Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Sektorenübergreifende Versorgung

    Leistungen ermächtigter Ärzte werden künftig bei der Bedarfsplanung berücksichtigt

    von Rechtsanwalt Tim Hesse, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de 

    | Die Leistungen ermächtigter Ärzte und Einrichtungen werden künftig in der Bedarfsplanung berücksichtigt. Diesen Beschluss fasste der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am 17. April 2014 (siehe CB 05/2014, S. 7 ). Inzwischen hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) den Beschluss zwar genehmigt, gleichwohl aber auch auf die harsche Kritik von Ärzten, Psychotherapeuten und Patientenvertretern reagiert und den G-BA insbesondere zu einer umgehenden Prüfung der Verhältniszahlen verpflichtet. |

     

    Hintergrund

    Nach § 101 SGB V beschließt der G-BA in Richtlinien unter anderem über Regelungen, mit denen bei der Berechnung des Versorgungsgrades die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte berücksichtigt werden. Diese mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz eingefügte Vorgabe hatte der G-BA in der Bedarfsplanungs-Richtlinie (BPLR) nur vorläufig umgesetzt. Bislang waren Leistungen von ermächtigten Ärzten und Psychotherapeuten, die in vollem oder hälftigem Umfang eines Vollversorgungsauftrags für ihr Fachgebiet ermächtigt waren, wie zugelassene Vertragsärzte oder Psychotherapeuten anzurechnen. Diese in der Praxis kaum greifbare Regelung wurde nun angepasst.

     

    Die Neuregelung von § 22 BPLR

    Nach dem neuen § 22 BPLR werden Leistungen ermächtigter Ärzte entsprechend ihrem tatsächlichen Tätigkeitsumfang auf den Versorgungsgrad angerechnet, soweit der Tätigkeitsumfang nicht vernachlässigbar ist. Vernachlässigbar sind Tätigkeitsumfänge, die nicht ein Viertel eines Vollversorgungsauftrags erreichen. Zudem setzt eine Anrechnung voraus, dass mindestens drei Leistungsziffern angesetzt werden dürfen. Je nach Tätigkeitsumfang erfolgt dann eine Berücksichtigung auf den Versorgungsgrad von 0,25/0,5/0,75 oder 1,0. Maßstab für die Anrechnung ist dabei die Fallzahl in Relation zum Fachgruppendurchschnitt der betreffenden Arztgruppe.

     

    Keine Anrechnung erfolgt für Hochschulambulanzen (§ 117 SGB V) und ambulante Einrichtungen der Behindertenhilfe (§ 119a SGB V). Sonstige ermächtigte Einrichtungen wie etwa Institutsambulanzen werden, soweit der Umfang ein Viertel eines Vollversorgungsauftrags ausmacht, nach gesonderten Vorgaben berücksichtigt: Krankenhäuser, die bei Unterversorgung ermächtigt werden, bzw. geriatrische Institutsambulanzen sind entsprechend ihren Fallzahlen in 0,25er-Schritten quotiert zu berücksichtigen.

     

    Psychiatrische Institutsambulanzen (§ 118 SGB V) und Sozialpädiatrische Zentren (§ 119 SGB V) werden pauschal mit 0,5 auf den Versorgungsgrad angerechnet, soweit nicht belastbare anderweitige Daten vorliegen. Die Zuordnung erfolgt dabei zur Arztgruppe, in der schwerpunktmäßig die Leistungen erbracht werden. Der G-BA geht dabei davon aus, dass ausreichend Informationen über das jeweilige Leistungsspektrum der Einrichtung bekannt sind. Es erfolgt dann eine Anrechnung nach den vorbenannten Kriterien. Liegen keine Informationen über den Schwerpunkt der Einrichtung vor, erfolgt die Anrechnung von

     

    • Psychiatrischen Institutsambulanzen bei den Psychotherapeuten,
    • Geriatrischen Institutsambulanzen bei den Internisten und
    • Sozialpädiatrischen Zentren bei den Kinderärzten.

     

    Von diesen Grundsätzen kann zur Berücksichtigung regionaler Besonderheiten abgewichen werden. Ob solche Besonderheiten bestehen und inwieweit Abweichungen vorgenommen werden (können), muss einvernehmlich auf Landesebene zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Landesverbänden der Kassen festgestellt werden.

     

    Die Regelungen gelten für die geriatrischen Institutsambulanzen (§ 118a SGB V) sowie für Psychosomatische Institutsambulanzen (§ 118 Abs. 3 SGB V) nur vorläufig, da entsprechende Vereinbarungen derzeit noch verhandelt werden.

     

    Da die Auswirkungen der Regelung sowohl auf die Versorgung als auch auf das Leistungsgeschehen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vollständig absehbar sind, hat der G-BA die Regelung zunächst nur bis zum 31. Mai 2018 befristet. Für die Fortsetzung oder eine Änderung der Regelung muss der G-BA somit aktiv einen Beschluss fassen, anderenfalls tritt diese Regelung mit Ablauf des 31. Mai 2018 außer Kraft.

     

    Ministerium mit „Hausaufgaben“ für den G-BA

    Das BMG hat den Beschluss zwar nicht beanstandet, den G-BA aber „gebeten“, die Anpassung der Verhältniszahlen mit Blick auf die umgehend geäußerte Kritik aus den Kreisen der Vertragsärzte, Vertragspsychotherapeuten und Patienten zu prüfen. Das BMG greift somit die Beschlussfassung, ermächtigte Leistungserbringer nunmehr in der Bedarfsplanung zu berücksichtigten, nicht an. Die an anderer Stelle in der BPRL vorgenommene Festlegung der Verhältniszahlen soll jedoch umgehend überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Denn mit der Berücksichtigung ermächtigter Leistungserbringer dürften aller Voraussicht nach Zulassungsmöglichkeiten wegfallen, die für eine bedarfsgerechte Versorgung nach derzeitigem Stand erforderlich sind. Das Ergebnis dieser Prüfung darf mit Spannung erwartet werden. Ferner soll die Evaluation schnellstmöglich vorgenommen werden, um die Auswirkungen des Beschlusses zeitnah zu prüfen und gegebenenfalls reagieren zu können. Auch diese Vorgabe des BMG erfolgt auf Druck der geäußerten Kritik.

     

    FAZIT | Die „befristete“ Umsetzung der umstrittenen Regelung durch den G-BA ist mit Blick auf die Bedeutung der Regelung für viele Arztgruppen ein „interessantes“ Vorgehen. Auch die bedarfsplanungsrechtliche Erfassung von Ermächtigungen passt nicht in die Systematik des Vertragsarztrechts. Mit den Auswirkungen dieses Beschlusses wird man gleichwohl leben müssen.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2014 | Seite 9 | ID 42873675