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  • · Fachbeitrag · Lohnsteuer

    BFH: Pauschale Vergütung für Bereitschaftsdienst nicht steuerfrei!

    von Dr. iur. Stephan Peters, Münster

    | Die pauschale Vergütung von Bereitschaftsdiensten zusätzlich zum Grundlohn ist kein steuerfreier Zuschlag i. S. d. § 3b Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Tätigkeit an einem Samstag oder einem Sonntag erbracht wurde (Bundesfinanzhof [BFH], Urteil vom 29.11.2016, Az. VI R 61/14 ). |

    Hintergrund: Zuschläge sind keine Vergütung

    Aus wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Gründen und dem Allgemeininteresse an der Arbeit in diesen Zeiten werden Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit begrenzt steuerfrei behandelt. Abzugrenzen sind die gemäß § 3b Einkommensteuergesetz (EStG) begünstigten Zuschläge von der Vergütung für Bereitschaftsdienste. Letztere ist nämlich nicht schon deshalb steuerfrei, weil die Ableistung des Bereitschaftsdienstes in begünstigte Zeiten i. S. d. § 3b EStG fällt.

     

    MERKE | Wird zusätzlich zur Bereitschaftsdienstvergütung ein Zuschlag gezahlt und fällt der Dienst in die begünstigte Zeit, kann dieser in den Grenzen von § 3b EStG steuerfrei behandelt werden.

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin betreibt Fachkliniken. Für die Anstellungsverhältnisse galten ein Mantel- und ein Entgelttarifvertrag, die die Zahlung von Mehrarbeitsvergütung und Zeitzuschlägen sowie eine pauschale Vergütung für die Ableistung von Bereitschafts- und Rufbereitschaftsdiensten regelten. Der ärztliche Bereitschaftsdienst sollte demnach an Samstagen, Sonn- und Feiertagen mit 202,98 Euro vergütet werden. Außerdem wurde in den Arbeitsverträgen geregelt, dass der Bereitschaftsdienst an „Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen […] 24 Stunden“ dauert. Dadurch kam es praktisch nicht zur Auszahlung der in dem Entgelttarifvertrag geregelten Vergütung für Mehrarbeit oder Zeitzuschlägen, weil Nachtarbeit sowie Arbeit an Samstagen, Sonn- und Feiertagen automatisch als Bereitschaftsdienst bewertet wurde. Eine Einzelaufstellung über die tatsächlich geleisteten Stunden wurde nicht erstellt. Das Finanzamt bewertete die gezahlte Vergütung in Höhe der Pauschale nicht als steuerfreie Zuschläge i. S. d. § 3b EStG, sondern als steuerpflichtiges Entgelt und forderte ‒ zu Recht ‒ eine Lohnsteuernachzahlung i. H. v. 130.000 Euro.

    Entscheidungsgründe

    Die Steuerbefreiung nach § 3b Abs. 1 EStG setzt voraus, dass die Zuschläge ausdrücklich neben dem Grundlohn geleistet werden und nicht als Teil einer einheitlichen Entlohnung für die gesamte Tätigkeit. Zudem müssen die neben dem Grundlohn gewährten Zuschläge nur für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt werden. Eine Einzelaufstellung der konkret erbrachten Zeiten ist in diesem Fall unbedingt erforderlich. Nicht ausreichend ist es hingegen, wenn die Arbeit an Sonn-, Feiertagen oder Nachtdienste lediglich pauschal abgegolten wird, weil in diesen Fällen eine Zurechnung weder dem Grunde noch der Höhe nach möglich ist.

    Empfehlungen für Krankenhausärzte im Bereitschaftsdienst

    Die Entscheidung verdeutlicht, dass die Finanzgerichte auf eine strenge Trennung zwischen Zuschlägen und einer ggf. darüber hinaus gewährten Bereitschaftsdienstvergütung achten. Gezahlte Zuschläge müssen eindeutig als solche erkennbar sein. Auf Ihr Nettogehalt kann die Entscheidung deutlich spürbare Auswirkungen haben. Zu erwarten ist, dass Kliniken mit vergleichbaren Vergütungsmodellen ihre Abrechnungspraxis der BFH Rechtsprechung anpassen.

     

    Die korrekte Versteuerung Ihrer Zuschläge ist Sache des Arbeitgebers, wenngleich auch eine direkte Inanspruchnahme des Arbeitnehmers (z. B. gemäß § 42d EStG) nicht ausgeschlossen ist. Damit Sie aber als Krankenhausarzt im Bereitschaftsdienst in Zukunft tatsächlich steuerfreie Zuschläge i. S. d. § 3a EStG erhalten und deren gewollte Begünstigung auch tatsächlich wirkt, sollten Sie schon jetzt handeln.

     

    • Prüfung Ihrer Gehaltsabrechnung: So gehen Sie vor
    • Überprüfen Sie Ihre letzten Gehaltsabrechnungen: Wurden Zuschläge gezahlt und voll versteuert, die ggf. gemäß § 3b EStG steuerfrei sein könnten?
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    • Wenn tatsächlich mehr Lohnsteuer abgezogen wurde als notwendig und aufgrund der Vergütungsregelungen die gesetzlich gewollte steuerliche Begünstigung für Zuschläge gemäß § 3b EStG verwirkt wurde, prüfen Sie Ihre arbeits- und tarifvertraglichen Regelungen. Soweit hier Bewertungsrisiken bestehen, suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber. Schlagen Sie ihm ein Vergütungsmodell vor, das mit den Vorgaben des § 3b EStG vereinbar ist. Holen Sie hier notfalls anwaltlichen Rat ein.
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    • Sofern die Abrechnungspraxis des Krankenhauses gegen die tarif- oder individualvertraglich vereinbarte Vergütungsabrede verstößt und Sie durch diese vertragswidrige Abrechnungspraxis „zu viel“ Lohnsteuer gezahlt haben, kommen auch Schadenersatzansprüche gegen das Krankenhaus in Betracht. Wenn Sie Schadenersatzansprüche durchsetzen wollen, holen Sie unbedingt anwaltlichen Rat ein. Denn für derartige Ansprüche könnten tarif- und individualvertraglich kurze Ausschlussfristen gelten!
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    • Wichtig | Schon wegen möglicher Schadenersatzansprüche aufgrund fehlerhafter Gehaltsabrechnung werden Krankenhausträger vermutlich nicht auf eine Umstellung des Lohnsteuerabzugssystems gesondert hinweisen, sondern die Umstellung stillschweigend vornehmen. Allein schon deshalb sollten Sie Ihre letzte Gehaltsabrechnung sorgfältig überprüfen.
     

    Disclaimer

    • Dieser Beitrag wurde vom Autor nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst, sondern gibt ausschließlich die persönliche Auffassung des Autors wieder.
    Quelle: Ausgabe 05 / 2017 | Seite 7 | ID 44578058