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  • · Fachbeitrag · Arzthaftung

    Diagnoseärzte müssen (weiter-)behandelnden Kollegen auch Nebenbefunde mitteilen!

    von RA, FA MedR Dr. Rainer Hellweg, Hannover

    | In der horizontalen Arbeitsteilung zwischen verschiedenen Fachbereichen der Klinik oder an der Schnittstelle zum ambulant weiterbehandelnden Hausarzt kommt es immer wieder zu haftungsträchtigen Fehlern. Ärzte, die vom behandelnden Kollegen einen Diagnoseauftrag erhalten haben, müssen diesem oder dem weiterbehandelnden Arzt auch Neben- oder Zufallsbefunde mitteilen, die über den eigentlichen Auftrag hinausgehen (Oberlandesgericht [OLG] Dresden, Urteil vom 10.10.2023, Az. 4 U 634/23). Was dabei zu beachten ist, zeigt dieser Beitrag. |

    Patient mit bleibender Facialisparese verklagt Radiologen ...

    Ein 24-jähriger Patient stellte sich wegen Kopfschmerzen bei seinem Hausarzt vor. Dieser überwies den Patienten zwecks MRT zum Radiologen. Der Radiologe führte die MRT durch und schilderte im Arztbrief an den Hausarzt einen altersentsprechenden und unauffälligen Befund. Über ein halbes Jahr später begab sich der Patient wegen Tinnitus und Schwindels in HNO-ärztliche Behandlung. Im weiteren Verlauf der Diagnostik ergab ein CT destruierende Knochenveränderungen und eine ausgedehnte Cholesteatombildung am linken Felsenbein. In zwei Operationen mussten das Cholesteatom sowie Jahre später ein Rezidiv entfernt werden. Es verblieb jedoch eine Facialisparese mit weiteren persistierenden Beeinträchtigungen wie Gleichgewichtsstörungen, Schmerzen im Gesicht und im Ohrbereich. Der Patient verklagte daraufhin die Radiologiepraxis, die seinerzeit die MRT durchgeführt hatte.

    ... und wirft ihm mangelhafte Auswertung der MRT vor

    Der Vorwurf des Patienten im Prozess: Die Befunderhebung und Auswertung der MRT durch den Radiologen seien grob behandlungsfehlerhaft gewesen. Die sichtbare Läsion sei nicht beschrieben und eine weitere Befunderhebung nicht veranlasst worden. Der Radiologe hätte darauf hinweisen müssen, dass die Läsion mit der Diagnose eines Cholesteatoms vereinbar gewesen sei und daher ein CT schon damals ‒ viel früher ‒ hätte eingeholt werden müssen. Bei einer rechtzeitigen Diagnose und Behandlung hätte ein weiteres Wachstum des Choleastoms vermieden werden können. Die bleibende Facialisparese und die weiteren Beeinträchtigungen hätten dem Patienten erspart bleiben können. Der Patient forderte daher Schmerzensgeld in Höhe von mindestens rund 40.000 Euro sowie weiteren Schadenersatz.