· Fachbeitrag · Arbeitsrecht
Weniger „Chefarzterfahrung“ als im Bewerbungsgespräch angegeben ist keine arglistige Täuschung
von RA, FA MedR, ArbR und Handels- und GesR Benedikt Büchling und RAin Jule Vehrenberg, Kanzlei am Ärztehaus, Hagen, kanzlei-am-aerztehaus.de
| Wer sich als ärztlicher Direktor bewirbt, hat im Bewerbungsverfahren bessere Chancen, wenn er Führungserfahrung angibt. Wird ein Arzt aufgrund dieser Angaben eingestellt und stellt sich während seiner Tätigkeit heraus, dass die Führungserfahrung nicht im vom Arbeitgeber erwarteten Umfang vorliegt, ist dies noch keine arglistige Täuschung. Der Arbeitgeber kann den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung nur anfechten, wenn er dem Arzt zuvor hinreichend deutlich gemacht hat, welche entsprechenden Chefarzterfahrungen entscheidende Voraussetzung für seine Einstellung waren. Erst dann kann der Arzt erkennen, dass es dem Arbeitgeber maßgeblich auf die entsprechenden Chefarzterfahrungen ankam (Landesarbeitsgericht [LAG] Köln, Urteil vom 31.10.2024, Az. 8 Sa 641/23 ). |
Ärztlicher Direktor klagt erfolgreich gegen Kündigung
In einem Bewerbungsgespräch Anfang 2023 gab ein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin an, zuvor auf Honorarbasis die Vertretung für Chef- und Oberärzte wahrgenommen zu haben. Daraufhin wurde er als ärztlicher Direktor eingestellt. Mitte des Jahres 2023 erklärte der Träger die Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung. Begründung: Der Facharzt habe seit seiner Anstellung als ärztlicher Direktor mangels ausreichender Erfahrung weder Chefarztvertretungen noch typische Führungsaufgaben eines Chefarztes übernommen. Wären der Arbeitgeberin die fehlenden Erfahrungen vor Vertragsabschluss bekannt gewesen, hätte sie den Arbeitsvertrag nicht abgeschlossen. Ferner kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis hilfsweise außerordentlich fristlos. Der Facharzt habe während des laufenden Arbeitsverhältnisses erneut fehlerhafte Angaben zu seinen Chefarzterfahrungen gemacht.
Der Facharzt klagte und bekam in erster Instanz Recht: Das Arbeitsgericht Köln führte aus, dass sowohl die Anfechtung des Arbeitsvertrags als auch die außerordentliche Kündigung durch die Arbeitgeberin unwirksam seien (Urteil vom 25.10.2023, Az. 2 Ca 4147/23). Im Berufungsverfahren vor dem LAG Köln vertrat der Träger weiterhin die Auffassung, dass die Angaben des Facharztes im Bewerbungsgespräch zu seinen Berufserfahrungen, insbesondere die angegebenen Chefarzterfahrungen, bewusst unzutreffend seien. Das LAG bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung.
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