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  • 02.09.2010 | Bundesverfassungsgericht

    Arbeitszimmerkosten: BVerfG kippt Abzugsbeschränkung erneut

    Das BVerfG hat die seit 2007 verschärfte Abzugsbeschränkung beim häuslichen Arbeitszimmer als verfassungswidrig eingestuft, soweit für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Das BVerfG hat dem Gesetzgeber damit (nochmals) ins Stammbuch geschrieben, dass allein fiskalische Gründe eine solche Abzugsbeschränkung nicht rechtfertigen können. Der Gesetzgeber ist nun verpflichtet, auch für die Vergangenheit eine verfassungskonforme Regelung zu schaffen (BVerfG 6.7.10, 2 BvL 13/09, Abruf-Nr. 102435).

     

    Anmerkungen

    Die Abzugsbeschränkung für Arbeitszimmerkosten ist insoweit mit dem Grundgesetz unvereinbar, als auch Steuerpflichtige betroffen sind, denen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Diese Abzugsbeschränkung verletzt das objektive Nettoprinzip, da Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, das ausschließlich beruflich genutzt wird, dem Grunde nach Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen. Eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips bedarf einer besonderen Rechtfertigung, die für die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG nicht vorliegt. Denn die im Gesetzgebungsverfahren angeführten fiskalischen Gründe sind dazu nicht geeignet. Aber auch eine grundsätzlich zulässige Typisierung kann den Eingriff in das objektive Nettoprinzip hier nicht rechtfertigen, weil bei Steuerpflichtigen, denen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, die Erforderlichkeit eines häuslichen Arbeitszimmers unproblematisch überprüft werden kann. Insoweit verstößt der Gesetzgeber bei der Fallgruppe „kein anderes Arbeitszimmer“ gegen das Gebot realitätsgerechter Typisierung.  

     

    Praxishinweis

    Zu den von der Entscheidung begünstigten Berufsgruppen gehören insbesondere Lehrer und Handelsvertreter, denen üblicherweise von ihren Arbeitgebern kein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt wird. Diese Berufsgruppen können auch für die Vergangenheit von der Entscheidung profitieren, denn das BVerfG hat ausdrücklich angeordnet, dass der Gesetzgeber rückwirkend ab dem 1.1.07 eine verfassungsgemäße Regelung schaffen muss.  

     

    Allerdings können grundsätzlich nur die Steuerpflichtigen profitieren, deren Steuerbescheide für die Jahre ab 2007 verfahrensrechtlich noch geändert werden können, z.B. weil noch ein Einspruchsverfahren anhängig ist oder der Steuerbescheid einen entsprechenden Vorläufigkeitsvermerk enthält. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, einen Steuerbescheid nach § 173 AO zu ändern, wenn der Steuerpflichtige mit Blick auf den Umfang des gesetzlichen Abzugsverbots von der Geltendmachung der Arbeitszimmerkosten in der Steuererklärung bisher abgesehen hatte.  

     

    Hinweis 1: Die Finanzämter sind zwischenzeitlich angewiesen worden, die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bis zu einem Höchstbetrag von 1.250 EUR auf Antrag des Steuerpflichtigen vorläufig anzuerkennen, wenn diesem kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht und die betriebliche oder berufliche Nutzung sowie die Höhe der Aufwendungen nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wurden (BMF 12.8.10, IV A 3 - S 0338/07/10010-03, Abruf-Nr. 102563).  

     

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