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  • · Fachbeitrag · Alle Fachgebiete

    Berechnung von Gesprächen mit Angehörigen

    | Gespräche mit Angehörigen stationärer Patienten sind häufig. Ob und was dann nach GOÄ berechnet werden kann, ist unterschiedlich. Kurze Mitteilungen sind keine berechenbaren Leistungen. |

     

    Hierzu zwei Beispiele:

     

    • „Die OP ist gut verlaufen, in etwa 2 Stunden kommt Ihr Mann aufs Zimmer.“
    • „Die Untersuchung hat die Gefäßverengerung bestätigt. Wir werden das aber aufdehnen können - eine offene Operation ist nicht nötig“

     

    Im Gespräch verbleibt es aber häufig nicht bei einer einfachen Mitteilung - meistens wird zum Beispiel über den weiteren Behandlungsverlauf ausführlich informiert, oder es sind Nachfragen der Angehörigen zu beantworten. Ob ein Gespräch eine bloße - nicht berechenbare - Mitteilung oder eine Beratung darstellt, wird in der GOÄ nicht begrifflich definiert. Eine Beratung verlangt auf jeden Fall - über kurze Auskünfte hinaus - ein Anhören sowie die Gelegenheit von Nachfragen und deren Beantwortung („Rede und Gegenrede“). Die Zuordnung eines Gesprächs als Beratung erscheint aber allenfalls in der Theorie schwierig - in der Praxis weiß jeder Arzt mit einer entsprechenden Einordnung verantwortlich umzugehen.

     

    „Mittelbare Beratung“ mit Bezugspersonen

    Eine Beratung muss sich nicht unmittelbar an den Patienten richten, sie kann als „mittelbare Beratung“ auch Bezugspersonen des Patienten als Adressaten haben. Die Landesärztekammer Baden-Württemberg gibt dazu die folgende Definition:

     

    • Landesärztekammer Baden-Württemberg

    „Eine mittelbare Beratung liegt vor, wenn der Arzt nicht direkt den betroffenen Patienten berät, sondern ein Gespräch mit einer berechtigten Bezugsperson des Patienten (...) erfolgt und aufgrund der kurzen Gesprächsdauer der Ansatz der Ziffer 4 nicht möglich ist.“

     

     

    Im Hinblick auf die Abgrenzung zu Nr. 4 GOÄ kann dies mit Bezug auf die Zeitdauer hinterfragt werden (siehe nachfolgend).

     

    Mittelbare Beratungen können zwingend erforderlich sein, wenn der Patient nicht selbst beraten werden kann - zum Beispiel bei einer Bewusstseinstrübung. Sie können aber auch dann erfolgen, wenn dem Patienten der Wille unterstellt werden darf, dass neben ihm selbst auch seine Bezugspersonen vom Arzt ergänzend beraten werden dürfen. In diesem Fall ist in der Regel auch von einer medizinischen Notwendigkeit der Leistung auszugehen - etwa um sicherzustellen, dass die ärztlichen Empfehlungen umgesetzt werden. Auf der Rechnung muss dann nicht ausgewiesen werden: „auf Verlangen des Patienten“ (§ 12 Abs. 3 GOÄ).

     

    Gute Dokumentation der Gespräche wichtig

    Neben der Beachtung der Schweigepflicht ist eine gute Dokumentation dieser Gespräche wichtig. Hier sollten Zeitpunkt, Gesprächspartner und einige wenige Stichworte zum Gesprächsinhalt aufgeführt werden. Auch wenn der Patient in der Regel von diesen Gesprächen erfährt, so ist doch nicht gesagt, dass er sich bei Rechnungsempfang noch an sie erinnern kann - umso wichtiger ist eine saubere Dokumentation. Wird gut dokumentiert, kann die mittelbare Beratung dem Patienten selbst in Rechnung gestellt werden. Als berechenbare Ziffern kommen in erster Linie die Nrn. 1 oder 3 GOÄ infrage.

     

    Abrechnung nach Nr. 4 GOÄ bei bestimmtem Gesprächsinhalt

    War der Gesprächsinhalt eine Fremdanamnese - etwa bei der Aufnahme des Patienten in schlechtem Zustand oder bei einer Commotio cerebri - oder eine Unterweisung und Führung der Bezugspersonen - zum Beispiel hinsichtlich des Einhaltens ärztlicher Empfehlungen oder des Umganges mit krankheitsbedingten Veränderungen -, ist statt einer allgemeinen Beratung nach Nr. 1 oder Nr. 3 GOÄ eine Leistung nach Nr. 4 GOÄ erfolgt. Diese kann dem Patienten berechnet werden. Allerdings ist eine solche Berechnung nur einmal je (GOÄ-)Behandlungsfall möglich.

     

    Dabei setzt die GOÄ an die Berechenbarkeit von Nr. 4 keine zeitliche Mindestanforderung. Zu beachten ist aber, dass die Leistung nach Nr. 4 schwierigeren und aufwendigeren Beratungen vorbehalten ist. Deshalb erfordert sie in der Regel mehr Zeit als eine Beratung nach Nr. 1 GOÄ. Zur Nr. 3 GOÄ ist die zeitliche Anforderung allerdings überschneidend.

     

    Regelhafte Abrechnung von Nr. 4 GOÄ nicht statthaft

    Zur Berechnung von Nr. 4 GOÄ besteht - anders als bei Nr. 3 GOÄ - ein Ermessensspielraum, mit dem verantwortlich umgegangen werden muss. Abgesehen von den Fällen einer medizinisch notwendigen Fremdanamnese sollte die Berechnung wegen einer Unterweisung der Bezugsperson Fällen gravierender Erkrankungen vorbehalten sein - etwa bei Malignomen, Systemerkrankungen, schwer verlaufenden Infektionen, schweren Unfallverletzungen oder starker psychischer Beeinträchtigung des Patienten. Keinesfalls ist eine regelhafte Berechenbarkeit der Nr. 4 statthaft - womöglich noch analog für jedwedes Angehörigengespräch längerer Dauer.

     

    Generell sind mögliche Ausschlussbestimmungen der GOÄ zu den Leistungen zu beachten. Da in der Regel am selben Tag auch eine Visite berechnet wird, müssen die Uhrzeiten der Visite und der Beratung/Fremdanamnese in der Rechnung angeführt werden. Außerdem wichtig: Bei kleineren Kindern (bis zum 6. Lebensjahr) erfolgen Beratungen oder Anamnesen zwangsläufig über Bezugspersonen - dann kann Nr. 4 GOÄ nicht berechnet werden.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2013 | Seite 18 | ID 42272197