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  • · Fachbeitrag · Leserforum

    Angestellt in der Klinik und im MVZ: Darf sich der Chefarzt Patienten selbst zuweisen?

    beantwortet von RA, FA ArbR und MedR Dr. Tilman Clausen, armedis Rechtsanwälte Hannover, www.armedis.de

    | FRAGE: „Ihr Beitrag „Risiken für Chefärzte nach dem Antikorruptionsgesetz“ ( CB 04/2017, Seite 2 ) lässt für mich folgende Frage offen: Wie steht es mit Chefärzten, die sowohl im Krankenhaus als auch im MVZ angestellt sind (in meinem Fall mit getrennten Arbeitsverträgen über zwei verschiedene Dachgesellschaften) und sich somit Patienten selbst zuweisen? Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass die Vergütung in der Klinik zu mehr als 50 Prozent aus einem variablen leistungsabhängigen Anteil besteht.“ |

     

    ANTWORT: Wir verstehen Ihre Frage so, dass Sie als Chefarzt z. T. im Krankenhaus und z. T. in einem krankenhauseigenen MVZ angestellt sind. Die Träger des Krankenhauses und des MVZ sind nicht identisch. Im Rahmen Ihrer Tätigkeit im MVZ weisen Sie sich selbst Patienten im Krankenhaus zu. Dies ist an sich noch nicht problematisch. Sicherlich ist es laut Ihrem Anstellungsvertrag mit dem MVZ u. a. Ihre Aufgabe, die Patienten des MVZ zu behandeln. Dazu gehört ggf. auch die stationäre Krankenhauseinweisung, sofern diese medizinisch erforderlich ist. Für die stationäre Krankenhauseinweisung von Kassenpatienten gilt die Krankenhauseinweisungsrichtlinie des gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Für Privatpatienten gibt es insoweit keine Vorgaben. Sie sollte sich aber auch bei Privatpatienten an die Richtlinie halten. Der Patient hat das Recht der freien Arztwahl, d. h. er muss nicht das Krankenhaus aufsuchen, in dem Sie gleichzeitig als Chefarzt tätig sind.

     

    Im Krankenhaus gehen Sie wiederum Ihren Dienstaufgaben nach, wenn Sie einen Patienten, den Sie zuvor im Rahmen Ihrer Tätigkeit im MVZ gesehen haben, stationär behandeln. Dies ist grundsätzlich ebenfalls in Ordnung. Der Gesetzgeber wollte mit den Vorschriften der §§ 299a und 299b Strafgesetzbuch (StGB) keine Kooperationen zwischen ambulant und stationär unter Strafe stellen, die ausdrücklich erwünscht sind. Dazu gehört es auch, dass Krankenhäuser MVZs gründen und ggf. als Eigenbetrieb oder über eine Tochtergesellschaft führen. Problematisch wird es erst, wenn die Kooperation zwischen MVZ und Krankenhaus so ausgestaltet ist, dass das Krankenhaus durch das MVZ bei der Zuweisung von Patienten in unlauterer Weise bevorzugt wird, wobei dies auch noch nicht strafbar i. S. d. §§ 299a und 299b StGB sein muss.

     

    PRAXISHINWEIS | Problematisch wären z. B. Kooperationsformen, in denen

    • Sie gesondert dafür honoriert würden, dass Sie möglichst viele Patienten in „Ihr“ Krankenhaus überweisen (z. B. im Rahmen einer Zielvereinbarung)
    • in irgendeiner Form Druck auf die Patienten ausgeübt würde, sich gerade in dem Krankenhaus weiterbehandeln zu lassen, in dem Sie als Chefarzt arbeiten.

    Um die von Ihren geschilderte Konstellation darüber hinaus beurteilen zu können, ist eine detaillierte Prüfung Ihrer Arbeitsverträge notwendig.

     
    Quelle: Ausgabe 08 / 2017 | Seite 17 | ID 44757207