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  • · Fachbeitrag · AVR/DW EKD

    Neue Vergütungsgruppe für Leitenden Oberarzt -Auswirkung auf die Vergütung des Chefarztes?

    von RA und FA für Medizinrecht und Arbeitsrecht Marc Rumpenhorst, Kanzlei Klostermann pp., Bochum, klostermann-rae.de 

    | Die arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche Deutschland (DW EKD) hat sich nach langen Verhandlungen dazu durchgerungen, ein eigenes Regelwerk für Ärzte innerhalb der Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR/DW EKD) zu schaffen. Eingefügt wurde es in die Regelungen des Ärzte-Tarifvertrages, der vom Marburger Bund mit der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände ausgehandelt wurde (TV-Ärzte/VKA). Was bedeutet diese Vorschrift, die zum 1. Januar 2014 in Kraft trat, für betroffene Chefärzte in evangelischen Häusern? |

    Vergütungsgruppe für Leitenden Oberarzt kam hinzu

    Durch die Neuerung wurde unter anderem die bisherige Vergütungssystematik der Ärzte um eine neue Entgeltgruppe erweitert. Zu den bisherigen Vergütungsgruppen für Assistenzärzte, Fach- und Oberärzte ist die Entgeltgruppe IV für den Leitenden Oberarzt, „der den leitenden Arzt in der Gesamtheit seiner Dienstaufgaben vertritt“ - also den ständigen Vertreter - hinzugekommen. Diese Entgeltgruppe IV der Anlage 8a AVR/DW EKD (im Folgenden: „Entgeltgruppe IV“) ist unterteilt in zwei unterschiedlich dotierte Stufen:

     

    • ab dem ersten Jahr der Tätigkeit in Höhe von derzeit 7.823,56 Euro brutto monatlich und
    • ab dem vierten Jahr der Tätigkeit in Höhe von 8.382,82 Euro brutto monatlich bei jeweils zwölf Monatsgehältern jährlich.

     

    Maßgeblich sind dabei die Zeiten einer Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe beim selben Dienstgeber.

    Gilt die neue Entgeltgruppe auch für den Chefarzt ?

    Da die Vergütung nach der neuen Entgeltgruppe IV innerhalb der AVR höher ist als die sich aus Grundvergütung, Zulage und Zuwendung zusammensetzende Vergütung nach der bislang üblicherweise vereinbarten Vergütungsgruppe I des AVR/DW EKD (im Folgenden: AVR I), stellt sich die Frage: Haben Chefärzte einen Anspruch auf Überleitung in die Entgeltgruppe IV?

     

    Geltung nur bei ausdrücklicher einzelvertraglicher Bezugnahme

    Hierzu gilt: Die AVR gelten nicht automatisch für Chefärzte, weil sie vom Anwendungsbereich der Arbeitsvertragsrichtlinien einschließlich der Neuregelung der für Ärzte geltenden Anlage 8a AVR ausdrücklich ausgenommen sind. Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn auf die AVR ausdrücklich einzelvertraglich in ihrer Gesamtheit - und nicht nur subsidiär - Bezug genommen wird; dies ist jedoch selten der Fall. Viel öfter wird lediglich die Geltung einzelner Paragraphen sowie die Vergütung „entsprechend der Vergütungsgruppe I AVR in der jeweils gültigen Fassung“ individualvertraglich vereinbart. Das bedeutet, dass sich der Anspruch des Chefarztes auf eine Vergütung nach Entgeltgruppe IV nicht aus den AVR selbst, sondern allenfalls aus den einzelvertraglichen Bestimmungen des Dienstvertrages ergeben kann.

     

    Blick auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts

    Hierbei stellt sich die im Wege der Vertragsauslegung zu beantwortende Frage, ob die „jeweils gültige (...) Fassung“ der AVR nunmehr die Anlage 8a mit ihrer Entgeltgruppe IV ist.Mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, insbesondere auf sein Urteil vom 29. Juni 2011 (Az. 5 AZR 161/10, Abruf-Nr. 123926), wird diese Frage eher zu verneinen sein.

    Auswirkung auf bestehende Chefarzt-Verträge

    Für bestehende Chefarzt-Verträge mit einer Festvergütung entsprechend der Vergütungsgruppe AVR I besteht daher wenig Hoffnung, die Vergütung nach der höchsten Entgeltgruppe des Ärzte-Tarifs gerichtlich durchzusetzen.

     

    Die Beschreitung des Verhandlungsweges ist natürlich auch Chefärzten nach wie vor unbenommen: So ist es möglich, auch einen bestehenden Arbeitsvertrag und die dort geregelte Festvergütung nach AVR I so zu ändern, dass der Chefarzt nunmehr eine Vergütung entsprechend der höchsten Stufe der Entgeltgruppe IV in der jeweils gültigen Fassung erhält.

     

    PRAXISHINWEIS | Wer sich als Chefarzt die Möglichkeit einer späteren gerichtlichen Geltendmachung offenhalten möchte, sollte die Ansprüche auf die höhere Vergütung nach der neuen Entgeltgruppe IV zumindest einmal schriftlich - in Papierform - geltend machen, um die für die meisten Verträge geltende sogenannte Verfallfrist zu unterbrechen. Hierbei sollte nicht nur die entsprechende Vergütung gefordert, sondern auch der sich aus der zur Zeit gezahlten tatsächlichen Vergütung ergebende monatliche Differenzbetrag zu der Entgeltgruppe IV konkret beziffert und gefordert werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass derartige Ansprüche - je nach Vertragsgestaltung - nach sechs oder 12 Monaten verfallen und nicht mehr gerichtlich durchsetzbar sind.

     

    Auswirkungen auf Neuverträge

    In neuen Verträgen ist die (Fest-)Vergütung frei verhandelbar: Sie kann daher unter Einbeziehung der AVR als auch der Entgeltgruppe IV erfolgen - oder aber individuell vereinbart werden und damit höher liegen als die sich nach der Entgeltgruppe IV ergebenden Vergütung des Leitenden Oberarztes. Wird die Vergütung individuell vereinbart, sollte auf die Dynamisierung der Festvergütung geachtet werden - zum Beispiel durch die Aufnahme einer echten Wertsicherungsklausel. Hiernach sollte sich die Vergütung entsprechend den jeweiligen prozentualen Steigerungsraten der höchsten Entgeltgruppe - also der höchsten Stufe der AVR I oder der Entgeltgruppe IV zuzüglich etwaiger Einmalzahlungen - erhöhen. Welche der Vergütungen nach den unterschiedlichen Anlagen der AVR sich zukünftig besser entwickeln wird, kann freilich nicht prognostiziert werden.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2014 | Seite 13 | ID 42751415