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  • · Fachbeitrag · Rechtsprechung

    Haftung: Ärzte aus verschiedenen Fachgebieten dürfen auf das Können der Kollegen vertrauen!

    von Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Rainer Hellweg, Hannover

    | Ein Arzt ist grundsätzlich nur für sein Fachgebiet verantwortlich. Er darf daher auf sorgfältiges Arbeiten des jeweils anderen Arztes in dessen Fachgebiet vertrauen. Diesen Grundsatz hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt in seinem jetzt veröffentlichten Urteil vom 16.07.2019 (Az. 8 U 59/17) bekräftigt. Dies hat aber Grenzen! Wann der jeweilige Arzt bei arbeitsteiligem Zusammenwirken von sich aus nachhaken muss (insbesondere im Falle radiologischer Befundung), zeigt der folgende Artikel. |

    Orthopäde verließ sich auf radiologische Befundberichte

    In dem vom OLG Frankfurt entschiedenen Fall ging es um die horizontale Arbeitsteilung zwischen einem Orthopäden und einem Radiologen.

     

    Der später klagenden Patientin waren wegen einer Wirbelsäulenerkrankung vier Pedikelschrauben im Lendenwirbelbereich implantiert worden. Ein Jahr nach der OP stürzte sie und litt fortan unter Schmerzen im unteren Rückenbereich sowie unter ausstrahlenden Schmerzen über das Becken hinweg, durch das linke Bein, bis hinunter zum Fuß. Sie konsultierte daher den Orthopäden, der eine röntgenologische Untersuchung veranlasste. Im Befundbericht des Radiologen hieß es: „Frakturen oder Beschädigungen des Osteosynthesematerials liegen nicht vor.“ Da die Schmerzen persistierten, stellte sich die Patientin ca. ein Jahr später erneut bei dem Orthopäden vor. Dieser gab bei demselben Radiologen erneut eine Röntgenuntersuchung in Auftrag. In dessen Befundbericht war vermerkt: „Im Vergleich zur Voruntersuchung etwa vergleichbarer Befund“. Letztlich stellte sich heraus, dass die Pedikelschraube SWK 1 links gebrochen war ‒ wohl durch den häuslichen Sturz. Im Arztbrief aus dem Krankenhaus, wo später die gebrochene Schraube operativ entfernt wurde, wurde dokumentiert, dass bereits auf dem ersten Röntgenbild ‒ und noch deutlicher auf dem zweiten ein Jahr später ‒ Anzeichen für den Materialbruch sichtbar gewesen wären. Weder der behandelnde Orthopäde noch der Radiologe erkannten dies jedoch. Der Orthopäde verließ sich auf die Befundberichte des Radiologen ‒ und behandelte konservativ.