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  • · Fachbeitrag · Vertragsarztrecht

    Treu und Glauben nicht berücksichtigt ‒ kein Regress gegen ermächtigten Chefarzt!

    von RAin, FAin MedR und SozR Babette Christophers LL.M., Münster, christophers.de

    | Wenn die Prüfgremien der gemeinsamen Selbstverwaltung über einen Regress gegen einen ermächtigten (Chef-)Arzt entscheiden, müssen sie neben dem Vertragsarztrecht auch den Grundsatz von Treu und Glauben berücksichtigen. Ein ermächtigter Chefarzt hatte Glück: Obwohl er viele seiner Arzneimittelverordnungen nicht persönlich unterzeichnet und damit gegen den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung verstoßen hatte, sah das Gericht einen Regress als „ungehörig“ an. Denn: Die Prüfgremien hatten den Grundsatz von Treu und Glauben außer Acht gelassen (Sozialgericht [SG] Mainz, Urteil vom 07.01.2022, Az. S 3 KA 14/19). |

    Hintergrund: persönliche Leistungserbringung

    Ermächtigte (Chef-)Ärzte nehmen an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Daher haben sie sämtliche Vorschriften des Vertragsarztrechts, insbesondere das Gebot der persönlichen Leistungserbringung, zu beachten (CB 08/2022, Seite 11). Das Bundessozialgericht (BSG) hat bereits in einer Entscheidung aus 2013 (Urteil vom 20.03.2014, B 6 KA 17/12 R) zum Ausdruck gebracht, dass das Gebot der persönlichen Leistungserbringung auch für die Verordnungstätigkeit eines ermächtigten Krankenhausarztes gilt (CB 10/2017, Seite 16).Unterschreibt der ermächtigte Arzt, die von ihm ausgestellten Verordnungen nicht oder nicht persönlich, kann daraus die Feststellung eines sonstigen Schadens gem. § 48 Abs. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) resultieren.

    Chefarzt hatte viele Verordnungen nicht selbst unterschrieben

    In dem vom SG Mainz entschiedenen Fall wehrte sich der Kläger, ein Chefarzt, gegen eine Schadensfestsetzung i. H. v. knapp 270.000 Euro. Als Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe war er zur Behandlung von vor allem onkologisch erkrankten Patientinnen ermächtigt. Für diese Patientinnen hatte er Verordnungen über Medikamente ausgestellt, die im Rahmen einer chemotherapeutischen Behandlung von Tumorerkrankungen verabreicht wurden und die medizinisch indiziert waren. In einer Vielzahl von Fällen hatte er die Verordnungen nicht selbst unterschrieben.