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  • · Nachricht · Einkommensteuer

    Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen

    | Der FG Niedersachsen (10.6.25, 13 K 157/24; Rev. BFH VI R 10/25, Einspruchsmuster ) hat entschieden, dass Prozesskosten im Zusammenhang mit einer Klage gegen illegale Glücksspielanbieter nicht als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind. |

     

    Im Streitfall hatte der Kläger hohe Vermögensverluste bei der Teilnahme an illegalen Glücksspielen erlitten, deren Ausgleich er über Kredite finanzierte. Nach Verlust des Arbeitsplatzes konnte der Kläger die Darlehen nicht mehr bedienen und verklagte die Anbieter auf Rückzahlung der verspielten Einsätze. Die dabei entstandenen Anwalts- und Gerichtskosten ließ das FA mangels Zwangsläufigkeit nicht zum Abzug als außergewöhnliche Belastungen zu. Auch die Klage hatte keinen Erfolg. Prozesskosten sind nach Auffassung des FG gemäß § 33 Abs. 2 S. 4 EStG nur abzugsfähig, wenn sie dazu dienen, das Wegbrechen der Erwerbs- oder Einkommensgrundlage des Steuerpflichtigen zu verhindern. Für die Beurteilung, ob eine Gefahr des Verlustes der Existenzgrundlage bestehe, sei die Einkommens- und Vermögenssituation des Steuerpflichtigen im Jahr des Abflusses der Prozesskosten maßgeblich. Die bloße Befürchtung, dass sich die Einkommens- und Vermögenssituation in Zukunft verschlechtern werde, reiche nicht aus. Der angestrengte Prozess müsse dazu dienen, die Ursache der drohenden Existenznot zu beseitigen. Prozesse, die lediglich aus Anlass einer drohenden Existenznot, aber ohne inneren Zusammenhang mit der Ursache für den Wegfall der Lebensgrundlagen geführt werden, sind nach Auffassung des FG nicht durch § 33 Abs. 2 S. 4 EStG begünstigt. Zudem wies das FG darauf hin, dass Prozesskosten, die nur entstehen, weil durch den Prozess das Vermögen des Steuerpflichtigen vermehrt werden soll, keine außergewöhnliche Belastungen darstellen.

     

    PRAXISTIPP | Der BFH hatte noch keine Gelegenheit, zu einer Fallgestaltung der vorliegenden Art Stellung zu nehmen. Das FG hat die Revision zugelassen, da es dem Gericht für die zukünftige Anwendung des § 33 Abs. 2 S. 4 EStG erforderlich erscheint, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung die Voraussetzungen der Vorschrift weiter konkretisiert. Anders als der 13. Senat im Besprechungsfall hat der 9. Senat des Niedersächsischen FG (15.5.24, 9 K 28/23; Rev. BFH VI R 22/24) entschieden, dass eine Gefahr für die Existenzgrundlage und die Fähigkeit zur Befriedigung der lebensnotwendigen Bedürfnisse über die Berührung des Existenzminimums hinaus auch anzunehmen sei, wenn der Verlust von mindestens 85 % des ertragbringenden Vermögens des Steuerpflichtigen drohe. Bis zur Klärung der Rechtsfragen rund um den Begriff der materiellen Existenzgrundlage sollten in vergleichbaren Fällen die Prozesskosten weiterhin als agB geltend gemachten werden. Bei zu erwartendem Widerstand der FÄ bleiben dann nur der Einspruch und die Hoffnung auf eine bürgerfreundliche höchstrichterliche Rechtsprechung.

     
    Quelle: ID 50611671