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  • · Nachricht · Corona-Pandemie

    Arbeitsrechtliche Fragen zur Patientenversorgung in Zeiten von COVID-19

    von RA und FA für ArbeitsR und SteuerR Norbert H. Müller und RA und FA für ArbeitsR und MedizinR, Marc Rumpenhorst www.klostermann-rae.de

    | Das im Krankenhaus für alle dort Beschäftigten bestehende Risiko einer Infizierung mit dem COVID-19 (Coronavirus SARS-CoV-2) rechtfertigt es derzeit nicht, die Arbeitsleistung zurückzuhalten. Grundsätzlich besteht auch im Falle einer drohenden Infizierungsgefahr die Arbeitspflicht. |

    Zurverfügungstellung von Schutzausrüstung

    Grundsätzlich hat der Krankenhausträger als Arbeitgeber für jeden einzelnen Arbeitsplatz die Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit im Rahmen der seit dem 01.01.2018 geltenden Gefährdungsbeurteilung einzuschätzen. Im Rahmen der Pandemieplanung sind ebenfalls weitere Maßnahmen zu ermitteln und durchzuführen.

     

    Zur Vermeidung von Infizierungen ist der Krankenhausträger zudem den Ärzten und nicht-ärztlichen Mitarbeitern ggf. verpflichtet, angemessene persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen. Hierzu gehören insbesondere Schutzhandschuhe sowie Atemmasken bzw. zumindest Mundschutz ‒ auch für die Patienten zum Schutz der Mitarbeiter. Der ad hoc Arbeitskreis „COVID-19“ des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) hat zum Umgang mit Schutzausrüstung im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) ein Informationspapier erarbeitet. Dieses ist unter folgendem Link abrufbar: iww.de/s3503.

     

    MERKE | Ohne entsprechende Ausrüstung ist die Behandlung von Patienten derzeit nicht zumutbar und deshalb von den Mitarbeitern auch nicht zu erbringen. Der Träger sollte unter Hinweis auf seine Fürsorge- und Arbeitssicherheitspflichten sowie unter Androhung der Zurückhaltung der Arbeitsleistung bei Lohnfortzahlung aufgefordert werden, angemessene Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen.

     

    Behandlung von COVID-19-Erkrankten

    Auch zur Behandlung von COVID-19-Erkrankten kann jeder Arzt des Krankenhauses herangezogen werden. Primär sind natürlich die diese Patienten versorgenden Fachrichtungen der Anästhesie und der Inneren Medizin zuständig, im Notfall jedoch auch Ärzte anderer Fachrichtungen. Bei der Personalplanung und -einteilung müsste der Krankenhausträger im Rahmen seines ihm zustehenden Auswahlermessens besondere Fürsorge gegenüber Mitarbeitern, die vorerkrankt sind und somit zu besonderen Risikogruppen schwerer Krankheitsverläufe im Falle der Infizierung gehören, walten lassen und diese ggf. vorrangig anderweitig einsetzen.

    Einsatz von Medizinstudenten

    Je nach Bundesland ist der Einsatz von Medizinstudenten während der in einem Krankenhaus absolvierten Ausbildungszeiten im Rahmen des Praktischen Jahres (PJ) in Notfallaufnahmen, Infektions- und Intensivstationen möglich ‒ für NRW hier weitere Informationen: iww.de/s3504.

    Urlaub

    Grundsätzlich ist bereits genehmigter Erholungsurlaub zu gewähren. In besonderen unvorhersehbaren Ausnahme- und Notfällen kann der Krankenhausträger berechtigt sein, bereits gewährten Urlaub zu widerrufen. Entsteht im Zuge der Corona-Pandemie ein gravierender Personalmangel im Krankenhaus, dürfte der Widerruf bereits genehmigten Urlaubs ‒ bei Erstattung etwaig angefallener Kosten ‒ gerechtfertigt sein. Umgekehrt dürfte auch die Anordnung einer Urlaubssperre derzeit, sofern sie dann auch für alle Angestellten einer bestimmten Berufsgruppe gilt, gerechtfertigt sein.

    Unterbeschäftigung

    Durch die Vorhaltung von Betten für COVID-19-Erkrankte und die hierzu notwendige Verschiebung und Aussetzung von elektiven Aufnahmen, Operationen und Eingriffen sind einige Krankenhäuser und/oder Abteilungen derzeit kaum ausgelastet bzw. unterbelegt.

     

    Reduziert der Arbeitgeber die Arbeitszeit, z. B. durch Einführung von tageweisen Wechselschichtmodellen, bleibt der Vergütungsanspruch in voller Höhe bestehen, solange keine Kurzarbeit auf Grundlage tariflicher Vorschriften oder einer Betriebsvereinbarung angeordnet oder vereinbart wird.

    Anordnung zum Überstundenabbau

    Soweit die Auslastungen der Krankenhäuser durch Verschiebung oder Aussetzung elektiver Behandlungen und Operationen zurückgegangen sind, kann der Krankenhausträger in Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts grundsätzlich Freizeitausgleich zum Abbau von Überstunden anordnen. Etwas anderes gilt dann, wenn ein bereits genehmigter Dienstplan vorliegt. Insofern besteht ein Anspruch auf Beschäftigung und Vergütung, sodass eine „Verrechnung“ mit aufgebauten Überstunden nicht zulässig ist. Hier sind zudem die kollektivrechtlichen Mitwirkungsrechte des Betriebsrats bzw. der Mitarbeitervertretung zu beachten.

    Quarantäne

    Im Falle einer nach dem Infektionsschutzgesetz angeordneten Quarantäne eines Mitarbeiters, der als Ansteckungsverdächtiger auf Anordnung des zuständigen Gesundheitsamtes isoliert wird, wird eine Entschädigung nach § 56 Infektionsschutzgesetz für die Dauer von sechs Wochen in Höhe des Nettolohns vom Arbeitgeber und ab der siebten Woche gesetzliches Krankengeld gezahlt.

    Erkrankung/Arbeitsunfähigkeit

    Im Falle der Erkrankung und bestehender Arbeitsunfähigkeit erhält der Mitarbeiter Entgelt nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz für die Dauer von sechs Wochen und anschließend Krankengeld, ggf. zuzüglich des tarifvertraglich vorgesehenen Krankengeldzuschusses zum Ausgleich der Differenz zwischen dem Krankengeld und dem Nettoentgelt.

    Kurzarbeit

    Die Einführung von Kurzarbeit bedarf grundsätzlich der Zustimmung des einzelnen Mitarbeiters sowie das Betriebsrats. Voraussetzung für das Kurzarbeitergeld ist, dass mindestens 30 Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind. Mit dem Gesetz zu befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld im Zuge der Coronakrise vom 13.03.2020 genügt es, dass 10 Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind. Das Kurzarbeitergeld beläuft sich auf 60 Prozent des Nettoentgelts bzw. 67 Prozent des Nettoentgelts bei mindestens einem unterhaltspflichtigen Kind bezogen auf die durchschnittliche Vergütung, maximal die Beitragsbemessungsgrenze in Höhe von 4.687,50 Euro brutto. Insofern sollte vor Vereinbarung von Kurzarbeit Rechtsrat eingeholt werden.

    Quelle: ID 46485808