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  • 01.05.2006 | Kapitalgesellschaften

    Haftung des Geschäftsführers im Fall der Anfechtung durch den Insolvenzverwalter

    von Dr. Alois Th. Nacke, Richter am Nieders. FG, Hannover

    In den letzten Monaten vor einer Insolvenz werden in der Regel nur noch die dringlichsten Verbindlichkeiten beglichen. Steuerschulden, insbesondere Lohnsteuerschulden, bleiben dabei häufig auf der Strecke. Doch dies bleibt nicht ohne Folgen. Handelt es sich bei dem Insolvenzschuldner um eine GmbH, versucht das Finanzamt in der Regel, die Forderungen per Haftungsbescheid gegen den Geschäftsführer durchzusetzen. Viele dieser lohnsteuerlichen Haftungsfälle können nun auf Grund aktueller Rechtsprechung des BGH und einer Reihe von Entscheidungen der Finanzgerichte zu Gunsten der Haftungsschuldner möglicherweise erledigt werden. Entscheidend hierfür ist, ob der BFH der Ansicht des BGH folgen wird, dass bei Anfechtungsmöglichkeit die Kausalität der Pflichtverletzung des Geschäftsführers entfällt. Der folgende Beitrag erläutert zunächst die Voraussetzungen der Haftung des Geschäftsführers einer GmbH, um anschließend zu klären, wie sich das Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters auf die Haftung des Geschäftsführers auswirkt. 

    1. Voraussetzungen der Haftung

    Für die Haftung eines Geschäftsführers einer GmbH sind folgende Punkte grundsätzlich vorauszusetzen: 

     

    • Der Geschäftsführer der GmbH handelt grob pflichtwidrig. Dies ist u.a. der Fall, wenn er Löhne auszahlt, ohne die dazu gehörende Lohnsteuer an das Finanzamt abzuführen (BFH 26.7.88, BStBl II 88, 859). Will der Geschäftsführer keine Pflichtverletzung begehen, so muss er die Löhne so weit kürzen, bis er die Nettolöhne wie auch die darauf entfallende Lohnsteuer aus den vorhandenen Mitteln bezahlen kann. Da es sich bei der Abführung von Lohnsteuer um eine treuhänderische Maßnahme des Arbeitgebers für die Arbeitnehmer handelt, kommt der Grundsatz der anteiligen Tilgung bei der Haftung für Lohnsteuer nicht zur Anwendung. Im Gegensatz dazu ist bei Verspätungs- und Säumniszuschlägen zur Lohnsteuer der Grundsatz der anteiligen Tilgung zu beachten (BFH 1.8.00, BStBl II 01, 271).

     

    • Die Pflichtverletzung ist für den Schaden des Finanzamtes auch kausal. Es muss festgestellt werden, ob der Schaden der Finanzbehörde (Ausfall der Lohnsteuer) bei pflichtgemäßem Verhalten des Haftungsschuldners nicht eingetreten wäre. Dabei ist zu beachten, dass sich die Abführungspflicht reduzieren kann. Würde sich der Haftungsschuldner pflichtgemäß verhalten, würde er die Löhne kürzen, und es wäre daher eine geringere Lohnsteuerschuld entstanden. Diese so genannte Haftungsbeschränkung greift jedoch nicht, wenn der Geschäftsführer wegen angeblich fehlender Liquidität über mehrere Monate hinweg immer nur die Nettolöhne ausgekehrt hat, obwohl ausreichend Mittel verfügbar waren, um die jeweils fällige Lohnsteuer entrichten zu können (Britz, Die Haftung des Geschäftsführers für Steuerschulden der GmbH, 98, Rn. 201).

     

    Eine Reduzierung der Haftung auf Null kann sich aber auch dadurch ergeben, dass bei pflichtgemäßem Verhalten zwar die Lohnsteuer an das Finanzamt gezahlt worden wäre, aber der Insolvenzverwalter das Recht gehabt hätte, die gezahlten Steuern zurückzufordern, sodass sie für die Befriedigung der Insolvenz- oder Massegläubiger zur Verfügung gestanden hätten. Das Unterlassen der Zahlung wäre in diesem Fall nicht ursächlich für den Schaden der Finanzbehörde.

    2. Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters

    Der Insolvenzverwalter hat die Pflicht, das Vermögen des Insolvenzschuldners für die Befriedigung der Gläubiger bereitzuhalten. Zur Stützung dieser Aufgabe werden mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestimmte Sicherungsrechte wie z.B. Pfandrechte oder Sicherungshypotheken unwirksam (§ 88 Abs. 1 InsO). Dabei handelt es sich um solche Sicherungsrechte, die ein Insolvenzgläubiger auf Grund einer Einzelvollstreckungsmaßnahme im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Insolvenzschuldners erlangt hat (so genannte Rückschlagsperre).  

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