13.05.2025 · IWW-Abrufnummer 248077
Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 06.03.2025 – 5 K 928/21
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 06.03.2025, Az. 5 K 928/21
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen eine in seinem Gewerbebetrieb am 06.12.2019 durchgeführte Kassennachschau im Sinne des § 146b der Abgabenordnung (AO) zugrunde.
Der Kläger betrieb im Jahr 2019 eine A in B. Nachdem der Beklagte bereits am 06.06.2019 eine Kassennachschau durchgeführt hatte, wobei dem Kläger ein „Merkblatt zur Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung“ ausgehändigt worden war, erfolgte am 06.12.2019 eine weitere Kassennachschau durch die Steuerfahndungsstelle des Beklagten (sogenannte Nachkontrolle). Dabei wurde ein Zählprotokoll Bargeldbestand gefertigt; zudem wurde ein Aktenvermerk über die Durchführung der Kassennachschau, datiert vom 25.02.2020, erstellt.
Mit Schreiben vom 24.09.2020 wandte sich der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, gegen eine Kassennachschau vom „25.02.2020“ und legte vorsorglich Einspruch ein. Nach mehreren Fristverlängerungsanträgen wies der Kläger mit Schriftsatz vom 08.03.2021 darauf hin, dass die Kassennachschau ‒ sollte sie keinen Verwaltungsakt darstellen - als schlichtes Verwaltungshandeln mit dem allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruch angreifbar sei. Gleichzeitig legte der Kläger Untätigkeitseinspruch ein und erhob Verzögerungsrüge. Zur Begründung trug er vor, die angefochtene (zweite) Kassennachschau sei nicht rechtmäßig gewesen. Die getroffenen Maßnahmen seien nichtig, hilfsweise rechtswidrig. So habe es bereits an einem Prüfungsauftrag gefehlt. Der Fahnder sei eigenmächtig und ohne Genehmigung bzw. Auftrag tätig geworden. Die Steuerfahndung sei per se nicht zuständig. Mangels funktionaler Zuständigkeit dürften die Maßnahmen einem Verwertungsverbot unterliegen. Er rüge eine Verletzung des Steuergeheimnisses. Zudem seien die vom Fahnder erfolgten Aufzeichnungen und durchgeführten Berechnungen unbrauchbar. Ihm sei völlig unklar, warum ein Ermittlungsverfahren nach § 379 AO eingeleitet worden sei; er rege an, das Ermittlungsverfahren nach § 47 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWIG) einzustellen.
Mit seiner Einspruchsentscheidung, datiert vom 15.06.2021, zugestellt am 16.06.2021, verwarf der Beklagte die Einsprüche gegen die Kassennachschau und den Untätigkeitseinspruch als unzulässig. In den Gründen seiner Entscheidung führte der Beklagte aus, der Einspruch vom 24.09.2020 gegen die Aufforderung zur Duldung der am 06.12.2019 beendeten Kassennachschau sei unzulässig. Auch der Untätigkeitseinspruch sei unzulässig, da gemäß § 348 Nr. 2 AO ein Einspruch bei Nichtentscheidung über einen Einspruch nicht statthaft sei.
Am 08.04.2021 erging gegenüber dem Kläger ein Bescheid über eine Geldbuße von … € wegen Verletzung der Aufsichtspflicht in Betrieben und Unternehmen. Auf seinen Einspruch wurde der Kläger mit Urteil des Amtsgerichts C in der Sitzung vom 10.02.2022 (…) zu einer Geldbuße in Höhe von … € verurteilt. Das Urteil wurde - nach Verwerfen der Rechtsbeschwerde durch Beschluss des Oberlandesgericht D vom 04.10.2022 … - rechtskräftig. Zu den Einzelheiten wird die Abschriften der gerichtlichen Entscheidungen (Bl. 63 ff. der Gerichtsakte) verwiesen.
Am 13.07.2021 hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, Klage wegen „Kassennachschau am 06.12.2019, Untätigkeitseinspruch wegen der Nichtentscheidung über diesen Einspruch“ erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dem prüfenden Beamten habe es an der notwendigen Beauftragung gefehlt. § 146b Abs. 1 Satz 1 AO sehe vor, dass die Prüfung durch „betraute Amtsträger“ der Finanzbehörde erfolge. Hieraus folge, dass der prüfende Amtsträger intern beauftragt sein müsse und die interne Beauftragung bei der Prüfung unaufgefordert vorzuzeigen habe. Andernfalls könne jeder Amtsträger der Finanzverwaltung zu einer Prüfung erscheinen. Zudem sei der erschienene Prüfer nicht für eine Kassennachschau gesondert ausgebildet gewesen; insbesondere hätten ihm Kenntnisse hinsichtlich der aufgestellten Kasse gefehlt. Der hiergegen erhobene Einspruch vom 24.09.2020 gegen den mündlichen Verwaltungsakt sei innerhalb Jahresfrist erfolgt. Dass es sich bei der Kassennachschau um einen Verwaltungsakt handele, habe der Beklagte im Rahmen der Einspruchsentscheidung eingeräumt. Wann die Kassennachschau beendet worden sei, entziehe sich der Kenntnis des Klägers; es gebe keinen Prüfungsbericht und auch keine Mitteilung, dass die Prüfungshandlungen beendet worden seien. Gegebenenfalls dauerten die Maßnahmen an, wenn die Prüfung am Amtsstelle fortgesetzt und die Feststellungen des Fahnders Gegenstand von Auswertungen geworden seien. Die Untätigkeitsklage sei geboten und zulässig gewesen; sie habe sich prozessual durch Erlass der Einspruchsentscheidung erledigt und sei nunmehr auf (Anfechtungs-)Klage auf Aufhebung der Prüfungsanordnung umzustellen.
Der Kläger beantragt,
die Prüfungsanordnung der Kassennachschau vom 06.12.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.04.2021 aufzuheben
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,
hilfsweise im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor, die Klage sei bereits unzulässig, da weder eine statthafte Klageart noch ein Rechtschutzbedürfnis des Klägers gegeben sei. Darüber hinaus sei die Klage auch unbegründet. Die von der Klägerseite vorgebrachten Einwände griffen nicht durch.
Mit Senatsbeschluss vom 18.10.2022 wurde der Rechtsstreit gemäß §§ 5 Abs. 3 Satz 1, 6 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Durch die Neunte Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Zuständigkeiten der hessischen Finanzämter vom 22.02.2024 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen - GVBl - 2024 Nr. 5) kam es zu einem gesetzlichen Beteiligtenwechsel; das Finanzamt 1 trat an die Stelle der bisherigen Finanzämter 2 und 3.
Die einschlägigen Verwaltungsakten (ein Band Handakte zur Kassennachschau) lagen dem Gericht vor und war Gegenstand der Entscheidung.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist unzulässig.
Da bei Klageerhebung am 13.07.2021 die Kassen-Nachschau vom 06.12.2019 bereits beendet war, ist die Klage auf Aufhebung der Kassennachschau vom 06.12.2019 nach § 40 Abs. 1 FGO nicht (mehr) zulässig (dazu unter 1.). Rechtschutz gegen die beendete Kassennachschau kann auch nicht durch Fortsetzungsfeststellungklage nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO analog (dazu unter 2.), sondern lediglich im Rahmen einer Feststellungsklage nach § 41 FGO erlangt werden, wofür dem Kläger jedoch im Streitfall das Rechtschutzinteresse fehlt (dazu unter 3.).
1. Die vorliegende Klage, mit der der Kläger die (gerichtliche) Aufhebung der Kassennachschau begehrt, ist weder als Anfechtungsklage im Sinne des § 40 Abs. 1 Alt. 1 FGO noch als allgemeine Leistungsklage im Sinne auf § 40 Abs. 1 Alt. 3 FGO zulässig. Denn entgegen der Ansicht des Klägers war die Kassennachschau bei Klageerhebung bereits beendet.
Gemäß § 40 Abs. 1 FGO kann durch Klage die Aufhebung (bzw. Änderung) eines Verwaltungsakts (sogenannte Anfechtungsklage ‒ Alt. 1), die Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts (sogenannte Verpflichtungsklage ‒ Alt. 2) oder zu einer anderen Leistung (sogenannte Leistungsklage ‒ Alt. 3) begehrt werden.
a) Für die Zulässigkeit einer Anfechtungsklage im Sinne des § 40 Abs. 1 Alt. 1 FGO fehlt es im vorliegenden Streitfall bereits am Vorliegen eines aufhebbaren Verwaltungsakts.
Gemäß § 40 Abs. 1 Alt. 1 Unteralt. 1 FGO kann durch eine Anfechtungsklage die Aufhebung eines (Steuer-)Verwaltungsakts begehrt werden. Ein solcher Veraltungsakt ist nach § 118 Satz 1 AO jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist im Streitfall ein solcher aufhebbarer Verwaltungsakt in Form einer „Prüfungsanordnung der Kassennachschau vom 06.12.2019“ nicht gegeben.
aa) Anders als eine steuerliche Außenprüfung, deren Ankündigung durch eine Prüfungsanordnung, als Verwaltungsakt im Sinne des § 196 AO, gesetzlich vorgesehen ist, bedarf eine Kassen-Nachschau im Sinne des § 146b AO regelmäßig keiner Ankündigung und auch keiner dem Steuerpflichtigen bekanntzugebenden Anordnung. Vielmehr hat der Gesetzgeber nach der Legaldefinition des § 146b Abs. 1 Satz 1 AO eine Kassennachschau dergestalt ausgestaltet, dass die betrauten Amtsträger der Finanzbehörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung Geschäftsgrundstücke oder Geschäftsräume von Steuerpflichtigen betreten kann, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können. Als speziell für Kassen geschaffenes abstraktes Aufsichtsverfahren stellt die Kassennachschau selbst schlichtes Verwaltungshandeln dar. Zwar können einzelne Maßnahmen, die von den betrauten Amtsträgern erlassen werden, Verwaltungsakt-Qualität besitzen, beispielsweise konkrete Mitwirkungsverlangen oder bestimmte Duldungsaufforderungen (zum Meinungsstand Drüen in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Loseblatt Stand 1/2025, § 146b AO, Rdnr. 38, mit weiteren Nachweisen auch zur a.A.), solche konkreten Maßnahmen hat der Kläger mit der vorliegenden Klage aber nicht angegriffen.
bb) Aus den konkreten Umständen des vorliegenden Streitfalls ergibt sich für die angefochtene Kassennachschau nichts Anderes. Weder Kläger noch Beklagter haben vorgetragen, dass eine Anordnung der Kassennachschau ‒ vergleichbar einer Prüfungsanordnung im Sinne der § 196 AO ‒ vor deren Beginn erfolgte. Auch die Verwaltungsakte enthält keine Anhaltspunkte für eine, über den Realakt der Prüfungshandlung hinausgehenden „Erlass eine Prüfungsanordnung“ als Regelungsanordnung. In dem am 25.02.2020 gefertigte Aktenvermerk des Beklagten ist insoweit lediglich die (tatsächliche) Durchführung der Kassennachschau als Folgekontrolle vermerkt.
cc) Die hiergegen vorgebrachten Einwände des Klägers greifen im Ergebnis nicht durch.
So vermag der Beklagte eine gesetzlich nicht vorgesehene Verwaltungsakt-Qualität der Kassennachschau nicht „einzuräumen“. Darüber hinaus wäre eine Anfechtungsklage selbst dann unzulässig, wenn man die Grundsätze einer Prüfungsanordnung nach § 196 AO auf die Durchführung einer Kassennachschau übertragen würde, d.h. ‒ wie der Kläger - den (tatsächlichen) Beginn der Kassennachschau als (mündliche) Anordnung mit Verwaltungsakt-Qualität qualifizieren würde (so Achilles, DB 2018, 18, 22). Denn zum Zeitpunkt der Klageerhebung war die Kassennachschau bereits durchführt; eine (mündliche) Anordnung mit Verwaltungsakt-Qualität wäre bereits erledigt und eine Anfechtungsklage auch aus diesem Grund unzulässig (zur Erledigung einer Prüfungsanordnung vgl. BFH- Urteil vom 21.04.1993 X R 112/91, BFHE 171, 15, BStBl II 1993, 649).
b) Auch der Zulässigkeit einer (sonstigen) Leistungsklage im Sinne des § 40 Abs. 1 Alt. 3 FGO steht im Streitfall entgegen, dass die Kassennachschau, als diejenige staatliche Handlung, gegen die sich der Kläger wendet, zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits beendet war.
aa) Die andere (oder sonstige) Leistungsklage ist im Unterschied zur Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage nicht auf Aufhebung oder Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtet, sondern auf eine (abgelehnte oder unterlassene) andere bzw. sonstige Leistung. Diese Leistung kann nicht nur in einem Tun oder Dulden, sondern auch in einem Unterlassen bestehen. Daher kommt eine sonstige Leistungsklage auch dann in Betracht, wenn der Kläger behauptet, er werde durch eine bevorstehende oder andauernde staatliche Handlung (für die der Finanzrechtsweg eröffnet ist) in seinen Rechten verletzt (sogenannte negative Unterlassungsklage). Es geht mithin sowohl um die Abwehr eines noch bevorstehenden staatlichen Handelns (vorbeugende Unterlassungsklage) als auch um die Beendigung eines bereits die Rechte des Klägers verletzenden Handelns. Materiell-rechtlich macht der Kläger auf diesem Wege einen öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch geltend (zum Ganzen Krumm in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand 1/2025, § 40 FGO, Rdnr. 23 und 27).
bb) Für die begehrte Aufhebung der Kassennachschau als negative Leistungsklage in Form der Unterlassungsklage ist im Streitfall aber kein Raum, da die Kassennachschau bei Klageerhebung am 13.07.2021 bereits beendet war; das beanstandete Handeln hatte sich somit bereits vor Klageerhebung „erledigt“.
Der hiergegen vorgebrachte Einwand des Klägers, die Kassennachschau als (mutmaßlich rechtsverletzende) staatliche Handlung dauere (gegebenenfalls) noch an, vermag das Gericht in keiner Weise nachzuvollziehen. Denn ein (möglicher) Übergang von der Kassen-Nachschau zur einer steuerlichen Außenprüfung nach § 146b Abs. 3 AO hätte in Form eines ‒ gesondert anfechtbaren - Verwaltungsaktes dem Kläger mitgeteilt werden müssen.
2. Die Klage ist auch als (vorgezogene) Fortsetzungsfeststellungsklage im Sinne des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO analog nicht zulässig, da es sich bei der Kassennachschau nicht um einen Verwaltungsakt handelt. Denn eine „vorgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage“ im Sinne des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO analog, die eine gerichtliche Überprüfung von bei Klageerhebung bereits erledigten Verwaltungshandeln ermöglicht, ist lediglich für Verwaltungsakte vorgesehen.
a) Erledigt sich im Rahmen einer Anfechtungsklage vor der abschließenden Entscheidung des Gerichts der Verwaltungsakt durch Zurücknahme oder auf andere Weise spricht das Gericht auf Antrag gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat (sogenannte Fortsetzungsklage). Nach ständiger Rechtsprechung ist in analoger Anwendung des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO die Fortsetzungsfeststellungsklage auch dann statthaft, wenn sich der angegriffene Verwaltungsakt schon vor Klageerhebung erledigt hat (sogenannte vorgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage). Gleiches gilt in „doppelt analoger Anwendung“ des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO auch dann, wenn sich vor Klageerhebung ein Verpflichtungsbegehren erledigt hat (vgl. Rauda in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Loseblatt Stand 1/2025, § 100 FGO, Rdnr. 162).
b) Der Übergang einer allgemeinen Leistungsklage im Sinne des § 40 Abs. 1 Alt. 3. FGO in eine Fortsetzungsfeststellungsklage in analoger Anwendung des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO wird jedoch von der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich das Gericht anschließt, abgelehnt (so BFH-Urteil vom 14.04.2021 X R 25/19, BFHE 272, 319, BStBl II 2024, 87, Rn. 17; noch offen gelassen im BFH-Urteil vom 12.01.1988 VII R 55/84 BFH/NV 1988, 453, Rdnr. 10). Damit scheidet eine vorgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage auch im vorliegenden Fall, in dem sich der Kläger gegen einen bereits beendeten Realakt wendet, aus.
3. Im Streitfall scheidet auch die Geltendmachung des Rechtschutzbegehrens als Feststellungsklage im Sinne des § 41 Abs. 1 FGO aus; dem Kläger fehlt das für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage erforderlich berechtigten Interesse an der baldigen Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandeln.
a) Nach § 41 Abs. 1 FGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (sogenannte Feststellungsklage).
Nach der Rechtsprechung des BFH, der sich das Gericht anschließt, bedarf es jedoch regelmäßig keines besonderen Verfahrens, um die Rechtswidrigkeit von Prüfungsmaßnahmen feststellen zu lassen, die nicht auf einem Verwaltungsakt beruhen. Denn ein eventuelles Verwertungsverbot kann unmittelbar im Rechtsbehelfsverfahren gegen die umsetzenden Verwaltungsakte geltend gemacht werden (BFH-Urteil vom 20.02.1990 IX R 83/88, BFHE 160, 391, BStBl II 1990, 789, Rdnr. 10 f.).
b) Auch dem Kläger des vorliegenden Verfahrens wird durch die Versagung einer Feststellungklage nicht die Möglichkeit eines hinreichenden Rechtschutzes versagt.
Denn die Verwertung der bei der Kassen-Nachschau „festgestellten“ Sachverhalte, die für die Besteuerung erheblich sein können (vgl. §146b Abs. 1 Satz 1 AO), erfolgt im Steuerfestsetzungsverfahren; die Feststellung eines eventuellen „Fehlverhalten“ kann zudem im Rahmen einer Geldbuße geahndet werden (vgl. § 379 AO). Sofern die beanstandenden Handlungen der Verwaltung keine Verwaltungsakte sind, ist folglich ein Rechtschutz gegen die aufgrund der Kassen-Nachschau erlassenen Steuerbescheide bzw. die Festsetzung einer Geldbuße nach dem OWiG in den hierfür vorgesehenen Rechtsbehelfs- bzw. Rechtmittelverfahren gegeben. In diesen Verfahren ist über die etwaige Rechtswidrigkeit der Kassennachschau und ein gegebenenfalls hieraus resultierendes Verwertungsverbot zu entscheiden (vgl. hierzu Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand 1/2025, § 146b AO, Rdnr. 40).
c) Der Kläger hat im vorliegenden Klageverfahren auch kein besonderes, weitergehendes berechtigendes Interesse an einer gerichtlichen Feststellung vorgetragen.
Die Rechtschutzmöglichkeiten gegen die aus den Feststellungen der Kassennachschau folgenden Geldbuße hat der Kläger wahrgenommen; über die Rechtmäßigkeit der Geldbuße in Höhe von … € wurde bereits rechtskräftig entschieden. Auf Befragen des Gerichtes hat der Prozessbevollmächtigte im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergänzend angegeben, er beabsichtige ein Wiederaufnahmeverfahren hinsichtlich des Bußgeldverfahrens. Auch stehe im Raum, dass noch weitere steuerliche Konsequenzen aus der Kassennachschau gezogen würden, da die Bescheide den Veranlagungszeitraum 2019 betreffend unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stünden. Diese Punkte bedürfen nach Überzeugung des Gerichts jedoch keiner Feststellungklage, um die Rechtswidrigkeit der Kassennachschau einer gesonderten Prüfung zu unterziehen.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Der ausdrücklich gestellte Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, geht wegen der alleinigen Kostenbelastung des Klägers ins Leere (siehe allgemein BFH-Urteil vom 08.06.2011 I R 90/10, BFHE 234, 130, BStBl II 2013, 949, Rdnr. 22).
III. Die Revision war nicht zuzulassen, da keine Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 115 Abs. 2 FGO vorliegen. Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung, da die streitentscheidenden Rechtsfragen durch die bereits bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt sind und die Entscheidung letztlich auf einer Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse des Streitfalls beruht.
Tenor
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen eine in seinem Gewerbebetrieb am 06.12.2019 durchgeführte Kassennachschau im Sinne des § 146b der Abgabenordnung (AO) zugrunde.
Der Kläger betrieb im Jahr 2019 eine A in B. Nachdem der Beklagte bereits am 06.06.2019 eine Kassennachschau durchgeführt hatte, wobei dem Kläger ein „Merkblatt zur Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung“ ausgehändigt worden war, erfolgte am 06.12.2019 eine weitere Kassennachschau durch die Steuerfahndungsstelle des Beklagten (sogenannte Nachkontrolle). Dabei wurde ein Zählprotokoll Bargeldbestand gefertigt; zudem wurde ein Aktenvermerk über die Durchführung der Kassennachschau, datiert vom 25.02.2020, erstellt.
Mit Schreiben vom 24.09.2020 wandte sich der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, gegen eine Kassennachschau vom „25.02.2020“ und legte vorsorglich Einspruch ein. Nach mehreren Fristverlängerungsanträgen wies der Kläger mit Schriftsatz vom 08.03.2021 darauf hin, dass die Kassennachschau ‒ sollte sie keinen Verwaltungsakt darstellen - als schlichtes Verwaltungshandeln mit dem allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruch angreifbar sei. Gleichzeitig legte der Kläger Untätigkeitseinspruch ein und erhob Verzögerungsrüge. Zur Begründung trug er vor, die angefochtene (zweite) Kassennachschau sei nicht rechtmäßig gewesen. Die getroffenen Maßnahmen seien nichtig, hilfsweise rechtswidrig. So habe es bereits an einem Prüfungsauftrag gefehlt. Der Fahnder sei eigenmächtig und ohne Genehmigung bzw. Auftrag tätig geworden. Die Steuerfahndung sei per se nicht zuständig. Mangels funktionaler Zuständigkeit dürften die Maßnahmen einem Verwertungsverbot unterliegen. Er rüge eine Verletzung des Steuergeheimnisses. Zudem seien die vom Fahnder erfolgten Aufzeichnungen und durchgeführten Berechnungen unbrauchbar. Ihm sei völlig unklar, warum ein Ermittlungsverfahren nach § 379 AO eingeleitet worden sei; er rege an, das Ermittlungsverfahren nach § 47 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWIG) einzustellen.
Mit seiner Einspruchsentscheidung, datiert vom 15.06.2021, zugestellt am 16.06.2021, verwarf der Beklagte die Einsprüche gegen die Kassennachschau und den Untätigkeitseinspruch als unzulässig. In den Gründen seiner Entscheidung führte der Beklagte aus, der Einspruch vom 24.09.2020 gegen die Aufforderung zur Duldung der am 06.12.2019 beendeten Kassennachschau sei unzulässig. Auch der Untätigkeitseinspruch sei unzulässig, da gemäß § 348 Nr. 2 AO ein Einspruch bei Nichtentscheidung über einen Einspruch nicht statthaft sei.
Am 08.04.2021 erging gegenüber dem Kläger ein Bescheid über eine Geldbuße von … € wegen Verletzung der Aufsichtspflicht in Betrieben und Unternehmen. Auf seinen Einspruch wurde der Kläger mit Urteil des Amtsgerichts C in der Sitzung vom 10.02.2022 (…) zu einer Geldbuße in Höhe von … € verurteilt. Das Urteil wurde - nach Verwerfen der Rechtsbeschwerde durch Beschluss des Oberlandesgericht D vom 04.10.2022 … - rechtskräftig. Zu den Einzelheiten wird die Abschriften der gerichtlichen Entscheidungen (Bl. 63 ff. der Gerichtsakte) verwiesen.
Am 13.07.2021 hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, Klage wegen „Kassennachschau am 06.12.2019, Untätigkeitseinspruch wegen der Nichtentscheidung über diesen Einspruch“ erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dem prüfenden Beamten habe es an der notwendigen Beauftragung gefehlt. § 146b Abs. 1 Satz 1 AO sehe vor, dass die Prüfung durch „betraute Amtsträger“ der Finanzbehörde erfolge. Hieraus folge, dass der prüfende Amtsträger intern beauftragt sein müsse und die interne Beauftragung bei der Prüfung unaufgefordert vorzuzeigen habe. Andernfalls könne jeder Amtsträger der Finanzverwaltung zu einer Prüfung erscheinen. Zudem sei der erschienene Prüfer nicht für eine Kassennachschau gesondert ausgebildet gewesen; insbesondere hätten ihm Kenntnisse hinsichtlich der aufgestellten Kasse gefehlt. Der hiergegen erhobene Einspruch vom 24.09.2020 gegen den mündlichen Verwaltungsakt sei innerhalb Jahresfrist erfolgt. Dass es sich bei der Kassennachschau um einen Verwaltungsakt handele, habe der Beklagte im Rahmen der Einspruchsentscheidung eingeräumt. Wann die Kassennachschau beendet worden sei, entziehe sich der Kenntnis des Klägers; es gebe keinen Prüfungsbericht und auch keine Mitteilung, dass die Prüfungshandlungen beendet worden seien. Gegebenenfalls dauerten die Maßnahmen an, wenn die Prüfung am Amtsstelle fortgesetzt und die Feststellungen des Fahnders Gegenstand von Auswertungen geworden seien. Die Untätigkeitsklage sei geboten und zulässig gewesen; sie habe sich prozessual durch Erlass der Einspruchsentscheidung erledigt und sei nunmehr auf (Anfechtungs-)Klage auf Aufhebung der Prüfungsanordnung umzustellen.
Der Kläger beantragt,
die Prüfungsanordnung der Kassennachschau vom 06.12.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.04.2021 aufzuheben
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,
hilfsweise im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor, die Klage sei bereits unzulässig, da weder eine statthafte Klageart noch ein Rechtschutzbedürfnis des Klägers gegeben sei. Darüber hinaus sei die Klage auch unbegründet. Die von der Klägerseite vorgebrachten Einwände griffen nicht durch.
Mit Senatsbeschluss vom 18.10.2022 wurde der Rechtsstreit gemäß §§ 5 Abs. 3 Satz 1, 6 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Durch die Neunte Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Zuständigkeiten der hessischen Finanzämter vom 22.02.2024 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen - GVBl - 2024 Nr. 5) kam es zu einem gesetzlichen Beteiligtenwechsel; das Finanzamt 1 trat an die Stelle der bisherigen Finanzämter 2 und 3.
Die einschlägigen Verwaltungsakten (ein Band Handakte zur Kassennachschau) lagen dem Gericht vor und war Gegenstand der Entscheidung.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist unzulässig.
Da bei Klageerhebung am 13.07.2021 die Kassen-Nachschau vom 06.12.2019 bereits beendet war, ist die Klage auf Aufhebung der Kassennachschau vom 06.12.2019 nach § 40 Abs. 1 FGO nicht (mehr) zulässig (dazu unter 1.). Rechtschutz gegen die beendete Kassennachschau kann auch nicht durch Fortsetzungsfeststellungklage nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO analog (dazu unter 2.), sondern lediglich im Rahmen einer Feststellungsklage nach § 41 FGO erlangt werden, wofür dem Kläger jedoch im Streitfall das Rechtschutzinteresse fehlt (dazu unter 3.).
1. Die vorliegende Klage, mit der der Kläger die (gerichtliche) Aufhebung der Kassennachschau begehrt, ist weder als Anfechtungsklage im Sinne des § 40 Abs. 1 Alt. 1 FGO noch als allgemeine Leistungsklage im Sinne auf § 40 Abs. 1 Alt. 3 FGO zulässig. Denn entgegen der Ansicht des Klägers war die Kassennachschau bei Klageerhebung bereits beendet.
Gemäß § 40 Abs. 1 FGO kann durch Klage die Aufhebung (bzw. Änderung) eines Verwaltungsakts (sogenannte Anfechtungsklage ‒ Alt. 1), die Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts (sogenannte Verpflichtungsklage ‒ Alt. 2) oder zu einer anderen Leistung (sogenannte Leistungsklage ‒ Alt. 3) begehrt werden.
a) Für die Zulässigkeit einer Anfechtungsklage im Sinne des § 40 Abs. 1 Alt. 1 FGO fehlt es im vorliegenden Streitfall bereits am Vorliegen eines aufhebbaren Verwaltungsakts.
Gemäß § 40 Abs. 1 Alt. 1 Unteralt. 1 FGO kann durch eine Anfechtungsklage die Aufhebung eines (Steuer-)Verwaltungsakts begehrt werden. Ein solcher Veraltungsakt ist nach § 118 Satz 1 AO jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist im Streitfall ein solcher aufhebbarer Verwaltungsakt in Form einer „Prüfungsanordnung der Kassennachschau vom 06.12.2019“ nicht gegeben.
aa) Anders als eine steuerliche Außenprüfung, deren Ankündigung durch eine Prüfungsanordnung, als Verwaltungsakt im Sinne des § 196 AO, gesetzlich vorgesehen ist, bedarf eine Kassen-Nachschau im Sinne des § 146b AO regelmäßig keiner Ankündigung und auch keiner dem Steuerpflichtigen bekanntzugebenden Anordnung. Vielmehr hat der Gesetzgeber nach der Legaldefinition des § 146b Abs. 1 Satz 1 AO eine Kassennachschau dergestalt ausgestaltet, dass die betrauten Amtsträger der Finanzbehörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung Geschäftsgrundstücke oder Geschäftsräume von Steuerpflichtigen betreten kann, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können. Als speziell für Kassen geschaffenes abstraktes Aufsichtsverfahren stellt die Kassennachschau selbst schlichtes Verwaltungshandeln dar. Zwar können einzelne Maßnahmen, die von den betrauten Amtsträgern erlassen werden, Verwaltungsakt-Qualität besitzen, beispielsweise konkrete Mitwirkungsverlangen oder bestimmte Duldungsaufforderungen (zum Meinungsstand Drüen in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Loseblatt Stand 1/2025, § 146b AO, Rdnr. 38, mit weiteren Nachweisen auch zur a.A.), solche konkreten Maßnahmen hat der Kläger mit der vorliegenden Klage aber nicht angegriffen.
bb) Aus den konkreten Umständen des vorliegenden Streitfalls ergibt sich für die angefochtene Kassennachschau nichts Anderes. Weder Kläger noch Beklagter haben vorgetragen, dass eine Anordnung der Kassennachschau ‒ vergleichbar einer Prüfungsanordnung im Sinne der § 196 AO ‒ vor deren Beginn erfolgte. Auch die Verwaltungsakte enthält keine Anhaltspunkte für eine, über den Realakt der Prüfungshandlung hinausgehenden „Erlass eine Prüfungsanordnung“ als Regelungsanordnung. In dem am 25.02.2020 gefertigte Aktenvermerk des Beklagten ist insoweit lediglich die (tatsächliche) Durchführung der Kassennachschau als Folgekontrolle vermerkt.
cc) Die hiergegen vorgebrachten Einwände des Klägers greifen im Ergebnis nicht durch.
So vermag der Beklagte eine gesetzlich nicht vorgesehene Verwaltungsakt-Qualität der Kassennachschau nicht „einzuräumen“. Darüber hinaus wäre eine Anfechtungsklage selbst dann unzulässig, wenn man die Grundsätze einer Prüfungsanordnung nach § 196 AO auf die Durchführung einer Kassennachschau übertragen würde, d.h. ‒ wie der Kläger - den (tatsächlichen) Beginn der Kassennachschau als (mündliche) Anordnung mit Verwaltungsakt-Qualität qualifizieren würde (so Achilles, DB 2018, 18, 22). Denn zum Zeitpunkt der Klageerhebung war die Kassennachschau bereits durchführt; eine (mündliche) Anordnung mit Verwaltungsakt-Qualität wäre bereits erledigt und eine Anfechtungsklage auch aus diesem Grund unzulässig (zur Erledigung einer Prüfungsanordnung vgl. BFH- Urteil vom 21.04.1993 X R 112/91, BFHE 171, 15, BStBl II 1993, 649).
b) Auch der Zulässigkeit einer (sonstigen) Leistungsklage im Sinne des § 40 Abs. 1 Alt. 3 FGO steht im Streitfall entgegen, dass die Kassennachschau, als diejenige staatliche Handlung, gegen die sich der Kläger wendet, zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits beendet war.
aa) Die andere (oder sonstige) Leistungsklage ist im Unterschied zur Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage nicht auf Aufhebung oder Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtet, sondern auf eine (abgelehnte oder unterlassene) andere bzw. sonstige Leistung. Diese Leistung kann nicht nur in einem Tun oder Dulden, sondern auch in einem Unterlassen bestehen. Daher kommt eine sonstige Leistungsklage auch dann in Betracht, wenn der Kläger behauptet, er werde durch eine bevorstehende oder andauernde staatliche Handlung (für die der Finanzrechtsweg eröffnet ist) in seinen Rechten verletzt (sogenannte negative Unterlassungsklage). Es geht mithin sowohl um die Abwehr eines noch bevorstehenden staatlichen Handelns (vorbeugende Unterlassungsklage) als auch um die Beendigung eines bereits die Rechte des Klägers verletzenden Handelns. Materiell-rechtlich macht der Kläger auf diesem Wege einen öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch geltend (zum Ganzen Krumm in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand 1/2025, § 40 FGO, Rdnr. 23 und 27).
bb) Für die begehrte Aufhebung der Kassennachschau als negative Leistungsklage in Form der Unterlassungsklage ist im Streitfall aber kein Raum, da die Kassennachschau bei Klageerhebung am 13.07.2021 bereits beendet war; das beanstandete Handeln hatte sich somit bereits vor Klageerhebung „erledigt“.
Der hiergegen vorgebrachte Einwand des Klägers, die Kassennachschau als (mutmaßlich rechtsverletzende) staatliche Handlung dauere (gegebenenfalls) noch an, vermag das Gericht in keiner Weise nachzuvollziehen. Denn ein (möglicher) Übergang von der Kassen-Nachschau zur einer steuerlichen Außenprüfung nach § 146b Abs. 3 AO hätte in Form eines ‒ gesondert anfechtbaren - Verwaltungsaktes dem Kläger mitgeteilt werden müssen.
2. Die Klage ist auch als (vorgezogene) Fortsetzungsfeststellungsklage im Sinne des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO analog nicht zulässig, da es sich bei der Kassennachschau nicht um einen Verwaltungsakt handelt. Denn eine „vorgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage“ im Sinne des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO analog, die eine gerichtliche Überprüfung von bei Klageerhebung bereits erledigten Verwaltungshandeln ermöglicht, ist lediglich für Verwaltungsakte vorgesehen.
a) Erledigt sich im Rahmen einer Anfechtungsklage vor der abschließenden Entscheidung des Gerichts der Verwaltungsakt durch Zurücknahme oder auf andere Weise spricht das Gericht auf Antrag gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat (sogenannte Fortsetzungsklage). Nach ständiger Rechtsprechung ist in analoger Anwendung des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO die Fortsetzungsfeststellungsklage auch dann statthaft, wenn sich der angegriffene Verwaltungsakt schon vor Klageerhebung erledigt hat (sogenannte vorgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage). Gleiches gilt in „doppelt analoger Anwendung“ des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO auch dann, wenn sich vor Klageerhebung ein Verpflichtungsbegehren erledigt hat (vgl. Rauda in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Loseblatt Stand 1/2025, § 100 FGO, Rdnr. 162).
b) Der Übergang einer allgemeinen Leistungsklage im Sinne des § 40 Abs. 1 Alt. 3. FGO in eine Fortsetzungsfeststellungsklage in analoger Anwendung des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO wird jedoch von der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich das Gericht anschließt, abgelehnt (so BFH-Urteil vom 14.04.2021 X R 25/19, BFHE 272, 319, BStBl II 2024, 87, Rn. 17; noch offen gelassen im BFH-Urteil vom 12.01.1988 VII R 55/84 BFH/NV 1988, 453, Rdnr. 10). Damit scheidet eine vorgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage auch im vorliegenden Fall, in dem sich der Kläger gegen einen bereits beendeten Realakt wendet, aus.
3. Im Streitfall scheidet auch die Geltendmachung des Rechtschutzbegehrens als Feststellungsklage im Sinne des § 41 Abs. 1 FGO aus; dem Kläger fehlt das für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage erforderlich berechtigten Interesse an der baldigen Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandeln.
a) Nach § 41 Abs. 1 FGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (sogenannte Feststellungsklage).
Nach der Rechtsprechung des BFH, der sich das Gericht anschließt, bedarf es jedoch regelmäßig keines besonderen Verfahrens, um die Rechtswidrigkeit von Prüfungsmaßnahmen feststellen zu lassen, die nicht auf einem Verwaltungsakt beruhen. Denn ein eventuelles Verwertungsverbot kann unmittelbar im Rechtsbehelfsverfahren gegen die umsetzenden Verwaltungsakte geltend gemacht werden (BFH-Urteil vom 20.02.1990 IX R 83/88, BFHE 160, 391, BStBl II 1990, 789, Rdnr. 10 f.).
b) Auch dem Kläger des vorliegenden Verfahrens wird durch die Versagung einer Feststellungklage nicht die Möglichkeit eines hinreichenden Rechtschutzes versagt.
Denn die Verwertung der bei der Kassen-Nachschau „festgestellten“ Sachverhalte, die für die Besteuerung erheblich sein können (vgl. §146b Abs. 1 Satz 1 AO), erfolgt im Steuerfestsetzungsverfahren; die Feststellung eines eventuellen „Fehlverhalten“ kann zudem im Rahmen einer Geldbuße geahndet werden (vgl. § 379 AO). Sofern die beanstandenden Handlungen der Verwaltung keine Verwaltungsakte sind, ist folglich ein Rechtschutz gegen die aufgrund der Kassen-Nachschau erlassenen Steuerbescheide bzw. die Festsetzung einer Geldbuße nach dem OWiG in den hierfür vorgesehenen Rechtsbehelfs- bzw. Rechtmittelverfahren gegeben. In diesen Verfahren ist über die etwaige Rechtswidrigkeit der Kassennachschau und ein gegebenenfalls hieraus resultierendes Verwertungsverbot zu entscheiden (vgl. hierzu Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand 1/2025, § 146b AO, Rdnr. 40).
c) Der Kläger hat im vorliegenden Klageverfahren auch kein besonderes, weitergehendes berechtigendes Interesse an einer gerichtlichen Feststellung vorgetragen.
Die Rechtschutzmöglichkeiten gegen die aus den Feststellungen der Kassennachschau folgenden Geldbuße hat der Kläger wahrgenommen; über die Rechtmäßigkeit der Geldbuße in Höhe von … € wurde bereits rechtskräftig entschieden. Auf Befragen des Gerichtes hat der Prozessbevollmächtigte im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergänzend angegeben, er beabsichtige ein Wiederaufnahmeverfahren hinsichtlich des Bußgeldverfahrens. Auch stehe im Raum, dass noch weitere steuerliche Konsequenzen aus der Kassennachschau gezogen würden, da die Bescheide den Veranlagungszeitraum 2019 betreffend unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stünden. Diese Punkte bedürfen nach Überzeugung des Gerichts jedoch keiner Feststellungklage, um die Rechtswidrigkeit der Kassennachschau einer gesonderten Prüfung zu unterziehen.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Der ausdrücklich gestellte Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, geht wegen der alleinigen Kostenbelastung des Klägers ins Leere (siehe allgemein BFH-Urteil vom 08.06.2011 I R 90/10, BFHE 234, 130, BStBl II 2013, 949, Rdnr. 22).
III. Die Revision war nicht zuzulassen, da keine Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 115 Abs. 2 FGO vorliegen. Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung, da die streitentscheidenden Rechtsfragen durch die bereits bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt sind und die Entscheidung letztlich auf einer Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse des Streitfalls beruht.