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  • 11.01.2007 · IWW-Abrufnummer 070105

    Finanzgericht Münster: Urteil vom 22.06.2006 – 8 K 6609/03

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    FINANZGERICHT MÜNSTER

    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL
    8. Senat

    8 K 6609/03 G,U

    In dem Rechtsstreit des XXX

    wegen Gewerbesteuermessbetrag 1999 und Umsatzsteuer 1999

    hat der 8. Senat des Finanzgerichts Münster in der Sitzung vom 22.06.2006, an der teilgenommen haben:

    XXX

    auf Grund mündlicher Verhandlung für Recht erkannt:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Rechtsmittelbelehrung: XXX

    G r ü n d e:

    Zu entscheiden ist, ob der Beklagte (Bekl.) berechtigt war, die für das Streitjahr (1999) nach einer Betriebsprüfung (Bp) geänderten Steuerbescheide zur Umsatzsteuer (USt) und zum Gewerbesteuermessbetrag (GewSt) nochmals zu ändern, um den aus einer am 19.12.1999 erteilten Rechnung über einen Bruttobetrag von insgesamt 438.845,55 DM resultierenden Umsatz und Gewerbeertrag bei den Steuerfestsetzungen für das Jahr 1999 zur USt und zum Gewerbesteuermessbetrag zu berücksichtigen, oder ob eine Änderung aufgrund des erhöhten Änderungsschutzes nach § 173 Abs. 2 AO ausgeschlossen ist.

    Der Kläger (Kl.) erzielte im Streitjahr (1999) und im Jahr darauf, dem Jahr 2000, gewerbliche Einkünfte. Er betrieb im Streitjahr bis in das darauffolgende Jahr hinein eine Tankstelle mit Kfz-Werkstatt und einen Einzelhandel mit Kfz-Zubehör. Darüber hinaus unterhielt er auch ein Kfz-Sachverständigenbüro. Diese Tätigkeit wurde zum 31.03.2000 eingestellt. Mindestens seit 1997 erzielte der Kl. auch gewerbliche Einkünfte aus einer Spezialreinigung in Form der ?Beseitigung von Emissionen auf Fahrzeugen?. Diese Tätigkeit wird seit dem Jahresabschluss für das Jahr 2000 als ?Beseitigung von Industrieemissionen? bezeichnet. Die gewerbliche Tätigkeit auf dem Gebiet der Spezialreinigung führte der Kl. über den 31.03.2000 hinaus in verstärktem Umfang fort. Es handelt sich um eine Tätigkeit mit wenigen, jedoch pro Geschäftsvorfall hohen Erlösen und Umsätzen. Erlöse, Aufwendungen und Umsätze erfasste der Kl. bis zur Aufgabe der anderen, oben genannten Tätigkeitsbereiche (insbesondere Tankstellenbetrieb) gemeinsam im Rahmen des Tankstellenbetriebes. Den Gewinn aus seiner gewerblichen Tätigkeit ermittelt der Kl. durch Betriebsvermögensvergleich. In einer genaueren Aufschlüsselung der Gewinn- und Verlustrechnungen sind die Erlöse u. a. aus der Spezialreinigung unter Angabe der Kontennummern aus der Buchführung gesondert aufgeführt.

    Am 24.09.1999 erhielt der Kl. von der Z-GmbH (GmbH) einen Auftrag zur Beseitigung von Industrie-Emissionen von Oberflächen an Kraftfahrzeugen. Hierfür erteilte der Kl. unter dem Datum vom 19.12.1999 eine Rechnung über 438.845,55 DM ? der USt-Anteil beträgt 59.988,35 DM. Später, im Rahmen der mündlichen Verhandlung (22.06.2006), überreichte der Kl. einen Rechnungsausdruck mit Datum vom 18.12.1999. Die in der Buchführung zu erfassenden Belege, zu denen auch Ausgangsrechnungen gehören, wurden im Betrieb des Kl. durch die Ehefrau des Kl. vorbereitet, die im Parallelverfahren 8 K 6608/03 E Mitklägerin ist. Die Kontierung erfolgte im Büro einer den Kl. damals vertretenden Steuerberatungsgesellschaft. Die Rechnung vom 19.12.1999 wurde im Rahmen der laufenden Buchführung nicht dem Jahr 1999 zugeordnet, sondern dem Jahr 2000. Dementsprechend gingen die Beträge weder in die Berechnung der USt, noch in die Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrages für das Jahr 1999 ein.

    Der Kl. reichte den ohne Berücksichtigung der Rechnung vom 19.12.1999 erstellten Jahresabschluss zum 31.12.1999 und die darauf beruhenden Steuererklärungen beim Bekl. ein. Die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Veranlagungen erfolgten erklärungsgemäß ? Zustimmung zur USt-Erklärung vom 06.11.2000 (§ 168 Abs. 1 AO) und Gewerbesteuermessbetragsbescheid aufgrund der Gewerbesteuererklärung vom 06.11.2000.

    Der Bekl. führte ab Ende September 2001 beim Kl. eine Bp durch, die die ESt, USt und Gewerbesteuer für die Jahre 1997 bis 1999 umfasste. Aufgrund dieser Bp ergaben sich nur geringe Änderungen. Es wurde ein einvernehmliches Ergebnis erzielt. Die Rechnung vom 19.12.1999 blieb weiterhin unberücksichtigt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Bp-Bericht vom 12.11.2001 Bezug genommen. Der Bekl. erließ daraufhin endgültige Steuerbescheide. Am 29.11.2001 wurde hinsichtlich der USt-Festsetzung für 1999 der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben. Ferner erging am 22.03.2002 ein geänderter Gewerbesteuermessbetragsbescheid für das Streitjjahr 1999. Diese Bescheide nehmen die Ergebnisse der Bp auf. Einsprüche wurden nicht eingelegt.

    Ab April des Jahres 2000 lässt sich der Kl. durch ein anderes Steuerberatungsbüro vertreten. Dieses erstellte auch den Jahresabschluss zum 31. Dezember 2000. Der Abschlussvermerk ist mit dem Datum vom 28. Februar 2002 versehen. Der Jahresabschluss enthält unter anderem den Hinweis, dass sich aufgrund einer durchgeführten Bilanzberichtigung für das Kalenderjahr 1999 geänderte Eröffnungsbilanzwerte zum 1. Januar 2000 ergeben.

    Unter dem Datum vom 25.02.2002 erstellte das neue Steuerberatungsbüro ein Schreiben an den Bekl., das den vorhergehenden Veranlagungszeitraum 1999 betrifft und am 27.03.2002 beim Bekl. eingereicht wurde. Darin wurde eine Bilanzberichtigung für das Kalenderjahr 1999 beantragt. Die neuen Bevollmächtigten des Kl., die dort angeben, seit April 2000 die steuerliche Beratung für den Betrieb des Kl. übernommen zu haben, erklären dabei unter anderem, dass ?bei der Erstellung des Jahresabschlusses für das Kalenderjahr 2000? festgestellt worden sei, ?dass in der Buchführung 1999 eine Erlösrechnung in Höhe von DM 378.315,13 (netto) nicht gebucht wurde, da der Zahlungszufluss erst in 2000 und die Rechnung versehentlich erst in 2000 abgeheftet war?. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das genannte Schreiben vom 25.02.2002 verwiesen.

    Der Kl. reichte durch die neuen Bevollmächtigten am 27. März 2002 neben dem Schreiben vom 25.02.2002 (Antrag auf Bilanzberichtigung für das Kalenderjahr 1999) auch den Jahresabschluss für das Jahr 2000 und die entsprechenden Steuererklärungen u.a. zur USt und Gewerbesteuer ein. Die vorgelegte Bilanz zum 31.12.2000 enthielt dabei bereits die Werte (Ansätze), wie sie nach der beantragten Bilanzberichtigung für 1999 zu berücksichtigen sind.

    Für das Jahr 2000 wurden die Steuern antragsgemäß festgesetzt. Dabei entsprach der Bekl. dem Bilanzberichtigungsantrag des Kl.. Der geänderte Kapitalkontostand zum 31.12.1999 wurde als Eröffnungswert zum 01.01.2000 übernommen. Als neuer Gewinn für 1999 wurden 500.952,93 DM anstelle des bisher laut Bp ermittelten Gewinnes von 180.621,80 DM errechnet.

    Der Bekl. hat daraufhin in einem geänderten Bescheid vom 28.08.2002 die USt für 1999 erhöht. Als zusätzlicher Umsatz ist nunmehr der aus der Rechnung vom 19.12.1999 erkennbare Mehrbetrag erfasst. Darüber hinaus erging am 13.09.2002 ein geänderter Gewerbesteuermessbescheid für 1999, der ebenfalls den erhöhten Gewinn aus Gewerbebetrieb (500.953 DM) berücksichtigt. Die hiergegen gerichteten Einsprüche waren ohne Erfolg. Sie wurden mit zusammengefasster Einspruchsentscheidung (EE) vom 12.11.2003 als unbegründet zurückgewiesen.

    Mit der daraufhin erhobenen Klage verfolgt der Kl. sein Einspruchsbegehren weiter, den aus der Rechnung vom 19.12.1999 resultierenden Umsatz und Gewerbeertrag bei den entsprechenden Steuerfestsetzungen für 1999 nicht zu berücksichtigen. Er meint, eine Änderung der Bescheide nach § 174 AO, auf den sich der Bekl. in den Änderungsbescheiden gestützt habe, scheide aus, da keine der dortigen Fallgestaltungen vorliege. Auf Grund der durchgeführten Bp, die auch das Jahr 1999 betreffe, komme auch eine Änderung der Festsetzungen nach § 173 AO wegen neuer Tatsachen nicht mehr in Betracht. Dazu trägt er im Wesentlichen folgendes vor:

    Der zu beurteilende Sachverhalt falle nicht unter die Änderungsvorschrift des § 174 AO. In den Absätzen 1 und 2 dieser Regelung sei eine Berichtungsmöglichkeit bei mehrfacher Berücksichtung eines Sachverhaltes geregelt (sogenannter positiver Widerstreit). Dieser positive Widerstreit sei hier nicht gegeben, da die Rechnung an die GmbH vom 19.12.1999 im Jahre 2000 gar nicht steuerlich erfasst worden sei. § 174 Abs. 3 AO verlange eine mehrfache Nichtberücksichtigung eines steuererheblichen Sachverhaltes (sogenannter negativer Widerstreit). Die Berücksichtigung eines bestimmten Sachverhaltes müsse in der erkennbaren Annahme unterblieben sein, dass dieser in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei. Hieran fehle es, weil der Bekl. keine Kenntnis von der Rechnung an die GmbH gehabt habe. Die Änderungsregelung des § 174 Abs. 4 AO regele zwar auch einen negativen Widerstreit, ihre Tatbestandsmerkmale seien jedoch nicht erfüllt.

    Auch eine Änderung nach § 173 AO komme nicht in Betracht. Wegen der Bp hätten die daraufhin geänderten Bescheide eine erhöhte Bestandskraft. Nach § 173 Abs. 2 AO sei eine erneute Änderung zu Lasten des Steuerpflichtigen nur möglich, wenn objektiv und subjektiv der Tatbestand einer Steuerhinterziehung (§ 370 AO) erfüllt sei oder wenn eine leichtfertige Steuerhinterziehung nach § 378 AO vorliege. Beides sei hier nicht gegeben. Die laufende Ausgangsrechnung an die GmbH vom 19.12.1999 für eine im September 1999 erbrachte Leistung sei von seinem steuerlichen Berater irrtümlich erst im Kalenderjahr 2000 erfolgswirksam gebucht worden. Die Verbuchung einer Leistung in dieser Größenordnung sei auch nicht ungewöhnlich gewesen. Es seien nur wenige sehr hohe Umsätze zu verzeichnen gewesen. Daher habe ihm, dem Kl., auch nichts auffallen müssen. Insbesondere habe er aus der Höhe des Gesamtumsatzes nichts ableiten müssen. Auch den erfahrenen steuerlichen Beratern und dem Betriebsprüfer sei ja nichts aufgefallen. Der Kl. habe auch erst im Jahre 1997 damit begonnen, neue Aufträge zur Beseitigung von Industrie-Emissionen anzunehmen. Das habe eine andere Handhabung der Verbuchung mit sich gebracht, denn die bisherigen Tankstellenumsätze seien alle automatisch verbucht worden. Die am 19.12.1999 in Rechnung gestellten Arbeiten beträfen die Beseitigung eines von der Versicherungsgesellschaft IEJ zu übernehmenden Schadens. Die lange Bearbeitungszeit durch die Versicherungsgesellschaft IEJ, die durch deren Schreiben vom 22.02.2000 belegt sei, habe es für ihn, den Kl., schwerer gemacht zu erkennen, welchen Veranlagungszeitraum der Umsatz zuzuordnen gewesen sei. Die späte Einreichung der Erklärung für das Jahr 2000 sei durch die Bp verursacht. Es seien Kapitalangleichungsbuchungen vorzunehmen gewesen. Aus diesem Grunde habe es keinen Sinn gemacht, die Erklärung vorher fertig zu stellen. Der Buchungsfehler habe daher auch nicht früher mitgeteilt werden können. Im Übrigen habe der Betriebsprüfer sich sehr wohl die Zusammenhänge in Bezug auf die nicht geringen Nebengeschäfte erläutern lassen. Er habe sich detailliert den Ablauf und die Abwicklung der Geschäfte erklären lassen. Auch habe ihm auffallen müssen, dass ungewöhnliche Kosten für eine Tankstelle angefallen gewesen seien, wie etwa Kosten für Zeltverleih, Heizungsanlagen und Hotelunterbringung von Mitarbeitern. Schließlich gebe es auch keine gesetzliche Verpflichtung für den Steuerpflichtigen, einen Änderungsantrag nach § 172 AO zu stellen. Aus diesem Grunde scheide auch eine Änderung der Festsetzungen nach dieser Vorschrift aus. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Kl. vom 29.01.2004, 13.05.2004 und 12.10.2004 Bezug genommen.

    Der Kl. beantragt,

    unter Änderung des Bescheides vom 28.08.2002 die USt für 1999 auf 66.096,23 EUR herabzusetzen und unter Änderung des Bescheides vom 13.09.2002 den Gewerbesteuermessbetrag für 1999 auf 2.257,35 EUR herabzusetzen

    sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Der Bekl. beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er trägt im Wesentlichen vor, die Steuerbescheide für 1999 seien zutreffend nach § 174 Abs. 2 AO geändert worden. Diese Regelung sei sinngemäß anzuwenden, wenn ein bestimmter Sachverhalt unvereinbar mehrfach zugunsten eines Steuerpflichtigen berücksichtigt worden sei, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden müssen. Hier liege eine doppelte Nichterfassung der Betriebseinnahmen und der entsprechenden USt in den Steuerbescheiden für 1999 vor, die vor den hier streitigen Änderungsbescheiden erlassen gewesen seien. Dieses sei auf eine Erklärung des Kl. zurückzuführen. Ursächlich dafür sei die Abgabe der Steuererklärung 2000 und des in diesem Zusammenhang eingereichten Schreibens auf Bilanzberichtigung, in dem erklärt worden sei, die für das Jahr 2000 vorangemeldeten Umsätze seien um 378.315,13 DM zu hoch und der daraus resultierende Gewinn von 316.765 DM sei in 1999 zu erfassen.

    Entgegen der Auffassung des Kl. seien aber auch die Voraussetzungen der Änderungsvorschrift des § 173 AO erfüllt. Die erhöhte Bestandskraft nach § 173 Abs. 2 AO wegen der zuvor durchgeführten Bp gelte nicht. Im Streitfall sei nämlich eine leichtfertige Steuerverkürzung des Kl. festzustellen. Dem Kl. habe bereits bei Unterschrift unter die Steuererklärungen auffallen müssen, dass für das Jahr 1999 ein Umsatz von 378.315 DM und der daraus resultierende Gewinn/ Gewerbeertrag von 316.765 DM nicht erfasst worden seien. Das ergebe sich bereits aus der Größenordnung diese Umsatzes. Auch habe der Kl. nicht unverzüglich die Steuererklärungen für 2000 eingereicht, sondern erst abgewartet, bis das Finanzamt (FA) die geänderten Bescheide herausgeschickt habe. Hinsichtlich der Gewerbesteuer für 1999 sei zu bemerken, dass das Schreiben an die Finanzbehörde vom 25.02.2002 stamme, es jedoch erst am 27.03.2002 eingereicht worden sei, nachdem der geänderte Gewerbesteuermessbescheid vom 22.03.2002 zugestellt worden sei. Dem Betriebsprüfer habe die Nichterfassung der Rechnung vom 19.12.1999 nicht auffallen müssen, denn die Unterlagen hierfür seien erst in den Buchführungsunterlagen für das Jahr 2000 abgeheftet gewesen. Dieses Jahr sei jedoch nicht Bestandteil der Bp gewesen. Das könne vom Betriebsprüfer bekundet werden. Auch sei die Ehefrau des Kl. zum Sachverhalt, insbesondere zu Fragen der Falschbuchung und Falschabheftung der Rechnung zu hören, da diese in der Firma des Kl. als Buchhalterin angestellt gewesen sei. Gleiches gelte für die Steuerberater L und C von der vorher für den Kl. tätigen Steuerberatungsgesellschaft. Diese hätten den Jahresabschluss und die Steuererklärungen für 1999 erstellt und seien auch im Rahmen der Bp für den Kl. tätig gewesen. Diese könnten auch darüber Auskunft geben, wann ihnen die Falschbuchung und die Falschabheftung der Rechnung bekannt gewesen sei. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 17.03.2004, 20.07.2004 und 10.11.2004 verwiesen.

    Der Senat hat den Kl. und seine Ehefrau zu Fragen der Buchführung und der Behandlung der Rechnung vom 19.12.1999 gehört, zu denen auch die Steuerberater C und L als Zeugen gehört wurden. Ferner wurden diese beiden Zeugen und der Betriebsprüfer zu Fragen der u. a. für das Jahr 1999 durchgeführten Betriebsprüfung gehört. Wegen des Ergebnisses der Beteiligten ? und Zeugenbefragung und wegen des Inhalts und des Ablaufes der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 22.06.2006 Bezug genommen.

    E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

    Die Klage ist nicht begründet.

    Zu Recht hat der Bekl. die Festsetzungen zur Umsatzsteuer und zum Gewerbesteuermessbetrag für 1999 zu Lasten des Kl. geändert, indem der Umsatz und der Gewerbeertrag aus der Rechnung vom 19.12.1999 steuererhöhend berücksichtigt wurde. Zwar kann die Änderung, entgegen der Auffassung des Bekl., nicht auf die Regelung zur widerstreitenden Steuerfestsetzung nach § 174 AO gestützt werden. Auch kann § 172 AO die Änderungen nicht rechtfertigen. Entgegen der Auffassung des Kl. kann die Änderung jedoch auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 AO gestützt werden. Der dort grundsätzlich eingeräumte erhöhte Bestandsschutz von Steuerfestsetzungen nach einer Betriebsprüfung greift nicht ein, denn die nicht rechtzeitige steuerliche Erfassung der Rechnung vom 19.12.1999 im zutreffenden Jahr 1999 erfüllt zumindest die Voraussetzungen einer leichtfertigen Steuerverkürzung (§ 378 AO). Die vom Kl. angegriffenen Steuerbescheide zur Umsatzsteuer 1999 vom 28.08.2002 und zum Gewerbesteuermessbetrag 1999 vom 13.09.2002 sind daher rechtmäßig. Die Kl. sind nicht in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

    Entgegen der Auffassung des Bekl. kann die Änderung nicht auf § 174 AO gestützt werden.

    § 174 Abs. 1 AO greift bereits deshalb nicht ein, weil vor Erlass der im vorliegendem Verfahren streitigen Bescheide der Sachverhalt ?Rechnung vom 19.12.1999 an die GmbH über 438.845 DM brutto? nicht in mehreren Steuerbescheiden zu Ungunsten des Kl. berücksichtigt worden war. Vielmehr war dieser Sachverhalt weder in Steuer-bescheiden für 1999 noch in solchen für das Jahr 2000 enthalten.

    Eine Änderung nach § 174 Abs. 2 AO kommt nicht in Betracht, weil diese Regelung eine mehrfache Berücksichtigung eines bestimmten Sachverhaltes zugunsten des Steuerpflichtigen verlangt. Wie oben ausgeführt fehlt es auch hieran. Aus diesem Grunde kann der Bekl. sich zur Rechtfertigung seiner gegenteiligen Meinung auch nicht auf die beiden Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 06. September 1995 (IX R 37/95, BStBl. II 1996, 148) und vom 13. November 1996 (IX R 61/96, BStBl. II 1997, 170) berufen, denn in den dortigen, zu § 174 Abs. 2 AO ergangenen Entscheidungen beruhte die Änderung gerade darauf, dass in zwei Steuerbescheiden derselbe Sachverhalt zugunsten des Steuerpflichtigen vor der dort streitigen Steuerbescheidänderung erfasst war.

    Die Änderungsregelung des § 174 Abs. 4 AO greift ebenfalls nicht ein. Die Anwendung dieser Regelung erfordert, dass aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen ein Steuerbescheid aufgehoben oder geändert worden ist. Diese Voraussetzungen können bereits deshalb nicht erfüllt werden, weil vor Er-lass der Änderungsbescheide für das Jahr 1999 keine Steuerbescheide für das Jahr 2000 ergangen waren, die den Sachverhalt ?Rechnung vom 19.12.1999? erfasst hatten und weil damit insoweit auch kein Rechtsbehelf oder Antrag des Kl. in Betracht kam.

    § 174 Abs. 5 AO gilt im Streitfall nicht, denn diese Regelung ermöglicht nur, im Verhältnis zu Dritten Änderungen vorzunehmen, wie sie nach § 174 Abs. 4 AO grundsätzlich nur bei Festsetzungen desselben Steuerpflichtigen möglich sind.

    Schließlich kommt auch eine Änderung der Festsetzungen für 1999 nach § 174 Abs. 3 AO nicht in Betracht.

    Nach dieser Regelung kann unter anderem eine Steuerfestsetzung geändert werden, wenn ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden ist, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei und wenn sich diese Annahme als unrichtig herausstellt. Die Änderung kann dann bei der Steuerfestsetzung vorgenommen werden, bei der die Berücksichtigung des Sachverhaltes unterblieben ist. Erforderlich ist damit eine Fehl-vorstellung auf Seiten des FA über einen bestimmten Sachverhalt, der nach dem Gesetz in dem Steuerbescheid zu berücksichtigen gewesen wäre. Maßgebend dafür ist die Vorstellung der Finanzbehörde (vgl. in diesem Sinne BFH-Beschluss vom 03. März 2005, V B 1/04 BFH/NV 2005 1222 und Finanzgericht Hamburg Urteil vom 10. November 2000 II 17/00, juris-dokumentnr.: STRE 200171072 mit Hinweis auf entsprechende Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes). Im Streitfall kann eine irrige Vorstellung der Finanzbehörde nicht festgestellt werden, denn der Sachverhalt aus der Rechnung vom 19.12.1999 war der Finanzbehörde unbekannt. Das ist zwischen den Beteiligen unstreitig.

    Die vom Kl. angegriffenen Änderungsfestsetzungen lassen sich auch nicht durch die Regelung des § 172 Abs. 1 Nr. 2 a AO rechtfertigen.

    § 172 Abs. 1 Nr. 2 a AO lässt die Änderung eines Steuerbescheides zu, sofern der Steuerpflichtige zustimmt oder seinem Antrag der Sache nach entsprochen wird. Im Streitfall sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Zwar hat der Kl. mit Einreichung der Steuererklärungen und der Bilanz für das Jahr 2000 auch mit Schreiben des Bevollmächtigten vom 25.02.2002 (Eingang beim FA am 27.03.2002) einen Antrag auf Bilanzberichtigung für das Jahr 1999 gestellt und in diesem Schreiben den geänderten Gewinn für das Jahr 1999 mitgeteilt. Der Sinngehalt dieses Schreibens stellt aber keinen derartigen Antrag dar. Dem Kl. ging es nur darum, die geänderten Bilanzansätze für den 01.01.2000 zu begründen. Er hat zwar im Rahmen dieses Schreibens einen geänderten Gewinn für das Jahr 1999 errechnet. Allein diese Berechnung stellt jedoch keine Zustimmung zur Änderung eines Steuerbescheides für 1999 dar.

    Entgegen der Auffassung des Kl. sind jedoch die Voraussetzungen der Änderungsregelung des § 173 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 AO erfüllt. Diese Regelung erlaubt unter anderem Steuerbescheide zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Umsatz und Gewerbeertrag aus der Rechnung vom 19.12.1999 für den Bekl. eine neue, steuererhebliche Tatsache ist, die zu einer höheren Steuer führt. Nach der Beweisaufnahme steht fest, dass der Betriebsprüfung als Teil der Finanzverwaltung nicht bekannt war oder bekannt sein konnte, dass die genannte Rechnung in dem Jahresabschluss für 1999 keine Berücksichtigung gefunden hatte und dass dadurch die entsprechenden Steuerfestsetzungen zu niedrig waren. Dem Betriebsprüfer waren keine Buchführungsunterlagen vorgelegt worden, die diese Rechnung enthielten oder in denen Hinweise auf diese Rechnung enthalten waren. Mündliche Hinweise aus dem damals für die Kl. tätigen Steuerberatungsbüro scheiden aus, da der Buchungsfehler erst durch das neue Steuerberatungsbüro im Rahmen der Abschlussarbeiten für das Folgejahr 2000 aufgedeckt worden war. Soweit jedoch, wie im Streitfall, der zu ändernde Steuerbescheid aufgrund einer Außenprüfung ergangen ist, kann die Änderung nur erfolgen, wenn eine Steuerhinterziehung (§ 370 AO) oder eine leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO) festgestellt werden kann.

    Der objektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung und einer Steuerverkürzung ist unter anderem erfüllt, wenn den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht werden (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO und § 378 Abs. 1 AO) oder wenn die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen werden (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO und § 378 Abs. 1 AO). Die beiden Vorschriften unterscheiden sich nur dadurch, dass die Steuerhinterziehung ein vorsätzliches Handeln erfordert, während bei der Steuerverkürzung Leichtfertigkeit ausreicht. Dabei sind die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten eines Täters maßgebend. Vorsätzliches Handeln erfordert eine wissentliche und willentliche Erfüllung der oben genannten objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 370 AO. Dabei reicht es aus, wenn der Täter weiß, dass er über steuerlich, erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder die Finanzbehörde über steuerlich, erhebliche Tatsachen pflichtwidrig in Unkenntnis lässt. Leichtfertigkeit im Sinne des § 378 Abs. 1 AO bedeutet nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) einen erheblichen Grad an Fahrlässigkeit, der etwa der groben Fahrlässigkeit des bürgerlichen Rechts entspricht, aber im Gegensatz dazu auf die persönlichen Fähigkeiten des Täters abstellt. Diese ist immer dann gegeben, wenn der Täter nach der Gegebenheit des konkreten Einzelfalles und seiner individuellen Fähigkeiten in der Lage gewesen wäre, den Sorgfaltspflichten zu genügen, die sich aus den konkret einschlägigen gesetzlichen Regelungen ergeben. Dabei kann Täter sowohl einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung (§ 370 AO) als auch einer leichtfertigen Steuerverkürzung im Sinne des § 378 AO auch derjenige sein, der die Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen wahrnimmt, also sein Steuerberater oder ein Familienangehöriger des Steuerpflichtigen, der für die Buchführung verantwortlich ist (vgl. in diesem Sinne BFH-Urteil vom 19. Dezember 2002, IV R 37/01, BStBl II 2003, 385; Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 11. April 2001, 18 K 7170/97 E, EFG 2001, 944 und Bayrisches Oberstes Landesgericht, Urteil vom 01. März 2002, 4 St RR 2/2002, 4 St RR 2/02, DSTRE 2002, 1215 m. w. N.).

    Ausgehend von diesen Grundsätzen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kl. und seine Ehefrau ? diese für die in diesem Verfahren betroffenen Steuerakten (Umsatz- und Gewerbesteuer) ?bei Wahrnehmung der Angelegenheiten? des Kl. (Steuerpflichtigen) ? zumindest eine leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO i.V.m. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) begangen haben. Sie haben es leichtfertig versäumt, vor Er-lass der aufgrund Bp ergangenen Änderungsbescheide zur Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer 1999 vom 29.11.2001 und 22.03.2002 dem Bekl. die Nichterfassung der Rechnung vom 19.12.1999 im Rahmen der Buchführung des Betriebs des Kl. und damit auch im Rahmen des Jahresabschlusses für 1999 mitzuteilen. Nach ihren Kenntnissen und Fähigkeiten musste es sich ihnen bereits vor November 2001 (Erlass des nach der Bp ergangenen Änderungsbescheides zur UStG 1999) aufdrängen, dass die Rechnung im falschen Jahr verbucht war.

    Der Ehefrau des Kl. waren die Grundsätze der Sollversteuerung, die für den Betrieb des Kl. galten, bekannt. Sie war durch die eigene Buchführungsarbeit und die lange Zusammenarbeit mit dem früher für den Kl. tätigen Steuerbüro mit der Arbeitsweise zur Verbuchung von Rechnungen in diesem Steuerbüro vertraut. Wie von ihr eingeräumt, musste sie die Rechnungen zu Sondererlösen, zu denen auch die vom 19.12.1999 gehört, gesondert kennzeichnen und von den übrigen Belegen zum Tankstellenbetrieb getrennt gesondert zusammenfassen.

    Angesichts der Tatsache, dass es nur wenige Geschäftsvorfälle gab, konnte sie auch leicht einen Überblick über den Bereich der Sondererlöse und dabei insbesondere über Erlöse aus der Tätigkeit ?Spezialreinigung? bekommen und sich auch erhalten. Spätestens als sie die Rechnung vom 19.12.1999 wegen der Zahlungseingänge im März, April und Mai 2000 zur weiteren Bearbeitung wieder vorliegen hatte und als das neue Steuerbüro ? wohl wegen der fehlenden Gegenkonten ? bei ihr anfragte, ?was es mit dieser Rechnung auf sich habe?, war eine genauere Prüfung notwendig, denn wegen des Beraterwechsels im Laufe des Geschäftsjahres 2000 war eine besondere Aufmerksamkeit insoweit angezeigt, als auch von der Ehefrau des Kl. alles getan werden musste, damit die Buchführung vollständig blieb. Aufgrund der Vertrautheit mit der Kontierungspraxis des vor dem Beraterwechsel für den Betrieb tätigen Steuerberatungsbüros, mit dem sie seit Jahren zusammen gearbeitet hatte, und aufgrund ihrer Kenntnis der Sollversteuerung im Betrieb ihres Mannes musste ihr auffallen, dass das Rechnungsexmplar für das Beratungsbüro nicht den üblichen Buchungsvermerk ?Gebucht? + Datum enthält. Da auch kein Eingangsvermerk des früheren Beratungsbüros vorhanden ist, war eine Nachfrage oder eine andere geeignete Prüfungsmaßnahme angezeigt. Wenn schon eine Nachfrage unterblieb, wovon der Senat ausgeht ? andernfalls müsste vorsätzliches Handeln und damit eine Steuerhinterziehung bejaht werden ? hätte angesichts der auffallenden Höhe der Rechnungssumme (438.845,55 DM) ein Blick in die entsprechende monatlich erstellte betriebswirtschaftliche Auswertung für Dezember 1999 und zum Vergleich auch in andere Monate ausgereicht, um sich über Fragen zur Verbuchung Klarheit zu verschaffen, denn dort waren auch die Sondererlöse aus der Spezialreinigung gesondert ausgewiesen, wie der Zeuge L bekundet hat. Indem die Ehefrau des Kl. trotz der sich aufdrängenden Fragen zur Verbuchung der Rechnung vom 19.12.1999 es unterlassen hat, sich spätestens nach der Anfrage des neuen Steuerbüros, die der Senat angesichts des Monatsturnus zur Abgabe der Buchungsbelege an das Steuerbüro auf den Mai 2000 datiert, über Art und Zeitpunkt der Verbuchung der in der Rechnung ausgewiesenen Beträge Gewissheit zu verschaffen und indem sie damit eine frühzeitige Buchungskorrektur und die Aufstellung eines insoweit zutreffenden Jahresabschlusses für 1999 verhindert hat, hat sie im Sinne des § 378 AO leichtfertig steuererhebliche Tatsachen verschwiegen.

    Ob es Verzögerungen bei der Bezahlung der Rechnung gegeben hat, wie der Kl. unter Vorlage eines Schreiben der Versicherungsgesellschaft IEJ vom 22.02.2000 schriftsätzlich vortragen lässt, ist unerheblich, weil dieser Umstand keinen Einfluss auf das spätere Versäumnis der Ehefrau des Kl. hat. Der weitere damit zusammen hängende Sachvortrag, es sei für die Kl. und seine Ehefrau ?im Nachhinein nur schwer ersichtlich, welchem Veranlagungszeitraum der Umsatz steuerlich zuzuordnen? sei, ist wegen der guten Sach- und Fachkenntnisse der Ehefrau des Kl. zu den den Betrieb des Kl. betreffenden Buchführungsfragen unverständlich. Er wirft allenfalls die Frage auf, ob die Ehefrau des Kl. die Rechnung bewußt und gewollt, also vorsätzlich handelnd, erst nach Zahlung des Rechnungsbetrages durch die Versicherungsgesellschaft zur Buchung an das frühere Steuerbüro des Kl. gegeben hat und ob ihr damit bekannt war, dass die Rechnung wegen der ?Vorordnung? des Rechnungsbeleges durch sie dem falschen Veranlagungszeitraum zugeordnet werden wird. Diese Überlegung liegt nahe, weil für die Ehefrau des Kl. bei einer zeitlich korrekten Erfassung der Rechnung für Dezember 1999 noch nicht absehbar war, wann die Rechnung tatsächlich bezahlt werden dürfte und weil damit bei einer zeitgerechten Versteuerung Liquiditätsprobleme auftreten konnten ? für die USt gilt das in jedem Fall wegen der Verpflichtung zur monatlichen Voranmeldung. Hierzu bedarf es jedoch keiner Antwort, denn neben der dann anzunehmenden vorsätzlichen Steuerhinterziehung reicht auch die hier in jedem Fall vorliegende leichtfertige Steuerverkürzung aus, den aufgrund der Betriebsprüfung gegebenen erhöhten Änderungsschutz nach § 173 Abs. 2 AO zu verneinen.

    Auch in Person des Kl. ist zumindest eine leichtfertige Steuerverkürzung zu bejahen. Entgegen der Auffassung des Kl. drängte es sich auch für ihn auf, dass der Rechnungsbetrag aus der Rechnung nicht im zutreffenden Veranlagungszeitraum 1999 steuerlich erfasst war. Aufgrund der vom Kl. vorgetragenen Tatsache, dass im Geschäftsbereich der ?Spezialreinigung? pro Jahr nur wenige Geschäftsvorfälle mit allerdings hohen Umsätzen anfielen und dem Umstand, dass er die Rechnungen für diesen Geschäftszweig selbst geschrieben hat, hatte er grundsätzlich einen laufenden, vollständigen Überblick über die dort anfallenden Umsätze. Aufgrund seiner jahrelangen beruflichen Tätigkeit und seiner steuerlichen Verpflichtung, mit Abgabe der Steuererklärungen auch deren Vollständigkeit zu prüfen, musste ihm auch bekannt gewesen sein, dass er mit seinem Betrieb zu den Sollversteuerern gehört, dass also bereits die Rechnungsausstellung zur Erfassung der Erlöse und Umsätze führt. Damit war ihm auch bekannt, dass die Rechnung vom 19.12.1999 sich noch im selben Jahr steuerlich auswirken muss. Wegen der geringen Zahl hoher Umsätze war für ihn auch leicht feststellbar, ob diese Umsätze steuerlich erfasst worden sind. Er erhielt über die monatlich erstellten betriebswirtschaftlichen Auswertungen auch einen zeitnahen Überblick dazu, wie sich dieser Geschäftsbereich entwickelt und ob alle dort angefallenen Erlöse und Umsätze in der Buchführung tatsächlich erfasst waren, denn diese waren in der betriebswirtschaftlichen Auswertung, wie auch später im Jahresabschluss, gesondert ausgewiesen. Auch wenn dem Kl. die zahlenmäßige Aufteilung des Gesamtrechnungsbetrages vom 19.12.1999 in Höhe von brutto 438.845,55 DM nicht exakt im Gedächtnis geblieben sein mag ? der Kl. schreibt die Rechnungen für diesen Geschäftsbereich selbst ? hätte ihm angesichts der Kontrollmöglichkeiten auffallen müssen, dass dieser Rechnungsbetrag nicht in den darüber hinaus angefallenen Erlösen dieses Geschäftsbereiches in Höhe von knapp 900.000 DM enthalten sein konnte. Ein Blick in die betriebswirtschaftliche Auswertung für Dezember und später in den Jahresabschluss für 1999 (dort in die Gewinn- und Verlustrechnung) und die grobe Prüfung der dortigen Zusammensetzung der Erlöse ? jedenfalls zu letzterem war er im Rahmen der Abgabe seiner Steuererklärung auch steuerlich verpflichtet (§ 150 AO) ? hätte ihm nach Überzeugung des erkennenden Senats mit großer Wahrscheinlichkeit Aufschluss über den Erfassungsfehler gegeben. Seine insoweit nicht genügende Sorgfalt im Umgang mit steuerlich erheblichen Tatsachen stellt eine leichtfertige Steuerverkürzung im Sinne des § 378 AO dar, die den erhöhten Änderungsschutz nach § 173 Abs. 2 AO ausschließt.

    Dieser erhöhte Änderungsschutz kann hinsichtlich der Gewerbesteuer 1999 ? nach Bp geänderter Gewerbesteuermessbetragsbescheid vom 22.03.2002 ? auch deshalb nicht eingreifen, weil der für den Jahresabschluss 2000 und die Bilanzberichtigung verantwortliche neue Steuerberater insoweit eine Steuerhinterziehung begangen hat, denn diesem war die fehlerhafte Erfassung der Rechnung vom 19.12.1999 bereits bekannt, bevor der aufgrund der Bp geänderte Änderungsbescheid zum Gewerbesteuermessbetrag für 1999 erlassen war. Der neue Steuerberater nahm auch für das Jahr 1999 die Angelegenheiten des Kl. wahr, denn er hatte im Rahmen der Abschlussarbeiten für 2000 bereits am 25.02.2002 den Antrag auf Bilanzberichtigung für das Jahr 1999 vorbereitet. Er hat diesen vorbereiteten Antrag mehr als einen Monat zurückgehalten, bis der Bekl. auch den geänderten Gewerbesteuermessbetragsbescheid für 1999 bekannt gegeben hatte. Der Bilanzberichtigungsantrag und damit die Richtigstellung des Sachverhaltes wurde dem FA erst am 27.03.2002 mitgeteilt. Aus § 153 Abs. 1 AO ergibt sich aber die Verpflichtung für den Steuerpflichtigen, von sich aus eine unrichtige Steuererklärung zu berichtigen, wenn er erkennt, dass sie unrichtig ist und es ansonsten zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann. Wenn der Steuerpflichtige einen Dritten mit der Wahrnehmung seiner steuerlichen Angelegenheiten betraut, trifft den Dritten diese Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass von ihm erkannte Unrichtigkeiten gegenüber der Finanzbehörde unverzüglich berichtigt werden. Dem jetzigen Steuerberater des Kl., der für den Kl. die steuerlichen Angelegenheiten gegenüber dem Bekl. wahrnahm, war diese Verpflichtung aufgrund seiner fachlichen Vorbildung auch bekannt. Ansonsten wäre es auch un-verständlich, warum unter dem 25.02.2002 das Schreiben mit einem Antrag auf Bilanzberichtigung für das Streitjahr 1999 vorbereitet worden ist. Ihm war auch bekannt, dass eine Bp für den Zeitraum 1999 abgeschlossen worden war und jedenfalls zur Einkommensteuer und Umsatzsteuer 1999 bereits die Berichtigungsbescheide im November 1999 bekannt gegeben waren. Das ergibt sich aus den Angaben der neuen Bevollmächtigten, mit den Abschlussarbeiten für den Jahresabschluss 2000 gewartet zu haben, um mögliche Angleichungsbuchungen nach der Bp durch die Finanzbehörde berücksichtigen zu wollen und aus die Tatsache, dass spätestens im Februar 2002 mit diesen Abschlussarbeiten begonnen worden ist. Zur Überzeugung des Senats steht auch fest, dass dem neuen Steuerberater bekannt war, dass der Berichtigungsbescheid zur Gewerbesteuer 1999 aufgrund der Bp noch ausstand. Wenn er daher trotz nachgewiesener Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit des Jahresabschlusses für 1999 aufgrund der dort nicht erfassten Rechnung vom 19.12.1999 mit der Absendung des Schreibens vom 25.02.2002 mehr als ein Monat wartete (Eingang des Schreibens beim Bekl. am 27.03.2002) und zwischenzeitlich der aufgrund der Bp noch fehlende Berichtigungsbescheid zur Gewerbesteuer 1999 vom 22.03.2002 zugestellt wird, so liegt es nahe, dass diese Verzögerung bewusst und gewollt herbeigeführt wurde, um später ? wie durch den vorliegenden Finanzgerichtsprozess dokumentiert ? auf den erhöhten Bestandsschutz dieses Änderungsbescheides nach der Bp (§ 173 Abs. 2 AO) hinzuweisen und sich damit auf eine fehlende Änderungsmöglichkeit zu berufen. Darin liegt eine durch den neuen Steuerberater des Kl. zu dessen Gunsten begangene Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) zur Gewerbesteuer 1999. Ist, wie ausgeführt, eine derartige Straftat gegeben, so wird die Änderung der Steuerfestsetzung wegen neuer Tatsachen (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO) auch nicht durch die Regelung des § 173 Abs. 2 AO ausgeschlossen.

    Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO. Angesichts dieser Entscheidung ist der Antrag, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, gegenstandslos.

    Die Revision ist nicht zuzulassen. Eine grundsätzliche Bedeutung fehlt, denn die Grundsätze zur Änderung von Steuerbescheiden unter Berücksichtigung des erhöhten Bestandsschutzes nach § 173 Abs. 2 AO sind höchstrichterlich geklärt. Im Übrigen folgt der Senat mit seiner Entscheidung den höchstrichterlichen Rechtsprechungsgrundsätzen.

    RechtsgebietAOVorschriften§ 153 Abs. 1 AO, § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 173 Abs. 2 AO, § 174 Abs. 3 AO, § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 378 Abs. 1 AO

    Karrierechancen

    Zu TaxTalents