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  • · Fachbeitrag · Kapitalgesellschaften

    „Vergessene“ Einlage im steuerlichen Einlagekonto: offenbare Unrichtigkeit oder Heilung durch Liquidation

    von Prof. Dr. Hans Ott, StB/vBP, Köln

    | In der Praxis erbringen die Gesellschafter einer GmbH oftmals Einlagen zur Stärkung der Eigenkapitalbasis, die in der Bilanz als sonstige Zuzahlung in der Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB ausgewiesen werden. Diese steuerneutralen Einlagen führen zu einem Zugang zum steuerlichen Einlagekonto i. S. d. § 27 KStG und sind in der Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 Abs. 2 KStG anzugeben. Oftmals wird die Erfassung solcher Zugänge in der Feststellungserklärung in der Praxis schlicht vergessen. Die Folge ist, dass auch die darauf basierenden Feststellungsbescheide den Zugang nicht berücksichtigen und bestandskräftig werden, ohne dass die „vergessene“ Einlage auffällt. Dies kann für die Anteilseigner äußerst nachteilig sein, und es stellt sich die Frage, ob die negativen Auswirkungen in irgendeiner Weise „geheilt“ werden können. Ein aktuelles Urteil des BFH (8.12.21, I R 47/18)verspricht hier zumindest für manche Konstellationen Hoffnung. Die praktischen Auswirkungen der Entscheidung werden nachfolgend dargestellt, bevor auf die Behandlung bei der Liquidation eingegangen wird. |

    1. Problemstellung

    Werden Feststellungsbescheide nach § 27 Abs. 2 KStG bestandskräftig, können sich aufgrund der materiell-rechtlichen Bindungswirkung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG für die Besteuerung des Anteilseigners nachteilige Folgen ergeben ‒ vor allem, wenn die Anteile im Privatvermögen gehalten werden (zu dieser Bindungswirkung vgl. BFH 11.2.15, I R 3/14, BStBl II 15, 816). Denn ohne ausreichenden Bestand im steuerlichen Einlagekonto löst eine spätere Ausschüttung auf der Ebene der GmbH Kapitalertragsteuer i. H. v. 25 % zzgl. Solidaritätszuschlag aus. Beim Gesellschafter ist die Ausschüttung dann nicht mehr steuerfrei nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG, sondern führt zu einer grundsätzlich der Abgeltungsteuer unterliegenden Gewinnausschüttung.

     

    MERKE | Mit dem für die Praxis sehr hilfreichen Urteil vom 8.12.21 (I R 47/18, DStR 22, 1533) hat der BFH nunmehr für den Fall einer „vergessenen“ Einlage erfreulicherweise entschieden, dass eine Berichtigung bestandskräftiger Bescheide nach § 129 AO innerhalb der Festsetzungsfrist unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Lässt sich jedoch eine Korrektur des Bestands im steuerlichen Einlagekonto nicht nach § 129 AO herbeiführen, kann der drohende „Steuerschaden“ noch im Rahmen einer Liquidation oder Anteilsveräußerung „geheilt“ werden.