HINWEIS:

Aktuell sind wir wegen einer technischen Störung telefonisch nicht erreichbar.

Bei Fragen zu den IWW-Webinaren schicken Sie uns bitte eine E-Mail an seminare@iww.de.

Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 08.01.2010

    Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 15.11.2001 – 10 K 310/98

    Ein Reiseveranstalter, der sog. High-School- und College-Reisen ins Ausland als Pauschalreisen mit einer Dauer von drei, fünf oder zehn Monaten veranstaltet, kann für die Reiseleistungen die Margenbesteuerung nach § 25 UStG in Anspruch nehmen.


    Im Namen des Volkes

    Urteil

    In dem Finanzrechtsstreit

    wegen Umsatzsteuer 1995, 1996 und 1997

    der 10. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg in der Sitzung vom 15. November 2001 durch

    Vorsitzenden Richter am Finanzgericht …

    Richter am Finanzgericht … und …

    ehrenamtliche Richter … und …

    für Recht erkannt:

    Die Umsatzsteuerbescheide des Beklagten für 1995, 1996 und 1997 (StNr.: 32490/26174) werden abgeändert. Die Umsatzsteuer wird

    für 1995 auf ./. 113.954,40 DM,

    für 1996 auf ./. 291.661,20 DM

    sowie für 1997 auf ./.311.704,98 DM

    festgesetzt.

    Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

    Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung abwenden, wenn er der Klägerin Sicherheit in Höhe der Vollstreckungsforderung leistet, es sei denn, dass die Klägerin ihm vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Streitig ist bei der Umsatzsteuer für 1995 bis 1997, ob die Klägerin, die Sprach- und Studienreisen veranstaltet sowie ein Au-Pair-Programm anbietet, auch für die von ihr im Rahmen ihrer sog. High-School- und College-Programme erbrachten Reiseleistungen die Margenbesteuerung nach § 25 Umsatzsteuergesetz (UStG) in Anspruch nehmen kann und ggf. ob insoweit der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, weil die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 23 UStG auf die Reiseleistungen angewendet werden muss.

    Die Klägerin veranstaltet internationale Sprach- und Studienreisen. Zum einen bietet sie Pauschalreisen an, die die Reiseteilnehmer in touristisch interessante Städte und Ferienregionen führen. Die Reiseteilnehmer können im Zielgebiet einen Erholungs- oder Bildungsurlaub mit dem Besuch von Sprachkursen kombinieren. Dass die Klägerin für diese Reiseleistungen die Margenbesteuerung des § 25 UStG in Anspruch nehmen kann, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Unstreitig ist auch die Vermarktung des Au-Pair-Programms. Dabei tritt die Klägerin nicht als Veranstalterin, sondern als Vermittlerin auf. Sie erbringt – nach § 4 Nr. 5 c UStG steuerfreie – Vermittlungsleistungen im jeweiligen Drittland.

    Die Klägerin ist Mitglied im DFH Deutscher Fachverband High-School e. V. Sie bietet als wesentlichen Zweig ihres Unternehmens High-School-Programme, überdies auch College-Programme an. Mit ihren High-School-Programmen wendet sie sich an Schüler im Alter von 16 bis 17 Jahren, auch von 15 oder 18 Jahren, die i. d. R. ein Gymnasium oder eine Gesamtschule besuchen und die für drei, fünf oder zehn Monate – auch auf Wunsch ihrer Eltern – eine High-School oder eine vergleichbare Schule im Ausland besuchen wollen. Angeboten wird der High-School-Besuch in den USA, in Canada, Neuseeland, Australien, Japan und in verschiedenen Staaten in Europa, außer in England auch in Dänemark, Schweden, Norwegen und Frankreich.

    Da im Vordergrund der Nachfrage der Aufenthalt in anglophonen Ländern und besonders in den USA steht, sei das für einen Aufenthalt in den Vereinigten Staaten konzipierte Angebot ausführlicher und exemplarisch für die anderen Länder dargestellt.

    In den USA besucht der Teilnehmer eine High-School, die den weltweiten Schüleraustausch nicht nur gestattet, sondern auch fördert. Er wird einem Mentor, einem Vertrauenslehrer (Guidance Teacher) zugeteilt, der ihn berät und unterstützt, insbesondere bei der Fächerauswahl und der Zusammenstellung des Stundenplans, zu Beginn auch bei der Einstufung, die nicht der Jahrgangsstufe entsprechen muß, die der Schüler in seiner heimatlichen Schule besucht hat. In Betracht kommen – je nach Bildungsstand – die Stufen 9 (Freshman), 10 (Sophomore), 11 (Junior) oder 12 (Senior). Nach einem erfolgreichen Besuch der Stufe 12 kann der Schüler den High-School-Abschluß (Graduation) erwerben; sonst steht am Ende eines Schuljahres die Prom, die in einem festlichen Rahmen gestaltete Versetzung in die nächst höhere Jahrgangsstufe, die für den Gastschüler aus Deutschland den Abschied von „seiner” High-School bedeutet. Es gilt als selbstverständlich, dass der Gastschüler nach dem Unterricht, entsprechend seinen Fähigkeiten, mit seinen Schulfreunden in der Freizeit, auch an Wochenenden, Sport treibt (z. B. Basketball, Tennis, Baseball usw.), ein Hobby, z. B. Musik, Fotografieren pflegt und abends Theateraufführungen, Konzerte. Spiele und Wettkämpfe der Schulmanschaften und Bälle besucht und sich überhaupt vom Geist der Schule (School Spirit) erfassen läßt. Für die Dauer des Aufenthalts wird die deutsche Schülerin oder der Schüler von einer Gastfamilie aufgenommen, einer Familie, die der High-School nahe steht, häufig, weil ihre Kinder auch die Schule besuchen oder besucht haben und die bereit sind, aus ideellem Interesse einen Gastschüler wie eine eigene Tochter oder einen eigenen Sohn für ein oder zwei Semester oder Trimester (Terms) bei sich aufzunehmen. Die Auswahl geeigneter Gastfamilien erfolgt unter Mithilfe durch eine amerikanische Partnerorganisation, mit der die Klägerin ständig zusammenarbeitet. Ein Beauftragter der Partnerorganisation steht dem Schüler oder der Schülerin auch als Ansprechpartner am Schul- und Wohnort der Gastfamilie für Anregungen, Änderungswünsche, Mängelanzeigen und Beschwerden zur Verfügung. Über die amerikanische Partnerorganisation kann der Schüler mit Austauschschülern aus vielen verschiedenen Ländern auch an einer Rundreise mit Bus oder Flugzeug zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten der USA teilnehmen.

    Der Reisepreis bei einem Zehn-Monats-Aufenthalt (August 1999 bis Juni 2000) beträgt 9.680 DM, bei einem Fünf-Monats-Aufenthalt (August 1999 bis Januar 2000) 8.970 DM.

    Der Pauschalpreis schließt ein

    Flug ab … in die USA und zurück, mit Reiseleiter,

    Anschlussflüge innerhalb Deutschlands,

    Anschlussflüge innerhalb der USA bis zum Zielort und zurück,

    Wohnung und Verpflegung bei der Gastfamilie,

    Unterricht an der High-School,

    Betreuung durch die Partnerorganisation und deren örtliche Mitarbeiter während des Aufenthalts,

    Vorbereitungstreffen,

    Vorbereitungsmaterial,

    Reiserücktrittsversicherung.

    Nicht im Programmpreis enthalten sind

    Taschengeld,

    Kranken-, Haftpflicht- und Unfallversicherung,

    Gebühr für Einreisevisum USA

    Teilnahme an einem Vorbereitungsseminar, wofür 145 DM zu entrichten sind.

    Wer an einem High-School-Aufenthalt teilnehmen möchte, reicht ein Bewerbungsformular mit seiner und der Unterschrift seiner Erziehungsberechtigten, ferner eine Kopie seines letzten Zeugnisses und eine Darstellung seiner Person, seiner schulischen und außerschulischen Interessengebiete sowie seiner Bewerbungsgründe nebst einer Kurzdarstellung seiner Erwartungen bei der Klägerin ein. Nach einem Bewerbungsgespräch in der nächst größeren Stadt entscheidet die Klägerin über die Annahme der Bewerbung. Der Teilnehmer nimmt zur Vorbereitung seines Auslandsaufenthalts Kontakt zu einem sog. High-School-Paten, der bereits an dem High-School-Programm teilgenommen hat, auf, nimmt mit seinen Eltern an einem Vorbereitungs- und Informationstreffen sowie auf Wunsch an einem Vorbereitungsseminar teil und bezieht Vorbereitungsmaterial.

    Auch nach dem Auslandsaufenthalt reißt der Kontakt der Klägerin mit den Teilnehmern nicht ab. Diese werden zu einem Nachbereitungsseminar eingeladen, können Beiträge für das „Comeback”, die Kundenzeitung für High-School-Retumees, oder das „High School Year Book” schreiben, werden jährlich mit den Teilnehmern der letzten Jahrgänge zu Welcome Back Parties eingeladen und erhalten die „goldene High School Member Card”, mit der sie durch Vermittlung der Klägerin drei Jahre lang Flüge zu günstigen Bedingungen in alle Teile der Welt buchen können.

    Im Wirtschaftsjahr 1996/97 bezog die Klägerin für jeden Teilnehmer des USA-High-School-Programms durchschnittlich Vorleistungen in Höhe von 6.231,72 DM, davon allein Vorleistungen der Partnerorganisation in Höhe von 3.676,44 DM sowie Hin- und Rückflug 1.533,78 DM. Aufgabe der Partnerorganisation ist es auch, geeignete Gastfamilien zu finden und auszuwählen. Für Kost und Logis bei den Gastfamilien entstehen unmittelbar keine Aufwendungen, da diese keine Entschädigungen für die Aufnahme der Teilnehmer erhalten, sondern aus ideellen Motiven handeln.

    Das College-Programm wird Studierenden bzw. Abiturienten nach Abschluß des Gymnasiums bzw. der Gesamtschule angeboten. Die Teilnehmer werden nicht bei Gastfamilien, sondern in dem College untergebracht und verpflegt, in dem sie auch studieren. Aufgabe der Partnerorganisation ist es, für die Teilnehmer College-Plätze bereitstellen zu lassen und dafür zu sorgen, dass der Teilnehmer für ein, zwei oder drei Terms in das College aufgenommen wird. Die Partnerorganisation entrichtet die College-Gebühren aus den Beiträgen, die sie von der Klägerin für ihre Leistungen bezahlt erhält Auch der Hin- und Rückflug ist beim College-Programm anders geregelt als beim High-School-Programm. Der Teilnehmer bucht die Flüge selbständig und individuell.

    In ihren Umsatzsteuererklärungen für 1995 und 1996 und in ihren Voranmeldungen für 1997 behandelte die Klägerin – mit Zustimmung durch den Beklagten (§ 168 Abgabenordnung –AO–) – die von ihr für die Programmteilnehmer bezogenen Leistungen als Reisevorleistungen nach § 25 UStG.

    Am 27. April 1998 erließ der Beklagte eine Prüfungsanordnung (Umsatzsteuer). Die Umsatzsteuerprüfung sollte sich im Wesentlichen auf die Besteuerungszeiträume 1995, 1996 und 1997 und hierbei auf den Vorsteuerabzug beschränken (§ 203 AO). Dementsprechend wurde von den Prüfern untersucht, ob die Klägerin die Margenbesteuerung (§ 25 UStG) für ihre Umsätze im Rahmen der High-School- und College-Programme in Anspruch nehmen kann. Auch der Vorsteuerabzug wurde – anordnungsgemäß – geprüft.

    In dem Prüfungsbericht über die Umsatzsteuer-Außenprüfung kamen die Prüfer zu der Auffassung, dass die im Rahmen der High-School- und College-Programme erbrachten Leistungen – anders als die Sprachreisen im engeren Sinne – keine Reiseleistungen i. S. d. § 25 UStG seien. Die Schüler und Studierenden nähmen für die Dauer des Auslandsaufenthalts an einem von dem deutschen völlig abweichenden Bildungssystem teil und würden in einem fremden Kulturkreis in die Gastfamilie bzw. die College-Gemeinschaft integriert. Die eigene Familie und das heimische Studienumfeld höre auf, der Mittelpunkt der Lebensinteressen zu sein. Stattdessen werde der Mittelpunkt völlig – wenn auch nur auf Zeit – ins Ausland verlagert, so dass von einer Reise i. S. d. § 25 UStG nicht mehr gesprochen werden könne.

    Als Hauptleistung sei die Beherbergung und Beköstigung der Jugendlichen zu Ausbildungs- und Fortbildungszwecken, die als Erziehungsmaßnahme zur Persönlichkeitsbildung beitragen solle, anzusehen. Dementsprechend stellten auch die Zahlungen an die Partnerorganisation in den Gastländern den bei weitem größten Kostenfaktor dar. Alle anderen Leistungen, die mit Kosten verbunden seien, wie die Flug- und Transferkosten, seien unselbständige Nebenleistungen und von untergeordneter Bedeutung; sie teilten das umsatzsteuerliche Schicksal der Hauptleistung (Abschn. 29 Umsatzsteuer-Richtlinien –UStR–). Bei der Hauptleistung handele es sich um eine sonstige Leistung (§ 3 Abs. 9 UStG), deren Ort der Leistung im Inland liege (§ 3 a Abs. 1 UStG). Die sonstige Leistung sei gemäß § 4 Nr. 23 UStG von der Steuer befreit, auch wenn die Klägerin die Teilnehmer nicht bei sich, sondern durch die Gastfamilien (und die Colleges) aufnehme. Die Gastfamilien bzw. die Colleges seien als Erfüllungsgehilfen des Beklagten anzusehen.

    Bei den nach § 4 Nr. 23 UStG steuerfreien Umsätzen sei kein Vorsteuerabzug möglich. Diese Umsätze seien am Gesamtumsatz mit 79,49 % (1995), 31,75 % (1996) und 34,45 % (1997) beteiligt. Soweit die Versteuern nicht den steuerfreien Umsätzen direkt zugeordnet werden könnten (und der Vorsteuerabzug insoweit ganz abgelehnt werden müsse), seien sie um diese Prozentsätze zu kürzen.

    Infolge der Ablehnung der Margenbesteuerung (§ 25 UStG) und der Zuordnung der streitigen Umsätze unter die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 23 UStG wurden die bisher nach § 168 AO mit Zustimmung des Beklagten angemeldeten bzw. vorangemeldeten Vorsteuerüberschüsse herabgesetzt, wobei der Vorbehalt der Nachprüfung bestehen blieb bzw. angeordnet wurde.

    199519961997
    Vorsteuerüberschuß lt. Beklagten./. 22.143,– DM./. 146.332,– DM./. 161.858,– DM
    Mit Zustimmung (§ 168 AO) (vor-)angemeldete Überschüsse./. 124.981,10 DM./.291.661,20 DM./.311.705,98 DM
    zurückgeforderte Vorsteuerüberschüsse102.837,10 DM145.328,20 DM149.845,98 DM


    Dazu kamen noch Nachforderungszinsen zur Umsatzsteuer 1995 und 1996 von insgesamt 13.611 DM.

    Gegen die nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Umsatzsteuerbescheide für 1995 und 1996 und den Umsatzsteuerbescheid 1997 vom 13. Oktober 1998 ließ die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten mit Klageschrift vom 05. November 1998 am 13. November 1998 Anfechtungsklage (Sprungklage) erheben. Die Klageschrift wurde dem Beklagten am 04. Dezember 1998 zugestellt. Er hat der Klageerhebung ohne Vorverfahren am 29. Dezember 1998 zugestimmt.

    Zur Begründung der Klage bringt sie vor Auf die im Rahmen der High-School- und College-Programme erbrachten Leistungen sei § 25 UStG anzuwenden. Die Leistungen seien Reiseleistungen i. S. dieser Bestimmung. Diese Leistungen seien nicht nach § 4 Nr. 23 UStG steuerfrei.

    Es handele sich bei den Reiseveranstaltungen um Pauschalreisen, für die bis zum Umsatzsteuergesetz 1980 die Rechtsgrundsätze des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20. November 1975 (V R 138/73, BStBl II 1976, 307) gegolten hätten. Die bei der Durchführung von Pauschalreisen erbrachten Leistungen stellten früher keine einheitliche Leistung, sondern eine Vielzahl von Einzelleistungen dar. Wurde der Reiseunternehmer bei seinen Veranstaltungen im ln- und Ausland tätig, so konnten unter der Geltung des Umsatzsteuergesetzes 1967 nur die Inlandsleistungen besteuert werden. Demgegenüber habe der Gesetzgeber durch § 25 UStG 1980 Pauschalreisen zu einheitlichen Leistungen zusammengefasst, für die es nur einen einheitlichen Ort der Leistung gibt (§ 25 Abs. 1 Satz 4 UStG). Zugleich habe er die einheitliche Leistung einer besonderen Besteuerungsform, der Margenbesteuerung zugeführt. Durch diese Gesetzesmaßnahme habe die Bundesrepublik Deutschland pflichtgemäß Art. 26 Abs. 2 der 6. USt-Richtlinie EWG in innerstaatliches Recht umgesetzt.

    Wie die typischen Pauschalreisen stellten auch die High-School-Veranstaltungen einheitlich eine Mehrheit von Einzelleistungen dar, die aber durch § 25 UStG zu einer einheitlichen Leistung mit einem einzigen Ort der Leistung zusammengefasst würden, um sie der Margenbesteuerung zuzuführen. Durch den Kunstgriff der Prüfer, die Veranstaltung des Auslandsaufenthalts zur Hauptleistung und alle anderen Leistungen zu Nebenleistungen zu erklären, und durch die Unterstellung, bei Veranstaltung von Reisen mit einer Dauer von drei, fünf oder zehn Monaten würden keine Reiseleistungen i. S. d. § 25 UStG erbracht, habe es der Beklagte unternommen, der Klägerin die Erleichterung der Margenbesteuerung vorzuenthalten. Mit dem Wortlaut des Gesetzes und der 6. USt-Richtlinie EWG sei es unvereinbar, Reiseleistungen bei einer Reise, die drei Monate überschreite, nicht mehr als Reiseleistungen, sondern als „sonstige Aufenthaltsleistungen” zu interpretieren. Weder systematische Gründe noch der Sinn und Zweck der Vorschriften (§ 25 UStG und Art. 26 Abs. 2 6. USt-Richtlinie EWG) ließen eine derartige restriktive Auslegung zu. Auch die meisten Mitgliedsstaaten der EWG hätten keine Bedenken, Art. 26 Abs. 2 der 6. USt-Richtlinie EWG – bzw. die entsprechenden nationalen Bestimmungen – auf High-School-Programme anzuwenden. Sie gewährten den Vorsteuerabzug, soweit er nicht auf Reisevorleistungen entfiele, weil diese von der Bemessungsgrundlage abgezogen würden. Soweit sie die Margenbesteuerung nicht bzw. noch nicht eingeführt hätten, behandelten sie jedenfalls die (aus ihrer Sicht) im Ausland erbrachten Leistungen als nicht steuerbare Umsätze, ohne den Vorsteuerabzug zu verwehren oder einzuschränken. Diesen Veranstaltern von High-School-Programmen gegenüber dürften deutsche Veranstalter im Wettbewerb nicht benachteiligt werden.

    Auf Reiseleistungen sei die Befreiungsvorschrift § 4 Nr. 23 UStG nicht anwendbar. Denn Reiseleistungen, die sich aus verschiedenen Einzelleistungen zusammensetzten, vom Gesetz aber zu einer einzigen Leistung zusammengefasst würden, seien einheitliche sonstige Leistungen eigener Art, die nicht zur Anwendung verschiedener, den Vorsteuerabzug ausschließender Steuerbefreiungstatbestände wieder in Einzelleistungen aufgespalten werden dürften. Die Regelungen des § 25 UStG stellten eine lex specialis gegenüber allen sachbezogenen Steuerbefreiungstatbeständen, auch dem des § 4 Nr. 23 UStG. dar. § 4 Nr. 23 UStG aber sei, anders als § 4 Nr. 19 UStG (Umsätze der Blinden), eine sachbezogene Befreiungsvorschrift.

    Die Klägerin beantragt,

    die Umsatzsteuerbescheide für 1995, 1996 und 1997 vom 13. Oktober 1998 abzuändern und die Umsatzsteuer

    für 1995 auf ./. 113.954,40 DM,

    für 1996 auf./. 291.661,20 DM sowie

    für 1997 auf ./. 311.704,98 DM

    festzusetzen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise die Revision zuzulassen.

    An den Umsatzsteuerbescheiden sei uneingeschränkt festzuhalten. Vorab sei auf ein BMF-Schreiben und den Erlaß des Finanzministeriums Baden-Württemberg vom 07. Januar 1999 verwiesen. Das BMF-Schreiben (vom 26. November 1998 4 D 1 – S 7419 – 2/98) hat folgenden Wortlaut:

    „Die Frage, ob bei langfristigen Studienaufenthalten im Austand, die mit einer Reise kombiniert sind (sog. High-School-Programme), § 25 UStG angewendet werden kann und ob … ggf. die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 23 UStG gegeben sind (Leistungen im Bereich der Erziehung und Ausbildung von Jugendlichen) ist mit den obersten Finanzbehörden der Länder eingehend erörtert worden.

    Die Erörterung führte zu dem Ergebnis, dass es sich bei derartigen Programmen nicht um Umsätze handelt, die in den Anwendungsbereich der Sonderregelung für Reisebüros (Art. 26 der 6. EG-Richtlinie) und für Reiseleistungen i. S. v. § 25 UStG fallen. Die in Abschn. 272 Abs. 1 Satz 5 UStR enthaltene Aussage zur Besteuerung von Sprach- und Studienreisen bezieht sich ausschließlich auf kurzfristige Auslandsaufenthalte (z. B. von Schülern während der Schulferien). Es wurde für sachdienlich gehalten, in einem bereits anhängigen Einzelfall eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) herbeizuführen. Die Frage der Anwendung des § 4 Nr. 23 UStG wird jedoch weiter geprüft.”

    Im Übrigen müsse davon ausgegangen werden, dass der Begriff der Reiseleistung im Kontext der §§ 651 a ff BGB und des § 25 UStG einen unterschiedlichen Inhalt aufweise. Auf die zivilrechtliche Einordnung der High-School- und der College-Programme als Reiseleistungen i. S. d. BGB komme es für die Besteuerung nach dem UStG nicht an.

    Der allgemeine Sprachgebrauch gehe bei Auslandsaufenthalten dieser Form und Dauer nicht mehr von einer Reise aus. Sonst müssten auch ein stationärer Krankenhausaufenthalt oder eine Klima- und Badekur als Reise bezeichnet werden. Wenn in Abschn. 272 Abs. 1 Satz 5 UStR darauf hingewiesen werde, dass auch bei Sprach- und Studienreisen die Anwendung des § 25 UStG in Betracht komme, so sei dies ein Hinweis, dass nicht jede Sprach- und Studienreise eine Reiseveranstaltung sei. Gemeint seien Urlaubs- und Erholungsreisen, bei denen für die Teilnehmer am Urlaubsort auch ein Sprachkurs veranstaltet werde, nicht aber Studienaufenthalte im Ausland, die dem Erlernen der Fremdsprache durch Besuch einer High-School dienten.

    Im Übrigen habe der Gesetzgeber inzwischen § 651 I BGB geändert und für Gastschulaufenthalte von mindestens drei Monaten abweichende Bestimmungen getroffen. Dies lasse erkennen, dass Gastschulaufenthalte im Ausland – und zwar auch schon in den Streitjahren – keine Auslandsreisen i. S. des § 25 UStG und des Art. 26 der 6. EG-Richtlinie seien.

    Der Beklagte habe nicht die von der Klägerin veranstalteten „Reiseleistungen” in mehrere Einzelleistungen aufgespalten. Vielmehr habe er das prägende Merkmal – die Beherbung in der Gastfamilie – herausgegriffen und dieser Hauptleistung die Organisation der Leistung mit Flug, Transfer, Betreuung usw. als Nebenleistungen untergeordnet. Jedenfalls unterliege – bei Anwendung der Differenzbesteuerung nach § 25 UStG auf die übrigen Umsätze der Klägerin, die echte Reiseleistungen darstellten – die Veranstaltung von High-School-Aufenthalten, auch und gerade nach dem Urteil des BFH vom 28. September 2000 (V R 26/99, BStBl II 2001, 691) und nach dem Schreiben des BMF vom 28. September 2001 (IV D 1 – S 7181 – 8/01, BStBl I 2001, 726) der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 23 UStG, so dass insoweit der Vorsteuerabzug ausgeschlossen sei. Die Betreuung durch die ausländische Partnerorganisation sei dabei der Klägerin als eigene Betreuungsleistung zuzurechnen, da sie sich insoweit lediglich eines Erfüllungsgehilfen bediene.

    Für das Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird auf die im vorliegenden Verfahren und im Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung (10 V 11/99) gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der vom Beklagten vorgelegten Steuerakten Bezug genommen.

    Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung vor dem Senat verzichtet.

    Gründe

    Die Klage ist begründet. Sie führt zur Abänderung der Bescheide und zur Festsetzung höherer Vorsteuerüberschüsse. Die Leistungen, die die Klägerin in den Streitjahren im Rahmen ihrer High-School-Programme ausgeführt hat, sind entgegen der Ansicht des Beklagten als Reiseleistungen i. S. d. § 25 UStG zu beurteilen.

    § 25 UStG stellt für die Besteuerung von Reiseleistungen besondere Regeln auf. Es ist unerheblich, ob der Unternehmer Reisen als sein Hauptgeschäft (Reiseveranstalter, Reisebürounternehmer), für jedermann oder nur als Nebengeschäft (Werbereisen eines Kaufhauses oder eines Kreditinstituts) oder nur gegenüber bestimmten Personen (ein Sportverein für seine Mitglieder, ein Arbeitgeber für seine Arbeitnehmer und deren Angehörige) durchrührt. Entscheidend ist, dass der Unternehmer die Reiseleistung im eigenen Namen und nicht nur als Vermittler ausführt (Birkenfeld, Handbuch Band II, VII, Abschn. § 235 Rz. 246, 247). § 25 UStG gilt für alle Unternehmer, die Reiseleistungen im eigenen Namen an Endverbraucher als Leistungsempfänger erbringen, soweit sie dabei Reisevorleistungen anderer Unternehmer in Anspruch nehmen (Wagner bei Sölch/Ringleb, § 25 UStG Rz. 9; Klezath bei Hartmann/Metzenmacher, Band V, E § 25 UStG Rz. 25). Es ist für die Anwendung des § 25 unerheblich, zu welchem (nicht unternehmerischen) Zweck der Leistungsempfänger oder der Reisende die Reiseleistung bezieht (Urlaub, Bildung, Sport, Erholung, Vergnügung) oder ob ein Zweck überhaupt feststellbar ist (Abschn. 272 Abs. 1 Satz 5 UStR; Wenzel bei Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, § 25 UStG Anm. 42).

    Im Unterschied zum Reisevermittlungsvertrag erbringt der Unternehmer als Reiseveranstalter beim Reisevertrag – jedenfalls im Regelfall – eine Mehrheit aufeinander abgestimmter Leistungen zu einem Gesamt- oder Pauschalpreis, wobei er für den Erfolg der Reiseveranstaltung einzutreten hat (Birkenfeld, Handbuch, a. a. O. Rz. 249). Eine Klausel, nach der er nur als Vermittler auftritt und es ablehnt, für den Erfolg einzutreten, bleibt unberücksichtigt, wenn nach den Umständen der Anschein begründet wird, dass der Veranstalter die vertraglich vorgesehene Reiseleistung in eigener Verantwortung erbringt (§ 651 a Abs. 2 BGB). Die Bündelung mehrerer Reiseleistungen zu einer einheitlichen sonstigen Leistung ist zwar typisch, doch ist § 25 UStG auch anwendbar, wenn der Veranstalter nur eine Leistung erbringt, z. B. eine Ferienwohnung ohne Verpflegung an Selbstfahrer vermietet (EuGH-Urteil vom 12. November 1992 Rs C-163/91, IStR 1992, 101; BFH-Urteil vom 21. Januar 1993 V B 95/92, BFH/NV 1994, 346; Klezath bei Hartmann/Metzenmacher a. a. O. Rz. 29).

    Für das Reisevertragsrecht des BGB (§ 651 a ff BGB) und das Umsatzsteuerrecht (§ 25 UStG) ist als selbstverständlich vorauszusetzen, dass sich der Reisende nur vorübergehend von seinem Wohnsitz entfernt und den Wohnsitz für die Dauer der Reise nicht aufgibt, gleichgültig, ob die Anreise an den Zielort oder in das Zielgebiet und die Rückreise zum Wohnort als Reiseleistung mitgeschuldet wird und im Pauschalpreis eingeschlossen ist oder nicht. Den gesetzlichen Bestimmungen ist aber nicht zu entnehmen, dass eine Reise nicht drei, fünf oder zehn Monate dauern darf, wenn sie nicht ihren Charakter als Reise verlieren soll. Wenn § 25 UStG ein derart eingeengter Reisebegriff zugrunde gelegt werden sollte, müsste dies vom Gesetzgeber rechtssatzmäßig und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden. Dafür aber würde es dem nationalen Gesetzgeber an der gemeinschaftsrechtlichen Grundlage fehlen. Denn Art. 26 der 6. Richtlinie (EWG) lässt nicht erkennen, dass die Margenbesteuerung nicht anwendbar ist, wenn die vom Reiseveranstalter durchgeführte Reise eine Dauer von drei, fünf oder zehn Monaten erreicht.

    Unverständlich ist, dass sich der Beklagte für seine abweichende Auffassung auf den neu geschaffenen § 651 I BGB (eingefügt durch Art. 1 des Zweiten Reisevertragsänderungsgesetzes vom 23. Juli 2001. BGBl I S. 1658) beruft. Die Bestimmung gilt für einen Reisevertrag, der einen mindestens drei Monate andauernden und mit dem geregelten Besuch einer Schule verbundenen Aufenthalt des Gastschülers bei einer Gastfamilie in einem anderen Staat (Aufnahmeland). Sie zeigt, dass auch schon vor 2001 Gastschulaufenthalte von mindestens oder mehr als drei Monaten nach dem allgemeinen Sprachgebrauch mit den Begriffen Reise, Reisevertrag, Reiseveranstaltung usw. durchaus vereinbar sind. Dass die Klägerin Reiseleistungen i. S. d. § 25 UStG erbringt, wenn sie Reisen im Rahmen ihrer High-School-Programme veranstaltet, geht daraus hervor, dass auf die Reiseleistungen das Reisevertragsrecht der §§ 651 a ff BGB und neuerdings auch § 651 I BGB anwendbar ist. Den Teilnehmern der High-School-Programme schuldet die Klägerin aufgrund des Reisevertrags u. a. die Verschaffung eines Schülerplatzes an der ausgewählten High-School und die Unterbringung bei einer geeigneten Gastfamilie für die Vertragsdauer, die ein, zwei oder drei Terms (Trimester) bzw. – für die Besteuerung nach § 25 UStG unschädlich – drei, fünf oder zehn Monate umfassen kann.

    Zweck der Reise ist – außer der Erweiterung des Horizonts – im Wesentlichen das vertiefte Erlernen der englischen Sprache durch den teilnehmenden Schüler, der i. d. R. die Absicht hat, nach dem Besuch der High-School seine Schullaufbahn wieder auf seiner heimatlichen Schule (Gymnasium, Gesamtschule) aufzunehmen und abzuschließen, und zwar möglichst in seiner Jahrgangsstufe, also ohne Zeitverlust. Schüler-Sprachreisen zum vorübergehenden Besuch einer High-School unterscheiden sich von Sprachreisen Erwachsener vor allem durch die Dauer. Die Dauer der Reise von drei, fünf oder zehn Monaten macht aber weder das Reisevertragsrecht (§§ 651 a – 651 k BGB) noch das auf die Besteuerung der Reiseveranstalter zugeschnittene Umsatzsteuerrecht (§ 25 UStG) unanwendbar. Schüler können sich von ihrer Schule, die dem Schüleraustausch aufgeschlossen begegnet, zur Teilnahme an einer High-School-Sprachreise für drei, fünf oder zehn Monate beurlauben lassen. Bei Erwachsenen jedoch, die im Erwerbsleben stehen, ist ein so weit ausgedehnter „Bildungsurlaub” normalerweise nicht möglich.

    Wie die Klägerin dargetan hat, muss sie für Reisemängel (§ 651 c BGB) einstehen und den Reiseteilnehmern auch die (nach § 651 k BGB erforderlichen) Sicherungsscheine aushändigen. Auf die Urteile des Landgerichts Heidelberg vom 24. Juli 1997 und des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 28. Januar 1998 sowie auf das Gutachten … vom 16. April 1998 (Akten 10 K 310/98, Bl. 96–122) wird verwiesen.

    Der Beklagte hat die Unterbringung bei der Gastfamilie aus dem Bündel der Einzelleistungen als Hauptleistung „herausgegriffen” und dieser die anderen Leistungen (Verschaffung eines High-School-Platzes, Flug, Transfer, Betreuung) als Nebenleistungen untergeordnet Dagegen bestehen große Bedenken. Unselbständige Nebenleistungen sind Leistungen, die in einem engen Zusammenhang mit einer Hauptleistung stehen, diese abrunden und ergänzen, im Verhältnis zur ihr nebensächlich sind und in deren Gefolge üblicherweise vorkommen (BFH-Urteil vom 13. August 1970 V R 69/66, BFHE 99, 507; Urteil vom 14. Juli 1977 V R 20/74, BStBl II 1977, 881; Beschluß vom 18. Dezember 1980 V B 24/80, BStBl II 1981, 197, Abschn. 4 der Gründe).

    Die Durchführung einer Pauschalreise ist jedoch umsatzsteuerrechtlich von Natur aus keine einheitliche Leistung, sondern ein Bündel von selbständigen Leistungen, aus dem nicht eine der Leistungen „herausgegriffen” und zur Hauptleistung erklärt werden kann, der die anderen Leistungen als Nebenleistungen unterzuordnen wären (BFH-Urteil vom 20. November 1975 V R 138/73, BStBl II 1976, 307; Lange StuW 1999, 264–270). Sie ist vielmehr ein Bündel von Leistungen, das nur durch § 25 UStG 1980 zu einer einheitlichen sonstigen Leistung zusammengefasst wird. Die Klägerin veranstaltet die High-School-Reisen als Pauschalreisen und steht im Wettbewerb mit anderen Veranstaltern auf dem europäischen Binnenmarkt, die, wie sie dargetan hat, nach den Grundsätzen des Art. 26 der 6. EG-Richtlinie besteuert werden.

    Auch dass sich der Ort der Leistung nach § 3 a Abs. 1 UStG bestimmt, geht nicht aus § 3 a Abs. 1 UStG hervor, sondern aus § 25 Abs. 1 Satz 4 UStG. Diese Regelung wiederum steht in unlösbarem Zusammenhang mit § 25 Abs. 3 Satz 1 UStG, wonach sich die sonstige Leistung des Reiseveranstalters nach dem Unterschied zwischen dem Entgelt, das der Reiseempfänger für den Bezug der Reiseleistungen aufwendet, und dem Betrag, den der Veranstalter für die Reisevorleistungen aufwendet, bemisst (Margen- oder Differenzbesteuerung). Reisevorleistungen sind Lieferungen und sonstige Leistungen Dritter, die den Reisenden unmittelbar zugute kommen (§ 25 Abs. 1 Satz 5 UStG). Mit seinem Vorhaben, die gesetzlich gewollte und richtlinienkonforme Verbindung zwischen der Fixierung des Leistungsorts (§ 25 Abs. 1 Satz 4 UStG) und der Margenbesteuerung (§ 25 Abs. 3 Satz 1 UStG) zu zertrennen, um die Kürzung der Reiseleistungen um die außerhalb des Gemeinschaftsgebiets bezogenen Reisevorleistungen zu vereiteln, kann der Beklagte nicht durchdringen. Bei der Veranstaltung von Sprachreisen für Schüler, die für die Dauer der Reise vom Besuch ihrer heimatlichen Schule beurlaubt werden, weil sie am Unterricht in einer High-School teilnehmen, gilt die einheitliche Leistung „Sprachreise” an dem Ort als ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt, da ihm gestattet wird, die Reisevorleistungen von der Bemessungsgrundlage abzuziehen (vgl. FG Baden-Württemberg, Außensenate Stuttgart, Beschluß vom 09. Oktober 1985 XII V 18/85, EFG 1986, 204).

    Die Durchführung der College-Programme entspricht im Wesentlichen der der High-School-Programme, abgesehen davon, dass die Unterbringung der Reiseteilnehmer nicht bei Gastfamilien, sondern in den Colleges erfolgt und die College-Studenten für die Anreise und Rückreise selbst zu sorgen haben. Dass die Verschaffung eines Studienplatzes in einem College mit der Verschaffung eines Wohnplatzes in einem College-Heim Hand in Hand geht, macht die Margenbesteuerung nicht unzulässig. Fraglich ist bei der Durchführung der College-Programme nur, ob die Klägerin hier als Reiseveranstalterin und nicht als Vermittlerin auftritt. Die Vermittlung von Umsätzen, die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden, ist nach § 4 Nr. 5 c UStG von der Umsatzsteuer befreit.

    Der Beklagte ist überdies der Ansicht, im Streitfall greife § 4 Nr. 23 UStG ein und schließe den Vorsteuerabzug aus. Dies trifft nicht zu. Die im Rahmen der High-School- und der College-Programme erbrachten Reiseleistungen des Beklagten sind nicht nach § 4 Nr. 23 UStG steuerbefreit, so dass es im vorliegenden Fall nicht erforderlich ist, das Verhältnis der Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 23 UStG zur Margenbesteuerung des § 25 UStG zu klären.

    Nach § 4 Nr. 23 UStG ist die Gewährung von Beherbergung, Beköstigung und der üblichen Naturalleistungen durch Personen und Einrichtungen steuerfrei, wenn sie überwiegend Jugendliche für Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecke bei sich aufnehmen, soweit die Leistungen an die Jugendlichen oder an die bei ihrer Erziehung. Ausbildung oder Fortbildung tätigen Personen ausgeführt werden. Als GmbH ist die Klägerin zwar eine Einrichtung, aber sie nimmt die Jugendlichen, für die und mit denen sie die High-School- oder die College-Reisen veranstaltet, nicht bei sich auf. Nicht sie, sondern die Gastfamilien und die Colleges gewähren den Jugendlichen Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen (vgl. BFH-Urteil vom 28. September 2000 V R 26/99, BStBl II 2001, 691). Die Begleitung der Schüler auf dem Hin- und Rückflug in die USA durch Beauftragte oder Mitarbeiter der Klägerin stellt kein „Bei-sich-Aufnehmen” i. S. d. § 4 Nr. 23 UStG dar. Die Gastfamilien oder die College-Heime können auch nicht als Erfüllungsgehilfen der Klägerin angesehen werden. Die Klägerin unterhält auch keine Einrichtung auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendbetreuung oder der Kinder- und Jugenderziehung i. S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. h oder i der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. das BMF-Schreiben in BStBl I, 2001, 726).

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Wegen der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung und der Abwendungsbefugnis wird auf den Beschluss des BFH vom 15. April 1981 (IV S 3/81, BStBl II 198, 402) verwiesen.

    Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Bis 1997/1998 hat es die Finanzverwaltung als selbstverständlich angesehen, dass Reiseleistungen unter den Voraussetzungen des § 25 UStG 1980 auch dann der Margenbesteuerung unterliegen, wenn die von einem Reiseveranstalter organisierte Reise eine Dauer von drei, fünf oder zehn Monaten hat. Nach Ansicht von Autoren, die der Finanzverwaltung nahestehen, stellt die Margenbesteuerung nach § 25 UStG ohnehin eine unzulängliche Regelung und einen bedauerlichen und wenig durchdachten Systembruch dar (Klezath bei Hartmann/Metzenmacher, E § 25 UStG Rz. 4–8), der aber aufgrund des Art. 26 der 6. USt-Richtlinie EWG und des in einem Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland ergangenen EuGH-Urteils (vom 27. Oktober 1992 RsC-74/91, UR 1993, 61) als unvermeidbar hinzunehmen sei. Dem Systembruch könne noch einigermaßen dadurch begegnet werden, dass man den Begriff der Reiseleistung im Wege der Interpretation restriktiv deutet. Danach erscheine es geboten. Reisen mit einer Dauer von drei, fünf oder zehn Monaten aus der Margenbesteuerung herausfallen zu lassen, weil sie im Wortsinne überhaupt keine „Reisen” darstellten; nur der Ort der Leistung des Reiseveranstalters müsse im Inland bleiben (§ 3 a Abs. 1 UStG), auch wenn der inländische Reiseveranstalter eine Reise von drei, fünf oder zehn Monaten als High-School-Reise im Drittlandsgebiet ausführt. Dieser Auffassung sind im Schrifttum Vertreter der beteiligten Wirtschaftskreise entgegen getreten (vgl. Heizmann, UR 1998, 366–376). Zu den aufgeworfenen Fragen hat der BFH noch nicht Stellung genommen. Sie sind von grundsätzlicher Bedeutung.

    VorschriftenUStG § 25 Abs. 1, UStG § 25 Abs. 3, UStG § 4 Nr. 23