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  • · Fachbeitrag · Aktuelle Studie

    Krankenhaus-Report 2019: Das digitale Krankenhaus

    von Alexandra Buba M. A., Wirtschaftsjournalistin, Fuchsmühl

    | Der „Krankenhaus-Report 2019“ schlägt mit seinen mahnenden Worten, die traditionell dem Zahlen- und Analyseteil des Werks vorangehen, in eine schon tiefe und breite Kerbe des gesellschaftlichen Konsenses: Deutschland hat Defizite bei der Digitalisierung, und das gilt in besonderer Weise auch für seine Krankenhäuser. Die Ursache ist schnell ausgemacht: mangelnde politische Entschlossenheit. Doch wesentliche Entwicklungen in der Kliniklandschaft gibt es auch noch an anderen Stellen. Kostenfreier Download des Krankenhaus-Reports 2019 unter www.iww.de/s2632 . |

    Größtes Manko: fehlende elektronische Patientenakte

    Sie eröffnet nicht umsonst den „Krankenhausreport 2019“ und bekommt ein ganzes eigenes Kapitel gewidmet: die elektronische Patientenakte. Schon von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt im Jahr 2003 angestoßen, ist sie in Deutschland auch 16 Jahre später flächendeckend noch nicht in Sicht. Dabei machen viele andere Länder inzwischen vor, wie es geht, unterschiedlichste Gesundheitsdaten aus diversen Quellen zusammenzuführen, sicher zu speichern und denjenigen komfortabel zur Verfügung zu stellen, die daraus Nutzen ziehen: Ärztinnen und Ärzten, Patientinnen und Patienten.

     

    Bei uns gibt es das nicht, und damit ist eigentlich schon vieles zum Stand der Digitalisierung im deutschen Klinikwesen gesagt. Dennoch verwenden die unterschiedlichen Autoren des Reports viel Mühe darauf, den Grad der Digitalisierung der Krankenhäuser hierzulande zu vermessen. Damit tun sie es einer Reihe von Analytikern anderer Branchen gleich ‒ mit demselben Ergebnis: Es kommt darauf an. Nämlich darauf, wie man misst und was man als Maßstab für Digitalisierung überhaupt zugrunde legen möchte. Von Sinn und Zweck ist da noch nicht gesprochen. Ein Ergebnis soll dennoch nicht verhehlt sein: Branchenprimus ist, wie häufiger, das Universitätsklinikum in Hamburg-Eppendorf, dem auch ein eigener Beitrag in diesem Zusammenhang gewidmet ist.

    Forderung nach mehr Förderung

    Damit die deutschen Kliniken ihren Rückstand in Sachen technologischer Fortschritt aufholen können, regt der Report indes ein mehrjähriges Investitionsprogramm an. Konkret schlagen die Autoren vor, für acht Jahre jeweils eine Milliarde Euro auszuschütten, die zusätzlich zur bisherigen Investitionsförderung und spezifisch für den Um- und Ausbau der IT-Infrastruktur der Krankenhäuser verwendet werden soll. Dabei wollen sie den Fokus auf Digitalisierungsmaßnahmen gerichtet sehen, die einen positiven externen Effekt für das Gesundheitswesen generieren ‒ wie etwa die Erleichterung sektorübergreifender Kooperation ‒ und nicht allein die betriebswirtschaftliche Effizienz der Krankenhäuser steigern.

     

    Dass letzterer Effekt ein Ergebnis der zunehmenden Digitalisierung ist, scheint unbestritten. Insbesondere in der Pflege ergäben sich erhebliche Rationalisierungspotenziale. Vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Arbeitskräfteknappheit im Pflegebereich würden technische Lösungen attraktiver. Die Ärzteschaft indes sieht der Report durch die untergeordnete Rolle, die das Thema im Medizinstudium auch heute noch spielt, nicht ausreichend auf die digitale Revolution vorbereitet. Perspektivisch werde die Digitalisierung die Spezialisierung weiter verstärken.

    Digitalisierung wird Spezialisierung verstärken

    Nützlich für den Patienten sei dies allerdings nur dann, wenn es gelänge, die immer weiter spezialisierten Einzeldisziplinen in den Ergebnissen wieder zusammenzuführen. Das sollte, laut den Autoren des Berichts, über die neuen Kommunikationsmöglichkeiten über Disziplinen hinweg, die die Digitalisierung schließlich eröffne, gelingen.

     

    Hier schließt sich dann im Grunde wieder der Kreis zur elektronischen Patientenakte, die ein wenig wie der Dreh- und Angelpunkt der Digitalisierung der modernen Klinikmedizin erscheint. Länder wie Dänemark, die hier deutlich weiter sind als Deutschland, hätten dies vor allem mittels starker Governance und durch die frühzeitige Setzung verbindlicher Ziele und eines zeitlichen Rahmens bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens geschafft, meint der Report. Inhalte und Funktionen der elektronischen Patientenakte seien in anderen Ländern von Anfang an klar definiert und technische sowie Interoperabilitätsstandards vorgegeben worden. Deutschland sollte sich diese Best-Practice-Länder und deren Wissensvorsprung zum Vorbild nehmen, um die elektronische Patientenakte nach über 14 Jahren des gefühlten Stillstands auch hierzulande erfolgreich umzusetzen, so die Autoren.

     

    Dafür bedarf es innerhalb eines föderalen Systems mit einer ganzen Reihe von öffentlich- und privatrechtlichen Akteuren eines starken politischen Willens. Doch auch er allein reicht nicht. Notwendig sind selbstverständlich auch die entsprechenden Mittel, denn nicht nur Innovation kostet, sondern auch der Datenschutz ‒ und zwar dauerhaft. Die Verantwortung dafür, gepaart mit dem erheblichen finanziellen und personellen Aufwand, will freilich keiner der Beteiligten unentschädigt übernehmen.

    Niedrigste Budgetsteigerungsrate seit 2011

    Doch Geld liegt im Moment offenbar auch nicht auf der Straße, denn die Budgetsteigerungsrate, die der Report ausweist, ist im ersten Umsetzungsjahr des Krankenhausstrukturgesetzes die niedrigste seit 2011. So sind die Budgets der 1.230 untersuchten somatischen Krankenhäuser für die Jahre 2016 und 2017 ausgleichsbereinigt lediglich um 3,0 Prozent gestiegen, was einem Mittelzuwachs von etwa 1,8 Milliarden Euro entspricht. Dabei liege der ausgleichsbereinigte Preiseffekt von 2,2 Prozent im Mittel der Vorjahre, schreiben die Autoren. Ursächlich für die niedrige Budgetveränderungsrate sei eine vereinbarte Mengenentwicklung von nur 0,9 Prozent nach einem Rekordwert im Vorjahr, die sich durch nahezu alle Leistungsbereiche ziehe.

     

    „Für eine Bewertung, inwieweit dies auch eine unmittelbare Folge der geänderten Budgetmechanismen für die Finanzierung von Mehrmengen ist oder gar eine Trendumkehr in der Mengenentwicklung in der stationären Versorgung eingeleitet hat, ist es noch zu früh“, heißt es im Report. Fakt sei aber, dass die neuen, komplexen und streitbefangenen Detailregelungen zu deutlich späteren Verhandlungen und Umsetzungszeitpunkten geführt hätten. Erstmals seit 2009 sei weniger als die Hälfte des Gesamtbudgetvolumens innerhalb des Budgetjahrs auch umgesetzt worden ‒ mit den entsprechenden Konsequenzen für die Planungs- und Kalkulationssicherheit der Krankenhäuser und Kostenträger.

    Strukturwandel hin zu mehr privat und weniger öffentlich

    Ein weiterer Befund des Reports ist der schon seit Jahren anhaltende Konzentrationsprozess, der sich auch zuletzt fortsetzte. Doch es nimmt nicht nur die Anzahl der Häuser insgesamt ab, sondern es vollzieht sich zudem ein Strukturwandel im Hinblick auf die Trägerschaft. Denn während sich die Anzahl der Krankenhäuser insgesamt von 2007 bis 2017 um 145 (-6,9 Prozent) Einrichtungen verringerte, stieg die Summe privater Kliniken um 100 (+ 16,1 Prozent) auf 720 Häuser. Der allgemeine Rückgang der Zahl der Einrichtungen traf folglich die freigemeinnützigen (-16,2 Prozent) und in noch stärkerem Maße die öffentlichen Krankenhäuser (-17,3 Prozent). Noch erscheint der Markt allerdings grob gedrittelt: So befanden sich zuletzt die meisten Krankenhäuser

     

    • in privater Trägerschaft (720 oder 37,1 Prozent), gefolgt von den
    • freigemeinnützigen Krankenhäusern (662 oder 34,1 Prozent) und den
    • öffentlichen Krankenhäusern (560 oder 28,8 Prozent).

     

    Gemessen an der Zahl der verfügbaren Betten dominieren allerdings die öffentlichen Krankenhäuser nach wie vor die Krankenhauslandschaft. Die durchschnittliche Bettenauslastung bezogen auf alle Krankenhäuser lag 2017 bei 77,8 Prozent (2016: 77,9 Prozent). Die geringste Bettenauslastung (61,5 Prozent) hatten indes Krankenhäuser mit 1 bis 49 Betten aufzuweisen, die höchste Einrichtungen mit 800 und mehr Betten (80,5 Prozent). Allerdings differiere die Bettenauslastung nach Fachabteilungen erheblich, so der Report.

    1,8 Prozent mehr Beschäftigte ‒ 3,1 Prozent mehr Ärzte

    Einen sichtbaren Zuwachs verzeichneten die Häuser im Hinblick auf das Personal: Zum Stichtag 31.12.2017 arbeiteten etwas mehr als 1,24 Mio. Beschäftigte in den Krankenhäusern, 22.065 Menschen oder 1,8 Prozent mehr als genau ein Jahr zuvor. 186.021 Beschäftigte waren als hauptamtliche Ärzte und Ärztinnen tätig; gut eine Mio. Beschäftigte gehört dem nicht ärztlichen Dienst an. Prozentual kräftiger als die Gesamtzahl aller Beschäftigten erhöhte sich die Summe der hauptamtlichen Ärzte und Ärztinnen, nämlich um 5.649 Beschäftigte oder 3,1 Prozent; die Zahl der im nicht ärztlichen Dienst tätigen Krankenhausmitarbeiter nahm um 16.416 (1,6 Prozent) Beschäftigte zu. Dabei war rund ein Viertel und knapp die Hälfte des ärztlichen bzw. des nicht ärztlichen Personals teilzeit- oder geringfügig beschäftigt.

     

    46,3 Prozent der hauptamtlichen Ärzte waren im Jahr 2017 Frauen. Damit entspricht der Frauenanteil annähernd dem Vorjahresniveau (46,5 Prozent); gegenüber 2007 stieg er allerdings um 6,0 Prozentpunkte an. Mit steigender Hierarchiestufe nimmt der Frauenanteil ‒ und hier bilden Kliniken keine Ausnahme unter der Summe beinahe aller deutschen Betriebe und Organisationen ‒ deutlich ab: „Während zu Beginn der ärztlichen Laufbahn gut die Hälfte aller Assistenzarztstellen (55,9 Prozent) von Frauen besetzt wurde, war es bei den Oberärzten noch knapp ein Drittel (31,5 Prozent) der Stellen. Der Frauenanteil an den leitenden Ärzten lag bei nur noch 12,5 Prozent“, heißt es in dem Report.

    Potenzial ambulanter Versorgung scheint ausgeschöpft

    Im Gegensatz zur Anzahl der Beschäftigten sank die Summe der vollstationären Patientinnen und Patienten. So wurden im Gesamtjahr 2017 rund 19,4 Mio. Patienten vollstationär behandelt. Erstmals seit dem Jahr 2005 sank ihre Zahl im Vergleich zum Vorjahr ‒ und zwar um 90.000 Patienten oder 0,5 Prozent. Analog verringerte sich die Summe der 2017 erbrachten vollstationären Berechnungs- und Belegungstage gegenüber 2016 um gut eine Mio. oder 0,7 Prozent. Ein Krankenhausaufenthalt dauerte im Jahr 2017 wie im Vorjahr durchschnittlich 7,3 Tage gegenüber 8,3 Tagen im Jahr 2007.

     

    Im Gegenzug stieg die Zahl der teilstationären Behandlungen: Im Jahr 2017 wurden gut 790.900 solcher Behandlungen erbracht; das waren 2,2 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Außerdem führten knapp zwei Drittel aller Krankenhäuser im Jahr 2017 insgesamt rund zwei Mio. ambulante Operationen durch. „Im Vergleich zu 2005 ist die Zahl der ambulanten Operationen auf das Eineinhalbfache gestiegen“, heißt es im Report.

     

    Dieser Leistungsbereich entwickelte sich mit anfänglichen jährlichen Steigerungsraten von bis zu 60 Prozent zunächst äußerst dynamisch. Seit 2007 blieben die jährlichen Steigerungsraten dann unter 10 Prozent; zuletzt waren es nur noch 0,4 Prozent. „Das Potenzial der Krankenhäuser auf dem Gebiet ambulanter Gesundheitsversorgung scheint ausgeschöpft“, schlussfolgert der Report daher.

    Männer häufiger behandelt als Frauen

    Ein detaillierter Blick auf die im Jahr 2017 insgesamt knapp 20 Mio. Behandlungsfälle zeigt 9,5 Mio. männliche und 10,4 Mio. weibliche Patienten. Das entspricht Anteilen von 47,7 (Männer) und 52,3 (Frauen) Prozent. Ihr Durchschnittsalter hat sich weiter erhöht. Im Jahr 2017 lag es bei 55,1 Jahren.

     

    Bei einer genaueren Betrachtung der Alters- und Geschlechtsstruktur der Patienten im Jahr 2017 zeige sich allerdings, dass in fast allen Altersgruppen mehr Männer je 100.000 Einwohner als Frauen stationär im Krankenhaus behandelt wurden, schreiben die Autoren. Bei den 15- bis 45-Jährigen wären es zwar mehr Frauen als Männer gewesen, dies sei jedoch auf Fälle zurückzuführen, die in Zusammenhang mit Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett stünden.

     

    Quelle: Ausgabe 05 / 2019 | Seite 3 | ID 45858146