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  • · Fachbeitrag · Vermögensberatung

    Arbeitnehmer können von Sonderzahlungen an die DRV doppelt profitieren ‒ bei Rente und Steuern

    von Dipl.-Finw. Marvin Gummels, Hage

    | Viele Arbeitnehmer hegen den Wunsch, früher in Rente zu gehen. Doch dabei drohen hohe Rentenabschläge. Allerdings können diese durch Sonderzahlungen an die Deutsche Rentenversicherung (DRV) ausgeglichen werden. Neben der höheren Rente können Arbeitnehmer so von einem Steuerspareffekt profitieren. Im Idealfall übernimmt das FA die Sonderzahlung zu 100 %. BBP stellt die Grundlagen zur Rente und den Sonderzahlungen vor, damit Ihre Mandanten ihre Arbeitnehmer bestens informieren können. |

    1. Die drei typischen Rentenmodelle

    Gehen Arbeitnehmer in Rente, erfolgt dies typischerweise mit einem dieser drei Rentenmodelle:

     

    • 1. Regelaltersrente: Diese erhalten vor 1947 geborene Arbeitnehmer mit Vollendung des 65. Lebensjahrs abschlagsfrei, wenn sie mindestens fünf Jahre Versicherungszeit vorweisen können. Für spätere Jahrgänge steigt das Renteneintrittsalter stufenweise an. Wer ab dem 1.1.64 geboren wurde bzw. wird, kann erst mit Vollendung des 67. Lebensjahrs ohne Abzüge in Rente gehen.

     

    • 2. Rente für besonders langjährig Versicherte: Diese abschlagsfreie Rente erhalten Arbeitnehmer, die mindestens 45 Jahre der gesetzlichen Rentenversicherung angehört haben. Zudem ist erforderlich, dass der Arbeitnehmer seine persönliche Altersgrenze erreicht hat (vor 1953 geboren: mit 63 Jahren; schrittweise Anhebung für spätere Jahrgänge; ab 1964 geboren: mit 65 Jahren).

     

    • 3. Rente für langjährig Versicherte: Hierfür benötigt der Arbeitnehmer mindestens 35 Jahre anrechenbare Zeiten in der Rentenversicherung. Für alle, die 1964 oder später geboren sind, liegt das Renteneintrittsalter auch hier bei 67 Jahren. Sie können die Rente aber auch ab 63 Jahren vorzeitig in Anspruch nehmen, allerdings mit Abschlägen. Für jeden Monat des früheren Rentenbeginns wird die Rente um 0,3 % gekürzt (maximale Kürzung der Rente für vier Jahre = 14,4 %).

     

    • Beispiel

    Eine Arbeitnehmerin ist Jahrgang 1965. Sie kommt auf 40 Jahre Angehörigkeit in der gesetzlichen Rentenversicherung und möchte möglichst früh in Rente gehen.

     

    Lösung: Bei einer Geburt im Jahr 1965 gilt die Regelaltersrente mit 67 (Modell 1). Die Arbeitnehmerin kann die abschlagsfreie Rente mit 63 (Modell 2) nicht nutzen, da sie nicht mindestens 45 Jahre der gesetzlichen Rentenversicherung angehört hat.

    Sie kann aber alternativ zur Regelaltersrente bereits ab dem 63. Lebensjahr in Rente gehen, da sie mit 40 Beitragsjahren zu den langjährig Versicherten gehört (Modell 3). Entscheidet sie sich für dieses Rentenmodell, wird ihre Altersrente um 14,4 % gekürzt (4 Jahre früherer Renteneintritt = 48 Monate × 0,3 %). Hätte sie eine lebenslange Altersrente von 1.800 EUR erwartet, so erhält sie nun lebenslang 1.541 EUR (Abschlag von 259 EUR).

     

    Beachten Sie | Ob sich der frühere Renteneintritt lohnt, ist individuell zu entscheiden. Zwar reduziert sich die Rente um monatlich 259 EUR, dafür wird sie aber auch vier Jahre früher gezahlt. Da die Arbeitnehmerin bis zur Vollendung ihres 67. Lebensjahrs 73.968 EUR erhält (48 Monate × 1.541 EUR), macht sie (rechnerisch) erst ab einem Alter von ca. 90 Jahren „Minus“ (73.968 ÷ 259 = 285 Monate bzw. 23,8 Jahre). Andererseits ist zu beachten, dass die Arbeitnehmerin, hätte sie vier Jahre länger gearbeitet, noch weitere Beiträge an die Rentenversicherung geleistet, dadurch mehr Rentenpunkte angesammelt und schon allein deshalb eine höhere Rente erzielt hätte.

    2. Rentenabschlag durch Sonderzahlung ausgleichen

    Der Rentenabschlag von 0,3 % pro Monat kann durch Rentensonderzahlungen ausgeglichen werden. Das ermöglicht das seit dem 1.1.17 geltende Flexirentengesetz (BGBl I 16, 2838). Konkret kann eine Sonderzahlung (auch Teilzahlungen sind möglich) an die gesetzliche Rentenversicherung geleistet werden, wenn der Arbeitnehmer

    • das 50. Lebensjahr vollendet hat,
    • gesetzlich oder freiwillig in der DRV versichert ist,
    • mindestens 35 Versicherungsjahre bis zum geplanten Rentenbeginn erreicht und
    • gegenüber dem Rentenversicherungsträger erklärt, dass er vorhat, vorzeitig in Rente zu gehen und die Abschläge durch Sonderzahlungen auszugleichen (Formular V0210 der DRV „Antrag auf Auskunft über die Höhe der Beitragszahlung zum Ausgleich einer Rentenminderung bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters“).

     

    • Beispiel

    Ein Arbeitnehmer kommt auf 38 Versicherungsjahre und möchte drei Jahre vor der Regelaltersrente in Rente gehen (also mit 64 anstelle mit 67). Er erwartet eine Rente von 1.200 EUR brutto und fragt sich, wie hoch seine Sonderzahlung zum Ausgleich des Rentenabschlags ausfallen wird.

     

    Lösung: Durch den früheren Renteneintritt verringert sich die Altersrente um monatlich 129,60 EUR (3 Jahre = 36 Monate × 0,3 % = 10,8 %; 1.200 EUR Regelaltersrente × 10,8 %). Möchte der Arbeitnehmer den Rentenabschlag durch eine Sonderzahlung ausgleichen, muss diese derzeit etwa 32.400 EUR betragen (Zahlen lt. DRV). Dann erhält er drei Jahre früher seine Rente und lebenslang die vollen 1.200 EUR. Damit rentiert sich die Sonderzahlung (ungeachtet künftiger Rentenerhöhungen, Zins- und Preissteigerungseffekte sowie nachfolgend dargestellter Steuerersparnisse), wenn der Arbeitnehmer die Rente mindestens 20,8 Jahre bezieht (32.400 ÷ 129,60 EUR = 250 Monate bzw. 20,8 Jahre).

     

    Beachten Sie | Daran lässt sich erkennen, dass sich die Sonderzahlung insbesondere dann rentiert, wenn der Arbeitnehmer (oder seine Witwe) lange lebt. Schwer erkrankten Arbeitnehmern mit einer geringen Lebenserwartung ist daher von einer Rentensonderzahlung abzuraten. Und sollte dem Arbeitnehmer die von der DRV errechnete Sonderzahlung zu hoch sein, ist zu beachten, dass Teilzahlungen zulässig sind.

    3. Steuerspareffekt durch Sonderausgabenabzug

    Die vom Arbeitnehmer geleistete Rentensonderzahlung ist auch steuerlich relevant. Da es sich wie bei den vom Arbeitgeber einbehaltenen Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung um eine Beitragszahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung handelt, ist diese nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG als Sonderausgabe abzugsfähig (BMF 24.5.17, IV C 3 - S 2221/16/10001: 004, Rz. 2). Allerdings können erst seit dem Jahr 2023 100 % der Beiträge abgesetzt werden. Im Jahr 2022 belief sich der abzugsfähige Anteil noch auf 94 % (§ 10 Abs. 3 EStG).

     

    Zudem ist für Beiträge an Rentenversicherungen i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG (also auch für die normalen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile, Rürup-Renten und Beiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen) ein Höchstbetrag zu beachten. Im Jahr 2023 liegt dieser bei 26.528 EUR. Bei Ehegatten verdoppelt sich der Betrag.

     

    Beachten Sie | Zahlt der Arbeitnehmer insgesamt einen höheren Betrag als den Höchstbetrag, ist jeder gezahlte EUR, der den Höchstbetrag überschreitet, steuerlich nutzlos und führt zu keiner Entlastung. Daher empfiehlt es sich, keine den Höchstbetrag überschreitende Einmalzahlung, sondern ggf. mehrere Zahlungen verteilt auf mehrere Jahre vorzunehmen.

     

    • Beispiel

    Ein Arbeitnehmer ist alleinstehend. Von seinem Arbeitgeber werden 2023 Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung i. H. v. voraussichtlich jeweils 4.000 EUR einbehalten und abgeführt. Da sein zu versteuerndes Einkommen 2023 höchstwahrscheinlich 50.000 EUR beträgt, wird sich die Einkommensteuer für 2023 voraussichtlich auf 11.353 EUR belaufen. Der Arbeitnehmer leistet an die gesetzliche Rentenversicherung eine Sonderzahlung i. H. v. a) 10.000 EUR bzw. b) 25.000 EUR.

     

    Lösung a): Die Sonderzahlung ist neben den Arbeitnehmer-/Arbeitgeberbeiträgen zur Rentenversicherung abzugsfähig. Das zu versteuernde Einkommen mindert sich um 10.000 EUR. Dadurch reduziert sich die Einkommensteuer auf 7.828 EUR und der Arbeitnehmer spart 3.525 EUR an Steuern. Die Sonderzahlung kostet effektiv nur 6.475 EUR.

     

    Lösung b): Von dem Höchstbetrag von 26.528 EUR wurden durch die Arbeitgeber-/Arbeitnehmerbeiträge zur Rentenversicherung 8.000 EUR verbraucht. Von der Sonderzahlung können somit nicht 25.000, sondern nur 18.528 EUR steuermindernd berücksichtigt werden. Die Differenz von 6.472 EUR führt zu keiner steuerlichen Entlastung und sollte besser im Folgejahr 2024 gezahlt werden.

     

    4. Progressionssprünge für Sonderzahlungen nutzen

    Der steuerliche Nutzen einer Rentensonderzahlung liegt also in der Minderung des zu versteuernden Einkommens. Je höher der Grenzsteuersatz ausfällt, umso mehr rentiert sich auch eine Sonderzahlung. Das können im Idealfall bis zu 45 % zzgl. Soli und Kirchensteuer sein. In der Praxis empfehlen sich Sonderzahlungen deshalb besonders in den Jahren, in denen das Einkommen wegen besonderer Umstände höher als gewöhnlich ausfällt. Gründe hierfür können z. B. Abfindungen, die Veräußerung von Beteiligungen und Betrieben oder die steuerpflichtige Veräußerung von Immobilien sein.

     

    • Beispiel

    Ein Arbeitnehmer ist alleinstehend und sein zu versteuerndes Einkommen beläuft sich gewöhnlich auf 40.000 EUR. Im Jahr 2023 veräußert er eine Immobilie mit einem steuerpflichtigen Gewinn von 50.000 EUR. Er überlegt, eine Sonderzahlung an die DRV von 10.000 EUR zu leisten.

     

    Lösung: Wäre 2023 ein „normales“ Jahr, in dem der Arbeitnehmer die Sonderzahlung leistet, spart er 3.128 EUR an Steuern (Tarif 2023). Durch die zusätzliche Veräußerung der Immobilie in diesem Jahr kann er aber sogar 4.699 EUR sparen. Das entspricht einem allein durch die Progression entstehenden Vorteil von 1.571 EUR.

     

    5. Das FA die Sonderzahlung übernehmen lassen

    Bei besonderen Fallgestaltungen kann es dazu kommen, dass das FA die Rentensonderzahlung in voller Höhe durch steuerliche Entlastungen bezahlt. Bei einem Spitzensteuersatz von 45 % ist das zwar kaum zu glauben, doch es funktioniert ‒ und zwar immer dann, wenn die Sonderzahlung in einem Jahr geleistet wird, in dem

    • nach der Fünftel-Regelung ermäßigt zu besteuernde Einkünfte vorliegen (§ 34 Abs. 1 EStG) und
    • es durch die Sonderzahlung erreicht wird, dass das regulär nach § 32a EStG zu versteuernde Einkommen auf einen Betrag von nahezu 0 EUR sinkt.

     

    • Beispiel

    Ein alleinstehender Arbeitnehmer wurde zum 2.1.23 entlassen. Er hat eine Abfindung von 100.000 EUR erhalten (§ 34 Abs. 1 EStG: Fünftel-Regelung). Sein reguläres zu versteuerndes Einkommen beträgt 20.000 EUR (Mieteinkünfte). Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung wurden 2023 nicht gezahlt.

     

    Lösung: Ohne Sonderzahlung an die gesetzliche Rentenversicherung werden 20.000 EUR nach § 32a EStG und 100.000 EUR nach § 34 Abs. 1 EStG versteuert. Die Einkommensteuer beläuft sich auf 31.316 EUR.

     

    Erweiterung/Abwandlung

    Der Arbeitnehmer leistet eine Sonderzahlung an die gesetzliche Rentenversicherung i. H. v. a) 10.000 EUR bzw. b) 20.000 EUR.

    Lösung a): Die Sonderzahlung mindert das reguläre zu versteuernde Einkommen im Jahr 2023 um 10.000 EUR. Dadurch sinkt die Einkommensteuer auf 23.500 EUR. Das bedeutet eine Ersparnis von 7.816 EUR. Damit kostet die Sonderzahlung für die frühere Rente effektiv nur noch 2.184 EUR.

     

    Lösung b): Die Sonderzahlung mindert das reguläre zu versteuernde Einkommen im Jahr 2023 um 20.000 EUR. Dadurch sinkt die Einkommensteuer auf 9.780 EUR. Das bedeutet eine Ersparnis von 21.536 EUR. Damit kostet die Sonderzahlung für die frühere Rente im Ergebnis überhaupt nichts. Das FA zahlt sogar noch 1.536 EUR „on top“.

     

    6. Steuersparmodell auch ohne früheren Renteneintritt nutzbar

    Der Arbeitnehmer muss für das Steuersparmodell nicht tatsächlich früher in Rente gehen. Sollte er sich nach einer Rentensonderzahlung dazu entscheiden, doch die Regelaltersrente mit 67 zu nehmen, so ist die Sonderzahlung nicht verloren. Diese erhöht dann in vollem Umfang die Regelaltersrente (§ 66 Abs. 1 Nr. 5 SGB VI). Eine Erstattung der einmal geleisteten Rentensonderzahlung ist jedoch nicht möglich.

     

    • Beispiel

    Die Regelaltersrente eines Arbeitnehmers würde sich auf 1.500 EUR belaufen. Der Arbeitnehmer wollte früher in Rente gehen und mit einer Sonderzahlung einen Rentenabschlag von 100 EUR ausgleichen. Tatsächlich arbeitet er doch bis zur Regelaltersrente.

     

    Lösung: Die Altersrente beläuft sich nun nicht auf 1.500 EUR, sondern aufgrund der Sonderzahlung auf etwas mehr als 1.600 EUR. Zusätzlich profitiert der Arbeitnehmer im Zahlungsjahr von den dargestellten Steuerspareffekten (Sonderausgabenabzug).

     

    7. Sonderzahlungen auch für Unternehmer möglich

    Nicht nur Arbeitnehmer können Rentenabschläge kompensieren. Auch alle anderen (freiwillig) in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Personen (wie z. B. freiwillig in der DRV versicherte Unternehmer) können das Sparmodell nutzen und Sonderzahlungen zugunsten einer höheren Altersrente leisten. Bei diesen sind die Sonderzahlungen im Rahmen der gesetzlichen Höchstbeträge ebenfalls als Sonderausgabe abzugsfähig und führen zu einer Steuererstattung.

     

    Weiterführende Hinweise

    • „Kauf von Rentenpunkten kann vorteilhaft sein“, BBP 22, 307
    • „Rentenhöhe bei Inflation und negativen Nominalzinssätzen“, BBP 22, 132
    Quelle: Ausgabe 10 / 2023 | Seite 270 | ID 49657295

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