den Veranlagungszeitraum 2020 vorzunehmen.

    Nach § 37 Abs. 1 KStG ist auf den Schluss des Wirtschaftsjahres, das dem in § 36 Abs. 1 KStG genannten Wirtschaftsjahr folgt, ein Körperschaftsteuerguthaben zu ermitteln. Das Körperschaftsteuerguthaben beträgt 1/6 des Endbestandes des mit einer Körperschaftsteuer mit 40 v.H. belasteten Teilbetrags. Nach § 37 Abs. 2 KStG mindert sich das Körperschaftsteuerguthaben vorbehaltlich des - hier nicht einschlägigen - Abs.  2 a dieser Vorschrift um jeweils 1/6 der Gewinnausschüttungen, die in den folgenden Wirtschaftsjahren erfolgen und die auf einen den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruhen. Die Körperschaftsteuer des Veranlagungszeitraums, in dem das Wirtschaftsjahr endet, in dem die Gewinnausschüttung erfolgt, mindert sich bis zum Verbrauch des Körperschaftsteuerguthabens um diesen Betrag, letztmalig in dem Veranlagungszeitraum, in dem das 18. Wirtschaftsjahr endet, das auf das Wirtschaftsjahr folgt, auf dessen Schluss nach Absatz 1 das Körperschaftsteuerguthaben ermittelt wird.

    Im vorliegenden Falle wird durch die Abschlagszahlungen auf den Liquidationserlös das Vermögen der Klägerin im Rahmen einer Liquidation i.S.d. § 11 KStG verteilt, da es sich bei der Klägerin um eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft handelt, die zum 01.01.1998 (durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 26.06.1997) aufgelöst wurde. Die nachfolgende Abwicklung war ausweislich der Liquidationszwischenbilanz zum 31.12.2001 zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen. Der Umstand, dass der dreijährige Besteuerungszeitraum i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 2 KStG bereits am 31.12.2000 abgelaufen war, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn der Ablauf dieses Zeitraums ändert nichts daran, dass die Klägerin sich weiter im Stadium einer Liquidation i.S.d. § 11 KStG befindet. Das Überschreiten des Dreijahreszeitraums eröffnet der Finanzverwaltung lediglich die Möglichkeit, zur Sicherstellung einer zeitnahen Durchsetzung des Steueranspruchs wieder eine jährliche (Zwischen-)Veranlagung durchzuführen - wovon in der Praxis auch regelmäßig Gebrauch gemacht wird (vgl. zum Ganzen Lambrecht in Gosch, Körperschaftsteuergesetz, § 11 KStG Rz. 41f.; Hofmeister in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 11 KStG Rz. 35ff.; Frotscher in Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz, Umwandlungsteuergesetz, § 40 KStG Rz. 20).

    Dass es sich bei den Liquidationsabschlagszahlungen im Dezember 2001 nicht um die endgültige Verteilung des Vermögens der aufgelösten Klägerin handelte, ist unerheblich, da die Rechtsfolgen des § 40 Abs. 4 Satz 1 KStG nach § 40 Abs. 4 Satz 2 KStG auch eintreten, wenn und insoweit das Vermögen der in Liquidation befindlichen Gesellschaft bereits vor Schluss der Liquidation verteilt wird. Maßgeblich ist also der Zeitpunkt, zu dem Vermögen bei der Körperschaft abfließt und an die Gesellschafter ausgekehrt wird.

    Die für den Veranlagungszeitraum 2001 zu berücksichtigende Körperschaftsteuerminderung beträgt gem. § 40 Abs. 4 S. 1 i.V.m. § 37 Abs. 2 Satz 1 und 2 KStG 2.750.000,-- DM (= 1/6 der ausgeschütteten Liquidationsraten in Höhe von 16.500.000,-- DM), denn die Klägerin verfügte ausweislich des Bescheides über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 Abs. 1 KStG 1999 zum 31.12.2000 vom 31.07.2002 im Zeitpunkt der Ausschüttung über ein (für die Auskehrung ausreichendes) verwendbares Eigenkapital in Höhe von 16.598.922,-- DM. Die Regelung hinsichtlich der zu berücksichtigenden Minderung der Körperschaftsteuer in § 37 Abs.  2 Satz 2 KStG (”...mindert sich .... um diesen Betrag”) folgt der Regelung des § 37 Abs. 2 Satz 1 KStG, die für die Ermittlung des Körperschaftsteuerguthabens i.S.d. § 37 Abs. 1 Satz 1 KStG festlegt, dass sich das vorhandene Körperschaftsteuerguthaben jeweils um 1/6 der Gewinnausschüttungen mindert. Dass zu dem 31.12.2000 noch kein Körperschaftsteuerguthaben i.S.d. § 37 Abs, 1 Satz 1 KStG gesondert festgestellt worden ist und nach Auffassung des Finanzamtes aufgrund der in § 37 Abs. 1 Satz 1 KStG enthaltenen Verweisung auf § 36 Abs. 1 KStG nicht gesondert festgestellt werden durfte, hindert die Berücksichtigung einer entsprechenden Körperschaftsteuerminderung für das Jahr 2001 nicht, da § 40 Abs. 4 Satz 4 KStG insoweit eine den allgemeinen Vorschriften vorgehenden speziellere Regelung enthält (vgl. dazu auch die Ausführungen unten zu § 40 Abs. 4 Satz 4 KStG). Das Körperschaftsteuerguthaben ist in entsprechender Anwendung des § 37 Abs. 1 Satz 1 KStG zu ermitteln - ohne dass es einer gesonderten Feststellung in einem förmlichen Bescheide bedarf (vgl. dazu auch den zu § 37 Abs. 3 KStG ergangenen Beschluss des BFH vom 5. April 2005 I B 221/04, veröffentlicht u.a. in Der Betrieb 2005, 1033). Im vorliegenden Fall kann an das Körperschaftsteuerguthaben angeknüpft werden , das sich aufgrund des Bescheides über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen auf den 31.12.2000 nach § 47 Abs. 1 KStG 1999 ergab (ein inhaltlich daran anknüpfender Bescheid über die gesonderten Feststellungen nach § 36 Abs. 7 KStG wurde für die Klägerin am 08.06.2004 erlassen).

    Die Minderung der Körperschaftsteuer erfolgt auf der Grundlage des § 40 Abs. 4 Satz 3 KStG im Veranlagungszeitraum 2001, weil in diesem Zeitraum zwar nicht die Liquidation der Klägerin endete, wohl aber der mit dem Kalenderjahr 2001 identische einjährige Besteuerungszeitraum. Die Klägerin ist entsprechend der Verwaltungspraxis und im Einvernehmen mit dem Finanzamt nach Ablauf des dreijährigen Besteuerungszeitraums zum 31.12.2000 zu dem einjährigen Veranlagungszeitraum zurückgekehrt. In diesem Falle sind Körperschaftsteueränderungen demjenigen Veranlagungszeitraum zuzurechnen, in dem dieser einjährige Zeitraum endet, also dem jeweiligen Kalenderjahr (vgl. Frotscher in Frotscher/Maas a.a.O. § 40 KStG Rz. 20).

    Aus § 40 Abs. 4 Satz 4 KStG folgt, dass eine Minderung der Körperschaftsteuer in Liquidationsfällen bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen des § 40 Abs. 4 Sätze 1-3 KStG abweichend von den allgemeinen Regelungen der §§ 37 Abs. 2 und 36 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 36 Abs. 1 KStG bereits für den Veranlagungszeitraum 2001vorzunehmen ist. Gegenüber diesen allgemeinen Regelungen, die über die Verweisung auf § 36 Abs. 1 KStG zur Folge haben, dass bei Ausschüttungen Körperschaftsteuerminderungen erst nach dem 31.12.2001 berücksichtigt werden können, stellt die ihrem Wortlaut nach eindeutige gesetzliche Regelung des § 40 Abs. 4 Satz 4 KStG die speziellere, die allgemeinen Regelungen verdrängende Vorschrift dar. Dass die allgemeinen Regelungen der §§ 37 und 38 KStG in Liquidationsfällen nur eingeschränkt (für die Berechnung der Höhe der Körperschaftsteuerminderung) Anwendung finden sollten, folgt auch daraus, dass die Verweisung auf diese Normen in § 40 Abs. 4 Satz 1 KStG im Konjunktiv formuliert ist. Durch § 40 Abs. 4 KStG sollte eine eigenständige Regelung hinsichtlich des zeitlichen Rahmens für Körperschaftsteuerminderungen und -erhöhungen bei einer Verteilung von Vermögen in Liquidationsfällen geschaffen werden. Wäre die Ansicht des Finanzamtes zutreffend, so hätte es keiner zusätzliche Regelung darüber bedurft, ab wann in Liquidationsfällen erstmals eine Minderung der Körperschaftsteuer vorzunehmen ist. Der Gesetzgeber hätte es bei der Verweisung auf die §§ 37 und 38 KStG in § 40 Abs. 4 Satz 1 KStG bewenden lassen können.

    Diese Auslegung wird auch durch die Entstehungsgeschichte des erst nachträglich (d.h.nach Einführung des Halbeinkünfteverfahrens durch das Steuersenkungsgesetz 2001 - StSenkG 2001 - v. 23.10.2000, Bundesgesetzblatt -BGBl.- I 2000, 1433) durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrecht (UntStFG v. 20.12.2001, Bundesgesetzblatt I 2001, 3858) eingefügten § 40 Abs. 4 KStG bestätigt (vgl. dazu die mit Schreiben der Klägerin vom 04.05.2005 übersandte S. 64 der Anlage 2 zu dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 09.08.2001 und Dötsch/Pung, Die Auflösung und Abwicklung von Körperschaften: Das Einführungsschreiben des BMF vom 26. 8. 2003, DB 2003. S. 1922ff. m.w.N.). Das den Problemkreis betreffende Einführungsschreiben des BMF (vom 26.08.2003, BStBl I 2003, 434; vgl dazu allgemein Dötsch/Pung a.a.O.) enthält entgegen der Ansicht des Finanzamtes keine unmittelbare Aussage zu der hier entscheidungserheblichen rechtlichen Problematik.

    2. Die Kosten des Verfahrens waren auf der Grundlage des § 135 Abs. 1 FGO dem Finanzamt aufzuerlegen.

    3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10 und § 711 der Zivilprozessordnung.

    4. Die Revision war auf der Grundlage des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

    VorschriftenKStG § 40 Abs. 4, KStG § 34 Abs. 14, KStG § 11 Abs. 1 Satz 2, KStG § 37 Abs. 2