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  • 01.06.2006 | Qualitätsmanagement

    Drei QM-Modelle im Überblick: Welches System ist das Richtige?

    Mit der Verpflichtung zur Einführung eines internen Qualitätsmanagements (QM) vor fünf Jahren stellte sich für viele Kliniken die Frage, wie dieser Verpflichtung nachzukommen sei. Heute sind viele Kliniken in ihrer Entwicklung vorangekommen: So haben inzwischen schätzungsweise 35 Prozent der Kliniken ein zertifizierungsreifes internes QM-System. Marktführend dürfte hier im Augenblick das KTQ-Modell sein, gefolgt von der DIN EN ISO 9001.  

     

    Bei den Krankenhäusern, die sich bisher nicht entschieden haben, und ihren Chefärzten stellt sich nun die Frage, nach welchem System man sich zertifizieren lassen soll. Zwar wird der Chefarzt in aller Regel in den Entscheidungsprozess nicht direkt eingebunden, aber spätestens, wenn es um die Umsetzung geht, muss er wissen, was auf ihn zukommt. Unsere Beitragsserie soll darüber Aufschluss geben. Zu diesem Zweck werden die drei großen Modelle zunächst verglichen und dann einzeln besprochen. Daneben werden typische Probleme des Chefarztes nach der Einführung eines Systems erläutert.  

    Die drei großen QM-Modelle im Vergleich

    Die derzeit drei gängigen Modelle sind die DIN EN ISO 9001, das EFQM und das „neue“ KTQ in der Version 5.0. Die Unterschiede zwischen den Systemen in der praktischen Umsetzung werden überschätzt. Alle QM-Systeme beschäftigen sich mit einer Optimierung der Abläufe und der Sicherstellung gewünschter Ergebnisse. Somit sind die Werkzeuge vorgegeben. Jedes der Systeme verlangt klare Strukturen in der Unternehmensführung. Rechte, Pflichten und Verantwortlichkeiten müssen transparent dargestellt werden.  

     

    Für eine Klinik, die am Beginn steht, ist es noch nicht erforderlich, sich für eines der Systeme zu entscheiden. Erst wenn die Einführungsphase abgeschlossen ist und eine Zertifizierung bzw. die Teilnahme an einem Qualitätspreis angestrebt wird, muss diese Entscheidung fallen. Auch der Umstieg zu einem anderen Modell ist jederzeit möglich und mit erträglichem Aufwand durchzuführen.  

     

    Trotz der dargestellten Gemeinsamkeiten gibt es Unterschiede zwischen den drei großen Modellen.  

    1. Die Zertifizierung

    So ist eine Zertifizierung nur in der DIN EN ISO 9001 und dem KTQ-Modell vorgesehen. Bei der EFQM waren primär nur Selbstbewertungen bzw. die Teilnahme an großen Qualitätspreisen wie dem „European quality award“ oder dem deutschen Ludwig-Erhard-Preis vorgesehen. Seit einiger Zeit werden jedoch auch in diesem System Siegel angeboten, die sich von den klassischen Zertifizierungsverfahren deutlich unterscheiden. Hier werden drei mögliche „Levels Of Excellence“ durch externe Überprüfung bescheinigt.  

    2. Die Verbreitung der einzelnen Systeme

    Unterschiedlich ist die weltweite Verbreitung der Modelle. Die DIN EN ISO 9001 ist in 90 Ländern der Erde bekannt und auch anerkannt. Die Verbreitung des EFQM-Modells beschränkt sich im Wesentlichen auf Europa und die von KTQ auf den deutschsprachigen Raum, ist hier aber im Krankenhausbereich sehr weit verbreitet.  

     

    Für Kliniken und ihre Chefärzte, die ihre Leistungen für Patienten aus dem Ausland anbieten möchten, kann dies ein wichtiges Argument sein. Die DIN EN ISO 9001 ist zum Beispiel in Saudi Arabien ein akzeptierter Standard. Auch bei möglichen Kooperationspartnern, die nicht aus der Medizin stammen,und bei Versicherungen – wie zum Beispiel der Berufshaftpflicht – wird eine DIN-Zertifizierung ohne Probleme akzeptiert. Auch der Begriff EFQM ist geläufig, während das dritte Modell fast nur im ärztlich-medizinischen Bereich bekannt ist.  

     

    Die große Verbreitung der DIN EN ISO 9001 hat auch zur Folge, dass ein großer Erfahrungsschatz mit dem System aus allen Bereichen vorhanden ist. Dies ist bei den anderen Modellen weniger ausgeprägt.  

    3. Die Rechtssicherheit des Systems

    Eine wesentliche Stärke der DIN EN ISO 9001 ist auch die „Rechtssicherheit“ – das heißt, ob das Verfahren auch von deutschen Gerichten anerkannt wird. In einzelnen Kunstfehler-Prozessen wurde ein Tatbestand schon als gegeben angenommen, weil die entsprechende Verfahrensanweisung die Vorgehensweise so vorschrieb. Die Verfahrensanweisung ersetzt eine Einzelfalldokumentation. Insbesondere für Chefärzte, die in forensisch heiklen Bereichen tätig sind – wie zum Beispiel der plastischen Chirurgie, der Strahlentherapie oder der Medizintechnik – , kann dies ein großer Vorteil sein, da in diesen Bereichen das System weit verbreitet ist.  

    4. Die Nähe zur Medizin

    Da die DIN EN ISO 9001 für alle Branchen anwendbar ist, wurde sie sehr abstrakt verfasst. Ihre Anwendung im Krankenhaus verlangt starke Interpretationsleistungen, die viele Chefärzte nicht erbringen möchten. Fremde Ausdrucksweisen lassen das Modell wenig attraktiv erscheinen. Da KTQ speziell für die Medizin entwickelt wurde, gibt es diese Probleme dort nicht. Das EFQM-Modell ist zwar ebenfalls breit angelegt und für alle Bereiche anwendbar, wird aber von vielen Chefärzten als weniger technokratisch und einfacher zu verstehen angesehen. Die Stärke des KTQ-Modells liegt in der vorhandenen Unterstützung durch alle wichtigen Partner der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen. Neben Standesorganisationen und Kostenträgern sind über die Pro Cum Cert (Zusammenschluss der kirchlichen Krankenhausträger)auch die konfessionellen Einrichtungen an diesem Modell beteiligt.  

    5. Die Kosten der Zertifizierung bzw. Level-Zuerkennung

    Die Kosten der Zertifizierung bzw. Level-Zuerkennung sind different. Die Kosten der DIN-Zertifizierung hängen von der Mitarbeiterzahl des Krankenhauses ab. Sie liegen im Mittelfeld der drei Modelle. Je nach Größe des Krankenhauses oder der Abteilung muss mit Kosten im Bereich von 7.500 bis über 50.000 Euro gerechnet werden. Die EFQM-Level werden für Pauschalbeträge vergeben, die im unteren Bereich der Skala liegen. Bei KTQ fallen abhängig von der Größe Kosten an, die von vielen Kliniken als sehr hoch bezeichnet werden.  

     

    Der Aufwand für die QM-Einführung im Hause ist bei allen Modellen vergleichbar. Das EFQM-Modell beschreibt den umfassendsten Ansatz, der in praktisch alle Bereiche des Unternehmens eingreift. Das hat bei der zur Zeit bestehenden Ressourcenknappheit dazu geführt, dass dieses Modell deutlich an Bedeutung verlor.  

    Übersicht der wichtigsten Eigenschaften aller Systeme

    Die folgende Tabelle zeigt eine Übersicht der wichtigsten Eigenschaften. Nutzen und Aufwand für den einzelnen Chefarzt sind weniger vom angewandtem System abhängig als von den lokalen Gegebenheiten des Krankenhauses. Wo viele Optimierungspotentiale vorliegen, wird viel zu erreichen sein, sich QM aber nur schwer einführen lassen. Häuser, die ihre Organisation schon optimiert haben, sind für Neuerungen offener, haben aber Verbesserungsmöglichkeiten.  

     

    Kriterium  

    DIN EN ISO 9001  

    EFQM  

    KTQ  

    Zertifizierung möglich  

    ja  

    keine klassische Zertifizierung  

    ja  

    Weltweite Verbreitung  

    ja  

    nein  

    nein  

    Verbreitung in Deutschland  

    ja  

    wenig  

    ja  

    Erfahrungen  

    sehr viele  

    viele  

    relativ wenig  

    Akzeptanz bei Nicht-Medizinern  

    hoch  

    hoch  

    fraglich  

    Rechtssicherheit  

    ja  

    nein  

    nein  

    Nähe zur Medizin  

    wenig  

    wenig  

    ja  

    Nähe zu den „big playern“ des Gesundheitswesens  

    nein  

    nein  

    ja  

    Preis der Zertifizierung/Anerkennung  

    mittel  

    niedrig  

    hoch  

    Umfassender Ansatz  

    mittel  

    maximal  

    mittel  

     

    Quelle: Ausgabe 06 / 2006 | Seite 12 | ID 86363