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  • 01.10.2005 | Bundesfinanzhof

    Zur Steuerfreiheit beim Gesellschafterwechsel im Sinne des § 1 Abs. 2a GrEStG

    von StB Dipl.-Betriebsw. Dieter Stegemann, Osnabrück
    Bei der Frage, wann der Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft sich unmittelbar i.S. von § 1 Abs. 2a GrEStG dergestalt ändert, dass mindestens 95 v.H. der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen, ist die zivilrechtliche Betrachtungsweise maßgeblich. Demnach liegt ein Gesellschafterwechsel vor, wenn ein Mitgliedschaftsrecht einschließlich der anteiligen sachenrechtlichen Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen auf ein neues Mitglied der Gesellschaft übergeht. Dies gilt auch dann, wenn der neue Gesellschafter wiederum eine Personengesellschaft ist, an der ein (zwischenzeitlich ausgeschiedener) Altgesellschafter unmittelbar beteiligt ist. In diesem Fall finden allerdings § 6 Abs. 3u. 4 GrEStG für den Altgesellschafter Anwendung, so dass der fingierte Erwerbsvorgang in der Höhe steuerfrei bleibt, wie der Altgesellschafter mittelbar über die zwischengeschaltete Personengesellschaft beteiligt bleibt. Der BFH hat damit das Urteil der Vorinstanz (FG Baden-Württemberg 24.9.03, EFG 04, 142) aufgehoben und in der Beratungspraxis für Rechtssicherheit gesorgt (BFH 27.4.05, II R 61/03, Abruf-Nr. 052306).

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin war eine 1990 gegründete GbR, an der zunächst der Gesellschafter H und die KG 1 je zur Hälfte beteiligt waren. Im Jahr 2000 veräußerte H seine Beteiligung zu 88 v.H. an die KG 1 und zu 12 v.H. an einen Dritten, so dass nunmehr die KG 1 zu 94 v.H. und der Dritte zu 6 v.H. an der GbR beteiligt waren. Im April 2001 erwarb die KG 2 die bisher von der KG 1 gehaltenen Anteile an der GbR (94 v.H.). Am Kommanditkapital der KG 2 war H zu 80 v.H. beteiligt. In den Jahren 2000 und 2001 gehörten inländische Grundstücke zum Vermögen der GbR. Das FA nahm an, dass diese Anteilsübertragungen zusammen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a GrEStG erfüllten. Der Einspruch gegen die festgesetzte Grunderwerbsteuer blieb ebenso erfolglos wie die Klage. Sie wurde vom FG mit der Begründung abgelehnt, dass die frühere unmittelbare Beteiligung des H an der GbR und dessen nunmehrige mittelbare Beteiligung über die KG 2 der Anwendbarkeit des § 1 Abs. 2a GrEStG nicht entgegenstünden. Die Revision hatte aber Erfolg; der Altgesellschafter H profitierte von der Regelung in § 6 Abs. 3u. 4 GrEStG.  

     

    Anmerkungen

    Die Entscheidung des BFH hat für die grunderwerbsteuerrechtliche Beratungspraxis erhebliche Bedeutung. Die Kernaussage des BFH, dass die Befreiungsvorschrift des § 6 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 GrEStG im Rahmen des § 1 Abs. 2a GrEStG bei entgeltlichen Anteilseignerwechseln Anwendung findet, lässt sich auch auf ertragsteuerneutrale Umstrukturierungen übertragen, wie z.B. die Etablierung einer Holding in der Rechtsform einer Personengesellschaft. Bringt etwa ein Personengesellschafter seine Anteile im Zuge der Gründung einer Holdingpersonengesellschaft ein, führt dies bei Erreichen der 95 v.H.-Grenze zu einem grunderwerbsteuerbaren Vorgang, der in dem Umfang steuerbefreit ist, wie der einbringende Altgesellschafter mittelbar über die Holding beteiligt bleibt. Drei Aspekte des Urteils sind besonders hervorzuheben: 

     

    • Anknüpfung an das Zivilrecht: Ändert sich bei einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft der Gesellschafterbestand innerhalb von fünf Jahren unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 v.H. der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen, so gilt dies gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG als ein auf die Übereignung des Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Nach Auffassung des BFH ändert sich der Gesellschafterbestand unmittelbar, wenn das Mitgliedschaftsrecht einschließlich der sachenrechtlichen Mitberechtigung am Gesellschaftsanteil auf ein neues Mitglied der Personengesellschaft übergeht (vgl. auch Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 845c, 847). Dies war im Urteilsfall erfüllt, da die neuen Gesellschafter KG 2 und der Dritte innerhalb der Fünfjahresfrist vollständig an die Stelle der ursprünglichen Gesellschafter getreten waren. Auf die Beteiligung des H an der KG 2 – und damit die mittelbare Beteiligung an der GbR – kam es insoweit nicht an.

     

    • Steuervergünstigung nach § 6 Abs. 3 GrEStG: Nach Auffassung des BFH und der herrschenden Literatur (vgl. z.B. Hofmann, GrEStG, 8. Aufl., § 6 Rn. 4 und 12a) findet § 6 Abs. 3 GrEStG bei fingierten Erwerbsvorgängen nach § 1 Abs. 2a GrEStG jedenfalls bei einer unmittelbaren Änderung des Gesellschafterbestands entsprechende Anwendung. Die Steuer wird beim Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand in dem Umfang nicht erhoben, in dem die prozentuale Berechtigung der Beteiligten am gesamthänderisch gebundenen Vermögen in beiden Gesamthandsgemeinschaften deckungsgleich ist.

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