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  • · Fachbeitrag · Medizinrecht

    Das neue Krankenhausstrukturgesetz: Was ist für Ärzte und Kliniken wirklich relevant?

    von Dr. Christian Reuther, Fachanwalt für Medizinrecht, Dierks + Bohle Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Berlin, www.db-law.de

    | Das Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) ist zum 1. Januar in Kraft getreten. Der CB fasst für Sie die wichtigsten Punkte des Gesetzes zusammen. |

    Die 8 zentralen Inhalte des Gesetzes

    Die nachfolgenden Punkte stellen die Kernelemente dar, die Ärzte und Krankenhäuser besonders betreffen:

     

    1. „Qualität“ als Ziel der Krankenhausplanung

    „Qualität“ wird nun ausdrücklich als Ziel der Krankenfinanzierung und -planung genannt. Hierzu ergänzt der Gesetzgeber § 1 Abs. 1 Krankenhausgesetz (KHG) um das Zielkriterium einer „qualitativ hochwertigen und patientengerechten Versorgung“. Bisher prägte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) das Recht der Qualitätssicherung im Krankenhaus. Dies umfasst etwa die strukturierten Qualitätsberichte und die Mindestmengen.

     

    Mit dem KHSG wird der (mittelbare) Einfluss des G-BA auf den Bereich der Krankenhausplanung gestärkt. Zwar bleibt die Krankenhausplanung „vor Ort“ Ländersache; der G-BA beschließt aber nun Qualitätsindikatoren zur Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität. Sie dienen als Grundlage für qualitätsorientierte Entscheidungen der Krankenhausplanung und werden Bestandteil des Krankenhausplans. Schon bis Ende 2016 muss der G-BA einen ersten Beschluss fassen. Doch Vorsicht: Die Länder können die Geltung der Qualitätsindikatoren des G-BA einschränken oder ausschließen. Zudem können sie weitere Qualitätsanforderungen zum Gegenstand der Krankenhausplanung machen.

     

    PRAXISHINWEIS | Insgesamt müssen die Krankenhäuser künftig deutlich mehr Vorgaben beachten. Auch für die Landesbehörden der Krankenhausplanung werden die zu beachtenden Planungsvorgaben komplexer. Für Kliniken heißt das: Wer eine negative Planungsentscheidung erhält, für den wird es vermutlich schwerer, effektiven Rechtsschutz zu erlangen. Denn den Planungsbehörden steht mit den komplexeren Vorgaben auch ein Beurteilungsspielraum zu, der von den Gerichten nur eingeschränkt zu kontrollieren ist.

     

    Bis zum 31. Dezember 2017 muss der GB-A zudem einen Katalog beschließen, der folgende Themen aufgreift:

    • Welche Leistungen oder Leistungsbereiche eignen sich für qualitätsabhängige Zu- oder Abschläge bei der Vergütung?
    • Welche Qualitätsziele sollen gelten?
    • Was sind geeignete Qualitätsindikatoren?

     

    Nachdem der G-BA seine Beschlüsse gefasst hat, sind im Rahmen der Budgetvereinbarung für entsprechende Leistungsbereiche mit außerordentlich guter oder unzureichender Qualität Zu- oder Abschläge zu vereinbaren. Bei schlechter Qualität muss der Klinik auferlegt werden, die Mängel innerhalb eines Jahres zu beseitigen. Erst nach diesem Karenzjahr und bei erfolglosem Bemühen sind die Qualitätsabschläge zu zahlen.

     

    Werden die Qualitätsmängel weiterhin nicht abgestellt, kann der Qualitätsabschlag für die Dauer von zwölf Monaten verdoppelt werden. Werden Qualitätsvorgaben dauerhaft unterschritten, kann dem Krankenhaus sogar der Versorgungsauftrag entzogen werden. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) kontrolliert, ob die Qualitätsvorgaben des G-BA in den Krankenhäusern eingehalten werden.

     

    2. Abbau von Überkapazitäten

    Der Gesetzgeber strebt mit der Neuregelung an, im stationären Bereich Überkapazitäten abzubauen und stationäre Versorgungsangebote und Standorte zu konzentrieren. Zudem sollten Krankenhäuser in nicht akutstationäre örtliche Versorgungseinrichtungen umgewandelt und palliative Versorgungsstrukturen gefördert werden.

     

    Hierzu wird aus dem Gesundheitsfonds ein Strukturfonds in Höhe von insgesamt 500 Millionen Euro errichtet. Damit die Länder hierauf zugreifen können, müssen sie - ggf. zusammen mit dem Träger - mindestens die Hälfte der förderungsfähigen Kosten selbst tragen. So soll ein Volumen von einer Milliarde Euro erreicht werden. Es bleibt abzuwarten, ob dieses Instrument geeignet ist, die Versorgungslandschaft tatsächlich umzugestalten.

     

    3. Einführung von Qualitätsverträgen

    Die Einführung sogenannter Qualitätsverträge zwischen Kliniken und Krankenkassen stellt den ersten Schritt zu Selektivverträgen im Bereich der stationären Versorgung dar. Mit diesen Qualitätsverträgen soll erprobt werden, inwieweit stationäre Behandlungen verbessert werden können, indem höherwertige Qualitätsstandards und darauf abzielende zusätzliche Anreize vereinbart werden.

     

    4. Rechtsschutzmöglichkeiten der Leistungserbringer werden gestärkt

    Auch die Bestimmungen zu Mindestmengenregelungen werden durch die Neuregelung im Sozialgesetzbuch (SGB) V überarbeitet. Unter anderem werden die Rechtsschutzmöglichkeiten der Leistungserbringer - also von Ärzten und Kliniken - bei Streitigkeiten mit den Krankenkassen über die Berechtigung zur Leistungserbringung klar formuliert.

     

    5. Förderprogramm für Pflegestellen von bis zu 660 Millionen Euro

    Um einen Beitrag zur Verbesserung der pflegerischen Patientenversorgung zu leisten, enthält das Gesetz ein Pflegestellen-Förderprogramm. In den Jahren 2016 bis 2018 sollen sich die Fördermittel dafür auf bis zu 660 Millionen Euro belaufen. Nach dem Ende des Förderprogramms sollen zusätzliche Mittel in Höhe von 330 Millionen Euro im Krankenhausbereich bleiben.

     

    6. Änderungen im Recht der Krankenhausfinanzierung

    Im Recht der Krankenhausfinanzierung enthält das KHSG eine Vielzahl von weiteren Änderungen. Unter anderem sieht das Gesetz Folgendes vor:

     

    • Die Rahmenbedingungen für die Anwendung von Sicherstellungszuschlägen werden detailliert ausgestaltet
    • Die Bestimmungen für Zuschläge für besondere Aufgaben, die nicht bereits mit den Krankenhausentgelten sachgerecht finanziert sind, werden geändert
    • Der Versorgungszuschlag wird durch einen Pflegezuschlag ersetzt
    • Die Einbindung der Kostenträger bei steigenden Kosten durch Tarifabschlüsse wird neu geregelt
    • Die Mengensteuerung wird weiter ausdifferenziert
    • Das Hygieneförderprogramm wird verlängert - um drei Jahre

     

    7. Zusatzbudget für ambulante Notfälle

    Durch das KHSG wird ein eigenes Honorarvolumen für ambulante Notfallleistungen gebildet. Im Rahmen des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes hatte der Gesetzgeber die Kassenärztlichen Vereinigungen aufgefordert, den kassenärztlichen Notdienst auch durch Kooperationen und organisatorische Verknüpfungen mit zugelassenen Krankenhäusern sicherzustellen. Nun justiert der Gesetzgeber nach und ergänzt die Regelung dadurch, dass

    • entweder Notdienstpraxen in oder an Krankenhäusern eingerichtet oder
    • Notfallambulanzen der Krankenhäuser unmittelbar in den Notdienst eingebunden werden sollen.

     

    8. Reformierung des Schlichtungsverfahrens nach MDK-Prüfungen

    Auch das Schlichtungsverfahren nach Abschluss von MDK-Prüfverfahren gemäß § 275 SGB V wird erneut reformiert. Nunmehr sollen die beteiligten Parteien gemeinsam einen unabhängigen Schlichter bestellen „können“, wenn sie die Prüfergebnisse kontrollieren möchten. Gegen die Entscheidung des Schlichters kann zwar vor dem Sozialgericht geklagt werden; eine gerichtliche Überprüfung des Schlichterspruchs findet aber nur statt, wenn geltend gemacht wird, dass die Entscheidung der öffentlichen Ordnung widerspricht. Dies regelt nun die neue Fassung von § 17c Abs. 4 Krankenhausfinanzierungsgesetz.

     

    Hintergrund der Neuregelung: Nach Einschätzung des Gesetzgebers ist der Verwaltungsaufwand für die Einrichtung der Schlichtungsausschüsse sehr hoch und steht nicht in einem angemessenen Verhältnis zu den erzielbaren Vereinfachungen der Verfahren - zumal meist nur um relativ geringe Geldbeträge gestritten wird.

     

    Vor allem erwartet der Gesetzgeber, dass nur relativ wenige Fälle vor den Schlichter kommen und daher keine spürbare Entlastung der Sozialgerichte eintritt. Die Neuregelung solle mithin sowohl für die Streitigkeiten im Bagatellbereich als auch für höhere Streitigkeiten die Möglichkeit schaffen, unbürokratisch eine schnelle und verbindliche Streitbeilegung herbeizuführen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit Kliniken und Krankenkassen tatsächlich künftig die neuen Möglichkeiten einer Schlichtung nutzen werden.

    Quelle: Ausgabe 01 / 2016 | Seite 4 | ID 43790176