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  • · Fachbeitrag · Arzthaftung

    OLG Karlsruhe: Aufklärung durch einen Medizinstudenten im praktischen Jahr war zulässig

    von RA, FA für MedR Dr. Kyrill Makoski, LL.M. (Boston University), Möller und Partner Düsseldorf, www.m-u-p.info

    | Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat die Aufklärung durch einen Medizinstudenten im praktischen Jahr mit Urteil vom 29. Januar 2014 unter bestimmten Bedingungen für zulässig erachtet (Az. 7 U 163/12, Abruf-Nr. 140506 unter cb.iww.de ). In diesem Beitrag wird das Urteil mit den Konsequenzen im Klinikalltag vorgestellt. |

    Patientin stellt Wirksamkeit der Aufklärung infrage

    Die Patientin erlitt bei einer Herzkatheteruntersuchung eine Arteriendissektion in der Leiste, die erst nach einigen Tagen diagnostiziert und behandelt wurde. Wegen der - im Einzelnen streitigen - Folgen verlangte sie Schmerzensgeld. Das Landgericht wies die Klage jedoch ab und begründete dies wie folgt: Die Patientin sei hinreichend über das Risiko von Gefäßverletzungen aufgeklärt worden, die Untersuchung selbst sei ordnungsgemäß durchgeführt worden und eine fehlerhafte Nachbehandlung könne nicht bewiesen werden. Ihre Berufung stützte die Patientin vor allem auf eine fehlerhafte Aufklärung. Das OLG bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung.

    Aufklärung kann auch auf PJler delegiert werden

    Die Patientin war nicht von dem Arzt aufgeklärt worden, der die Untersuchung durchgeführt hatte. Vielmehr führte sie das Gespräch mit einer PJlerin, die schon Kenntnisse über Herzkatheteruntersuchungen hatte, vorher an Aufklärungsgesprächen teilgenommen und auch schon selbst Patienten in Anwesenheit eines Arztes aufgeklärt hatte.

     

    Dies reichte dem OLG aus, zumal das Gespräch inhaltlich den Anforderungen entsprach: Die Patientin war auf das Risiko einer Gefäßverletzung mit den entsprechenden Folgen hingewiesen worden. Ihr war damit eine allgemeine Vorstellung von Art und Schwere des Eingriffs und den damit verbundenen Risiken vermittelt worden.

     

    Allein die Tatsache, dass das Gespräch nicht von einem Arzt durchgeführt worden war, machte es nicht unwirksam. Zwar kann ein Arzt die Aufklärung nur auf einen anderen Arzt, aber nicht auf andere Hilfspersonen übertragen. PJler sind jedoch eher Ärzten gleichzustellen. Hierbei verwies das OLG auf § 3 Abs. 4 S. 2 ApprOÄ, wonach die PJler unter Anleitung, Aufsicht und Verantwortung des ausbildenden Arztes ihnen zugewiesene ärztliche Verrichtungen durchführen. Voraussetzung für die Übertragung der Aufklärung auf den PJler ist, dass sie seinem Ausbildungsstand entspricht und unter Anleitung, Aufsicht und Verantwortung des ausbildenden Arztes steht - was nach Überzeugung des OLG der Fall war. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei einem Aufklärungsgespräch kein unvorhersehbarer Notfall eintreten kann, sondern bei außergewöhnlichen Fragen ein Arzt hätte hinzugezogen werden können.

    Keine Auseinandersetzung mit den neuen gesetzlichen Vorgaben

    Interessanterweise hat sich das OLG nicht mit der seit dem 26. Februar 2013 geltenden gesetzlichen Vorgabe zum Aufklärungsgespräch auseinandergesetzt. § 630e Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB regelt ausdrücklich, dass die Aufklärung „mündlich durch den Behandelnden oder durch eine Person erfolgen [muss], die über die zur Durchführung der Maßnahme notwendige Ausbildung verfügt“. Im ersten Gesetzentwurf wurde noch die „notwendige Befähigung“ vorausgesetzt. Durch diese Änderung sollte den Bedürfnissen der Praxis entgegengekommen werden.

    Welche Befähigung muss der Aufklärende haben?

    Streitig ist weiterhin, ob nicht nur die theoretische, sondern auch die praktische Ausbildung absolviert werden muss. Hiergegen spricht insbesondere, dass es nicht auf die Befähigung des Aufklärenden ankommen soll (die im Zweifel nur schwer überprüft werden kann), sondern auf das rein formale Kriterium der Ausbildung.

     

    Rein nach der Ausbildung darf ein PJler noch keine Herzkatheteruntersuchung durchführen - jedenfalls nicht selbstständig. Im Rahmen der Ausbildung kann es jedoch zulässig sein, wenn der PJler eine entsprechende Maßnahme in Anwesenheit und unter Aufsicht des Ausbilders durchführt. Dann kann auch nichts anderes für das davor liegende Aufklärungsgespräch gelten. Bei diesem muss - insoweit ist dem Senat beizupflichten - der Arzt nicht anwesend sein, da es im Rahmen eines Aufklärungsgesprächs nicht zu einem medizinischen Notfall kommen wird. Schlimmstenfalls muss das Gespräch vom Ausbilder wiederholt werden, wenn deutlich wird, dass der Patient die vom PJler erhaltene Aufklärung nicht verstanden hat.

     

    PRAXISHINWEIS | Diese Entscheidung sollte nicht dazu führen, dass die Aufklärungsgespräche immer an PJler delegiert werden. Wenn aber ein PJler den Eingriff in Ablauf und Risiken kennt, schon an Aufklärungsgesprächen teilgenommen hat und auch in Anwesenheit des Ausbilders selbst Gespräche geführt hat, kann ihm diese Aufgabe übertragen werden. Dabei sollte aber sowohl dem PJler als auch dem Patienten deutlich gemacht werden, dass offene Fragen unproblematisch mit dem Ausbilder besprochen werden können.

     

    Delegation auf nichtärztliches Personal unzulässig

    Eine Delegation der Aufklärung auf anderes Personal ist unzulässig, da diese keine ärztlichen Aufgaben erfüllen können. Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Aufklärung bleibt beim behandelnden Arzt. Wenn die Aufklärung unzureichend war, führt dies zur Rechtswidrigkeit des Eingriffs und regelmäßig zur Haftung.

    Quelle: Ausgabe 03 / 2014 | Seite 4 | ID 42521323