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  • 01.10.2004 | Aktuelle Rechtsprechung

    BFH-Urteil: Schönheitsoperationen sind umsatzsteuerpflichtig

    von Rechtsanwälten Sören Kleinke und Dr. Marion Wille, Kanzlei Kleinke, Osnabrück, www.kanzlei-kleinke.de

    Medizinisch nicht indizierte Schönheitsoperationen sind umsatzsteuerpflichtig. Zu diesem Ergebnis kam der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil am 15. Juli 2004 (Az: VR 27/03 - Abruf-Nr.  042369 ). Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

    Der Sachverhalt

    Ein Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie hatte im Rahmen von Privatliquidationen medizinisch nicht indizierte Schönheitsoperationen durchgeführt. Das Finanzamt war auf Grund einer Außenprüfung zu der Auffassung gelangt, dass die medizinisch nicht indizierten Schönheitsoperationen umsatzsteuerpflichtig seien, und erließ deshalb für die betreffenden Jahre Umsatzsteuerbescheide. Der dagegen eingelegte Widerspruch des Arztes sowie die anschließende Klage vor dem Finanzgericht hatten keinen Erfolg. Auch der Bundesfinanzhof wies die Revision des Arztes zurück und entschied, dass die medizinisch nicht indizierten Schönheitsoperationen umsatzsteuerpflichtig sind.

    Die Urteilsgründe des Bundesfinanzhofs im Einzelnen

    Zur Begründung führte der BFH aus, dass §  4 Nr.  14 Satz 1 Umsatzsteuergesetz nicht für derartige Schönheitsoperationen gelte. Dieser Paragraf regelt, dass die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Krankengymnast, Hebamme etc. umsatzsteuerfrei sind. Denn §  4 Nr.  14 Satz UStG, der auf der EG-Richtlinie 77/388/EWG beruht, müsse im Sinne dieser EG-Richtlinie ausgelegt werden.

    Nach der EG-Richtlinie 77/388/EWG sollen lediglich Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der ärztlichen oder arztähnlichen Berufe erbracht werden, von der Umsatzsteuerpflicht befreit werden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bedeutet dies, dass medizinische Leistungen, die nicht in der medizinischen Betreuung von Personen durch das Diagnostizieren und Behandeln einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung bestehen, nicht in den Anwendungsbereich dieser EG-Richtlinie fallen. Die befreiten Leistungen müssen der medizinischen Behandlung einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung dienen.

    Daher sind beispielsweise von der Umsatzsteuerbefreiung nicht umfasst das Ausstellen von ärztlichen Bescheinigungen für Zwecke eines Kriegsrentenspruchs oder die Erstellung von ärztlichen Gutachten, soweit sie dazu dienen, über etwaige Ansprüche aufgrund von Kunstfehlern, Ansprüche auf eine Invaliditätspension oder die Höhe von Schadensersatzansprüchen bei einer Körperverletzung Auskunft zu geben.

    Der BFH meint nun, dass die EuGH-Rechtsprechung auch für Schönheitsoperationen gelten müsste, deren Zweck nicht der Schutz der menschlichen Gesundheit ist. Auch nach der Rechtsprechung des EuGH reiche es für die Umsatzsteuerbefreiung nicht aus, dass die Operationen nur von einem Arzt ausgeführt werden können, vielmehr müssen sie auch der medizinischen Behandlung einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung - und damit dem Schutze der menschlichen Gesundheit - dienen.