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  • 13.08.2013 · IWW-Abrufnummer 134023

    Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 20.06.2013 – 11 Sa 45/12

    1.Wird ein Krankenhaus nachträglich in den Landeskrankenhausplan aufgenommen, so sind in entsprechender Anwendung des § 53 Abs. 1 S. 3 LKHG-BW zuvor abgeschlossene Dienstverträge von privat liquidierenden Chefärzten anzupassen.

    2.Die Anpassung kann nur im Rahmen der "vertraglichen Möglichkeiten" erfolgen. Ob dies den Ausspruch einer Änderungskündigung ausschließt, bleibt offen.

    3.Wird eine Änderungskündigung ausgesprochen, unterliegt sie der Verhältnismäßigkeitskontrolle.

    4.Es ist jedenfalls unverhältnismäßig, einen Chefarzt, der nach Vertrag 10 Prozent seines Liquidationserlöses in den Mitarbeiterpool abführen musste, mittels Änderungskündigung eine Abführungspflicht von 40 Prozent der Erlöse aufzuerlegen, ohne ihm eine Kompensation anzubieten, obwohl der Krankenhausträger durch die Aufnahme in den Krankenhausplan in den Genuss von Fördermittel gelangt.

    5.Dies gilt insbesondere dann, wenn der Dienstvertrag mit dem Chefarzt die Möglichkeit einer Beteiligung des Krankenhausträgers an den Zuführungen zum Mitarbeiterpool ausdrücklich vorsieht, hiervon aber bisher kein Gebrauch gemacht wurde.


    In dem Rechtsstreit
    - Beklagte/Berufungsklägerin -
    Proz.-Bev.:
    gegen
    - Kläger/Berufungsbeklagter -
    Proz.-Bev.:
    hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - 11. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Bernhard, den ehrenamtlichen Richter Meyer und den ehrenamtlichen Richter Tritschler auf die mündliche Verhandlung vom 18.04.2013
    für Recht erkannt:

    Tenor:

    1.

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg - Kn. Offenburg - vom 28.02.2012, Az. 5 Ca 141/11 wird zurückgewiesen.

    2.

    Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

    3.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist zweitinstanzlich noch eine von der ursprünglich Erstbeklagten ausgesprochene Änderungskündigung.

    Der Kläger, Ende 1952 geboren und mit einer Oberärztin verheiratet, die gleichfalls in Prozessrechtsverhältnissen mit der Beklagten wegen mehrerer von dieser ausgesprochenen Kündigungen steht, trat mit Wirkung ab 01.06.1994 in ein Arbeitsverhältnis mit der K.-Klinik AG, der erstinstanzlich noch mitverklagten Beklagten zu 2, als ärztlicher Direktor und leitender Chefarzt des Deutschen Herzzentrums B. in L.. Grundlage des Arbeitsverhältnisses war der Dienstvertrag vom 01.02.1994 (Bl. 27 - 41 der erstinstanzl. Akte) und blieb dies auch, nachdem das Arbeitsverhältnis im Jahre 1999 auf die vormalige Beklagte Ziffer 1 und jetzige Beklagte gemäß § 613 a BGB überging. In § 10 des Dienstvertrags fand sich auszugsweise folgende Regelung:

    "§ 10 Nutzungsentgelt (Kostenerstattung und Vorteilsausgleich im dienstlichen Aufgabenbereit) (...)

    (4) Für die Einräumung des Liquidationsrechts leistet der ärztliche Direktor und leitende Chefarzt dem Krankenhausträger keinen Vorteilsausgleich. An Stelle eines Vorteilsausgleichs stellt der ärztliche Direktor und leitende Chefarzt 10 % seiner in (3) bezifferten Bruttohonorareinnahmen in einen Mitarbeiterpool ein. Der Anteil des Krankenhausträgers an Zuführungen in den Mitarbeiterpool ist in dessen Ermessen gestellt.

    Der hier in Rede stehende Mitarbeiterpool bezieht sich auf die nachgeordneten ärztlichen Mitarbeiter des ärztlichen Direktors und der Abteilung des leitenden Chefarztes. Die Führung des Mitarbeiterpools oblieget dem ärztlichen Direktor und leitenden Chefarzt; die Zuwendungsmodalitäten werden im Benehmen mit dem Krankenhausträger festgelegt."

    Die Beklagte war zunächst Vertragskrankenhaus im Sinne des § 108 Nr. 3 SGB V. Mit Änderungsfeststellungsbescheid vom 18.05.2009 (Bl. 119 - 120 der erstinstanzl. Akte) nahm das Regierungspräsidium F. das von der Beklagten getragene Krankenhaus in den Krankenhausplan Baden-Württemberg auf, nachdem die Beklagte erklärt hatte, KHG-Fördermittel für Investitionen erst nach Aufnahme in den Krankenhausplan ab 01.01.2009 in Anspruch zu nehmen. Mit der Aufnahme in den Krankenhausplan Baden-Württemberg und der öffentlichen Förderung nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz galt für die Klinik der Beklagten nach § 2 Abs. 1 LKHG das Landeskrankenhausgesetz Baden-Württemberg. Dort finden sich folgende, für den vorliegenden Rechtsstreit interessierende Regelungen:

    § 34 Abs. 1 LKHG

    Werden im stationären Bereich von leitenden Krankenhausärzten wahlärztliche Leistungen gesondert berechnet, so sind die anderen Krankhausärzte (ärztliche Mitarbeiter) an den hieraus erzielten Einkünften (Liquidationserlös) angemessen zu beteiligen.

    § 35 Abs. 2 LKHG

    Von dem nach Abzug des Nutzungsentgelts und der Aufwendungen verbleibenden Betrag (Nettoliquidationserlös) ist ein Anteil abzuführen, der nach der Höhe dieses Betrags zu stufen ist und 40 vom 100 nicht übersteigen darf.

    § 53 Abs. 1 LKHG

    Die Erfüllung von Verträgen, die vor dem 1. Januar 1976 abgeschlossen worden sind, wird durch die § 34 bis 37 nicht berührt. Auf leitende Ärzte, die danach aus dem Liquidationserlös nichts abführen müssen und auf ihre ärztlichen Mitarbeiter sind diese Vorschriften insoweit nicht anwendbar. Der Krankenhausträger ist jedoch verpflichtet, bestehende Verträge im Rahmen der vertraglichen Möglichkeiten den Bestimmungen dieses Gesetzes anzupassen.

    Nach Aufnahme des Kliniks der Beklagten in den Krankenhausplan verhandelten die Parteien über eine Anpassung des Dienstvertrags des Klägers an die §§ 34 ff. LKHG. In diesem Zusammenhang schlossen sie einen Nachtrag zum Dienstvertrag vom 01.07.2010 (Bl. 57, 58 d. Akte) und einen weiteren Nachtrag vom 28.01.2011 (Bl. 59 d. Akte), mit denen die Frist zum Ausspruch einer Änderungskündigung mit dem Ziel der Anpassung des Dienstvertrags an die §§ 34 ff. LKHG auf sieben Monate festgesetzt wurde, soweit die Kündigung bis 28.02.2011 ausgesprochen wurde.

    Erstinstanzlich stellten die Parteien außer Streit, dass die Bruttojahresvergütung des Klägers € 200.000,00 betrug, die von Beklagtenseite in den Raum gestellte Gesamtvergütung aus Grundvergütung, Gewinnbeteiligung und Nettoprivatliquidationserlösen, die sie erstinstanzlich auf rund 1,8 Mio. für das Jahr 2010 bezifferte, wurde vom Kläger als zu hoch bestritten. Erstinstanzlich unstreitig war allerdings ausweislich des Tatbestands des angegriffenen Urteils, dass bei einer Umsetzung der §§ 34 ff. LKHG durch den Kläger die von diesem in den Mitarbeiterpool einzubezahlenden Beträge im Verhältnis zur bisherigen vertraglichen Regelung im Jahr 2009 um a€ 296.072,64 höher, im Jahr 2010 um € 446.575,53 höher und bezogen auf den Zeitraum Januar bis Oktober 2011 um € 238.263,26 höher gewesen wären.

    Mit Schreiben vom 17.02.2011, dem Kläger am 27.02.2011 zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers ordentlich zum 30.09.2011 und bot ihm zugleich an, das Arbeitsverhältnis ab 01.10.2011 unter Änderung von § 10 des Dienstvertrags vom 01.02.1994 fortzusetzen. Dem § 10 sollte folgender Absatz 5 angefügt werden:

    "Abweichend von Abs. (4) führt der ärztliche Direktor und leitende Chefarzt an Stelle eines Vorteilsausgleichs zur Sicherstellung einer angemessenen Beteiligung der anderen Krankenhausärzte (ärztlichen Mitarbeiter) Beträge nach Maßgabe der §§ 34 ff. des Landeskrankenhausgesetzes Baden-Württemberg (LKHG) in Verbindung mit der Verordnung über die Mitarbeiterbeteiligung nach dem Landeskrankenhausgesetz Baden-Württemberg (LKHG-MAVO) in der jeweils gültigen Fassung bzw. der diese Regelungen ergänzenden oder ersetzenden Bestimmungen ab, soweit diese Vorschriften auf das Krankenhaus Anwendung finden. Der Krankenhausträger zieht die abzuführenden Beträge vom ärztlichen Direktor und leitenden Chefarzt ein und führt sie dem nach Maßgabe der vorgenannten Vorschriften eingerichteten Pool (Mitarbeiterpool) zu. Das Nähere, insbesondere im Hinblick auf die Führung des Mitarbeiterpools und die Verteilung der Mittel aus dem Mitarbeiterpool an die ärztlichen Mitarbeiter, bestimmt sich nach den in Satz 1 genannten gesetzlichen und untergesetzlichen Vorschriften."

    Die Änderungskündigung wurde von der Beklagten und vorsorglich für den Fall, dass entgegen der Auffassung der Beteiligten ein Arbeitsverhältnis zur vormaligen Beklagten Ziffer 2 bestehe, auch von dieser ausgesprochen. Eine Anhörung des bei der Beklagten errichteten Betriebsrats vor Ausspruch der Kündigung erfolgte nicht.

    Mit Schreiben vom 02.03.2011 nahm der Kläger die Änderungskündigung der Beklagten unter dem Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung an.

    Mit seiner am 15.03.2011 bei Gericht eingegangenen Klage hat der Kläger sich gegen die Wirksamkeit der ausgesprochenen Änderungskündigung gewandt und im Wesentlichen vorgetragen, die Beklagten hätten die Kündigungsfrist nicht eingehalten, es bestehe kein Anspruch auf Anpassung des Dienstvertrages an §§ 34 ff. LKHG, die Änderungskündigung sei nicht hinreichend bestimmt, die vorgenommenen Änderungen unverhältnismäßig, auch sei die Kündigung wegen fehlender Anhörung des Betriebsrats unwirksam, eine solche wäre notwendig gewesen, weil der Kläger aufgrund der ihm eingeräumten Kompetenzen kein leitender Angestellter sei.

    Der Kläger hat beantragt:

    Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers durch die Änderungskündigung vom 17.02.2011, zugegangen am 27.02.2011, sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

    Die Beklagten haben

    Klagabweisung

    beantragt

    und ausgeführt, wegen Aufnahme ihrer Klinik in den Landeskrankenhausplan sei die Beklagte verpflichtet, §§ 34 ff. LKHG umzusetzen. Da der Kläger sich einer vertraglichen Anpassung verweigert habe, sei die Änderungskündigung erforderlich geworden. Sie sei auch hinreichend bestimmt, die Verpflichtung des Klägers zur Beteiligung der Mitarbeiter im gesetzlich vorgesehenen Umfang ergebe sich bereits aus dem ärztlichen Standesrecht, eine Anhörung des Betriebsrats sei nicht erforderlich gewesen, weil der Kläger sehr wohl aufgrund seines Arbeitsvertrages und der tatsächlich eingeräumten Kompetenzen leitender Angestellter sei.

    Bezüglich weiterer Vorbringen der Parteien erster Instanz wird auf die dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils verwiesen.

    Das Arbeitsgericht hat die Klage gegen die vormalige Zweitbeklagte mangels Bestehen eines Arbeitsverhältnisses abgewiesen, ihr dagegen stattgegeben, soweit der Kläger sich gegen die Änderungskündigung seitens der erstinstanzlich als Beklagte zu 1 verklagten Beklagten wandte. Diese Änderungskündigung hat das Arbeitsgericht für sozial ungerechtfertigt gehalten, weil sie trotz anerkennenswertem Anlass für die begehrte Änderung des Dienstvertrags mit dem Kläger sich nicht darauf beschränkt habe, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Kläger billigerweise hinnehmen musste. Das Arbeitsgericht hat einerseits den Anspruch einer Änderungskündigung zur Umsetzung der §§ 34 ff. LKHG für grundsätzlich erforderlich gehalten, weil die Regelungen des Landeskrankenhausgesetzes die Beklagte verpflichteten, eben diese zugunsten der nachgeordneten ärztlichen Mitarbeiter umzusetzen. Die mit der Änderungskündigung angestrebten Änderungen im Dienstvertrag des Klägers aber gingen über das betriebliche Erfordernis hinaus und seien unverhältnismäßig, weil die Beklagte dem Kläger für die Abführung eines höheren Prozentsatzes der Liquidationserlöse gleichzeitig einen finanziellen Ausgleich hätte anbieten müssen; denn durch das Angebot der Anpassung des Dienstvertrags an § 34 LKHG ohne finanziellen Ausgleichsmechanismus werde im Ergebnis der aus dem Arbeitsverhältnis der Parteien vom Kläger erzielte Verdienst reduziert mit dem Ergebnis, dass ihm von den Liquidationserlösen, die einen erheblichen Teil seiner Gesamteinnahmen ausmachten, nur noch ein wesentlich geringerer Teil verbleibe. Damit werde die mit der Umsetzung der § 34 ff. LKHG verbundene finanzielle Belastung durch die Abführung höherer Beträge in den Mitarbeiterpool vollständig dem Kläger aufgebürdet, ohne dass hierfür ein dringendes betriebliches Erfordernis vorgelegen habe. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass sie aus wirtschaftlichen Gründen nicht (ganz oder teilweise) in der Lage wäre, die mit der Umsetzung der § 34 ff. LKHG verbundene finanzielle Mehrbelastung zu tragen. Statt dessen sei die Umsetzung der § 34 ff. LKHG durch den Erhalt von Fördermitteln sogar mit einem finanziellen Vorteil für die Beklagte verbunden, woraus erst recht nicht ersichtlich werde, aus welchem Grund der Kläger die finanzielle Mehrbelastung alleine tragen solle.

    Gegen das ihr am 19.03.2012 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat lediglich die vormalige Beklagte zu 1 am 21.03.2012 Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Begründungsfrist bis 21.06.2012 am 13.06.2012 begründet hat unter Berufung auf ihr gesamtes erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend und teilweise abweichend gegenüber der ersten Instanz trägt sie nun neue Zahlen vor. So habe sich das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der Beklagten wie folgt entwickelt:

    JahrErgebnis lt. Gewinn- und VerlustrechnungErgebnis vor Tantiemeberechnung (einschließlich vorläufiger Tantiemeaufwand)
    20081.756.340,072.056.340,07
    2009595.028,76700.028,76
    2010262.529,78308.858,56
    2011425.913,70501.074,94

    Die jährlichen Einkünfte des Klägers seien wie nachstehend zu beziffern:

    JahrGrundvergütung (§ 8 Abs. 1 a)Gewinnbeteiligung (§ 8 Abs. 1 b): Auszahlung im FolgejahrNettoprivatliquidationserlöse (§ 8 Abs. 2): Bruttoerlös ./. Kostenerstattung ./. Poolzahlungen (inkl. Sozialversicherungsbeiträge)
    2008245.751,09308.451,011.402.202,29
    2009245.751,09105.004,31909.673,96
    2010245.751,0946.328,781.337.441,15
    2011245.751,0975.161,241.047.994,42

    Die tatsächlichen vom Kläger geleisteten Poolzahlungen in den Jahren 2009 und 2010 seien zu niedrig angesetzt gewesen, im Übrigen könne nun das gesamte Jahr 2011 berücksichtigt werden, danach betrügen die Differenzbeträge, also die sich aus der Anpassung an das LKHG ergebende Mehrbelastung des Klägers, für das Jahr 2009 € 270.898,45, für das Jahr 2010 € 441.689,23 und für das gesamte Jahr 2011 € 330.013,83. Durch die Aufnahme in den Krankenhausplan im Jahr 2009 habe die Beklagte folgende Fördermittel erhalten:

    JahrFördermittel
    2009164.531,96
    2010164.855,96
    2011155.051,26

    Die Beklagte hält die Entscheidung des Arbeitsgerichts für unrichtig und die Änderungskündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt. Es sei zumindest zweifelhaft, dass der Ausspruch einer Änderungskündigung zur Umsetzung der §§ 34 ff. LKHG grundsätzlich erforderlich sei, weil der Wortlaut des § 35 LKHG dafür spreche, dass unmittelbar aus dem Gesetz eine Pflicht und damit eine korrespondierende Berechtigung des Krankenhausträgers zur Einziehung der abzuführenden Beträge bestehe. Allerdings sei eine Änderungskündigung nicht schlechthin unnötig, weil die gesetzliche Regelung in begrenztem Maße Gestaltungsspielräume zulasse, im Ergebnis aber lägen dringende betriebliche Erfordernisse gemäß § 1 KSchG für die ausgesprochene Kündigung vor. Das von der Beklagten unterbreitete Änderungsangebot beschränke sich auf die Umsetzung der zwingenden gesetzlichen Vorgaben und sei deshalb verhältnismäßig. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Liquidationsrecht schon keine Vergütung im Gegenseitigkeitsverhältnis darstelle und das Risiko einer Veränderung der tatsächlichen und errichtlichen Rahmenbedingungen mit entsprechenden Konsequenzen für die Höhe des Liquidationserlöses beim Kläger liege. Dass bei Rückgang entsprechender Liquidationseinkünfte keine Ausgleichsansprüche entstünden, ergebe sich bereits aus § 8 Abs. 3 des Dienstvertrages. Die Änderungskündigung verhelfe einem eigentlich schon immer geschuldeten Poolabgabesatz zur Durchsetzung und schaffe materiell keine neue Situation. Die mit der Änderungskündigung bezweckte Vertragsänderung gehe im Übrigen nicht einseitig zu Lasten des Klägers, denn Liquidationserlöse unter € 21.000,00 seien beteiligungsfrei, weshalb in sehr schlechten Jahren sich die Geltung der gesetzlichen Regelung also für den Kläger günstig auswirken könne. Zu berücksichtigen sei ferner, dass das Liquidationsrecht des Klägers nicht etwa gänzlich wegfalle, sondern lediglich der hieraus erzielte Erlös gemindert werde. Setze man die Mindereinnahmen ins Verhältnis zu den Gesamteinnahmen des Klägers, ergebe sich für das Jahr 2009 eine Minderung um 21,5 Prozent, für das Jahr 2010 eine Minderung um 27,1 Prozent und für das Jahr 2011 eine Minderung von 24,1 Prozent. Der Kläger erziele also immer noch einen Spitzenverdienst. Dass die Beklagte die Aufnahme in den Krankenhausplan und damit die Geltung der §§ 34 ff. LKHG selbst herbeigeführt habe, stehe in ihrem unternehmerischen vertraglich nicht eingeschränkten Ermessen. Abgesehen davon sei es der Kläger selbst gewesen, der die Initiative zur Aufnahme des Krankenhauses in den Krankenhausplan ergriffen habe. Dass die Beklagte in der Folge Fördermittel erhalte sei gleichfalls unerheblich, weil die gezahlten Fördergelder lediglich einen Bruchteil der Poolzahlungen ausmachten. Im Übrigen profitiere der Kläger direkt durch die Fördermittel. Das Urteil des Arbeitsgerichts leide darüber hinaus an einer fehlerhaften Auslegung des § 34 LKHG in Disharmonie zu § 29 Abs. 3 der Berufungsordnung der Ärztekammer Baden-Württemberg mit der Folge unauflöslicher Wertungswidersprüche. Des Weiteren verletzte das angefochtene Urteil die Beklagte in ihren Grundrechten auf Berufsfreiheit und allgemeine Handlungsfreiheit. Auch seien sonstige Unwirksamkeitsgründe nicht erkennbar, die Änderungskündigung sei auch als vorsorgliche Kündigung bestimmt genug, sie habe die Kündigungsfrist eingehalten, eine Betriebsratsanhörung sei nicht notwendig gewesen im Hinblick darauf, dass der Kläger leitender Angestellter sei.

    Die Beklagte stellt den Antrag:

    1.

    Das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg - Kn. Offenburg - vom 28.02.2012, Az. 5 Ca 141/11, wird abgeändert.

    2.

    Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

    Der Kläger beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Der Kläger bleibt bei seiner bereits erstinstanzlich geäußerten Rechtsauffassung, wonach die Änderungskündigung, weil der Kläger keine unternehmerischen Befugnisse übertragen bekommen habe und damit nicht leitender Angestellter sei, an der mangelnden Betriebsratsanhörung scheitere. Er bleibt bei seiner Auffassung, die Änderungskündigung sei unbestimmt, weil sie rein vorsorglich erfolgt und nicht klar gemacht worden sei, inwieweit die bisher im Vertrag vorgesehene Abgabe von 10 Prozent der Bruttohonorareinnahmen wegfallen sollen. Er bleibt weiterhin dabei, dass die Änderungskündigung rechtsunwirksam sei, weil sie mit Änderungsangeboten verbunden gewesen sei, die im Hinblick auf das angestrebte Ziel der Einführung des gesetzlichen Mitarbeiterpools nicht zwingend notwendig gewesen sei. Letzeres ergebe sich schon daraus, dass die Beklagte gegenüber dem Kläger und seinem Chefarztkollegen Prof. Dr. H. wiederholt erklärt habe, dass durch die Einführung des Mitarbeiterpools die Chefärzte keinen finanziellen Nachteil erleiden sollen. Ein Verlustausgleich bei Einführung des Mitarbeiterpools sei auch stets Gegenstand der Verhandlungen gewesen, die zwischen den Parteien zwecks Anpassung des Dienstvertrags geführt worden seien. Der Kläger sieht kein dringendes betriebliches Erfordernis, das die Änderungskündigung rechtfertigen würde. Ein solches könne nur angenommen werden, wenn der Beklagten ein Widerruf als Plankrankenhaus drohe. Hierzu habe die Beklagte jedoch nichts vorgetragen. Ein solcher Widerruf wäre im Übrigen rechtswidrig, weil der Aufnahmebescheid des Regierungspräsidiums keine Auflage hinsichtlich der Umsetzung der §§ 34 ff. LKHG enthalte und die Beklagte im Übrigen durch den Dienstvertrag mit dem Kläger gebunden sei. Richtig sei, dass die §§ 34 ff. LKHG nicht kraft Gesetz Anwendung finden, sondern höchstens im Wege einer rechtmäßigen Änderungskündigung umgesetzt werden können. Eine solche liege jedoch auch deshalb nicht vor, weil die von der Beklagten erstrebte Änderung unverhältnismäßig wäre. Mit Recht gehe das Arbeitsgericht davon aus, dass dem Kläger ein finanzieller Ausgleich für den Einkommensverlust hätte gewährt werden müssen, wie dies im Falle des Chefarztkollegen Prof. Dr. H. auch gemacht worden sei. Falsch sei die Auffassung der Beklagten, das Liquidationsrecht stelle keine Vergütung im Gegenseitigkeitsverhältnis dar. Ebenso falsch sei es, das Risiko einer Veränderung der Rahmenbedingungen für das Liquidationsrecht allein beim Kläger zu sehen. Unrichtig oder jedenfalls unvollständig seien die von der Beklagten angegebenen Zahlen. So sei die Tabelle über die Ergebnisse der Beklagten in den Jahre 2008 bis 2011 zu bestreiten, weil es völlig undenkbar sei, dass der Gewinn in der dargestellten Weise zurückgegangen sei, denn alle anderen Herzkliniken in der Bundesrepublik erzielten jährlich steigende Gewinne. Die behauptete Nettoprivatliquidationserlöse seien falsch. So hätten die Nettoliquidationserlöse im Jahr 2008 lediglich 51 Prozent des von der Beklagten behaupteten Betrags ausgemacht. Was die aufgelisteten jährlichen Fördermittel anbelange sei zu berücksichtigen, dass es sich dabei lediglich um die sogenannten Pauschalförderung gemäß §§ 15 ff. LKHG handle, viel wichtiger für ein Krankenhaus sei die Einzelförderung für Investitionen etc. gemäß den §§ 12 bis 14 LKHG, z. B. für die Errichtung (Neubau, Erweiterungsbau, Umbau) von Krankenhäusern einschließlich der Erstausstattung. Wenn aber die Höhe der Fördermittel nach Meinung der Beklagten wirklich so unbedeutend sei, wie sie zu vermitteln versuche, so wäre es einerseits ein Leichtes für die Beklagte, auf die Aufnahme ihres Krankenhauses in den Krankenhausplan zu verzichten und wieder den Status des Vertragskrankenhauses einzunehmen, vor allem aber würde der geringe Vorteil durch die Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan einerseits es nicht rechtfertigen, andererseits dem Kläger weit höhere Opfer durch die Anpassung seines Vertrags an die §§ 34 ff. LKHG zuzumuten und dafür keinen Verlustausgleich zu gewähren.

    Bezüglich weiterer Einzelheiten des Parteienvorbringens in der Berufung wird auf deren Begründung, die Erwiderung des Klägers hierauf sowie die weiteren Schriftsätze der Beklagten vom 03.09.2012 und 16.04.2013 und des Klägers vom 25.02.2013 und 16.04.2013 verwiesen.

    Entscheidungsgründe

    Die Beklagte hat ihre Berufung form- und fristgerecht eingereicht und ebenso begründet, die Begründung setzt sich auch in genügendem Umfang mit den tragenden Gründen der angegriffenen Entscheidung auseinander und ist deshalb insgesamt zulässig. Die Berufung ist aber nicht begründet, weil das Arbeitsgericht den Rechtsstreit richtig entschieden hat, indem es die im Streit stehende Änderungskündigung für unverhältnismäßig und damit rechtsunwirksam erachtete. Das Berufungsgericht schließt sich dem dem Grunde nach und auch in der Begründung vollumfänglich an, verweist auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils und ergänzt lediglich im Hinblick auf den Sachvortrag der Parteien in der Berufung wie nachstehend:

    1. Soweit die Parteien auch zweitinstanzlich über Sachverhalte und Rechtsfragen streiten, auf die das Arbeitsgericht in seinem angegriffenen Urteil seine Entscheidung zweifelsfrei nicht gestützt hat, kann auch das Berufungsgericht davon absehen, umfangreiche Rechtsgutachten zu erstellen und eine Klärung herbeizuführen, weil auch unter Außerachtlassung derselben der Rechtsstreit in der Sache entschieden und die Berufung dem der arbeitsgerichtlichen Entscheidung entsprechenden Ergebnis zugeführt werden konnte. Deshalb sei nur der Vollständigkeit halber knapp und komprimiert auf Folgendes hingewiesen:

    a) Soweit der Kläger die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist bemängelt, hat er sich wohl im Rechtsstreit geirrt. Die Beklagte hat die vertragliche und gesetzliche Kündigungsfrist eingehalten, anders könnte dies allenfalls in dem hier nicht interessierenden Rechtsstreit des Chefarztkollegen des Klägers Prof. Dr. H. gewesen sein.

    b) Für das Berufungsgericht ist nicht erkennbar, weshalb die ausgesprochene Änderungskündigung unbestimmt gewesen sein könnte. Eine Kündigung ist grundsätzlich nicht deshalb unbestimmt, weil sie als vorsorgliche Kündigung ausgesprochen wurde für den Fall, dass die Parteien sich nicht anderweitig einigen. Dass die Parteien sich bis zum Auslaufen der Frist, während der ausdrücklich vertraglich die Kündigungsfrist zum Ausspruch einer Änderungskündigung geregelt wurde, nicht geeinigt haben, und dies auch bis zum Abschluss der zweiten Instanz im Kündigungsschutzprozess nicht taten, dürfte zu den wenigen Sachverhalten gehören, die zwischen den Parteien nicht streitig sind. Was dagegen nach Anpassung des Vertrags an die §§ 34 ff. LKHG mit der im Dienstvertrag geregelten Abführungspflicht von 10 Prozent der Privatliquidationen erfolgen sollte, nämlich deren Ersetzung durch die Einführung einer 40-prozentigen Abführungspflicht, ergibt unschwer die Auslegung der Änderungskündigung in Verbindung mit dem Dienstvertrag.

    c) Der Status des Klägers als leitender oder nichtleitender Angestellter und die daraus folgende Frage, ob der Betriebsrat vor Ausspruch der Änderungskündigung hätte angehört werden müssen oder nicht, kann offenbleiben, weil die Kündigung schon aus anderen Gründen unwirksam ist. Soweit der Kläger auf Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verweist, wonach Chefärzte nicht zwingend leitende Angestellte sein müssen, lässt er allerdings außer Acht, dass er nicht lediglich Chefarzt sondern darüber hinaus ärztlicher Direktor des Krankenhauses ist und damit neben dem kaufmännischen Direktor der obersten Leitungsebene unterhalb dem Krankenhausträger angehört. Es ist nur schwer vorstellbar, ihn unter diesen Umständen und der Annahme, dass es gerade seine Qualifikation und sein Ruf ist, der maßgeblichen Einfluss auf Erfolg oder Nichterfolg der Klinik hat, nicht als leitenden Angestellten anzusehen. Das Berufungsgericht hält es nicht für zwingend notwendig, das Lebenswerk der eigenen Partei kleinzureden, um einen vermeintlichen Prozessvorteil zu erlangen, auf den es, wie erstinstanzlich zutreffend erkannt, gar nicht ankommt.

    2. Zur Kernfrage des Rechtsstreits zurückkehrend kann das Berufungsgericht offenlassen, ob die Beklagte aus den §§ 34 ff. LKHG-BW das Recht herleiten kann, im Wege der Änderungskündigung überhaupt eine Anpassung des Dienstvertrages des Klägers vom 01.02.1994 vorzunehmen, die konkret ausgesprochene Änderungskündigung mit dem von der Beklagten unterbreiteten Änderungsangebot jedenfalls ist unverhältnismäßig, weil sie über das notwendige Maß der Vertragsanpassung hinausgeht und demzufolge unwirksam.

    a) Das Berufungsgericht geht mit dem Kläger davon aus, dass aus den §§ 34 ff. LKHG-BW keine unmittelbare gesetzliche Pflicht des Chefarztes auf Beteiligung seiner ärztlichen Mitarbeiter an den Liquidationserlösen aus der wahlärztlichen Behandlung folgt. Wie das Arbeitsgericht zu Recht ausgeführt hat, erstreckt sich gemäß § 2 LKHG-BW der Geltungsbereich des Gesetzes nur auf geförderte Krankenhäuser und nicht unmittelbar auf darin beschäftigte Arbeitnehmer, weshalb die Regelungen der §§ 34 ff. LKHG-BW der Umsetzung im Arbeitsvertrag mit dem Chefarzt bedürfen. Dies ist herrschende Rechtsauffassung (vgl. nur von Harbou/Scharpf Vergütung im Krankenhaus/Mitarbeiterbeteiligung NZA 2008, 333 ff.). So sieht dies nicht nur der Kläger, sondern offensichtlich auch die Beklagte, weil anders der Ausspruch der Änderungskündigung nicht erklärbar würde weil sich dann das Problem der "überflüssigen" Änderungskündigung stellen würde.

    Eine Anpassungsbestimmung enthält das LKHG-BW ausdrücklich nur in § 53 Abs. 1 Satz 3. Danach sind Chefarztverträge, die vor dem 01.01.1976 abgeschlossen worden sind an die gesetzlichen Bestimmungen anzupassen. Von dieser gesetzlichen Regelung ist das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht berührt, weil deren Dienstvertrag erst am 01.02.1994 geschlossen wurde. Da mit der gesetzlichen Anpassungsregelung jedoch dem Umstand Rechnung getragen werden sollte, dass vor Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossene Dienstverträge die Regelungen der §§ 34 ff. LKHG nicht berücksichtigen konnten, liegt ein vergleichbarer Sachverhalt vor, wenn die gesetzlichen Regelungen des Landeskrankenhausgesetzes bei Abschluss eines Dienstvertrages deshalb nicht berücksichtigt werden konnten oder mussten, weil das nicht in den Landeskrankenhausplan aufgenommene Krankenhaus dem Gesetz zum damaligen Zeitpunkt nicht unterfiel. Mit dem Gutachten Dr. B. vom 17.06.2010 ist für diesen Fall davon auszugehen, dass infolge der nachträglichen Aufnahme eines Krankenhauses in den Krankenhausplan eine Anpassung von Dienstverträgen in analoger Anwendung des § 53 Abs. 1 Satz 3 LKHG-BW vorzunehmen ist, der Krankenhausträger also hierzu verpflichtet ist.

    Das Landeskrankenhausgesetz erläutert allerdings nicht ausdrücklich, mit welchen rechtlichen Gestaltungsmitteln die vertraglichen Regelungen in Dienstverträgen leitender Ärzte anzupassen sind. § 53 Abs. 1 Satz 3 LKHG-BW verlangt eine Anpassung "im Rahmen der vertraglichen Möglichkeiten". Unproblematisch insoweit wäre die Ausübung eines vertraglich vereinbarten Widerrufsvorbehalts, einer vertraglich vereinbarten Anpassungsklausel oder der Abschluss eines Änderungsvertrages. Der Dienstvertrag zwischen den Parteien vom 01.02.1994 enthält eine Widerrufsklausel ebenso wenig wie eine Anpassungsklausel, ein Änderungsvertrag war zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Änderungskündigung nicht zustande gekommen. Ob die gesetzliche Formulierung "im Rahmen der vertraglichen Möglichkeiten" per se den Ausspruch einer Änderungskündigung ausschließt, lässt das Berufungsgericht ausdrücklich offen. Ebenso bleibt offen, ob die Parteien in den Nachträgen zum Dienstvertrag vom 01.07.2010 und 28.01.2011, mit denen sie die Kündigungsfrist zum Ausspruch einer Änderungskündigung bezüglich veränderter Festlegung der Poolbeteiligung vereinbarten, nicht nur die Frist für eine Änderungskündigung bestimmen wollten, sondern auch die Möglichkeit der Änderungskündigung zum benannten Zweck eröffnen wollten und damit die Änderungskündigung als solche in den Rahmen der vertraglichen Möglichkeiten mit einbezogen. Offenbleiben kann dies deshalb, weil die Änderungskündigung jedenfalls über das erforderliche Maß hinausging und schon deshalb rechtsunwirksam war.

    b) Die Änderungskündigung der Beklagten ist sozialwidrig.

    aa) Der Kläger hat die Änderungskündigung der Beklagten unter Vorbehalt angenommen. Dies ist bei der Prüfung der Sozialwidrigkeit zu berücksichtigen. Hieraus wiederum ergibt sich ein zweistufiges Prüfungsverfahren. Im ersten Schritt ist zu prüfen, ob für die Vertragsänderung ein Grund in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers liegt oder ob dringende betriebliche Erfordernisse das Änderungsangebot nach § 1 Abs. 2 KSchG bedingen. Liegt insoweit überhaupt kein Kündigungsgrund vor, erübrigt sich eine nähere Prüfung des Änderungsangebots. Liegt ein Kündigungsgrund vor, ist zu prüfen, ob der Arbeitgeber sich darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Die zweite Stufe hat das Bundesarbeitsgericht dahingehend präzisiert, dass eine am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierte Prüfung vorzunehmen ist (BAG 23.06.2005 - AP KSchG 1969 § 2 Nr. 81). Danach müssen die geänderten Arbeitsbedingungen im Hinblick auf den Kündigungsgrund geeignet und erforderlich sein. Die angebotenen Arbeitsbedingungen dürfen sich nicht weiter vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung der mit der Änderungskündigung angestrebten Ziels erforderlich ist. Bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung, und um eine solche handelt es sich vorliegend offensichtlich, weil die Beklagte sich weder auf Gründe im Verhalten noch in der Person des Klägers zur Stützung ihrer Kündigungsentscheidung beruft, ist zu prüfen, ob das Beschäftigungsbedürfnis für den gekündigten Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist. Liegt insoweit ein anerkennenswerter Anlass für das Änderungsangebot vor, ist die betriebsbedingte Änderungskündigung nur als sozial gerechtfertigt anzusehen, wenn die betrieblichen Erfordernisse so dringend sind, dass diese die Maßnahme unter Abwägung der Interessen des Arbeitgebers an der erstrebten Änderung und das Interesse des Arbeitnehmers an der Aufrechterhaltung der bisherigen Arbeitsbedingungen als billigenswert und angemessen erscheinen lassen. Dabei unterliegen Änderungskündigungen zur Entgeltabsenkung strengen Maßstäben und es ist stets zu prüfen, ob sich die der ursprünglichen Vereinbarung zugrundeliegenden Umstände so stark geändert haben, dass sie eine Änderung der Arbeitsbedingungen erforderlich machen und ob sich der Arbeitgeber darauf beschränkt hat, dem Arbeitnehmer nur solche Änderungen vorzuschlagen, die dieser billigerweise hinnehmen muss (BAG 27.03.2003 - AP KSchG 1969 § 2 Nr. 72). Keine der angebotenen Änderungen darf sich weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen, als zur Anpassung an die geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten erforderlich ist.

    bb) Unter Berücksichtigung des Vorstehenden muss nicht zwingend entschieden werden, ob nach der ersten Prüfungsstufe die Voraussetzungen für den Ausspruch einer betriebsbedingten Änderungskündigung vorlagen. Die Beklagte hat zwar in ihrer Erträgnisaufstellung einen erheblichen Rückgang des Jahresergebnisses behauptet, hierauf aber hat sie die Änderungskündigung nicht gestützt, sondern vielmehr darauf, dass sie ihres Erachtens kraft Gesetzes, also aufgrund äußerer Umstände, gezwungen gewesen sei, die Vertragsbedingungen des Klägers an die Regelungen der §§ 34 ff. LKHG anzupassen. Ob Letzeres ein anerkennenswerter Grund für die ausgesprochene Änderungskündigung darstellt kann letztlich offenbleiben, weil in der zweiten Prüfungsstufe, der Verhältnismäßigkeitsprüfung, die Kündigung als sozial ungerechtfertigt angesehen werden muss. Ob die Anwendbarkeit des Landeskrankenhausgesetzes und seiner §§ 34 ff. einen berücksichtigungsfähigen Anlass für die betriebsbedingte Änderungskündigung bieten kann, hängt davon ab, ob die gesetzliche Verpflichtung zur Anpassung bestehender Chefarztverträge "im Rahmen der vertraglichen Möglichkeiten" eine Änderungskündigung überhaupt zulässt oder ob dies mangels im Dienstvertrag eingeräumter vertraglicher Anpassungsinstrumentarien dennoch zulässig ist, weil die Nachträge zum Dienstvertrag vom Dezember 2010 und Januar 2011 die Möglichkeit schufen, auch die Änderungskündigung als im Rahmen der vertraglichen Möglichkeiten liegend anzusehen. Da das Berufungsgericht dies schon oben offengelassen hat, bedarf es auch nunmehr diesbezüglich keiner Festlegung.

    cc) Die Unverhältnismäßigkeit der Änderungskündigung der Beklagten, die deren Überprüfung auf der zweiten Prüfungsstufe zum Ergebnis hat, begründet sich drin, dass die Beklagte in das vertraglich vereinbarte Vergütungsgefüge eingegriffen hat, ohne dass dies jedenfalls im vorgeschlagenen Umfang erforderlich war und ohne dass dies vom Kläger billigerweise hätte hingenommen werden müssen.

    (1) Das Änderungsangebot der Beklagten beschränkte sich darauf, die nach den §§ 34 ff. LKHG-BW vorgesehene Abführung von maximal 40 Prozent der Privatliquidationserlöse in den Mitarbeiterpool vorzuschreiben. Will man die Anpassung des Dienstvertrages des Klägers an die gesetzlichen Regelungen des LKHG erreichen, so ist die vorgeschlagene Änderung mit der Anfügung des Absatzes 5 an den § 10 des Dienstvertrages vom 1. Februar 1994 folgerichtig und konsequent. Eine geringere prozentuale Abführung der Liquidationserlöse an den Mitarbeiterpool würde die begehrte Anwendung der gesetzlichen Regeln der §§ 34 ff. LKHG auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht gewährleisten.

    (2) Die gesetzlich vorgesehene Anpassung des Dienstvertrags vom 01.02.1994 verlangt jedoch keineswegs, dass die erhöhte Abführung von Erlösen zu einem in gleichem Umfang verminderten Gesamteinkommen des Klägers führen muss, d. h., dass der Kläger die finanziellen Nachteile der Vertragsanpassung in vollem Umfang und alleine zu tragen hat. Dem steht schon entgegen, dass der Beklagten schon im Dienstvertrag mit dem Kläger vom 01.02.1994 die Möglichkeit eingeräumt war, selbst Zuführungen in den Mitarbeiterpool vorzunehmen, wobei lediglich sein Anteil in das eigene Ermessen gestellt war. Die Formulierung in § 10 Abs. 4, 1. Unterabs., letzter Satz deutet sogar eher darauf hin, dass die Beklagte dem Grunde nach einen Teil der Zuführungen schuldet und lediglich die Höhe dieses Teils in ihr Ermessen gestellt sein soll. Besteht aber eine Beteiligungsmöglichkeit der Beklagten, und ist sie in ihr Ermessen gestellt, so ist es jedenfalls ermessensfehlerhaft, im Rahmen der beabsichtigten Anpassung des Chefarztvertrags mit dem Kläger diesem die Kosten der Anpassung alleine aufzuladen und von ihrem Ermessen, zumindest einen Anteil davon auf sich zu nehmen keinen Gebrauch zu machen.

    (3) Die Unverhältnismäßigkeit des Vertragsangebots im Rahmen der Änderungskündigung ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte durch die Aufnahme in den Landeskrankenhausplan, die für sie Anlass war zur Anpassung an das nunmehr geltende Gesetz die Änderungskündigung gegenüber dem Kläger auszusprechen, selbst finanzielle Vorteile erwirkte. Allein die jährlichen Fördermittel beliefen sich über den Daumen gepeilt auf knapp die Hälfte der finanziellen Nachteile, die der Kläger durch die ihm angemutete Erhöhung der Abführungen in den Mitarbeiterpool zu befürchten hatte. Es entspricht nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn durch einen äußeren Umstand, wie hier die Aufnahme in den Krankenhausplan, der Arbeitgeber finanzielle Vorteile, der Arbeitnehmer aber die vollen Nachteile ohne Kompensation erleiden soll.

    (4) Unverhältnismäßig ist die Änderungskündigung auch deshalb, weil die Beklagte auch bei wortgenauer Übernahme der Abführungspflichten des Klägers aus den §§ 34 ff. LKHG die Möglichkeit gehabt hätte, im Gegenzug die Grundvergütung oder die Gewinnbeteiligung des Klägers zu erhöhen, was, wenn es schon nicht zum vollen Ausgleich der bisher vertraglich eingeräumten Gesamtverdienstchancen gereicht hätte, so doch dem zivilrechtlichen Grundsatz pacta sunt servanda eher Rechnung getragen hätte als die mit der Änderungskündigung angestrebte Totallösung. Die Beklagte hat eine solche Lösungsmöglichkeit selbst gesehen, sonst wäre sie nicht in Vertragsverhandlungen mit dem Kläger getreten, sonst hätte sie auch den Vergleichsvorschlag des Berufungsgerichts nicht in ihre Erwägungen einbeziehen wollen, sonst hätte sie insbesondere nicht mit dem Chefarztkollegen des Klägers Prof. Dr. H. eine Kompensationslösung getroffen. Auch Letzteres, nämlich eine Ungleichbehandlung der Chefärzte Prof. Dr. H. und Kläger, macht die Unverhältnismäßigkeit des mit der Änderungskündigung unterbreiten Vertragsangebots deutlich und lässt die im Streit stehende Änderungskündigung als sozial nicht gerechtfertigt und damit rechtsunwirksam erscheinen.

    Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 97 ZPO

    Die Revision wurde zugelassen im Hinblick auf die grundsätzlichen Fragen im Zusammenhang mit der Reichweite der Anpassungsverpflichtung in den §§ 34 ff LKHG-BW, der analogen Anwendung des § 53 LKHG auf Fälle nachträglicher Aufnahme von Krankenhäusern in den Krankenhausplan und der Auslegung der gesetzlichen Formulierung "im Rahmen der vertraglichen Möglichkeiten".

    Verkündet am 20.06.2013

    Vorschriften§ 53 Abs. 1 S. 3 LKHG-BW, § 613 a BGB, § 108 Nr. 3 SGB V, KHG, Krankenhausfinanzierungsgesetz, Landeskrankenhausgesetz Baden-Württemberg, §§ 34 ff. des Landeskrankenhausgesetzes Baden-Württemberg, Landeskrankenhausgesetz Baden-Württemberg, § 1 KSchG, §§ 34 ff. LKHG-BW