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  • 13.02.2018 · IWW-Abrufnummer 199554

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 09.05.2017 – 5 K 727/15

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
     
    1

    Tatbestand
    2

    Die Kläger sind zusammenveranlagte Eheleute.
    3

    Der Kläger war in den Streitjahren nichtselbständig tätig.
    4

    Die Klägerin betreibt in W in der A-Straße ... seit ...einen Friseursalon. Der Mietvertrag war zunächst auf 3 ½ Jahre abgeschlossen und verlängert sich seitdem jeweils um 1 Jahr, wenn nicht spätestens 6 Monate vor Ablauf der Mietzeit der Verlängerung widersprochen wird. Die vermietete Fläche wird mit ... angegeben. Im Hauptraum befinden sich ... Friseurplätze. 1 zusätzlicher Friseurplatz ... befindet sich in einem Nebenraum.
    5

    In den Jahren 2007 bis 2014 erklärte die Klägerin aus dem Friseursalon folgende Verluste:
    6

    2007:
       

    16.751 €

    2008:
       

    17.866 €

    2009:
       

    26.235 7€

    2010:
       

    22.984 €

    2011:
       

    24.649 €

    2012:
       

    24.669 €

    2013:
       

    24.183 €

    2014:
       

    26.275 €
    7

    Im Jahr 2014 fand in dem Betrieb der Klägerin aufgrund Prüfungsanordnung vom 8.1.2014 für die Jahre 2010 bis 2012 eine Betriebsprüfung statt. Der Beklagte gelangte zu der Ansicht, dass der Buchführung mangels ordnungsgemäßer Kassenberichte nicht zu folgen sei und daher Hinzuschätzungen vorzunehmen seien, die an den - nach Auffassung des Beklagten nicht geklärten - Neueinlagen der Jahre 2010 bis 2012 (2010: 31.185 €, 2011: 54.660 € und 2012: 42.505 €) zu orientieren seien. Sachgerecht seien demnach Netto-Hinzuschätzungen von 23.000 € für 2010, 41.000 € für 2011 und 38.000 € für 2012. Zudem kam die Betriebsprüfung zu dem Ergebnis, dass die Betriebsfahrzeuge mangels größerer betrieblicher Nutzung nicht als notwendiges Betriebsvermögen behandelt werden können. Wegen der Feststellungen im Einzelnen wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 21.07.2014 Bezug genommen.
    8

    Gegen die entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheide wenden sich die Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der vorliegenden Klage. Anlass für die Hinzuschätzungen des Beklagten sei eine angeblich nicht ordnungsgemäße Kassenführung der Klägerin gewesen. Die Kassenführung der Klägerin habe so ausgesehen, dass sie den täglichen Umsatz jeden Abend dadurch ermittelt habe, dass sie den Endbestand der Kasse gezählt und von diesem den Anfangsbestand der Kasse in Abzug gebracht habe. Sofern Barausgaben getätigt worden seien, habe sie diese hinzugerechnet und dann den Betrag des Umsatzes auf dem Abrechnungsbeleg festgehalten. Die Belege über Ausgaben seien dabei täglich abgeheftet worden, sofern solche vorhanden gewesen seien. Allerdings seien Barausgaben nicht täglich vorgenommen worden, sondern nur ca. alle 3-4 Tage. Dabei sei meist nur eine Barausgabe pro Arbeitstag getätigt worden, so dass die rechnerische Ermittlung am Abend einfach und übersichtlich gewesen sei. Dies ergebe sich auch aus den in dem Betriebsprüfungsordner zum Teil enthaltenen Ausdrucken des Kassenbuches. Sofern Bareinlagen getätigt worden seien, seien diese bei der Ermittlung des Umsatzes abgezogen worden. Soweit Barentnahmen getätigt worden seien, seien diese bei der Ermittlung des Umsatzes hinzugerechnet worden. Sowohl Barentnahmen als auch Bareinlagen seien allerdings äußerst selten vorgekommen. Die ermittelten täglichen Umsätze sowie die gegebenenfalls vorgenommenen Barausgaben, Barentnahmen und Bareinlagen seien täglich in das elektronische Kassenbuch eingetragen worden, dass zunächst von dem Buchhalter und später von der Klägerin selbst geführt worden sei. Diese Kassenaufzeichnungen genügten den Anforderungen an eine nachvollziehbare und übersichtliche Kassenführung. Die Klägerin sei auch nicht verpflichtet, in ihrem Betrieb Einzelaufzeichnungen zu führen, die über eine tägliche Aufzeichnung des Kastenbestandes hinausgingen. Eine Kassenführung, bei der am Abend die Kasse gezählt und der gezählte Betrag eingetragen werde, sei ausreichend. Auch in anderen Friseursalons werde die Ladenkasse ebenso abgerechnet. Von Anfang an sei vorgetragen worden, dass die Kasse täglich am Abend gezählt und der Bestand nach Abzug der Ausgaben notiert worden sei.
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    Zudem sei die Herkunft der Gelder für die Neueinlagen der Jahre 2010-2012 entgegen der Auffassung des Beklagten geklärt worden. Die Gelder stammten aus Erbschaften sowie aus einem aufgenommenen Darlehen. Die Mutter der Klägerin, Frau D, sei am ....2006 verstorben. Der Vater des Klägers, Herr M, sei am ....2007 verstorben. Das Vermögen der Mutter habe ... € betragen. Die Mutter habe das Geld nicht auf Bankkonten verwahrt. Die ersparten Geldbeträge seien von ihr regelmäßig in ... gebracht worden und dort im Familienhaus in G an einer auch der Klägerin bekannten Stelle aufbewahrt worden. Dass die Mutter ein relativ großes Geldvermögen angespart gehabt habe, habe u.a. daran gelegen, dass sie in Deutschland 40 Jahre gearbeitet und sparsam gelebt habe und alle sechs Töchter ihr gesamtes in Ausbildung erworbenes Geld an die Mutter abgegeben hätten und von dieser nur die notwendigsten Beträge zur Lebensführung erhalten hätten. Die Klägerin beispielsweise habe ihr komplettes monatliches Gehalt ab dem 16. Lebensjahr bis zu ihrem 21. Lebensjahr zu Hause abgegeben. Miterben der Klägerin seien ihre Geschwister M1, M2, M3, M4 und M5 gewesen. Das Vermögen sei unter Beteiligung des Rechtsanwalts E unter den sechs Erben aufgeteilt worden. Der Anteil der Klägerin habe ... € betragen. Das Vermögen des Vaters des Klägers habe ... € betragen. Er habe sein ganzes Leben in ... in verschiedenen beruflichen Tätigkeiten gearbeitet. Er sei u.a. als Bauarbeiter, als Maler und als Kutschierer tätig gewesen. Er habe auch selbst angebautes Obst und Gemüse auf dem Markt verkauft. Mit seinen Ersparnissen habe er sich schließlich eine Plantage mit einer Größe von 28.000 m² aufgebaut, mit der er seinen Unterhalt verdient habe. Seine Ehefrau habe als .. für größere Feste und als Hebamme und als ... gearbeitet. Später habe sie bei dem Aufbau der Plantage geholfen. Miterben des Klägers seien seine Geschwister M6, M7, M8, M9 und M10 gewesen. Auch das Vermögen des Vaters des Klägers sei unter Beteiligung des Rechtsanwaltes E unter den sechs Erben aufgeteilt worden. Der Anteil des Klägers habe ... € betragen. Die Erblasser hätten ihre Vermögen in ... in Euro gelagert. Ein Tausch der harten Währung Euro in die weiche, nicht wertbeständige Währung ... sei selbstverständlich nicht erfolgt. Denn dies hätte einen ständigen starken Wertverlust nach sich gezogen, der durch die Aufbewahrung des Geldes in Euroscheinen vermieden worden sei. Daher gebe es auch keine Umtauschbelege, da kein Geld von ... in Euro getauscht worden sei. Da die Kläger kein großes Vertrauen zu Banken hätten und dort in den letzten Jahren entgegen der Annahme des Beklagten kaum nennenswerte Zinsen zu erzielen gewesen seien, hätten sie wie viele ihrer ... Landsleute größere Geldbeträge nicht bei Banken, sondern privat aufbewahrt. Dementsprechend hätten die Kläger ihre Erbschaften in ... im Ort G bei einem sehr guten Freund aufbewahrt. Es handele sich um Herrn P, einem Schulfreund des Klägers. Herr P habe die in den Jahren 2006 und 2007 erhaltenen Beträge in Höhe von insgesamt ... € für die Kläger aufbewahrt. Die Summe von ... € ergebe sich daraus, dass die Klägerin nur ... € an Herrn P übergeben habe und ... € aus der Erbschaft unmittelbar mit nach Deutschland genommen habe, um sie später in den Betrieb einzulegen. In den Jahren ab 2009 seien die erhaltenen Gelder an die Kläger wieder ausgezahlt worden. Die Auszahlung der erhaltenen Beträge sei nach Anforderung der Kläger erfolgt. Das Geld sei jeweils in bar bei Herrn P abgeholt worden. Hierzu seien im Jahr 2010 fünf Fahrten im Januar, März, Juni, Oktober und Dezember gemacht worden. Im Jahr 2011 seien fünf weitere Fahrten im Februar, April, Juni, August und November unternommen worden. Schließlich seien im Jahr 2012 zwei Fahrten im Februar und im Juli erfolgt. Drei der Fahrten seien vom Kläger ausgeführt worden. Die übrigen Fahrten seien von dem Sohn der Kläger, Herrn M12, durchgeführt worden. Es seien jeweils nicht deklarierungspflichtige Beträge nach Deutschland eingeführt worden, die dann im Wohnhaus der Kläger verwahrt worden seien.
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    Die Kläger hätten zudem im Jahr 2011 bei der Q-Bank einen Kredit i.H.v. 100.000 € aufgenommen, weil zu diesem Zeitpunkt das Bargeld aus den Erbschaften verbraucht gewesen sei. Die Aufnahme eines Kredits stehe auch nicht im Widerspruch zu dem Vortrag eines geringen Vertrauens in Banken. Ein wesentlicher Unterschied bestehe darin, ob man sein eigenes Geld einer Bank anvertraut oder ob man von einer Bank Geld ausleiht. Hinzu komme allerdings auch, dass eine Aufbewahrung eigenen Geldes bei der Bank üblicherweise zu einer Verzinsung des Geldes führe. Nach dem islamischen Glauben, dem die Kläger angehörten, handele es sich bei Zinseinnahmen jedoch um k„kein wohlverdientes Geld“. Auch aus diesem religiösen Grund hätten die Kläger ihr Geld nicht bei Banken aufbewahrt, sondern würden es privat aufbewahren.
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    Darüber hinaus hätten auch die Kinder mit finanziellen Mitteln zum Lebensunterhalt beigetragen.
    12

    Im Übrigen könne der hinzu geschätzte Umsatz mit den vorhandenen Betriebsmitteln, dem Materialeinsatz und dem vorhandenen Personal nicht erzielt werden. Zwar würde die Größe des Friseursalons der Klägerin theoretisch für höhere Umsätze ausreichen, weil dort theoretisch sieben Plätze vorhanden seien; jedoch seien in dem Salon in der Regel max. 2-4 Plätze tatsächlich genutzt worden. Zudem habe die untere A-Straße, in der der Friseursalon liege, eine schlechte Entwicklung genommen. Aufgrund des wider Erwarten schlechten Betriebsstandorts habe die Klägerin auch im 5.-7. Geschäftsjahrs seit der Unternehmensgründung noch Verluste erwirtschaftet. Die Klägerin habe den Betrieb jedoch trotzdem nicht aufgeben wollen, weil sie einerseits einen langfristigen Plan verfolgt habe und andererseits in den Betrieb ihren beiden Kindern eine Ausbildungsstelle geben wollte. Um den Kindern diese Ausbildung zu ermöglichen, seien die Kläger bereit gewesen, erhebliche Privatmittel in die Gründung und den Aufbau des Betriebes und in die Erhaltung seines Bestandes zu investieren. Aus diesem Grund hätten die Kläger ihr gesamtes Erbe in den Betrieb investiert und zusätzlich das restliche Darlehen der Q-Bank in das Unternehmen eingelegt.
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    Die weit überwiegende betriebliche Nutzung des Pkws der Klägerin ergebe sich aus einer überschlägigen Berechnung. Ein Fahrtenbuch sei nicht geführt worden. Mit den Fahrzeugen der Klägerin seien im Prüfungszeitraum ca. 94.000 km zurückgelegt worden. Die Route von W nach G habe eine einfache Strecke von ca. 3200 km. Selbstverständlich sei derjenige, der das Geld abgeholt habe, auch kurz in ... geblieben, weil es sich bei der Fahrt um eine lange Strecke gehandelt habe. Diese notwendige Erholungszeit zwischen Hin- und Rückfahrt mache aber aus einer betrieblich veranlassten Fahrt noch keine private Fahrt. Einen tatsächlichen Fehler habe die Klägerin dadurch begangen, dass sie bei den Fahrten in ... die Fahrer nicht angewiesen habe, die Quittungen über das Betanken des Fahrzeuges zu verwahren. Allerdings stelle dies schon einen Nachteil für die Klägerin dar, weil sie die entsprechenden betrieblich veranlassten Ausgaben nicht von den Einnahmen steuermindernd abziehen könne. Einen darüber hinausgehenden Schluss auf eine Zuordnung dieser Fahrten zur Privatsphäre könne man aus dem bloßen Fehlen der Tankquittungen jedoch nicht ziehen. Die betriebliche Nutzung des Fahrzeugs ergebe sich danach wie folgt:
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    Fahrten nach G zur Geldbeschaffung - 12 x 3.200km x 2 (hin/rück)
       

    76.800 km

    Monatlicher Wareneinkauf bei Fa. S/U - 12 x 52 km x 2 (hin/rück) x 3 Jahre
       

    3.744 km

    Alle 2 Monate Wareneinkauf Fa. K/H - 6 x 23 km x 2 (hin/rück) x 3 Jahre
       

    828 km

    Sonstige betriebliche Fahrten monatl. ca. 80 km - 12 x 80 km x 3 Jahre
       

    2.880 km

    Gesamt
       

    84.252 km
    15

    Die betriebliche Nutzung des Fahrzeugs betrage also ca. 89,6 %. Wegen der weit überwiegenden betrieblichen Nutzung des Fahrzeugs seien die Aufwendungen für das Fahrzeug und die auf das Fahrzeug entfallende Umsatzsteuer zu Gunsten der Klägerin zu berücksichtigen.
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    In den Streitjahren seien keine Instandhaltungsmaßnahmen an dem Haus Y-Straße ... in W durchgeführt worden.
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    Die Kläger beantragen,
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    die Bescheide über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag 2010, 2011 und 2012 vom 26.09.2014 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 12.02.2015 aufzuheben und die Steuern für das Jahr 2010 auf einen Erstattungsbetrag in Höhe von 2.925,07 €, für das Jahr 2011 auf einen Erstattungsbetrag in Höhe von 3.357,00 € und für das Jahr 2012 auf einen Erstattungsbetrag in Höhe von 3.290,00 € festzusetzen.
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    Der Beklagte beantragt,
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    die Klage abzuweisen.
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    Zunächst sei von der Klägerin im Schreiben vom 5.3.2014 vorgetragen worden, dass die Mittel für die Einlagen von den Kindern und dem Kläger stammten und die restlichen Einlagen aus Darlehen resultierten. Von Erbschaften sei zu diesem Zeitpunkt noch keine Rede gewesen. Die von der Klägerin nunmehr behaupteten Erbschaften vom Schwiegervater M i.H.v. ... € und der Mutter D i.H.v. ... € seien nicht durch Erbschein, Erbschaftsteuerbelege, Testamente, Überweisungen, Auszahlungsbelege, Zinsbelege oder ähnliche aussagekräftige Belege nachgewiesen. Auch unter Berücksichtigung eines anderen Kulturkreises und den jeweiligen kulturellen Gepflogenheiten wirke es befremdlich, dass die geerbten Geldbeträge in bar durch den Sohn bzw. den Kläger abgeholt worden seien, um diese sodann in den Betrieb einzulegen.
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    Aus dem BP Bericht ergebe sich, dass Einzelaufzeichnungen nicht vorgenommen worden seien. Da solche Einzelaufzeichnungen nicht vorgelegen haben, sei bei der weiteren Prüfung festgestellt worden, dass auch keine ordnungsgemäßen Kassenaufzeichnungen vorgenommen worden seien. Die Abrechnungsbelege enthielten lediglich die Betriebseinnahmen in einer Summe. Die zwingend erforderlichen Aufzeichnungen über Kassenanfangs- und -endbestände, Betriebsausgaben, Neueinlagen und Privatentnahmen fehlten jedoch vollständig. Quittungen über Barausgaben seien darüber hinaus lediglich lose aufbewahrt worden, so dass eine Belegsicherung nicht vorgelegen habe. Auch ersetze das vom Buchhalter geführte Kassenbuch nicht den Kassenbericht bzw. Aufzeichnungen hierzu. Sofern die Klägerin vortrage, die tägliche Führung des Lexware-Kassenbuchs nachher selbst übernommen zu haben, müsse dies erst nach der Betriebsbesichtigung erfolgt sein. Ein Beleg über den Erwerb des Lexwareprogramms sei in der Buchführung nicht enthalten gewesen. Ein Kassenbuch könne die Berichte nicht ersetzen, auch nicht dann, wenn Bestände vorhanden seien, weil nach der Systematik der Kassenbücher die Endbestände nur rechnerisch ermittelt würden. Jede Art von elektronischem Kassenbuch könne nur dann anerkannt werden, wenn sicher festgestellt werden könne, dass die Aufzeichnungen nicht änderbar seien. Die übersandten Monatsausdrucke seien am 10.3.2016 ausgedruckt worden und seien kein Garant für eine tägliche Kassenführung. Die Höhe der Hinzuschätzungen orientiere sich an den nicht geklärten Neueinlagen.
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    Befremdlich sei auch, warum das Geldvermögen der Erblasser in Euro und nicht in ... angegeben sei.
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    Die Pkw- Nutzung hätte die Klägerin lediglich anhand einer überschlägigen Berechnung ermittelt. Angaben zu den Privatfahrten mit dem jeweiligen Pkws bzw. eine Aufteilung der Fahrleistung auf den Zafira/Mercedes seien nicht erfolgt. Ohne Fahrtenbücher bzw. Aufzeichnungen über einen repräsentativen Zeitraum sei die von der Klägerin erstellte Berechnung nicht nachprüfbar. Ohne die Fahrten in ... ergebe sich eine betriebliche Veranlassung von lediglich 7,93 %. Einen Nachweis (z.B. Tankbelege), dass die Fahrten in ... überhaupt stattgefunden haben, habe die Klägerin nicht vorgelegt.
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    Das Gericht hat die Steuerakten der Jahre 2004 bis 2009 und der Jahre 2013 und 2014 beigezogen. Das Gericht hat auch die Bauakte des Hausgrundstückes Y-Straße ... in W zum Verfahren hinzugezogen.
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    Am 22.03.2017 erging ein Beweisbeschluss zwecks Anhörung des Sohnes der Kläger als Zeugen zu den durchgeführten Geldtransporten. Der Sohn der Klägerin hat zu diesem Beweisthema ebenso wie der Kläger in dem Verfahren der Klägerin 5 K 726/15 ausgesagt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung im Verfahren 5 K 726/15 Bezug genommen. Die Beteiligten haben auf die erneute Vernehmung des Zeugen verzichtet und der Verwendung der Zeugenaussage im vorliegenden Verfahren zugestimmt.
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    Den Beteiligten wurde in der mündlichen Verhandlung im Verfahren 5 K 726/15 die vom Gericht erstellte Kundenkalkulation und ein Reingewinnvergleich ausgehändigt.
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    Entscheidungsgründe
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    Die Klage ist unbegründet.
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    Der Beklagte hat zu Recht die angefochtenen Bescheide geändert und dem Grunde und der Höhe nach zu Recht für die Jahre 2010 bis 2012 die angefochtenen Zuschätzungen zu den Einnahmen/Umsätzen des Friseursalons der Klägerin vorgenommen. Auch die Ablehnung der Anwendung der 1% Regelung für die private Nutzung der Kraftfahrzeuge nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und die Versagung des Vorsteuerabzuges aus dem Erwerb des KFZ- Mercedes (§ 15 Abs. 1 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes –UStG-) erfolgten zu Recht.
    31

    1. Nach § 158 der Abgabenordnung (AO) sind der Besteuerung die Buchführung und die Aufzeichnungen, die den §§ 140 bis 148 AO entsprechen, zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden. Nur wenn die Würdigung des Sachverhalts ergibt, dass eine formell ordnungsmäßige Buchführung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sachlich unrichtig ist, kann das Ergebnis der Buchführung ganz oder teilweise verworfen werden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofes -BFH- vom 9. August 1991 III R 129/85, BStBl II 1992, 55). Ist eine Buchführung ganz oder teilweise nicht nach § 158 AO der Besteuerung zugrunde zu legen, so sind die Besteuerungsgrundlagen grundsätzlich zu schätzen (§ 162 Abs. 1, 2 AO).
    32

    2. Diese Grundsätze finden nach ständiger Rechtsprechung des BFH entsprechende Anwendung auf Steuerpflichtige, die nicht zur Buchführung verpflichtet sind, sondern- wie die Klägerin - ihre Gewinne nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln. Bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG besteht zwar grundsätzlich keine Pflicht zum Führen eines Kassenbuchs. Eine Regelung, dass vereinnahmte Barentgelte gesondert in einem Kassenbuch aufzuzeichnen sind, enthalten auch § 22 UStG und die Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) nicht. Bei der Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG gibt es keine Bestandskonten und somit auch kein Kassenkonto. Vereinnahmtes Geld wird sofort Privatvermögen. Aber auch bei der Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG müssen die für die Besteuerung maßgeblichen Vorgänge vollständig erfasst werden (Beschluss des BFH vom 16. Februar 2006 X B 57/05, BFH/NV 2006, 940). Die Aufzeichnungen müssen so klar und vollständig sein, dass sie einem sachverständigen Dritten in vertretbarer Zeit den Umfang der Einkünfte plausibel machen. Denn das Fehlen einer Verpflichtung zur förmlichen Aufzeichnung der Betriebseinnahmen oder -ausgaben kann schon aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht bedeuten, dass das Finanzamt die nach § 4 Abs. 3 EStG erklärten Gewinne oder Verluste ungeprüft übernehmen müsste. Die (ggf. freiwillige und im eigenen Interesse liegende) Aufbewahrung aller Belege ist im Regelfall auch notwendige Voraussetzung für den Schluss, dass die Betriebseinnahmen vollständig erfasst und die geltend gemachten Aufwendungen durch den Betrieb veranlasst sind. Nur bei Vorlage geordneter und vollständiger Belege verdient eine Einnahmen-Überschussrechnung Vertrauen und kann für sich die Vermutung der Richtigkeit in Anspruch nehmen (vgl. z.B. Urteile des BFH vom 15. April 1999, IV R 68/98, BStBl II 1999, 481 und vom 26. Februar 2004 XI R 25/02, BStBl II 2004, 599 m.w.N.). Sämtliche Geschäftsvorfälle sind ihrer zeitlichen Reihenfolge nach und mit ihrem richtigen Inhalt festzuhalten. Die zeitgerechte Verbuchung der Geschäftsvorfälle und eine nachvollziehbare Kassenführung sind bei Betrieben mit einem hohen Anteil an Bareinnahmen in der Regel die entscheidenden Grundlagen einer Buchführung. Mängel in diesen Bereichen nehmen der Buchführung im Allgemeinen die Ordnungsmäßigkeit (s. Tipke/Kruse, Kommentar zur AO/FGO, § 146 AO Tz 5 ff. m.w.N.).
    33

    3. Gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO entscheidet das Finanzgericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 AO gelten sinngemäß. Das Finanzgericht ist damit - anders als bei Ermessensentscheidungen (§ 102 FGO) - in der Lage, die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen in vollem Umfang zu überprüfen und selbst Schätzungen vorzunehmen. Die Schätzungsbefugnis des Finanzgerichts besteht unabhängig davon, ob und wie das Finanzamt geschätzt hat. Das Finanzgericht kann von der Schätzungsmethode des Finanzamts abweichen und die Besteuerungsgrundlagen nach einer anderen Methode schätzen (vgl. Urteile des BFH vom 2. Februar 1982 VIII R 65/80, BStBl. II 1982, 409 und vom 8. November 1989 X R 178/87, BStBl. II 1990, 268, 270).
    34

    Die Besteuerungsgrundlagen sind nach Maßgabe ihrer größten Wahrscheinlichkeit zu schätzen (grundlegend: Urteil des BFH vom 31. August 1967 V 241/64, BStBl. III 1967, 686). Bei der Schätzung nach Wahrscheinlichkeitsgrundsätzen besteht eine Bandbreite möglicher Wertansätze (Schätzungsrahmen). Der Schätzungsrahmen ist umso größer, je ungesicherter das Tatsachenmaterial ist, auf dem die Schätzung basiert. Der Steuerpflichtige hat keinen Anspruch darauf, dass sich die Schätzung der Einnahmen bzw. Umsätze im untersten Rahmenbereich bewegt. Der seine Mitwirkungspflicht verletzende Steuerpflichtige soll nicht besser stehen als derjenige, der die Besteuerungsgrundlagen ordnungsgemäß aufzeichnet und erklärt. Bei groben Pflichtverletzungen, die darauf hindeuten, dass Einkünfte verheimlicht werden sollen, kann sich das Finanzamt - und ggfls. das Gericht - im Gegenteil an der oberen Grenze des Schätzungsrahmens orientieren (vgl. Urteile des BFH vom 20. Dezember 2000 I R 50/00, BStBl. II 2001, 381 und vom 29. März 2001 IV R 67/99, BStBl. II 2001, 484). Aber auch dann muss die Schätzung in sich schlüssig, ihre Ergebnisse müssen wirtschaftlich vernünftig und möglich sein (vgl. Urteile des BFH vom 8. Dezember 1984 VIII R 195/82, BStBl. II 1986, 226 und vom 9. Dezember 2001 VI R 72/97, BStBl. II 2001, 775).
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    In der Praxis hat sich eine Reihe von Schätzungsmethoden entwickelt. Sie sind die Hilfsmittel, um zu dem Wert mit der größtmöglichen Wahrscheinlichkeit zu gelangen (Urteil des BFH vom 26. Februar 2002 X R 59/98, BStBl II 2002, 450, 452). Alle Methoden sind situations-, anwender- und normabhängig. Das Finanzamt ist nicht verpflichtet, das durch eine Schätzungsmethode gewonnene Ergebnis durch eine weitere Schätzungsmethode zu untermauern (vgl. Beschluss des BFH vom 3. September 1998 XI B 209/95, BFH/NV 1999, 290). Soweit durch eine Schätzungsmethode nur eine einzige Besteuerungsgrundlage ermittelt wird (z. B. der Umsatz durch Kalkulation), können ggf. andere Besteuerungsgrundlagen daraus abgeleitet werden (z. B. der Gewinn). Die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen kann auch durch einen Zuschlag zu den Betriebseinnahmen oder einen Abschlag von den Betriebsausgaben erfolgen, um dadurch den Unsicherheiten Rechnung zu tragen, die durch die punktuelle Feststellung von sachlichen Fehlern in den Unterlagen des Steuerpflichtigen eingetreten sind, sog. (Un-) Sicherheitszuschlag. Die Methodenwahl steht im pflichtgemäßen Ermessen des Finanzamtes; der Steuerpflichtige hat keinen Anspruch auf Anwendung einer bestimmten Schätzungsmethode (vgl. Beschluss des BFH vom 3. September 1998 XI B 209/95, BFH/NV 1999, 290). Die Methode muss auf zumutbare Weise zum Ergebnis mit der größten Wahrscheinlichkeit führen (vgl. Urteile des BFH vom 18. Dezember 1984 IV R 33/82, BStBl II 1986, 226, 229 und vom 17. Oktober 2001 I R 103/00, BFH/NV 2002, 134, 138). Die Qualität der Aufzeichnungen und die Mitwirkungsbereitschaft des Steuerpflichtigen bestimmen den Sorgfaltsmaßstab für die Schätzung des Finanzamtes.
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    4. Dies berücksichtigend können die in den Gewinnermittlungen der Klägerin ausgewiesenen Umsätze/Einnahmen für deren Besteuerung nicht übernommen werden, da die Klägerin ihren Aufzeichnungspflichten nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist.
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    Die Aufzeichnungen müssen so beschaffen sein, dass es einem sachverständigen Dritten innerhalb einer angemessenen Zeit möglich ist, einen Überblick über die Einnahmen/Umsätze des Unternehmens und die zu berücksichtigenden Betriebsausgaben zu erhalten. § 146 Abs. 1 AO bestimmt ergänzend, dass Aufzeichnungen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen sind. Außerdem müssen die Aufzeichnungen so angefertigt werden, dass der Zweck, den sie für die Besteuerung erfüllen sollen, erreicht wird (§ 145 Abs. 2 AO). Ferner soll die Nachprüfung durch die Steuerbehörden gewährleistet werden (Devermann in Offerhaus/Söhn/Lange, § 22 UStG Rdn. 27).
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    Dafür muss zunächst jeder einzelne Vorgang identifizierbar sein (Devermann a.a.O., § 22 Rdn. 30). Die Aufzeichnungen sind deshalb für jeden Geschäftsvorfall gesondert vorzunehmen (vgl. Urteil des BFH vom 26. Februar 2004, XI R 25/02, BStBl. II 2004, 599). Zu erfassen sind Inhalt des Geschäfts, Name, Firma und Adresse des Vertragspartners (Beschluss des BFH vom 16. Februar 2006 X B 57/05, BFH/NV 2006, 940). Dem Grundsatz nach gilt das auch für Bareinnahmen. Der Umstand der sofortigen Bezahlung der Leistung rechtfertigt nicht, die jeweiligen Geschäftsvorfälle nicht auch einzeln aufzuzeichnen. Aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität sind jedoch bestimmte Berufsgruppen von der Pflicht zur Einzelaufzeichnung entbunden (vgl. Beschluss des BFH vom 26. Februar 2004 XI R 25/02, BStBl. II 2004, 599). Das sind die Betriebe, in denen Waren von geringem Wert an eine unbestimmte Vielzahl nicht bekannter und auch nicht feststellbarer Personen verkauft werden. Im Wesentlichen gilt das für den Einzelhandel mit Lebensmitteln, Tabakwaren, Schreibwaren, Kurzwaren, Kleinstbetriebe, Kleinpreisgeschäfte u.a. (Urteil des BFH vom 12. Mai 1966, IV 472/60, BStBl. III 1966, 371).
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    Hierzu gehört der Betrieb der Klägerin unzweifelhaft nicht, zumal Zumutbarkeit und Praktikabilität es in einem Friseurgeschäft nicht gebieten, von einer Einzelaufzeichnungspflicht abzusehen, jedenfalls dann nicht, wenn – wie von der Klägerin vorgetragen – nur wenige Kunden pro Tag bedient werden.
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    Da die Klägerin nicht die einzelnen Geschäftsvorfälle in ihrem Friseursalon aufgezeichnet hat, ist die Buchführung als nicht ordnungsgemäß anzusehen.
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    5. Aber selbst dann, wenn man keine Einzelaufzeichnungspflicht der Klägerin annehmen würde, ist die Buchführung der Klägerin nicht als ordnungsgemäß anzusehen.
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    Damit die fortlaufende, vollständige und richtige Verzeichnung der Geschäftsvorfälle gewährleistet und erwiesen wird, sind auch - wenn keine Einzelaufzeichnungen vorgenommen werden - bestimmte Vorkehrungen erforderlich. Eine Möglichkeit besteht darin, die - baren - Kasseneinnahmen nur in einer Summe in ein - insofern als solches auch zu führendes - Kassenbuch einzutragen. Das Zustandekommen dieser Summe muss aber zusätzlich durch Aufbewahrung der angefallenen Kassenstreifen, Kassenzettel und Bons (bei einer Registrierkasse) bzw. anhand von - aneinandergereihten - Kassenberichten (bei sog. offenen Ladenkassen) nachgewiesen werden (vgl. zum Ganzen: Urteil des BFH vom 20. Juni 1985, IV R 41/82, BFH/NV 1985, 12).
    43

    Für die Anfertigung eines Kassenberichts ist der geschäftliche Bargeldendbestand auszuzählen, weil hier die Feststellung des Kassenbestandes eine unentbehrliche Grundlage für die Berechnung der Tageslosung bildet (Urteil des BFH vom 01. Oktober 1969, I R 73/66, BStBl. II 1970, 45). Der Kassenbestand ist sodann rechnerisch um die belegmäßig festgehaltenen Entnahmen und Ausgaben zu erhöhen und um die ebenfalls dokumentierten Einlagen zu mindern, so dass sich die Einnahme ergibt. Ein richtiges und damit der Besteuerung zu Grunde zu legendes Ergebnis kann sich nur bei korrekter Durchführung einer der aufgezeigten Methoden ergeben (vgl. auch Rätke in Klein, Abgabenordnung Kommentar, 13 Aufl. 2016, § 146 Rdnr. 20). Das gilt für die Gewinnermittlungen nach § 4 Abs. 1 und 3 EStG gleichermaßen.
    44

    Die Klägerin hat keine Kassenstreifen, Kassenzettel oder Bons vorgelegt. Die Klägerin hat auch keine Kassenberichte angefertigt. Auf den vorliegenden „Abrechnungsbelegen YEDA“ ist für den jeweiligen Tag lediglich ein Wert notiert. Die Klägerin, die eine sog. offene Ladenkasse geführt hat, trägt zwar vor, durch den Abgleich von Kassenanfangs- und Kassenendbestand unter Hinzurechnung der aus der Kasse geleisteten Zahlungen diese Umsatzwerte rechnerisch ermittelt zu haben. Für eine ordnungsgemäße Buchführung wäre aber erforderlich gewesen, dass sich die behauptete Vorgehensweise auch aus den „Abrechnungsbelegen YEDA“ als sog. Kassenberichte ergibt. Ohne die Aufzeichnung des jeweiligen Tagesanfangs- und Tagesendbestandes, der Barausgaben und etwaiger Einlagen und Entnahmen in diesen Abrechnungsbelegen können diese dort eingetragenen Werte aber nicht einmal ansatzweise überprüft werden. Da auf keinem dieser Belege der Tageskassenanfangs- und -endbestand notiert ist, könnte jeder einzelne Abrechnungsbeleg auch noch zu späteren Zeitpunkten problemlos ausgewechselt werden und der geänderte Betrag - ohne dass dies erkennbar würde - in das von der Klägerin oder von ihrem damaligen steuerlichen Berater geführte, jederzeit änderbare, elektronische Kassenbuch übertragen werden. Ebenso wenig sind in den vorgelegten Abrechnungsbelegen Einlagen und Entnahmen aufgezeichnet. Die Abrechnungsbelege ermöglichen es einem sachverständigen Dritten demnach nicht, sich mit einem angemessenen Zeitaufwand einen Eindruck vom Umfang und der Vollständigkeit der Einkünfte zu verschaffen.
    45

    Diese formellen Mängel begründen auch Zweifel an der materiellen Richtigkeit der Buchführung. Dadurch, dass die Klägerin gesetzlich vorgeschriebene Aufzeichnungen (§ 144 AO) nicht geführt hat, wird eine materielle Überprüfung des von ihr erklärten Betriebsergebnisses unmöglich gemacht. Die Wahrscheinlichkeit, dass Einnahmen nicht erklärt werden, ist aber dann besonders hoch, wenn der Inhalt der Buchführung eine materielle Überprüfung der erklärten Betriebsergebnisse nicht ermöglicht. Die Einnahmenaufzeichnungen sind nicht nachvollziehbar und verdienen daher kein Vertrauen.
    46

    6. Der erkennende Senat ist auch davon überzeugt, dass die erklärten Einnahmen nicht den tatsächlich erzielten Einnahmen entsprechen und die vom Beklagten vorgenommenen Zuschätzungen nicht zu hoch ausgefallen sind.
    47

    Die Klägerin hat seit der Eröffnung des Friseursalons im Jahre 2006 bis zum Jahr 2014 Verluste in Höhe von mehr als 190.000 € erklärt. Selbst wenn man ab Betriebsbeginn eine Anlaufphase von vier Jahren annehmen würde, hätte die Klägerin nach ihren Erklärungen bereits bis dahin ca. 95.000 € Verluste gemacht. Auch wenn man ein Unternehmen aufbauen will, das - so die Klägerin - den Kindern einen Ausbildungsplatz und spätere Arbeitsstätte schaffen soll, ist es wirtschaftlich nicht nachvollziehbar, dass man mit den von der Klägerin erzielten Einnahmen und Verlusten über diese Anlaufphase hinaus an dem Betrieb ohne erkennbare Strukturänderung festhält, zumal die Klägerin spätestens am 31.1.2011 ohne weiteres den Mietvertrag hätte beenden können. Nach den Gewinnermittlungen der Klägerin konnte man zu keinem Zeitpunkt eine Entwicklung zum Positiven erkennen und bis heute hat sich an den erklärten Verlusten nichts geändert.
    48

    Die erklärten Einnahmen lassen sich auch mit der amtlichen Richtsatzsammlung der Finanzverwaltung nicht erklären. Vielmehr ergeben die erklärten Einnahmen zuzüglich der Zuschätzungen durch den Beklagten bezogen auf die drei Prüfungsjahre einen Reingewinnaufschlagsatz von 19,19% und damit einen Wert, der am unteren Rand des Aufschlagsatzes und noch weit unter dem Mittelwert liegt. Auch das Ergebnis der den Beteiligten übergebenen Kundenschätzung durch das Gericht - ca. 8 Kunden pro Vollzeitkraft am Tag bei einem Durchschnittspreis von 20 €/Kunde und damit einer vom Gericht geschätzten Beschäftigungszeit von ca. 4 bis 5 Stunden pro Vollzeitkraft täglich – spricht für eine zutreffende, nach Auffassung des erkennenden Senats nicht zu hoch ausgefallene Einnahmenschätzung durch den Beklagten.
    49

    Bestätigt wird dieses Ergebnis auch aufgrund der vom Gericht vorgenommenen und diesem Urteil beigefügten Geldverkehrsrechnung für die Jahre 2006 bis 2011. Diese führt zu Unterdeckungen, die durch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Kläger und Darlehen und Unterstützungsleistungen durch die Kinder nicht abgedeckt werden konnten. Nach dieser Geldverkehrsrechnung konnte letztlich auch dahinstehen, ob den Klägern Geldmittel aus Erbschaften in Höhe von ... € zur Verfügung standen, wozu der erkennende Senat auf Antrag der Klägerin eine Zeugenvernehmung durchgeführt hat. Nach der Geldverkehrsrechnung fehlten der Klägerin für den Zeitraum 2006 bis zum Jahre 2011 insgesamt Geldmittel in Höhe von ca. ... €. Mit den behaupteten Erbschaften in Höhe von ... € können diese fehlenden Geldmittel nicht erklärt werden.
    50

    Zudem bestehen Zweifel am Vortrag der Klägerin zur Verwendung der Geldmittel aus den behaupteten Erbschaften. Es ist nicht erklärlich, warum entsprechende Mittel erst in den Streitjahren zur Abdeckung von Fehlbeträgen verwendet worden sein sollen, da Beträge in dieser Höhe bereits in den Jahren ... benötigt wurden um die Fehlbeträge dieser Jahre auszugleichen.
    51

    Der erkennende Senat hat darüber hinaus erhebliche Zweifel daran, dass der Klägerin überhaupt jemals Geldmittel aus Erbschaften in ... hier in Deutschland in der angegebenen Höhe von ... € zur Verfügung gestanden haben. Auffällig ist nämlich, dass der Vater des Klägers ein sowohl für ... als auch für deutsche Verhältnisse beträchtliches Vermögen hinterlassen haben soll, obwohl die Kläger den Vater des Klägers nach den Steuererklärungen 2004 und 2005 wegen - von amtlicher ... Stelle bestätigter - Bedürftigkeit unterstützt haben. Verwunderlich ist auch, dass nur die Kinder, aber nicht die zweite Ehefrau des Vaters des Klägers, einen Nachlassanteil bekommen haben sollen. Genauso verwunderlich ist auch, dass der Vater der Klägerin keinen Anteil an dem Nachlass der Mutter der Klägerin geerbt haben soll.
    52

    Auch aufgrund der Anhörung des Klägers im Verfahren 5 K 726/15 und der Zeugenaussage des Sohnes im selben Verfahren konnte das Gericht nicht die Überzeugung gewinnen, dass Geldmittel in Höhe von ... € aus Erbschaften in ... ab dem Jahr 2006 bzw. 2007 der Klägerin in Deutschland zur Verfügung standen. Die Aussage des Klägers, sein Vater habe ihm den Gegenwert von ... € hinterlassen, konnte durch keine weiteren Beweismittel wie Sparbücher, Umtauschbelege von ... in Euro etc. untermauert werden und steht zudem im Widerspruch zu der - bereits dargestellten - amtlich bestätigten Bedürftigkeit des Vaters.
    53

    Zur behaupteten Erbschaft der Klägerin konnten oder wollten der Kläger und der Sohn keine konkreten Aussagen machen. Der Kläger hat ausdrücklich betont, keine Geldmittel aus einer Erbschaft der Klägerin in ... nach Deutschland geholt zu haben. Der Sohn der Kläger hat vorgetragen, in ... nur verschlossene Couverts in Empfang genommen zu haben, so dass er zu eventuellen Geldtransporten und zur Höhe der jeweiligen behaupteten Geldtransporte keine konkreten Aussagen machen konnte.
    54

    Zudem lassen sich die Fahrten, die der Kläger und der Zeuge mit dem Fahrzeug Opel Zafira der Klägerin in ... durchgeführt haben wollen, nicht mit den Kilometerständen in Einklang bringen, die aus den Reparaturrechnungen bzw. dem Beleg zum Verkauf des Opel Zafira bekannt sind. Der Kläger und der Zeuge wollen in dem Zeitraum von März 2010 bis Ende April 2011 mit dem Fahrzeug insgesamt 6 Fahrten in ... unternommen haben (6 x 6.400 km = 38.400 km). Nach der Reparaturrechnung der Fa. X GmbH vom 3.3.2010 hatte der Opel Zafira zu diesem Zeitpunkt einen Kilometerstand von 169.925 km. Nach dem Kaufvertrag vom 27.5.2011 wurde der Opel Zafira an diesem Tag mit einem Kilometerstand von 196.000 km verkauft (196.000 km – 169.925 km = 26.075 km). Damit überschreiten die angeblich mit diesem Fahrzeug im behaupteten Zeitraum zurückgelegten Kilometer allein für Fahrten in ... die tatsächlich insgesamt zurückgelegten Kilometer.
    55

    7. Der Beklagte hat auch zu Recht die Anwendung der sog. 1 % Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG abgelehnt.
    56

    Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass die Fahrzeuge zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wurden. Es wurden keine Aufzeichnungen und Unterlagen zur laufenden Nutzung der PKWs vorgelegt. Es gibt weder ein Fahrtenbuch noch Aufzeichnungen über einen repräsentativen Zeitraum. Aufzeichnungen über betriebliche Fahrten fehlen. Da auch keine Einzelaufzeichnungen über die Einnahmen geführt wurden, können auch keine Feststellungen über Fahrten zu Kunden (Hausbesuche) getroffen werden.
    57

    Der Kläger und der Zeuge konnten den erkennenden Senat auch nicht davon überzeugen, dass die behaupteten zeit- und kostenmäßig aufwändigen Fahrten in ... tatsächlich alle und dies zum Zwecke von betrieblich erforderlichen Geldabholungen stattgefunden haben. Abgesehen davon, dass es nur schwer glaubhaft ist, dass für die Abholung von 5.000 bis 7.000 € ein Kostenaufwand von ca. 2.000 € betrieben wurde (6.400 km x 0,30 €/km zuzüglich evtl. Verpflegungs- und Übernachtungskosten), war den Aussagen zu entnehmen, dass die behaupteten Fahrten auch privaten (Urlaubs-/Besuchs-) Zwecken dienten. Für die Behauptung der Klägerin, die Fahrzeuge seien zu mehr als 50% betrieblich genutzt worden, fehlt daher der Nachweis.
    58

    8. Aus den gleichen Gründen liegt auch kein Nachweis dafür vor, dass das Fahrzeug Mercedes zu mehr als 10 % betrieblich genutzt worden ist.
    59

    9. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

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