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  • · Fachbeitrag · Perspektiven

    Mit Stipendien gegen den Ärztemangel

    von Dr. Marianne Schoppmeyer, Ärztin und Medizinjournalistin, Nordhorn

    | Der Ärztemangel entwickelt sich zu einem ernstzunehmenden Problem der Krankenversorgung in Deutschland. Honorarärzte sowie ausländische Ärzte gehören in vielen deutschen Krankenhäusern mittlerweile zum Alltag. Offene Stellen zu besetzen fällt vor allem kleineren Krankenhäusern im ländlichen Raum schwer. Am Beispiel eines Projektes der Euregio-Klinik in Zusammenarbeit mit dem Landkreis Grafschaft Bentheim wird deutlich, wie dem Ärztemangel begegnet werden kann. |

    Ursachen des Ärztemangels

    Die Gründe für den Ärztemangel sind vielfältig. In den nachfolgenden Punkten werden die wichtigsten Aspekte aufgelistet:

     

    • Die Novellierung des Arbeitszeitrechts im Jahr 2004 mit der Anrechnung von Bereitschaftsdienstzeiten als Arbeitszeit verursachte einen erheblichen Mehrbedarf an Ärzten in den Kliniken.

     

    • Das Ausland lockt junge deutsche Ärzte mit einer geringeren Arbeitsbelastung, kürzeren Arbeitszeiten sowie einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie. In den Jahren 2000 bis 2008 kehrten nach Zahlen des Deutschen Krankenhausinstituts 19.300 Ärzte Deutschland aus diesen Gründen den Rücken.

     

    • Da im Verhältnis immer mehr Frauen in den Arztberuf drängen, steigt die Nachfrage nach Teilzeitstellen stetig: Arbeiteten im Jahr 2001 noch 31.000 Ärzte in Teilzeit, hat sich ihre Zahl im Jahr 2011 auf 54.000 erhöht.

     

    • Gleichzeitig nimmt das Durchschnittsalter der Ärzteschaft seit Jahren zu. Immer mehr Ärzte verabschieden sich in den Ruhestand. Allein im vergangenen Jahr erhöhte sich ihre Zahl um 3,8 Prozent auf 72.540.

     

    • Auch aufgrund der Zunahme der Behandlungsintensität in einer alternden Gesellschaft werden mehr Ärzte benötigt. Dank des medizinischen Fortschritts sind früher nicht mögliche Eingriffe, Untersuchungen und Therapien durchführbar geworden. Dies erfordert ebenfalls mehr Personal.

    Stipendienprogramm des Landkreises

    Als Flächenland ist Niedersachsen besonders betroffen vom Ärztemangel. Zwar kann niemand gezwungen werden, in einer ländlichen Region seinen Beruf auszuüben, doch es gibt durchaus Möglichkeiten, angehende Mediziner aufs Land zu locken. Ein Beispiel hierfür zeigt der Landkreis Grafschaft Bentheim in Niedersachsen an der Grenze zu den Niederlanden. Zusammen mit der Euregio-Klinik Nordhorn hat er ein Stipendien-Programm aufgelegt.

     

    Dabei wurde von Landkreis und Klinik in Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten ein neuer Weg beschritten: Man setzt auf Stipendien für Medizinstudenten, um dem drohenden Ärztemangel zu begegnen. Durch eine langfristige finanzielle und fachliche Unterstützung sollen zukünftige Ärzte für die Weiterbildung in der Euregio-Klinik Nordhorn und eine spätere Niederlassung in der Grafschaft Bentheim gewonnen werden.

     

    Voraussetzungen der Bewerbung

    Bewerben kann sich jeder angehende Mediziner, der aus dem Landkreis Grafschaft Bentheim stammt, dort seinen Wohnsitz hat oder andere stabile soziale Beziehungen zum Landkreis unterhält. Nach der schriftlichen Bewerbung folgt ein Gespräch mit der Auswahlkommission, die über die Vergabe des Stipendiums entscheidet. Ihr gehören der Leiter des Kreis-Gesundheitsamtes, die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, der PJ-Beauftragte der Euregio-Klinik sowie ein Vertreter der KV Niedersachsen an.

     

    Vor dem Zuschlag der Auswahlkommission muss sich der Student zu einer späteren mehrjährigen primärärztlichen Tätigkeit in einem unterversorgten Bereich des Landkreises verpflichten. So erhält er bis zum Abschluss seines Studiums eine monatliche Studienbeihilfe von 500 Euro.

     

    Mentor an der Euregio-Klinik

    Neben der finanziellen Unterstützung ist auch eine medizinische Förderung geplant: Jedem Studenten wird ein Arzt der Euregio-Klinik als Mentor an die Seite gestellt. Famulaturen in der Klinik sind ausdrücklich erwünscht, ebenso wie das Absolvieren des Praktischen Jahres in dem Krankenhaus, das zugleich Lehrkrankenhaus der Universitätsklinik Münster ist. Jährliche Treffen der Stipendiaten zum gegenseitigen Kennenlernen und zur weiteren Bindung an die Region sind ebenfalls geplant.

     

    Weiterbildung zum Facharzt vor Ort

    Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums sollen die Stipendiaten ihre Facharztweiterbildung in Krankenhäusern oder Arztpraxen des Landkreises absolvieren. Wird eine vertragsärztliche Tätigkeit nicht binnen eines Jahres nach der Approbation oder der vereinbarten Facharztausbildung in einem unterdurchschnittlich versorgten Bereich des Landkreises aufgenommen, muss die Studienförderung zurückgezahlt werden.

    Motivation der Studenten

    Das Stipendienprogramm stößt bei den Grafschafter Medizinstudenten bislang auf reges Interesse. Allein durch Mundpropaganda haben sich innerhalb von wenigen Monaten bereits fünf Studenten gefunden, die an dem Programm teilnehmen möchten. Voraussetzung ist ein Bewerbungsschreiben, in dem die Studenten detailliert darlegen, weshalb sie nach ihrem Studium in der Grafschaft arbeiten möchten.

     

    Weiterführender Hinweis

    Quelle: Ausgabe 07 / 2014 | Seite 17 | ID 42730941