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  • 09.04.2020 · Anhängiges Verfahren · EGRL 112/2006 · C-611/19

    Vorsteuerabzug, Werkvertrag, Täuschung, Maklertätigkeit

    Letzte Änderung: 9. April 2020, 01:00 Uhr, Aufgenommen: 9. April 2020, 13:30 Uhr

    Vorabentscheidungsersuchen des Közigazgatasi es Munkaügyi Birosag (Ungarn), eingereicht am 13.08.2019, zu folgenden Fragen:

    1. Sind eine nationale Auslegung und eine nationale Praxis, wonach die Steuerbehörde angesichts des wirtschaftlichen Vorgangs, der zwischen den Parteien stattgefunden hat, das Recht auf Vorsteuerabzug mit der Begründung versagt, dass sie die Form des Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien (Werkvertrag) als Täuschung wertet, weil damit ein Recht auf Vorsteuerabzug einhergeht, dieses deshalb nach § 1 Abs. 7 der ungarischen Besteuerungsordnung als eine Tätigkeit (Maklertätigkeit) einzustufen sei, bei der kein Recht auf Vorsteuerabzug entstehe, weil das Verhalten der Parteien nach Ansicht der Steuerbehörde auf eine Steuerhinterziehung abzielte, weil die Werklieferungstätigkeit des Rechnungsempfängers nicht die einzig mögliche Form der Tätigkeit sei, da sie auch als Maklertätigkeit hätte durchgeführt werden können, mit den Bestimmungen der Richtlinie 2006/112 über den Vorsteuerabzug und dem Grundsatz der Steuerneutralität vereinbar? Stellen in diesem Zusammenhang die steuerrechtlichen Verpflichtungen der Steuerpflichtigen, wonach sie für ihre wirtschaftliche Tätigkeiten eine Form wählen müssen, die eine höhere steuerliche Belastung für sie zum Ergebnis hat, eine Voraussetzung für die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs dar bzw. ist es als zweckwidrige Rechtsausübung zu werten, wenn die Parteien für die zwischen ihnen stattfindenden wirtschaftlichen Tätigkeiten im Rahmen der ihnen zukommenden Vertragsfreiheit zu einem außerhalb des Steuerrechts liegenden Zweck eine Vertragsform wählen, die auch die nicht beabsichtigte Wirkung hat, dass mit ihr das Recht auf Vorsteuerabzug verbunden ist?

    2. Sind eine nationale Auslegung und eine nationale Praxis, wonach die Steuerbehörde, wenn der Steuerpflichtige, der sein Recht auf Vorsteuerabzug ausüben will, die materiellen und formellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs erfüllt und vor Vertragsschluss die erwartbaren Maßnahmen ergriffen hat, das Recht auf Vorsteuerabzug mit der Begründung versagt, dass die Bildung der Kette wirtschaftlich nicht erforderlich sei, und sie somit als zweckwidrige Rechtsausübung betrachtet, weil der Subunternehmer zur Erfüllung in der Lage ist und trotzdem wegen eines sonstigen, außerhalb des Steuertatbestands liegenden Ziels oder Grundes weitere Subunternehmer mit der Erfüllung beauftragt hat, und der Steuerpflichtige, der sein Recht auf Vorsteuerabzug ausüben will, bei der Übernahme des Auftrags wusste, dass sein Subunternehmer wegen des Fehlens der notwendigen materiellen und personellen Voraussetzungen die Bestellung unter Einbeziehung von Sub-Subunternehmern erfüllen wird, mit den Bestimmungen der Richtlinie 2006/112 über den Vorsteuerabzug und dem Grundsatz der Steuerneutralität vereinbar? Ist es für die Antwort von Bedeutung, wenn der Steuerpflichtige oder sein Subunternehmer einen Subunternehmer in die Kette einbezieht, der mit ihm in einer unmittelbaren Beziehung, einer persönlichen oder organisatorischen Verbindung (persönliche Bekanntschaft, Angehörigenverhältnis oder Eigentumsverflechtung) steht?

    3. Für den Fall der Bejahung der vorstehenden Frage: Genügt das Verfahren, in dem die Steuerbehörde die wirtschaftliche Beziehung zwischen dem Steuerpflichtigen, der sein Recht auf Vorsteuerabzug ausüben will, und seinem Subunternehmer als unvernünftig und unbegründet einstuft und diesen Umstand ausschließlich auf die Zeugenbefragung eines Teils der Angestellten des Subunternehmens stützt, ohne auf der Grundlage objektiver Tatsachen die Merkmale der wirtschaftlichen Tätigkeit, die den Vertragsgegenstand bildet, ihre besonderen Umstände und das betroffene wirtschaftliche Umfeld zu ermitteln und ohne den Steuerpflichtigen und die mit Entscheidungsbefugnis ausgestatteten Führungskräfte der an der Kette beteiligten Subunternehmer anzuhören, dem Erfordernis der Sachverhaltsermittlung auf der Grundlage objektiver Umstände? Ist in diesem Fall zudem die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen oder der an der Kette Beteiligten von Bedeutung und ist es hierfür erforderlich, einen Sachverständigen heranzuziehen?

    4. Sind eine nationale Auslegung und eine nationale Praxis, wonach die Steuerbehörde, wenn die materiellen und formellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs erfüllt sind und die erwartbaren angemessenen Maßnahmen ergriffen wurden, einen Steuerbetrug aufgrund von Umständen als erwiesen ansieht, die der Gerichtshof der Europäischen Union in seinen Urteilen erwähnt hat, die den Vorsteuerabzug nicht rechtfertigen und die nicht als objektiv zu qualifizieren sind, und das Recht auf Vorsteuerabzug nur deshalb versagt, weil diese Umstände bei einer hinreichend großen Zahl aller an der ermittelten Kette Beteiligten, die geprüft worden sind, vorkommen, mit den Bestimmungen der Richtlinie 2006/112 und dem Effektivitätsgrundsatz vereinbar?

    Gericht: Europäischer Gerichtshof

    Aktenzeichen: C-611/19

    Normen: EGRL 112/2006, AEUV Art 267

    Rechtsmittel: Vorabentscheidungsersuchen