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  • 01.09.2004 | Leserforum

    Welche Folgen drohen, wenn der Chefarzt von den Behandlungspfaden abweicht?

    Im Rahmen des neuen Leserforums erhielten wir eine Anfrage zu unserer Serie zum Thema "Klinische Behandlungspfade".

    "Mit Interesse habe ich die Serie zu den Behandlungspfaden im 'Chefärzte Brief' verfolgt. Mir als Chefarzt stellen sich aber nun einige Fragen: Wenn die Pfade einmal erstellt sind, müssen sich die Ärzte daran halten oder ist ein Abweichen möglich, ohne verwaltungs- oder berufsrechtliche Folgen zu befürchten? Insbesondere, wenn im Einzelfall eine andere Vorgehensweise vorgenommen wird (zum Beispiel im Notfall oder bei Fehlen von Befunden etc.)? Muss dies dann schriftlich notiert oder begründet werden?"

    Antwort: Wenn innerhalb einer Klinik Behandlungspfade erstellt wurden und offiziell von den beteiligten Chefärzten in Kraft gesetzt worden sind, haben sie den Charakter von Dienstanweisungen. Eine Nicht-Beachtung dieser Dienstanweisungen kann für unterstellte Ärzte arbeitsrechtliche Konsequenzen haben.

    Wenn der Pfad sich an aktuellen Leitlinien orientiert, ist ein Abweichen vom diesem Pfad daher auch gleichzeitig ein Abweichen von den Leitlinien. Konkret hat dies zur Folge, dass der Arzt sein Abweichen vom Behandlungspfad gut begründen muss. Aus diesem Grund wird für die Pfad-Definition auch die Angabe konkreter Ausschluss- und Abbruch-Kriterien gefordert. Wenn diese vorliegen und entsprechend dokumentiert werden, sollten weder berufs- noch haftungs- oder gar strafrechtliche Konsequenzen drohen.

    Auf eine gründliche Dokumentation muss aber in jedem Fall Wert gelegt werden. Zum einen ist sie aus den oben erwähnten forensischen Gründen erforderlich, zum anderen eventuell auch als Argumentationshilfe gegenüber den Kostenträgern notwendig, wenn Probleme mit der Kostenübernahme auftauchen. Auch für das Controlling des Behandlungspfades muss unbedingt feststellbar sein, warum ein Patient außerhalb des Pfades behandelt worden ist.

    Selbstverständlich können fehlende Befunde auch ein Grund sein, vom routinemäßigen Vorgehen abzuweichen. Aber gerade hier ist es wichtig, den Anlass zu beschreiben, um entsprechende Maßnahmen zur Vermeidung dieses Fehlers ergreifen zu können. Beim Auftreten eines Notfalls ist jeder Arzt weiterhin berechtigt (und verpflichtet) alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und dabei auch gegen die Regeln des Behandlungspfades zu verstoßen.