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  • · Fachbeitrag · Medikamenteneinsatz

    Einschätzung des behandelnden Arztes genügt nicht für Kostenübernahme bei „Off-Label-Use“

    von RAin, FAin MeR Dr. Christina Thissen, Münster, voss-medizinrecht.de

    | Der wegweisende „Nikolausbeschluss“ des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hat den „Off-Label-Use“ von Medikamenten bei lebensbedrohlichen Erkrankungen, insbesondere die Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen, vereinfacht. Dennoch reicht nach Auffassung des Gerichts in bestimmten Fällen die Befürwortung durch den behandelnden Arzt nicht für die Kostenübernahme aus: Das Gericht nahm die Verfassungsbeschwerde eines GM2-Gangliosidose-Patienten gegen die Ablehnung der Kostenübernahme für eine Off-Label-Therapie mit Miglustat nicht zur Entscheidung an (Beschluss vom 25.09.2023, Az. 1 BvR 1790/23). |

    „Off-Label-Use“ ist seit 2012 gesetzlich geregelt

    In einigen Fachgruppen (z. B. Onkologie, Pädiatrie) werden Sie als Chefarzt mit dem Thema „Off-Label-Use“ im Klinikalltag häufig in Berührung kommen. Seit 2012 wurde nach dem „Nikolausbeschluss“ des BVerfG im Sozialgesetzbuch aufgenommen, dass bei lebensbedrohlichen Erkrankungen auch nicht anerkannte Methoden bezahlt werden müssen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Linderung besteht und es keine Alternativen gibt (CB 07/2017, Seite 14 f. und CB 04/2019, Seite 9 ff.).

    Eltern eines kranken Kindes klagen auf Kostenübernahme ...

    Das betroffene Kind war im Jahr 2020 mit der neurodegenerativen Erkrankung GM2-Gangliosidose geboren. Seit dem Frühjahr 2022 erhielt es im Rahmen einer Off-Label-Therapie das Arzneimittel Tanganil. Die behandelnde Kinderärztin hielt eine zusätzliche Behandlung mit dem nur für die GM1-Gangliosidose zugelassenen Arzneimittel Miglustat für Erfolg versprechend. Im November 2022 beantragten die Eltern des Kindes vergeblich bei der zuständigen Krankenkasse die zusätzliche Off-Label-Therapie, die in der Folge im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes von Mai bis Juli 2023 vorübergehend gewährt wurde. Der Klageweg bei den Fachgerichten blieb aber im Übrigen erfolglos. Die daraufhin eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde mit einer Verletzung des grundrechtlich verbürgten Rechtes auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz) begründet.