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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 06.04.2006 – V 176/02

    Zur Zurechnung und Schätzung von Einnahmen aus Kapitalvermögen bei nach Luxemburg transferierten Wertpapieren


    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten darüber, ob die Mutter der Klägerinnen in den Streitjahren Einnahmen aus Kapitalvermögen durch nach Luxemburg transferierte Tafelpapiere erzielt und insoweit Steuern hinterzogen hat.

    Die Klägerinnen sind Gesamtrechtsnachfolgerinnen ihrer am 29.06.2003 in Hamburg verstorbenen Mutter, Frau ... (B). Diese hatte in ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre Kapitaleinkünfte erklärt, die zu den nachfolgend dargestellten Einkommensteuerfestsetzungen führten:

    JahrErklärung vomBescheidEStEinnahmen aus KapitalvermögenEinkünfte aus Kapitalvermögen
    198903.01.199129.10.199110.713 DM19.011 DM17.733 DM
    199016.01.199203.02.199212.067 DM20.858 DM19.154 DM
    199111.03.199319.04.199312.850 DM22.083 DM20.733 DM
    199224.03.199419.04.199412.383 DM20.843 DM19.495 DM
    199301.03.199509.05.199529.962 DM23.985 DM17.400 DM
    199418.07.199522.08.199525.642 DM25.058 DM18.615 DM
    199521.01.199713.05.1997 2.193 DM16.677 DM10.449 DM
    199619.03.199801.04.199811.186 DM10.859 DM 4.528 DM
    199719.03.199906.04.199920.355 DM 9.400 DM 2.954 DM
    199809.03.200018.05.200013.785 DM17.109 DM10.466 DM
    199916.03.200111.04.200125.387 DM10.419 DM 3.666 DM


    Die erklärten Kapitaleinnahmen rührten entsprechend den Erläuterungen von Frau B zu den jeweiligen Einkommensteuererklärungen aus diversen festverzinslichen Wertpapieren, in- und ausländischen Aktien sowie Investmentanteilen her. Die Einkommensteuererklärung 1989 wurde am 03.01.1991 bei dem Beklagten eingereicht.

    Aufgrund einer Steuerfahndungsprüfung (Bericht vom 23.07.2001) wurden Räumlichkeiten der ... Bank durchsucht und Unterlagen beschlagnahmt, aus denen sich ergab, dass Kunden ihr Vermögen anonymisiert oder nicht anonymisiert zur ... Bank .... Luxemburg - Bank-L - transferiert haben. Der Beklagte gelangte zu der Annahme, dass auch Frau B im Zeitraum 1989 bis 1999 über Tafelpapiere verfügt habe, die am 23.11.1992 zur Bank-L transferiert worden seien, und die aus diesem Kapitalvermögen resultierenden Einnahmen nicht erklärt habe.

    Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Bericht vom 23.07.2001 nebst Anlagen 1 - 4 (Bl. 86 bis 94 Einkommensteuer-Akten Bd. VII) Bezug genommen. Der Beklagte rechnete diese Wertpapiere mit der Begründung ausschließlich Frau B zu, dass auf dem Einlieferungsbeleg vom 23.11.1992 ausschließlich die Referenznummer der Frau B handschriftlich notiert worden sei.

    Darüber hinaus hatte die Steuerfahndung folgende weitere Unterlagen folgenden Inhalts beschlagnahmt:

    - Aus einem Kassenkontrollstreifen vom 11.12.1990 (Anlage 1) ergibt sich, dass unter der Kontonummer ...01 ein Betrag in Höhe von 49.309,40 DM abgehoben wurde.

    - Auf dem Swiftbeleg der Bank-L vom 16.02.1990 (Anlage 2) ist Frau B mit Namen und Adresse verzeichnet. Als Verwendungszweck ist angegeben: „DEPOTGEB. ... (Frau B)”. Abgerechnet werden 100 DM mit Wertstellung zum 16.02.1990.

    Beauftragte und begünstigte Bank ist die Bank-L. Entsprechende Eintragungen befinden sich in den Swiftbelegen vom 22.03.1991 (Anlage 2a) und vom 12.03.1992 (Anlage 2b); die unter dem Verwendungszweck bei Anlage 2b aufgeführte Kontonummer lautet ”... (02-1)”.

    - Unter dem 12.12.1990 datieren zwei Einzahlungsbelege der Bank über Beträge in Höhe von 24.312 DM (Anlage 4) und in Höhe von 24.997,40 DM (Anlage 4a). Als Empfänger ist „WKK” verzeichnet; die Kontonummer des Empfängers lautet ”... (03)”.

    - Ebenfalls unter dem 12.12.1990 datieren zwei Belege über den Erwerb folgender Tafelpapiere:

    o 300 Stück Euronordrenta Anteile, WKN 848533, Stücke-Nummern: 2952 bis 2954 (je 100 Stück) (Anlage 5) und

    o 8 3/4 % Bank Obligationen 91/96-109, Nennbetrag 25.000 DM, WKN ..., Stücke-Nummern: 2785 bis 2788 (je 5.000 DM) sowie 740 bis 744 (je 1.000 DM) (Anlage 5a).

    - Mit der Einlieferungsquittung Nr. 0032 der Bank-L vom 23.11.1992 (Anlage 6) bittet diese die Bank („Effektenlieferung”), folgende Stücke in ihr, der Luxemburger Bank, Depot Nr. 04 einzuliefern:

    o 500 Stück Frankfurt Trust Interzins, WKN 847801, Stücke-Nummern: 7496 bis 7500, E 41752,

    o 20.000 DM 6 1/4 % Weltbank, WKN: 482550, Stücke-Nummern: 8295 bis 8298, E 40163,

    o 2.565 Stück Gerling Rendite Fonds, WKN: 848105, E 40164

    o 20.000 DM 7 % BHF Bank, WKN 476041, E 40165,

    o 300 Stück Euronordrenta, WKN: 848533, E 40166 und

    o 25.000 DM 8 3/4 % Bank, WKN: ..., E 40287.

    Auf dem unteren Teil des handschriftlich ausgeschriebenen Beleges befinden sich

    - vor Datum und Unterschrift

    - der Betrag von 300 DM und die Nr. 02 vermerkt. Bei dem Depot Nr. 05 handelt es sich um das Depot der Bank-L bei der Bank im Inland, über das Wertpapiertransfers von der inländischen zur Luxemburger Bank vorgenommen wurden.

    - Die Bank bestätigte (Anlage 7) der Bank-L die Einlieferung des Wertpapiers mit der Belegnummer E 40287 (25.000 DM 8 3/4 % Bank, WKN ...) zum 19.01.1993 in die Sammelverwahrung („We entered into collective custody acct. on 19.1.93”).

    - Zu dem vorgenannten Tafelpapier (WKN ...) ist ein Einlieferungsbeleg unter dem 29.01.1993 datiert (Anlage 8).

    - Ebenfalls unter dem 19.01.1993 wurde für das vorgenannte Wertpapier der fällige Kupon eingelöst (Anlagen 9 und 9a).

    - Anlage 10 enthält das für die Aushändigung an einen anderen Kunden vorgesehene Blatt 1 - in anonymisierter Form - zu dem in der Anlage 6 dargestellten, vergleichbaren Durchschreibeblatt.

    Bei den Belegen laut Anlage 1 bis Anlage 5a handelt es sich um Kopien der Reproduktionen der Mikroverfilmung bei der Bank. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Anlagen 1 bis 10 zur Einspruchsentscheidung vom 26.09.2002 (Rb-Akte Bl. 129 bis 143) Bezug genommen.

    Den Depotauszügen auf den 31.12.1991 und 31.12.1992 für das Depot der Frau B bei der Bank-L ist eine Einlieferung der vorgenannten Wertpapiere nicht zu entnehmen. Für die auf den 31.12.1992 folgende Zeit wurden Depotauszüge von Frau B zu der Referenznummer 02 nicht vorgelegt.

    Der Beklagte schätzte hiernach auf der Grundlage der am 23.11.1992 zur Bank-L übertragenen Wertpapiere nicht erklärte Einnahmen der Frau B aus Kapitalvermögen. Soweit einzelne Wertpapiere im Streitzeitraum ausgelaufen waren, legte der Beklagte für die Folgejahre zum Zwecke der Schätzung der Kapitalerträge die Zinssätze für langfristige Kapitalanlagen in Luxemburg (1994: 7,76 %, 1995: 7,48 %, 1996: 6,49 %, 1997: 5,75 %, 1998: 4,75 % und 1999: 4 %) mit der Begründung zu Grunde, dass es sich bei den ausgelaufenen Wertpapieren um langfristige Kapitalanlagen gehandelt habe und davon auszugehen sei, dass die Steuerpflichtige ihr Anlageverhalten beibehalten habe. Für den Teil der fällig gewordenen Papiere schätzte der Beklagte die Vermögenswerte als Kapitalanlage wie folgt:

    1994 20.000 DM
    1995 20.000 DM
    1996 40.000 DM
    1997 65.000 DM
    1998 65.000 DM
    1999 65.000 DM


    Der Beklagte änderte hiernach die für die Streitjahre festgesetzte Einkommensteuer gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und erließ am 01.10.2001 folgende Einkommensteuerbescheide:

    Jahrfestgesetzte EStEinkünfte aus KapitalvermögenEinkünfte aus Kapitalvermögen bisherschätzte ESt
    198916.084 DM30.792 DM17.733 DM13.059 DM
    199016.722 DM32.551 DM19.154 DM13.397 DM
    199119.202 DM38.323 DM20.733 DM17.590 DM
    199218.631 DM37.079 DM19.495 DM17.584 DM
    199338.100 DM34.043 DM17.400 DM16.643 DM
    199433.321 DM35.298 DM18.615 DM16.683 DM
    1995 5.950 DM26.154 DM10.449 DM15.705 DM
    199616.313 DM19.557 DM 4.528 DM15.029 DM
    199725.950 DM16.401 DM 2.954 DM13.447 DM
    199818.201 DM22.720 DM10.466 DM12.254 DM
    199930.333 DM14.758 DM3.666 DM11.092 DM


    Die Vermögensteuer - VSt - 1993 bis 1996, zu der Frau B Erklärungen in 1994 (auf den 01.01.1993) und in 1995 (auf den 01.01.1995) abgegeben hatte, setzte der Beklagte mit Bescheiden auf den 01.01.1993 und 01.01.1995 vom 23.10.2001 wie folgt gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert fest:

    JahrVSt
    1993 4.660 DM
    1994 4.660 DM
    1995 6.605 DM
    1996 6.605 DM.


    B legte gegen die Einkommensteuerbescheide vom 01.10.2001 mit Schreiben vom 12.10.2001 sowie gegen die Vermögensteuerbescheide vom 23.10.2001 mit Schreiben vom 30.10.2001 Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 26.09.2002 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Mit Schreiben vom 30.09.2002, eingegangenen 01.10.2002, hat Frau B Klage erhoben.

    Die Klägerinnen tragen als Gesamtrechtsnachfolgerinnen der 2003 verstorbenen Frau B vor:

    B habe in Luxemburg ein Depotkonto bei der Bank-L unterhalten mit der Kontonummer 02. Auf diesem Konto habe Frau B ausschließlich einige Krügerrandmünzen verwahrt. Das Konto sei bereits 1995 von Frau B aufgelöst worden. Frau B habe keine Wertpapiere als Tafelgeschäft erworben, keine Wertpapiere nach Luxemburg transferiert und auch nach Auflösung des Kontos in 1995 kein weiteres ausländisches Bankkonto unterhalten.

    Die vom Beklagten vorgelegten unterschiedlichen Belege könnten nicht gedeutet werden. Es sei nicht nachvollziehbar, dass daraus hergeleitet werde, dass Frau B bis einschließlich 1999 Zinserträge daraus erzielt haben solle. Im Einzelnen werde angemerkt:

    Anlage 1 und 3

    Die Bedeutung des „Kassenkontrollstreifens” sei nicht nachvollziehbar. Sollte es zutreffen, dass Frau B tatsächlich einen Betrag von 49.309,40 DM abgehoben habe, so müsste es einen von ihr unterschriebenen Auszahlungsbeleg geben; dieser liege nicht vor.

    Anlagen 2, 2a und 2b

    Aus den Kontenblättern (22/21901) sei zu erkennen, dass Frau B Depotgebühren für die Verwaltung der Goldmünzen in Luxemburg bezahlt habe. Diese Beträge stünden ganz offensichtlich in keiner Beziehung zu irgendwelchen Transaktionen von Wertpapieren.

    Anlagen 4 und 4a

    Die beiden auf das Konto 03 lautenden Einzahlungsbelege der Bank vom 12.12.1990 seien nicht unterschrieben. Hierbei könne es sich um eine stille Umbuchung handeln. Da die Einzahlungskontonummer eine andere als die Auszahlungskontonummer sei, könne die Betragsgleichheit auch ein purer Zufall sein.

    Anlagen 5 und 5a In welcher Beziehung diese beiden Anlagen zu Frau B stünden, sei nicht nachvollziehbar.

    Anlage 6

    Diese Anlage stehe zeitlich nicht im Zusammenhang mit den vorherigen Anlagen, sondern datiere unter dem 23.11.1992. Nicht alle handschriftlichen Vermerke seien durchgeschrieben. Sondern offensichtlich nachträglich seien noch Zahlen vermerkt worden. Welche Bedeutung die Nr. 02 habe und in welcher Beziehung sie zu den übrigen Zahlen stehe, sei nicht nachzuvollziehen. Bei einer derartigen Durchschreibung könne die Nummer versehentlich oder bewusst von einem anderen Original „durchgeschrieben” worden sein. Es sei weder bekannt, wann diese Nummer geschrieben worden sei, noch was sie bedeute.

    Anlagen 7 und 8 Es erscheine nicht glaubhaft, dass eine Transaktion aus dem November 1992 in Luxemburg erst Ende Januar 1993, mithin 7 1/2 Wochen später, gebucht worden sein solle. Aus der Saldenbestätigung zum 31.12.1992 von Frau B gehe hervor, dass sie in Luxemburg über derartige Wertpapiere nicht verfügt habe. Wäre dies der Fall gewesen, so wäre eine Saldenbestätigung erst nach Buchung versandt worden.

    Anlagen 9, 9a und 10

    Der Bezug zu Frau B sei nicht nachvollziehbar. Da das Konto in Luxemburg bereits 1995 aufgelöst worden sei, könne sich der Vorwurf einer Steuerhinterziehung nur auf den Zeitraum Ende 1992 bis 1995 beziehen. Selbst wenn Frau B 1990 derartige Wertpapiere gekauft haben sollte, sei damit noch nicht bewiesen, dass sie diese Wertpapiere im November 1992 noch besessen, diese nach Luxemburg transferiert hätte und dort aus diesen Wertpapieren Erträgnisse bis 1999 bezogen hätte. Die Zeiträume bis 1995 seien bei Anwendung der vierjährigen Verjährungsfrist verjährt. Die Ausdehnung dieser Festsetzungsfrist bei leichtfertiger Steuerverkürzung (fünf Jahre) beziehungsweise bei Annahme einer Steuerhinterziehung (10 Jahre) setze voraus, dass tatsächlich eine Steuerverkürzung oder eine Steuerhinterziehung vorgelegen hätte. Dies sei vom Beklagten mit voller Beweislast zu belegen; hier gelte der Grundsatz „in dubio pro reo”.

    In keinem einzigen Punkt sei ein Mitwirken von Frau B erkennbar. Die Auflösung ihres Kontos in Luxemburg Anfang 1995 werde durch das Schreiben der H-Bank Luxembourg vom 03.03.2001 bestätigt. Die in diesem Schreiben erwähnten Depotauszüge per 31.12.1993 und 31.12.1994 seien in den Unterlagen von Frau B nicht mehr auffindbar gewesen. Es gebe keine Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten für private Vorgänge. Würden private Kontoauszüge nicht aufbewahrt, so treffe den Steuerpflichtigen auch keine Vorlagepflicht nach §§ 90 ff. oder 200 AO. Im vorliegenden Falle sei auch das nemo-tenetur-Prinzip zu beachten (§ 393 Abs. 1 S. 2 AO).

    Die Klägerinnen beantragen, die angefochtenen Bescheide und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte trägt vor: Die Steufa habe durch entsprechende Unterlagen nahtlos nachgewiesen, dass am 21.12.1990 vom Konto der Klägerin 49.309,40 DM abgehoben und von dieser Barabhebung zwei Tafelpapiere erworben worden seien. Diese Tafelpapiere seien zwei Jahre später auf einem Depot der Bank-L bei der Bank eingeliefert worden. Der Einlieferungsbeleg nenne als Referenznummer die Depotnummer der Klägerin bei der Bank-L.

    Zur Anlage 6 sei anzumerken, dass die Steufa anlässlich ihrer Durchsuchungen auch unausgeschriebene Exemplare dieser Einlieferungsquittungen gefunden habe. Es handele sich bei diesem Formular um ein 2-blättriges Exemplar, bei dem die erste Seite des Durchschreibesatzes dem Bankkunden als Quittung für die von ihm eingelieferten Tafelpapiere ausgehändigt würde. Dies sehe man aus der anonymisierten Einlieferungsquittung, die als Anlage 10 der angefochtenen Einspruchsentscheidung beigefügt worden sei. Aus dieser könne man erkennen, was die 300 DM auf dem unteren Teil der Durchschreibequittung besagen sollen. Auf Seite 1 sei nämlich ausgedruckt, dass diese 300 DM als Inkassogebühr für die Einlieferung dem Konto beziehungsweise dem Depot Nr. 02 (Depot der Frau B bei der Bank-L) belastet würden. So ließen sich nämlich die 300 DM und die Angabe der Nr. 02 auf dem zweiten Teil des Durchschreibeexemplars, welches der Steufa im Original vorliege, unzweifelhaft erklären. Auf der zweiten Seite des Durchschreibeblockes sei von den Bankmitarbeitern handschriftlich die jeweilige Buchungsbelegnummer eingetragen worden. Hierbei handele es sich um die Nummern jeweils mit dem Buchstaben E davor.

    Aus Anlage 7 ergebe sich eindeutig, dass die Buchung der Übertragung der am 23.11.1992 bei der Bank-L eingelieferten Tafelpapiere tatsächlich erst am 19.01.1993 erfolgt sei. Dies ergebe sich exemplarisch für das Wertpapier 8 3/4 % Bank im Nennbetrag von 25.000 DM (Kennummer ...) aus dem Buchungsbeleg der Bank mit dem Datum vom 19.01.1993. Der Depotauszug auf den 31.12.1992 habe deshalb keine Indizienwirkung, um die Feststellungen der Steufa infrage zu stellen. Die Zuordnung des Buchungsbeleges erfolge durch die Belegnummer E 40287, die auch auf der Einlieferungsquittung vom 23.11.1992 von einem Bankmitarbeiter eingetragen worden sei. Außerdem ergebe sich aus dem Beleg des Deutschen Kassenvereins vom 29.01.1993, dass die effektiven Stücke des vorgenannten Tafelpapieres zu diesem Termin dort eingeliefert worden seien (Anlage 8). Am 19.01.1993 sei der fällige Kupon für das oben genannte Wertpapier eingelöst worden (Anlage 9). Dies sei möglich gewesen, da es sich bei den Wertpapieren bis zur Verbuchung durch die Bank um Tafelpapiere gehandelt habe.

    B habe nicht nachgewiesen, dass das Depot in Luxemburg zum 31.12.1995 - wie von ihr behauptet - gekündigt worden sei. Zudem wäre ein Nachweis zu erbringen gewesen, was mit den entsprechenden Wertpapieren nach diesem Zeitpunkt erfolgt sei.

    Die durch entsprechende Unterlagen belegten Zahlungsflüsse vom Konto der Klägerin zum Erwerb von Tafelpapieren in 1990 bis zum Transfer dieser Wertpapiere in anonymisierter Form durch Einlieferung auf das Kontendepot der Bank-L bei der Filiale im Inland bis hin zur Gutschrift und Verbuchung dieser Tafelpapiere im Depot der Klägerin am 19.01.1993 zeigten auf, dass die Klägerin diese Wertpapiere innegehabt habe, ohne hieraus Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erklären. Derartige Geldgeschäfte geschehen, wenn die Erträge nicht in die Steuererklärung aufgenommen würden, mit Wissen und Wollen des Steuerpflichtigen. Einem jeden Steuerpflichtigen mit Kapitalerträgen in größerem Umfang sei bekannt, dass diese steuerlich zu erklären seien, egal ob sich das Depot im Inland oder im Ausland befindet. Die Tatsache, dass Wertpapiere als Tafelpapiere erworben und sodann anonymisiert ins Ausland transferiert worden seien, gebe einen ausreichenden Indizienhinweis darauf, dass Frau B die Kapitaleinkünfte am deutschen Fiskus vorbei beziehen wollte. Sie habe damit eine vorsätzliche Steuerhinterziehung begangen.

    Hinsichtlich der Höhe der angesetzten Kapitaleinkünfte habe der Beklagte eine Schätzung vornehmen müssen, da Frau B ihrer erhöhten Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten in keiner Weise nachgekommen sei.

    Mit Beschluss vom 15.02.2006 hat das Gericht Herrn M, H-Bank, X-Straße, Hamburg, zum Sachverständigen bestellt.

    Am 18.11.2005 hat ein Erörterungstermin und am 06.04.2006 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden; auf die Niederschriften über diese Termine wird Bezug genommen.

    Dem Gericht liegen die Einkommensteuerakten Bd. VI und VII, die Vermögensteuerakten und die Steuerfahndungsprüfungsakten Bd. I zur Steuernummer ... vor.

    Gründe

    I. Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

    Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide für 1989 und 1990 sind insoweit rechtswidrig, als der Beklagte weitere Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 13.059 DM für 1989 und in Höhe von 13.397 DM für 1990 berücksichtigt hat, § 100 Abs. 1 S. 1 FGO. Im Übrigen steht zur Überzeugung des Senates fest, dass Frau B in den Streitjahren 1991 bis 1999 die vom Beklagten angesetzten Kapitaleinnahmen zugeflossen sind. Der Beklagte durfte insoweit mit Bescheiden vom 01.10.2001 nicht nur die Einkommensteuerbescheide 1995 bis 1999 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, sondern auch die Einkommensteuerbescheide 1991 bis 1994 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1, § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO ändern, da Frau B diese Zinseinnahmen in ihren Einkommensteuererklärungen verschwiegen hatte, obwohl sie die Steuerbarkeit dieser Einnahmen kannte.

    Der Beklagte hat dabei die Höhe der Kapitaleinnahmen nach § 162 Abs. 1 AO unter Berücksichtigung aller Umstände - jedenfalls nicht überhöht - zutreffend geschätzt. Der Beklagte musste die Besteuerungsgrundlagen insoweit schätzen, da Frau B keine ausreichende Aufklärung zu den beschlagnahmten Bankunterlagen gegeben hat und sie insoweit ihre Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO verletzt hat. Das Gleiche gilt für die Klägerinnen als Rechtsnachfolgerinnen ab dem Jahre 2003, in dem sie von der Bank-L aufgrund von Aufbewahrungspflichten Aufklärung über den Inhalt des von Frau B eingereichten Depots hätten erlangen können.

    1. Zu Recht hat der Beklagte Frau B aufgrund der beschlagnahmten Dokumente über die Einlieferung von Wertpapieren bei der Bank-L das dokumentierte Vermögen sowie die daraus erzielten Einkünfte aus Kapitalvermögen zugerechnet. Denn es steht auf der Grundlage der von dem Beklagten vorgelegten Dokumente wie auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass Frau B Inhaberin der streitigen Tafelpapiere war und hieraus weitere Einnahmen aus Kapitalvermögen erzielt hat.

    a) Aufgrund der vorliegenden Unterlagen wie auch aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass Frau B die Einlieferung ihrer in der Anlage 6 aufgeführten Tafelpapiere bei der Bank-L am 23.11.1992 veranlasst hat. Die Einlieferung der in der Anlage 6 aufgeführten Wertpapiere erfolgte ausweislich dieser Anlage am 23.11.1992 zu Händen des Luxemburger Bankmitarbeiters N, der für seine Arbeitgeberin, die Bank-L, in der Filiale Hamburg-... der Bank für einige Monate tätig war.

    Dass es sich bei sämtlichen in der Anlage 6 aufgeführten Wertpapieren um im Besitz von Frau B gehaltene Tafelpapiere handelte, ergibt sich aus der Referenznummer 02. Davon, dass die auf der Anlage 6 unten handschriftlich verzeichnete Nummer so und nicht anders lautet, ist das Gericht bei genauer Betrachtung - trotz des erfolgten Versprechers durch den Vorsitzenden des Senats beim Benennen dieser Nummer in der mündlichen Verhandlung - überzeugt. Diese Nummer ist identisch mit der Depotnummer aus den für Frau B ausgestellten Swift-Belegen laut Anlage 2, 2a und 2b. Das Gericht hat auch keinen Zweifel daran, dass es sich bei dem Vordruck der Anlage 10 um die anonymisierte erste Seite des Durchschreibesatzes einer solchen Einlieferungsquittung handelt, die dem jeweiligen Bankkunden als Quittung für die von ihm eingelieferten Tafelpapiere ausgehändigt wurde. Betrachtet man die übereinander gelegten Anlagen 6 und 10, so fügen sich der unten auf der Anlage 6 aufgeführte DM-Betrag und die dort verzeichnete Nummer von ihrer örtlichen Positionierung exakt in den Text ein: „Herrn, Frau, Firma ... wird hiermit bestätigt ... (es erfolgt die Aufzählung der Wertpapiere) ... unter den üblichen Vorbehalten zur Gutschrift auf Konto/Depot Nr. ... (02) erhalten zu haben. Wir erlauben uns DM 300 Inkassogebühr zu belasten.” Danach ist das Gericht davon überzeugt, dass die aufgeführten 300 DM der Frau B bei der Bank-L als Inkassogebühr für die Einlieferung sämtlicher in der Anlage 6 aufgeführten Wertpapiere belastet wurden.

    Dagegen spricht auch nicht der Vortrag der Klägerinnen, dass der für Frau B erstellte Depotauszug der Bank-L zum 31.12.1992 die in der Anlage 6 genannten Wertpapiere nicht ausweise. Denn die Übertragung der am 23.11.1992 bei der Bank-L eingelieferten Tafelpapiere wurde tatsächlich erst nach dem Jahresultimo 1992 gebucht. Dies folgt exemplarisch für das Wertpapier 8 3/4 % Bank im Nennbetrag von 25.000 DM (WKN ...) aus dem Buchungsbeleg der Bank mit dem Datum vom 19.01.1993 (Anlage 7). Der Buchungsbeleg kann durch die von der Mantelabteilung vergebene Belegnummer E 40287 genau zugeordnet werden; diese Belegnummer wurde von einem Mitarbeiter der Mantelabteilung ebenso auf der Anlage 6 verzeichnet. Ausweislich der Anlage 9 wurde am 19.01.1993 der fällige Kupon für dieses Wertpapier eingelöst.

    Der Beklagte hatte die in der Einlieferungsquittung vom 23.11.1992 aufgeführten Wertpapiere auch zusätzlich der Besteuerung als Einkünfte aus Kapitalvermögen bei Frau B zu unterwerfen. Keines dieser Wertpapiere ist bereits in den von Frau B erklärten Kapitaleinnahmen der Streitjahre enthalten.

    b) Die in der Anlage 6 aufgeführten Wertpapiere hatte Frau B unterschiedlich lange in ihrem Bestand. Den Beginn des Haltens des jeweiligen Tafelpapiers und der Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen hat der Beklagte zutreffend ab 1991 berücksichtigt. Für 1989 und 1990 ist das Gericht nicht hinreichend davon überzeugt, dass Frau B bereits Tafelpapiere in ihrem Besitz hatte; insoweit waren die angefochtenen Bescheide 1989 und 1990 rechtswidrig und aufzuheben.

    aa) Es steht zur Überzeugung des Senates fest, dass Frau B am 11.12.1990 von ihrem Konto bei der Bank 49.309,40 DM abgehoben und mittels dieser Barabhebung zwei Tafelpapiere erworben hat, nämlich 300 Stück Euronordrenta Anteile sowie nom. 25.000 DM 8 3/4 % Bank Obligationen. Ausweislich des als Anlage 1 vorgelegten Kassenkontrollstreifens stimmt der von dem Konto der Frau B Nummer 01 ausgezahlte Betrag von 49.309,40 DM exakt mit der Summe aus den am 12.12.1990 auf das Konto Nr. 03 eingezahlten Teilbeträgen von 24.312 DM (Anlage 4) und 24.997,40 DM (Anlage 4a) überein. Bei diesem Konto Nr. 03 handelte es sich um ein Wertpapierkassakonto, das nach Auskunft des Sachverständigen ein Eigenkonto der Filiale zur Abwicklung von Wertpapiergeschäften darstellt. Aus den maschinell erstellten Aufdrucken auf diesen Einzahlungsbelegen sowie aus dem beschlagnahmten Kassenkontrollstreifen (Anlage 1) ergibt sich, dass diese Einzahlungsbeträge am 12.12.1990 um 9:26 Uhr, mithin unmittelbar im Anschluss an die Abbuchung des Betrages in Höhe von 49.309,40 DM vom Konto der Frau B, als Einnahmen gebucht worden sind. Danach steht zur Überzeugung des Senates fest, dass Frau B aus diesen Tafelpapieren Einkünfte aus Kapitalvermögen ab dem Jahr 1991 bezogen hat.

    bb) Zu den übrigen Wertpapieren - ebenso wie zu den vorgenannten - hatte sich Frau B und haben sich die Klägerinnen nicht geäußert. Vor dem Hintergrund, dass diese Papiere zweifellos 1992 im Bestand der Frau B waren und B in 1990 nachweislich die Anschaffung von Tafelpapieren getätigt hat, ist der Senat in Übereinstimmung mit der Auffassung des Beklagten der Überzeugung, dass sich die übrigen Wertpapiere (20.000 DM 6 1/4 % Weltbank, WKN: 482550, Stücke-Nummern: 8295 bis 8298, E 40163 / 20.000 DM 7% BHF Bank, WKN 476041, E 40165 / 2.565 Stück Gerling Rendite Fonds, WKN: 848105, E 40164 / 500 Stück Frankfurt Trust Interzins, WKN 847801, Stücke-Nummern: 7496 bis 7500, E 41752) mindestens seit Ende 1990 im Bestand der Frau B befunden haben.

    2. Hinsichtlich der Bestimmung des Endes der Laufzeit der jeweiligen Tafelpapiere folgt der Senat dem Beklagten. Danach liefen die festverzinslichen Wertpapiere Bank (WKN ...) in 1997, Weltbank (WKN 482550) in 1994 und BHF Bank (WKN 476041) in 1996 aus. Der Beklagte hat ab diesen Zeiträumen Einkünfte aus Kapitalvermögen für diese Wertpapiere richtigerweise nicht mehr berücksichtigt.

    Die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen begegnet auch insoweit keinen Bedenken, als die Klägerinnen vortragen, dass das Depot in Luxemburg 1995 aufgelöst worden sei. Denn die Auflösung eines Depots besagt nichts über den Verbleib der Wertpapiere. Die Klägerinnen haben das Vorhandensein der streitigen Wertpapiere pauschal bestritten. Dies ist angesichts der vorliegenden Unterlagen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme eine reine Schutzbehauptung.

    3. Insofern der Beklagte für diejenigen Wertpapiere, die im Streitzeitraum ausgelaufen sind, davon ausgegangen ist, dass Frau B ihr Anlageverhalten beibehalten hat, und Hinzuschätzungen in der Weise vorgenommen hat, dass er für die Folgejahre Zinssätze für langfristige Kapitalanlagen in Luxemburg (1994: 7,76 %, 1995: 7,48 %, 1996: 6,49 %, 1997: 5,75 %, 1998: 4,75 % und 1999: 4 %), welche von den Klägerinnen unbestritten geblieben sind, zugrunde gelegt hat, ist der Senat auch von der Richtigkeit dieser Annahme überzeugt. Weder von Frau B noch von den Klägerinnen wurde Abweichendes schlüssig dargelegt.

    4. Der Beklagte durfte die Einkommensteuerbescheide 1991 bis 1999 auch noch mit Bescheiden vom 01.10.2001 und die Vermögensteuerbescheide auf den 01.01.1993 und 01.01.1995 mit Bescheiden vom 23.10.2001 ändern.

    a) Frau B hatte die Einkommensteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 1995 bis 1999 jeweils im übernächsten Jahr eingereicht. Die angefochtenen und gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheide (1995 bis 1999) vom 01.10.2001 sind somit innerhalb der allgemeinen Festsetzungsfrist von vier Jahren (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) ergangen.

    b) Aber auch die Einkommensteuerbescheide für 1991 bis 1994 und die Vermögensteuerbescheide auf den 01.01.1993 und 01.01.1995 durfte der Beklagte ändern, da die Voraussetzungen der im Falle einer Steuerhinterziehung auf zehn Jahre verlängerten Festsetzungsfrist (§§ 169 Abs. 2 Satz 2, 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO) erfüllt sind.

    aa) Frau B hat für die Streitjahre nicht nur die objektive Tatseite für den Tatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) verwirklicht. Sie hat in ihren Einkommen- und Vermögensteuererklärungen für die Streitjahre ihre Einkünfte aus Kapitalvermögen beziehungsweise ihr Kapitalvermögen zu niedrig erklärt und damit dem Beklagten über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht und hierdurch ungerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

    bb) Insoweit liegt aber auch die subjektive Verantwortlichkeit von Frau B durch vorsätzliches Handeln vor (vgl. BFH, Urteil vom 02.04.1998, V R 60/97, BFHE 186, 1, BStBl. II 1998, 530), wobei unter Beachtung des Grundsatzes „in dubio pro reo” bedingter Vorsatz ausreichend ist (BFH, Beschluss vom 24.08.1993, VII B 203/92, BFH/NV 1994, 294). Dass Frau B in den Streitzeiträumen in Hinterziehungsabsicht gehandelt hat, ergibt sich insbesondere aus der Ende 1992 durchgeführten Transaktion ihrer Tafelpapiere von ihrer inländischen Bank zur Niederlassung dieser Bank in Luxemburg. Dieses Vorgehen wie auch der zeitliche Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung der Zinsbesteuerung (Zinsabschlaggesetz) vom 09.11.1992 (Bundesgesetzblatt 1992 Teil I Seite 1853) lassen den Schluss zu, dass Frau B Wertpapiere gehalten hat, die sie der inländischen Besteuerung entziehen wollte, und sie ihr Kapitalvermögen nach Luxemburg transferiert hat, um der ab 01.01.1993 geltenden Zinsabschlagsteuer zu entgehen.

    c) In diesem Zusammenhang aber führt auch die Anwendung des strafrechtlichen Grundsatzes „in dubio pro reo”, der auch im Steuerfestsetzungsverfahren zu beachten ist, zu keinem anderen Ergebnis. Danach ist es zwar ausgeschlossen, die Schätzung der hinterzogenen Steuern - entsprechend den allgemeinen Grundsätzen im Falle der Verletzung von Mitwirkungspflichten - auf Wahrscheinlichkeitserwägungen, d.h. auf ein reduziertes Beweismaß zu stützen und an der oberen Grenze des für den Einzelfall zu beachtenden Schätzrahmens auszurichten (vgl. BFH, Urteil vom 20.12.2000, I R 50/00, BFHE 194, 1, BStBl. II 2001, 381; Beschluss vom 29.01.2002, VIII B 91/01, BFH/NV 2002, 749).

    Im Streitfall ist der Senat jedoch auf der Grundlage des Gesamtergebnisses des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 162 AO) von der Höhe der Steuerhinterziehung überzeugt. Denn dass sich die streitigen Wertpapiere im Besitz von B befunden haben, steht zur Überzeugung des Senates fest. Dafür, dass diese Wertpapiere, sofern sie nicht ausgelaufen waren, was von dem Beklagten korrekt berücksichtigt wurde, mit der Auflösung des Depots bei der Bank-L auch aus dem Besitz der Frau B gelangt sind, ergeben sich keine Anhaltspunkte. Weder Frau B noch die Klägerinnen haben sich hierzu erklärt, obwohl sie zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Vorlage von Beweismitteln bei Vorgängen im Ausland (§ 90 Abs. 2 der Abgabenordnung) verpflichtet waren. Diese Verpflichtung zur Beweisvorsorge und Beweisbeschaffung begrenzt die Amtsermittlungspflicht des Gerichts. Es mussten deshalb keine weiteren Ermittlungen zum Einkünftetatbestand angestellt werden; das Vermögen und die Zinseinnahmen waren zu schätzen (§ 162 AO; vgl. BFH, Beschluss vom 31.05.2005, VIII B 294/03, BFH/NV 2005, 1832). Diese Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durfte zur Ermittlung der verkürzten Steuern erfolgen (vgl. BFH, Urteil vom 01.08.2001, II R 48/00, BFH/NV 2002, 155). Denn für die Feststellung der Steuerhinterziehung, die nach § 76 Abs. 1 Sätze 1 und 5 FGO von Amts wegen zu treffen ist, ist kein höherer Grad von Gewissheit erforderlich als für die Feststellung anderer Tatsachen (vgl. BFH, Urteil vom 21.11.1988, III R 194/84, BFHE 155, 232, BStBl. II 1989, 216). Gleiches gilt auch für den Zeitpunkt des Beginns des Haltens der streitigen Wertpapiere.

    II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO sowie aus §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 115 Abs. 2 FGO.

    Anmerkung

    rechtskräftig

    VorschriftenEStG § 20, AO § 162