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  • · Fachbeitrag · Kassennachschau

    Typische Mängel in der Kassenführung: Danach suchen Kassenprüfer

    | Die Finanzämter bilden flächendeckend spezialisierte Kassenprüfer oder sogenannte NPT-Prüfer (Prüfer für „Neue Prüfungstechniken“) aus, die künftig verstärkt in bargeldintensiven Betrieben die steuerliche Kassenführung in Augenschein nehmen sollen. Dabei suchen Sie nach typischen Mängeln, um die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung infrage zu stellen. |

     

    Wie sensibel die Finanzämter und Gerichte bei der Thematik Kassenführung angesichts von geschätzten Milliardenverlusten wegen Steuerbetrügereien sind, zeigt ein aktuelles Urteil des Landgerichts Osnabrück. Zwei Brüder, die Manipulationssoftware für elektronische Kassen vertrieben haben, wurden wegen gewerbsmäßiger Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Fälschung technischer Aufzeichnungen zu 7 ½ und 3 ½ Jahren Gefängnis verurteilt (LG Osnabrück 28.11.19, 2 KLs 2/19). Der angerichtete Steuerschaden in den Jahren 2012 und 2018 betrug rund 6 Mio. EUR.

     

    PRAXISTIPP | Natürlich müssen Unternehmer bei Kassenmängeln nicht gleich mit Gefängnisstrafen rechnen. Doch werden die geschulten Kassenprüfer des Finanzamts bei ihrer Suche nach Ungereimtheiten in der Kassenführung fündig, drohen nicht zur Zuschätzungen zum Umsatz und Gewinn und somit Steuernachzahlungen. Meist wird auch ein Steuerstrafverfahren eingeleitet. Deshalb sollten Unternehmer, bei denen Kassen zum Einsatz kommen, gezielt nach Fehlerquellen suchen und diese abstellen.

     

    Einsatz von Manipulationssoftware

    Bleiben wir gleich bei der Manipulationssoftware. Speziell geschulte Prüfer und Fahnder der Finanzämter suchen gezielt nach schwarzen Schafen, die Unternehmen mit Kassen Manipulationssoftware anbieten. Verkauft werden hier meist USB-Sticks, sog. Zapper, die an die elektronische Kasse angeschlossen werden können und die Tagesumsätze gezielt und nicht nachvollziehbar stornieren und manipulieren.

     

    Wird der Verkäufer dieser Manipulationssoftware von der Steuerfahndung durchsucht, wenden die Prüfer des Finanzamts sich im zweiten Schritt an die Abnehmer dieser Software. Das wird auch im Fall der beiden verurteilten Brüder passieren. Die Prüfer des Finanzamts kommen zu einer unangekündigten Kassen-Nachschau oder melden sich per Prüfungsanordnung für eine Betriebsprüfung an. Folgende Indizien weißen drauf hin, dass der Zapper zum Einsatz kam:

     

    • Kassenspeicher: Im Kassenspeicher finden sich Spuren, die auf den Einsatz der Manipulationssoftware hinweisen.
    • Richtsätze: Obwohl der Prüfer bereits weitere Kassenmängel festgestellt hat, liegen die Umsatz- und Gewinnzahlen im Rahmen der üblichen Richtsätze. Das ist typisch für einen Zapper.
    • Fehlende Verbuchung: Die Fahnder haben bei der Durchsuchung des Verkäufers der Manipulationssoftware eindeutige Zahlungsnachweise eines Unternehmers gefunden. In seiner Gewinnermittlung wird der Kauf der Software jedoch nicht verbucht.

     

    Belegausgabepflicht ‒ zwei Stolpersteine

    Seit 1.1.2020 müssen Unternehmer mit elektronischen Kassensystemen für jeden Geschäftsvorfall einen Beleg ausstellen und dem Kunden anbieten. Bei einer Kassen-Nachschau könnten Unternehmern folgende Stolpersteine zum Verhängnis werden:

     

    • Falsche Frage: So mancher Unternehmer fragt seine Kunden, ob diese einen Beleg möchten. Verneinen diese, wird kein Beleg ausgestellt. Diese Frage können sich Unternehmer eigentlich sparen. Denn in § 146a Abs. 2 AO steht nur, dass eine Ausgabepflicht besteht, jedoch keine Mitnahmepflicht. Selbst wenn der Kunde den Kopf schüttelt und keinen Beleg möchte, muss dieser dennoch ausgestellt werden.
    • Keine Nichtbeanstandungsregelung: Viele Unternehmer wenden die Belegausgabepflicht seit 1.1.2020 nicht an, weil doch eine Nichtbeanstandungsregelung bis 30.9.2020 besteht. Das stimmt so jedoch nicht. Die Regelung betrifft nur die Aufrüstung der Kasse mit einer zertifizierten Sicherheitseinrichtung. Die Belegausgabepflicht ist Stand heute ohne Wenn und Aber seit 1.1.2020 anzuwenden.

     

    PRAXISTIPP | Auch mit den steuerlichen Konsequenzen bei Missachtung der Belegausgabepflicht könnte es bei so manchem Unternehmer zu einer Fehleinschätzung kommen. Es stimmt zwar, dass die Missachtung in § 379 Abs. 1 AO keine Strafe vorsieht. Doch der Kassenprüfer wird die Kassenführung als nicht ordnungsmäßig verwerfen. Zuschätzungen zum Umsatz und Gewinn dürften bei Nichtbeachtung deshalb vorprogrammiert sein.

     

    Alte Registrierkasse entsorgt und Kassendaten nicht lesbar

    Ein typischer Kassenmangel macht bei Kassenprüfungen derzeit die Runde. Der Kassenprüfer des Finanzamts möchte im Rahmen einer Kassen-Nachschau oder im Rahmen einer Betriebsprüfung auf die elektronische Registrierkasse zugreifen und den Kassenspeicher auslesen. Die Überraschung vor Ort: Die im Prüfungszeitraum eingesetzte Kasse wurde entsorgt und die Kassendaten sind unglücklicherweise nicht mehr lesbar.

     

    In diesem Fall verstehen die Prüfer des Finanzamts keinen Spaß und schätzen den Umsatz und Gewinn mit hohen Sicherheitsaufschlägen. Denn ob die Kassenführung den Grundsätzen der Ordnungsmäßigkeit entspricht, hat der Unternehmer durch Vorlage geeigneter (digitaler) Unterlagen und durch den Zugriff auf die eingesetzte Kasse nachzuweisen. Kann er das nicht, geht dieser Kassenmangel zu seinen Lasten.

     

    PRAXISTIPP | Insbesondere Mandanten, die sehr ehrlich sämtliche Einnahmen in der Kasse erfassen, sollten dazu angehalten werden, bei einem Kassenwechsel zum einen die alte Kasse für einen möglichen Zugriff durch den Prüfer des Finanzamts aufzubewahren. Zum anderen sollte sichergestellt werden, dass die vom Kassenhersteller ausgelesenen Kassenspeicherdaten innerhalb der 10jährigen Aufbewahrungspflicht lesbar gemacht werden können.

     

    Nachweise aufbewahren: Speisekarten & Co.

    Gut ausgebildete Kassenprüfer werden sich die Mühe machen, die Gewinnaufschlagssätze für Getränke und Speisen zu kalkulieren. Dazu benötigen die Prüfer alte Speisekarten. Und diese Speisekarten sind tatsächlich aufbewahrungspflichtig. Zuckt der Unternehmer mit der Schulter und teilt dem Prüfer mit, dass er seine Speisekarten des Prüfungszeitraums längst entsorgt hat, hat der Prüfer zwei Möglichkeiten:

     

    • Schätzung: Er hakt diesen Punkt ab, stellt keine weiteren Rückfragen mehr und schätzte dem Umsatz und Gewinn bestimmte Beträge hinzu, weil die Grundsätze der ordnungsmäßigen Buchführung nicht eingehalten wurden.
    • Recherche: Der Prüfer schaut sich das Online-Portal des Unternehmers aus der Vergangenheit an. Das funktioniert über das Onlineportal www.archive.org. Gibt der Prüfer in die waybackmachine die Internetadresse des Restaurants ein, kann es sich den Stand des Online-Portals der letzten Jahre ansehen und nach den verschwundenen Speisekarten suchen, sollten diese online gestellt worden sein.

     

    Beachten Sie | Archivierungspflichtig sind übrigens nicht nur Speisekarten, sondern auch die Bedienungsanleitung für die elektronische Registrierkasse. Kann die Bedienungsanleitung im Rahmen der Prüfung nicht vorgelegt werden, kann das zur steuerlichen Nichtanerkennung der Kassenbuchführung führen.

     

    PRAXISTIPP | Doch die Nichtvorlage der Bedienungsanleitung sollte eigentlich kein Thema sein. Hakt der Prüfer nach und ein Mandant bemerkt, dass er die Bedienungsanleitung nicht finden kann, sollte beim Kassenhersteller die Bedienungsanleitung nachbestellt werden. Ist das nicht möglich, sollten Online-Shops nach dieser Bedienungsanleitung durchforstet und gekauft werden. Es geht bei der Vorlage nur darum, dass der Prüfer nachvollziehen kann, welche Eingabemöglichkeiten die jeweilige Registrierkasse bietet.

     

    Einnahmen aus Testessen/Textkäufen entlarven Steuersünder

    Ein Todesstoß für die steuerliche Kassenführung ist es, wenn das Finanzamt über einen bestimmten Zeitraum Testessen oder Testkäufe bei einem Unternehmer durchführt und sich später im Rahmen der Kassen-Nachschau oder der Betriebsprüfung herausstellt, dass die Einnahmen nicht über die Kasse erfasst wurden. Da die Testesser des Finanzamts stets einen Kassenbon fordern, dürfte die Nichterfassung der Einnahmen bei Einsatz elektronischer Kassen folgende Gründe haben:

     

    • Storno: Der Unternehmer storniert die erfasste Einnahme nachträglich. Ist das der Fall, stehen sämtliche Stornobuchungen im Rahmen der Betriebsprüfung zur Diskussion. Ohne aussagekräftige Gründe für ein Storno geht der Prüfer von nicht ausgezeichneten Einnahmen aus.
    • Training: Findet der Prüfer die Einnahmen aus den Textessen bzw. Testkäufen im so genannten Trainingsspeicher, ist das ein Indiz dafür, dass auch die restlichen Eingaben im Trainingsspeicher nicht erfasste Bargeldeinnahmen darstellen.

     

    PRAXISTIPP | Testessen und Testeinkäufe haben auch einen umsatzsteuerlichen Hintergrund. Prüfer des Finanzamts kaufen gerne ein Essen, das vor Ort verzehrt wird (19 % Umsatzsteuer) und nehmen noch ein Essen mit (7 % Umsatzsteuer). Weist die Rechnung insgesamt nur 7 % Umsatzsteuer aus, hat der Unternehmer ein Umsatzsteuerproblem, selbst wenn er die Einnahmen über die Kasse brav erfasst hat.

     
    Quelle: ID 46336192

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